Aernsprecher Nr. 11.

Erscheint Menstag Donnerst«, Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage Der Sonntags- Gast«.

Bestellpreis für das Merteljahr im Bezirk u. Nachbarortsverkehr Mk. 1.15, außerhalb Mk. 1L5.

Ar. 72.

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Einrückungs-Gebühr für Mensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 6 Pfg., bei mehrmal je 6 Pfg., auswärts je 8 Pfg., die ein­spaltige Zeile oder deren Raum-

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Donnerstag, 11. Mai.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen»

! 1906.

Amtliches.

Das AushebuugSgeschäft im Oberamt Calw findet am Mitw o ch, 24. Mai, vorm. 8Uhr u. amDouu ers- tag, 25. Mai, vorm. 8 Uhr auf dem Rathanse in Calw statt.

Schillerfeiern.

Als Einleitung für die Schillerfeiern fand am Sams­tag die Eröffnung der Schillerausstellung im Marbacher Schillermuseum statt, mit welcher ein Huldigungsakt am Denkmal verbunden wurde. Die Stuttgarter Fest- teiluehmer, denen sich auch noch einige Ludwigsburger Herren anschlofseu, brachte ein nach 10 Uhr von dort abgehender Extrazug nach Schillers Geburtsstadt. Vom Bahnhof Marbach begab man sich nach dem etwa eine Viertelstunde entfernten Museum, in dessen Vestibül die Ankunft des Hofes abgewartet wurde. Gegen 12 Uhr traf der K. Hofzug in Marbach ein, in welchem sich das Köntgspaar, die Herzogin Wera, die Herzöge Albrecht und Ulrich, Herzog Robert mit Gemahlin und Fürst Karl v. Urach befanden. Auf dem Bahnhof wurde das KönigS- paar von dem Komitee des Schillervereius Marbach, darunter Stadtschultheiß Härtner und Oberamtmann Waiblinger be­grüßt und fuhr gefolgt von den übrigen Mitgliedern der königlichen Familie durch den festlich geschmückten Ort. An dem Geburtshause von Schillers Mutter wurde angehalteu und hier der Königin ein Bouquett überreicht. Das Ge­burtshaus Schillers war reich mit Guirlanden und Flaggen in den Farben Marbachs geschmückt. Vor dem Museum, in dessen näherer Umgebung die Schulkinder Spalier bil­deten, wurde das Königspaar von Kabinettschef Frhr. v. Gemmiugeo, Geh. Hofrat Prof. Güutter und Archivrat Dr. Krauß empfangen. Der Königin, der Herzogin Wera und der Herzogin Robert wurde von weißgekleideten Marbacher jungen Damen Bouquetts überreicht. Nach Betreten des Museumsfestsaales zogen der König und die Königin den Urenkel Schillers, Frhr. v. Gleichen-Rußwurm und dessen Gemahlin, die per Automobil nach Marbach gefahren waren, in ein längeres Gespräch nud der König über­reichte dann dem Geh. Hofrat Güutter die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft am Bande des Kron- ordens und übergab auch eigenhändig dem Hausmeister Kn oll die silberne Verdienstmedaille. Der Vorsitzende des Schwäb. Schillervereius, Frhr. v. Gemmingen, richtete hier­auf einige begrüßende Worte an die Majestäten. Nach 1 Uhr begab mau sich nach dem dem Museum gegenüber­liegenden Denkmal des Dichters, dessen Sockel frisches Grün umgab. Der Marbacher Liederkrauz und Mänuergesang- verein sang hierO Schutzgeist alles Schönen« nach Mo- zart'scher Melodie, worauf Frhr. v. Gleichen-Rußwurm vor den Stufen des Denkmals die Festrede hielt. Durch den Gesang »Stumm schläft der Sänger« von dem Marbacher Liederkrauz und dem Männergesangvereiu wurde der Huldig-

nngsakt abgeschlossen.

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x Stuttgart, 10. Mar. Die hier veranstaltete» Fest­lichkeiten anläßlich des 100. Todestages Schillers find auf das Glänzendste verlaufen und brachten einen sehr großen Fremdenzuzug.

jj Nürnberg, 9. Mai. Im Stadtpark wurde heute vormittag in feierlicher Weise der Grundstein zu einem Schillerdevkmal gelegt, das ein Nürnberger Bürger, der nicht genannt sein will, gestiftet hat.

* Weimar, 8. Mai. Die großen nationalen Festlich­keiten zur Schillerfeier haben heute vormittag begonnen. Biele Hunderte von Kränzen ans allen deutschen Gauen find eiugetroffr». Der größte Teil der Bundesstaaten und alle Hofhaltungen haben Vertreter entsandt. Zu allen Festlich­keiten sind die Anmeldungen so zahlreich eingelaufen, daß nirgends mehr Platz ist. Das Hoftheater ist bis zum 14. Mai ausoerkauft. Am Samstag war die Jlmstadt von Schulen überschwemmt.

sj Weimar, 9. Mai. Um 9 Uhr setzte sich der Fest­zug vom Rathause nach der Fürstengruft in Bewegung, wo das Festkomitee, die Staatsminister, der Oberbürger­meister und eine Abordnung der deutschen Studentenschaft Kränze niederlegteu. Ansprachen wurden nicht gehalten.

sj Weimar» 9. Mai. Vom schönsten Wetter begünstigt fand heute mittag die imposante Huldigung vor dem Hof- theater am Doppelstandbild Schillers und Göthes statt.

0 Ziertt«, 9. Mai. Die Schillerfeiern nahmen einen glänzenden Verlauf.

* Wien, 8. Mai. Gestern fand ein Festzug von etwa 60000 Schulkindern zum Schillerdeukmal statt, wo Bürgermeister Dr. Lueger die Festrede hielt.

js Wie«, 9. Mai. Aus vielen Städten Oesterreichs,

namentlich aus Prag, Graz, Brünn und Zeruowitz treffen Berichte ein über die weihevolle Begehung des Todestags Schillers durch Veranstaltung jvou Feiern in den Schulen und Festlichkeiten vor den Schillerdenkmälern.

* Budapest, 9. Mat. In Hermaunstadt und in allen deutschbewohnten Gegenden wurden großartige Schillerfeiern veranstaltet, au denen die Staatsbehörden teilnahmen.

js Wer«, 10. Mai. Au allen bedeutenderen Ortschaften, selbst in vielen Dörfern der Schweiz, wurde Schillers Todes­tag unter Beteiligung aller Kreise der Bevölkerung feierlich begangen.

js Nelersbnrg, 9. Mai. Nach hier vorliegenden Mel­dungen wurden in den Ostseeprovinzen sowie in Moskau Schillerfeiern veranstaltet. In den deutschen Schulen von Petersburg fanden Festaufführuugeu statt; auch die russischen Bühnen ehrten den deutschen Dichter durch Aufführungen seiner Dramen. Die illustrierten Zeitschriften undZeitungs- beilagen bringen auf den Schillergedeuktag die üblichen Zeichnungen und Aufsätze.

Tagespolitik.

Statt Offiziere und Assessoren als Leiter nach unseren Kolonien zu schicken, hätte die Regierung dort erfahrene Pflanzer und Kallfleute anstelle» sollen. In Kamerun zeigen sich die Folgen des Fehlers tu besonderer Weise. Seit 20 Jahren ist Kamerun in unserem Besitz, schreibt Fritz Bauer, der frühere Führer der deutschen Niger-Benue-Tschad- see-ExPedition imGlobus«, und noch immer gibt es keine Wege, keinen Telegraphen und nur einige minderwertige Pflanzungen, auf denen minderwertige Kakaosorten gebaut werden. Die Eingeborenen werden so falsch und ungeschickt behandelt, daß der Keim zu Aufständen geweckt wurde. Die ganze Kolonie befindet sich im Zustande wirtschaftlicher Ver­sumpfung I

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Der bekannte Burenführer General Botha hat im Aufträge des Hauptkomitees der Buren- vereiuigungHet Volk« ein karzes Resümee der neuen Ver­fassung veröffentlicht. Dies war nötig, da eine offizielle Veröffentlichung in der Sprache der Buren unterblieben war. Botha kritisiert die Hauptpunkte der Verfassung sehr scharf: Er erklärt, diese werde allgemeine Unzufriedenheit und selbst Entrüstung Hervorrufen wegen des zum Ausdruck gebrachten Mißtrauens. Die Befürchtung einer Rasfeupolitik sei eine unnötige gewesen, wie aus der Einigung des Ver­einsHet Volk" und derPartei für verantwortliche Re­gierung" hervorgehe. Man habe offenbar bei dem Ent­werfen der Verfassung sich auf die falschen Informationen derPartei für repräseutive Regierung« gestützt. Diesem Umstande sei es zuzuschreibeu, daß der Orangeflußkolouie eine Konstitution verweigert und Transvaal die Selbstre- girruug voreuthalten werde. Die neue Konstitution mache die Regierung vollständig unabhängig von der gesetzgebenden Versammlung. Da ein Viertel der Landesväter ernannt werden soll en werde jede Abstimmung zu Gunsten der Re­gierung ausfallen müssen, und diese werde mit Leichtigkeit verhängnisvolle Anträge, wie beispielsweise den der Zahlung einer Kriegsentschädigung von Pfd. 30 Millionen, durch­setzen können. Die der Landesvertretung erteilte Machtvoll­kommenheit sei so gering, daß mau nicht von einem Parla­ment, sondern höchstens von einer Debattiergesellschaft spre­chen könne. Trotz der ungeteilten Ansicht Transvaals über die Gesetzgebung in Bezug auf Eingeborene und Asiaten werde der Gouverneur instruiert, diese Ansicht zu mißachten. Auch die Eisenbahn, die die Hanpteiunahmeqnelle bilde, sei trotz der berechtigten Unzufriedenheit mit der Verwaltung durch den iuterkolonialen Rat dem Machtbereiche des Traus- vaalparlaments entzogen worden. Botha erblickt eine De­mütigung in der Vorschrift, daß die Bureuvertreter nur mit Erlaubnis des Präsidenten ihre Landessprache reden dürfen. Sehr bitter spricht er sich auch darüber aus, daß Männer, die ganze Familien von Bürgern heranzieheu, nicht mehr Stimmrecht besitzen sollen, als einzelne Leute, die sich vor­übergehend als Glücksjäger in der Kolonie aufhalten. Die vorgeschlageue Wahlkreisetnteilung werde Johannesburg in dem Parlament einem Drittel von ganz Transvaal gleich- stellen. Die Vorschrift, daß Parlameutskaadidateu Pfd. 100 zu hinterlegen haben, versperre Mitgliedern der arbeitenden Klassen den Weg in die Laudesvertretung. DaS Manifest schließt mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß die Verfassung bald geändert werde und daß das englische Volk und die Regierung zu der Einsicht kommen würden, daß das Wohl­befinden Transvaals nur dadurch gefördert werden könne, daß mau dem Volke volles Vertrauen schenke und die Prin­zipien der Gerechtigkeit und Gleichheit gelten lasse, durch die die englische Konstitution zum Vorbild für die Welt ge­

worden sei, deren Hauptbedinguugen man jedoch bei dem Entwürfe der Verfassung für Transvaal außer Acht gelassen habe.

* *

Die Erregung der Japaner über die Duldung und Unterstützung der russischen Flotte in den französischen Gewässern hat nach Tokioer Meldungen einen gefährlichen Grad erreicht. Die vereinigten Handelskammern Japans find im Begriff, alle Geschäftsverbindungen mit französischen Firmen abzubrecheu. Die Entrüstung gegen Frankreich ist ebenso groß, wie die gegen Rußland kurz vor Ausbruch des Krieges. Die japanischen Blätter fordern die Beschießung des französischen Hafens und zitieren mit wachsender Unge­duld das japanisch-englische Bündnis. Die Londoner Re- gieruugspresse sucht beschwichtigend zu wirken, indem sie einerseits Frankreich seine Neutralitätspffichten vorhält, was der .Times« zufolge durch Lord Lausdowne bereits Herrn Delcassee gegenüber mit Nachdruck geschehen wäre. Vor allem aber ermahnt sie andererseits die Japaner zur Geduld und Nachsicht. Die Blätter weisen darauf hin, daß, wenn Japan Frankreich jetzt als kriegführende Macht behandeln würde, ganz Europa in den Kampf verwickelt werden müßte. Die Japaner möchten also ihren au sich zweifellosen Rechts- staudpunkt lieber nicht za energisch vertreten.

LcmdesnachrichLsn.

* Ztteusteig, 10. Mai. Nie werden sich die bekannten Worte Schillers:Seid einig einig einig I« schöner und vollkommener erfüllt haben, als gerade an der Ge­dächtnisfeier seines 100jährigen Todestages. In einer alles umfassenden Einheit weihte das deutsche Volk, weihten deutsche Männer und Frauen auf dem ganzen Erdenrund ihr dankbares Gedenken dem großen unsterblichen Dichter. Ganz besonders aber gedachte unser liebes Schwabenland seiues großen Sohnes und mit Stolz und Freude blickt es auf ihn. Alle Städte und Dörfer, ob groß oder klein, alle Par­teien einigten sich zueiner großen Huldigung. Auch Alten- steig und die benachbarten Orte blieben nicht zurück und es schloß sich Glied au Glied zu der Kette der allgemeinen Feiern an. Hier in Altensteig war es das Fest-Bankett, das Montag abend im Saale des grünen Baum stattfaad, welches den Reigen der Veranstaltungen eröffnete. Der Liederkrauz leitete die Feier ein mit dem Lied: ,O Schutzgeist alles Schönen." Hierauf hielt Herr Stadtpfarrer Breuuinger eine Ansprache, in der er zunächst die Anwesenden begrüßte und auf den Anlaß der Feier hinwies. Es solle keine Todesfeier sein, sondern ein Tag der Freude. Der Redner gab nun in kurzen Um­rissen ein Bild von Schillers "Leben und Wirken und schloß mit der Mahnung Göthes:So feiert ihn l Denn was dem Mann das Leben nur halb erteilt, soll ganz die Nach- Welt geben." Nachdem der Liederkrauz das Lied vorgr- tragen:Regst du o Lenz« wurden lebende Bilder aus SchillersLied von der Glocke" mit Klavierbegleitung und verbindendem Text gegeben. Es war der Haupteffekt des Abends und die Aufführung machte den Veranstaltern und Mitwirkenden alle Ehre. Die Bilder wurden sehr schön und exakt ausgeführt, aber auch die Klavierbegleitung, welche Frau Kameralverwalter Köhler und Frau Finanzamtmauu Clauß in liebenswürdiger Weise übernommen hatten, sowie der von Herrn Oberpräzeptor Zimmer vorgetrageue Text wurde in allen Teilen gut durchgeführt und fand so das Ganze ungeteilten Beifall. Den lebenden Bildern folgte das vom Liederkrauz flottgesungene Lied:Freude schöner Götterfunken.« Herr Pfarrer Burger von Spielberg hielt nun eine launige Ansprache, in der er zeigte, wie jede Par­tei, jede Konfession und fast jeder Beruf Schiller für sich beanspruchen wolle und schloß mit den Worten:Schiller sei und gehöre uns Allen.« Es folgten nun noch ver­schiedene Gesänge und Klaviervorträge, so daß das Fest-Bankett in schöner harmonischer Weise verlief. Eine wirklich nette herzerfreuende Feier war die Schul­feier, die Dienstag morgen 10 Uhr in der Turnhalle stattfand und zu der sich auch Erwachsene eiufanden. In einem Festzuge marschierte die Schuljugend unter Trommel- Hang die Straße entlang zur Turnhalle, wo verschiedene Lieder gesungen und Deklamationen vorgetragen wurden. Herr Oberpräzeptor Zimmer hielt nun die Festrede und gab ein Lebensbild Schillers, hauptsächlich von seinen Jugendjahreu, seinem schönen Verhältnis zu seinen Eltern, insbesondere zu seiner Mutter, aber auch zu seinen Mitschülern und schilderte ihn als Vorbild für die deutsche Jugend. Allen Schülern und Schülerinnen Deutschlands rufe er Schillers Worte zu:An's Vaterland, an's teure, schließ dich au, das halte fest mit deinem ganzen Herzen.« Schließlich sprach der Redner noch den bet der Feier anwesenden