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Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 6 Pfg., auswärts je 8 Pfg., die ein­spaltige Zeile oder deren Raum-

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Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage Der Sonntags Gast"

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1905 .

Donnerstag, 20. April'.

NW" Die nächste Nummer erscheint am Samstag nachmittag und bitten wir, In­serate spätestens bis Samstag morgen 1V Uhr auszugeben.

Amtliches.

Am Dienstag, den 23. Mai d. Js. findet von vormit­tags 9 Uhl ab auf dem Rathaus zu Rohrdorf die Be- fi tzst an d s - E i nsch ä tzun gst ag f a h r t für die in Aus­führung begriffene Feldbereiniguug statt. Dieselbe umfaßt folgende Gewände: Vorderer Berg, Hinterer Berg und Mindersbacher Weg.

Der Eisettbahnerstreik in Italien.

Der italienische Eisenbahnarbeiterstreik hat begonnen. Der letzte Streik hat den 71 und 72 der Eisenbahnvor­lage gegolten, die das Streiken unter Gefängnisstrafe stellen. Das neue Ministerium hat diese Paragraphen, wie über­haupt die gesamte Vorlage des vorigen Kabinetts, fallen lassen und an deren Stelle, da der 30. Juni bald vor der Tür steht, ein kurzes provisorisches, ungefähr auf ein Jahr berechnetes Gesetz in 24 Artikeln eingebracht. Dieses Provi­sorium bezweckt, den Uebergang vom Privatbetrieb zum Staatsbetrieb vorläufig zu regeln, gedenkt aber auch, wenn auch nur vorübergehend, des Personals, ohne jedoch diese Fragen endgiltig regeln zu wollen. Die Eisenbahner be­klagen sich aber darüber, daß von ihrer Beteiligung am Reingewinn, vom Schiedsgericht, vom Mitredeu bei ver­schiedenen Verwaltungsmaßregeln diesmal keine Rede mehr sei. Sie verlangen, daß auch schon durch diese provisorische Vorlage ihre wirtschaftlichen und sozialen Forderungen ge­regelt werden. Sie wollen durchaus, daß der neue §17, der die alten §8 71 und 72 ersetzt, in Wegfall komme, weil sie die Stretkfreiheit als ihr unverbrüchliches Recht be­trachten. Die Opposition der Streikenden richtet sich be­sonders gegen den §17. Dieser erhebt zuerst die Eisen­bahner zu Staatsbeamten und stellt sie unter diejenigen Strafen, die die Staatsbeamten treffen, wenn sie den Dienst verschuldeterweise vernachlässigen oder verlassen. Diese Stra­fen find pekuniärer und disziplinärer Natur. Gefängnis steht nicht darauf. Insoweit würden also die Eisenbahner dem allgemeinen Gesetz unterstehen, tz 17 geht aber noch einen Schritt weiter und schafft ein Sonderrecht dadurch, daß er erklärt, daß solche Eisenbahner, die sich durch Streik oder Obstruktion gegen ihr Amt verfehlen, auf immer aus dem Dienst entlassen werden können, es sei den», daß die Direktion ein geringeres Strafmaß für ausreichend halten würde. Daher der Streik.

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* Nom, 17. April. Um sechs Uhr heute Morgen be­gann hier der Eiseubahnerstreik, der Bahnhof war aber schon militärisch besetzt und es gelang, mit geringen Verspätungen die Hauptzüge, auf deren Lokomotiven Gendarmen postiert waren, zum Abfahren zu bringen. Ein Gepäckwagen dient als fahrende Militärwache, kommandiert von einem Offizier. Das Fahrpersonal ist zum Teil nicht streiklustiz, hingegen die Heizer und Maschinisten streiken alle. Heute früh 5 Uhr wurde der Hauptbahnhof von 300 Grenadieren besetzt. Die Eisenbahuzüge konnten mit Verspätung nach Ancona, Pisa, Florenz und Neapel abgehen.

* Nom, 18. April. Der erste Tag des Eisenbahner- Ausstandes brachte eineu Mißerfolg der Ausständigen. Zahl­reiche Züge verkehrten. Auf allen Linien arbeitet die Hälfte des Personals weiter. Hier war der Eisenbahnverkehr fast normal.

ff Nom, 18. April. Nachmittags eingegangeue Depe­schen melden, daß in ganz Italien derEisenbahnver- kehr aufrecht erhalten werden soll. Auf einer Anzahl von Bahnhöfen hat das Personal die Arbeit nicht uiedergelegt.

* Venedig, 17. April. Der hiesige Bahnhof wird militärisch bewacht. Aus Padua find Truppeuverstärkungen eingetroffen. Zwei Kriegsschiffe und einige Torpedoboote werden zur Aufrechterhaltuug des Postdieustes längs der Küste bereit gehalten.

Tagespolitik.

Einen ungemein peinlichen Eindruck gewährt der AuS gang des Ehrenbeleidiguugsprozesses des Wiener Vergrab Max Ritter von Guttmanu gegen die Herausgeber de Zeit." Unter Anklage gestellt war ein Artikel des genannte, Blattes mit der Ueberschrift:Augekaufte Ministe, 500000 Kronen das Stück." Ja diesem Artike war behauptet worden, daß Ritter von Guttmanu uni Viktor Mauthuer von Markhoff je 500 000 Kronen gezahl

haben, um von dem damaligen Ministerpräsidenten von Korrber die Berufung ins Herrenhaus zu erlangen. Durch de« Rücktritt Körbers sei das Geschäft vereitelt worden. Als Zeugewrr Baron v. Köcber persönlich ander Gerichts­stelle erschiene!!. Er erklärte unter^seiuem Eide den Zeitungs­artikel für völlig unwahr. Eine Berufung Guttmanns ins Herrenhaus sei niemals beabsichtigt gewesen, auch sei Gutt- mann weder direkt noch indirekt mit irgend einem Wunsche in dieser Hinsicht herangetreteu, es hätten keinerlei Vorbe­sprechungen stattgefunden und es seien keinerlei Geldleistungen erfolgt. Nachdem noch der Prokurist der Firma Guttmanu in ähnlicher Weise ausgesagt hatte, ebenso ein Kassenbeamter, erklärte der Vertreter der Anklage: Er ziehe die Anklage zurück, nachdem die Unwahrheit des betr. Zeitungsartikels durch die Zeugenaussagen erwiesen sei und da den Klägern nichts an einer Verurteilung der angeklagten Zeitungsver­leger gelegen sei. Die Angeklagten fielen dem Staatsanwalt ins Wort, sie wollten ihre Beweise Vorbringen, der Vor­sitzende aber erklärte sie für freigesprochen, da die Anklage zurückgezogen sei, und die Verhandlung für geschlossen. Wie erzählt wurde, erfolgte die Zurückziehung der Anklage, um die Vernehmung des zweiten Chefs der Firma Guttmanu zu vermeiden, dem tatsächlich die Berufung ins Herrenhaus gegen eine halbe Million Kronen angeboten worden war, aber von ihm entschieden zurückgewiesen wurde. Bemerkt sei noch, daß in der Verhandlung der eine der beiden Zeituugsverleger den Baron von Koerber beschuldigte, während seiner Amtszeit einen ganz beispiellosen Schacher mit Orden und Titeln getrieben und aus dem Erlös dieses Geschäfts die regierungsfreundliche Presse unterstützt zu haben.

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He

Zwar ist Belgien ein kleines Land, aber inbezug auf seinen Handel steht es groß da, namentlich im Ver­hältnis zur Kopfzahl der Einwohner. Denn in Belgien entfällt auf de» Kopf ein Haudelswert von 670 Frrr-cS, während die gleiche Zahl auf England augewendet bloß 480 und auf Deutschland 265 Francs ergibt. Nach Bel­gien käme dann die kleine Schweiz an die Reihe, die einen Handelswe.t von 650 Francs auf den Einwohner aufweist. Bemerkenswert ist die Erscheinung, daß Frankreich, das noch vor anderthalb Jahrzehnten die zweite Stelle als Handelsmacht gleich nach England einnahm, jetzt bereits au die vierte Stelle zurückgegangen ist. Sein Gcsamthan- delswert ist noch weiter im Rückgänge begriffen, während insbesondere Deutschland, Belgien und die Schweiz jährlich neue erhebliche Fortschritte aufzuweisen haben. Ja Eng­land dagegen ist seit einiger Zeit eine Epoche des Still­standes eingetreteu.

LandesnachrichLen.

* Altensteig, 19. April. Wie vorauszusehen war wurde dem gestern Abend von Richard Feldhaus aus Basel im Saale des Gasthofeszum grünen Baum" gehaltenen Vor­trag von allen Seiten allgemeines Interesse entgegeugebracht. Der Saal war von hiesigen und auswärtigen Zuhörern dicht besetzt und viele konnten leider keinen Platz mehr finden. Mit gespanntester Aufmerksamkeit lauschte man den tiefernsten Ausführungen des sehr gewandten Redners, der über das zeitgemäße Thema sprach:Der russisch-, japanische Krieg und die Greuel des modernen Krie­ges". Wenn wir im folgenden kurz den Gedaukeu- gang des Vortrags wiedergeben, so können unsere Leser nur schwach de» Eindruck nachempfiuden, welchen der ge­haltvolle Vortrag auf die Zuhörer gemacht hat. Ein­leitend wies der Redner auf die Friedensbewegung hin, die dem Krieg den Krieg erklärt. Wenn man sagt, der Krieg ließe sich nicht aus der Welt schaffen, so erwidern die Frie­densfreunde: Noch viel weniger läßt sich die Idee eines allgemeinen Weltfriedens ersticken, und wenn der Krieg für ein notwendiges Uebel erklärt wird, so erklären wir den Frieden für eine noch viel notwendigere Wohltat. An die gesittete Welt stellen die Friedensfreunde die Forderung, daß solche Abscheulichkeiten, wir sie im russisch-japanischen und in jedem künftigen Kriege Vorkommen, nicht mehr möglich sein sollten. Darum ist die erste Aufgabe der Friedens­freunde, die Greuel des Krieges schonungslos aufzudeckeu und die öffentliche Meinung dahin umzusttmme», daß man allgemein nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Not­wendigkeit anerkennt, Konflikte zwischen den Staaten nicht mehr durch Feuer und Schwert, sondern durch Schieds­gerichte zu schlichten. Neben den Greueln des Krieges weisen die Friedensfreunde hin auf die Tatsache, daß jeder Krieg verhängnisvoll ist nicht nur für die Kriegführenden, sondern auch für andere Völker. So hat der jetzige Krieg

auf die Finanzen Frankreichs sehr unheilvoll gewirkt. Der Redner kam dann auf das große Werk des russischen Staatsrats I. v. BlochDer Krieg der Zukunft" zu spre­chen. Bloch weist hin auf die schweren finanziellen und wirtschaftlichen Folgen eines Krieges. Die Völker müssen bankerott werden, wenn dem Krieg kein Einhalt getan wird. Er spricht von Arbeitsstockungen, von Unruhen und Revo­lutionen, die im Gefolge eines Krieges auSbrechen. Alle Liese Prophezeihungen haben sich in dem gegenwärtigen Kriege erfüllt. Bloch meint, die Wirkung der modernen verheerenden Geschosse werde derart sein, daß menschliche Nerven einfach nicht mehr standhalten. So schreiben die Zei­tungen vom ostafiatischen Kriegsschauplätze: Gestern kam ein Eisenbahazug mit 100 wahnsinnigen Offizieren and Soldaten. Der Wahnsinn scheint epidemisch zu werden. Ferner weist Bloch hin auf das Ungenügende der Berwun- detenpflege und auch dies hat sich in diesem Kriege bestätigt. In einem Bericht Kuropatkins heißt es von Verwundeten: Sie begaben sich nach dem 24 Km. (I) entfernten Feld- lazaret." Da kann man sich eine Vorstellung machen von den unsäglichen Qualen der Verwundeten. Redner gab dann noch im einzelnen Schilderungen von der grausigen Kriegführung lu Oftasten, von den Miuenspreuguugen, den Wolfsgruben, den Stachelgräben, den Drahtverhauen usw. Wenn das die letzten Früchte unserer vielgepriesenen Zivili­sation sind, dann war es wirklich nicht der Mühe wert, den Naturzustand zu verlassen, der den Greueln des mo­dernen Kriegs gegenüber wirklich paradiesisch ist. Die Friedensfreunde haben die feste Ueberzeugung, daß der Krieg eines Tages unmöglich sein wird. Der Fortschritt hat dem einzelnen Menschen auch die Verwerflichkeit der Selbsthilfe beigebracht und ihn zu der Anerkennung des gerichtlichen Verfahrens gebracht. So wird es auch im Völkerlebeu gehen. Zum Schluß richtete der Redner einen warmen Appell au die Erschienenen, dem Friedensvereiu beizutreten. Eine große Anzahl der Anwesenden trug sich in di« zirku­lierende Liste ein und wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß in unserer Redaktion eine Liste aufgelegt ist zu weiteren Eintragungen. Nach einer kleinen Pause führte Herr Feld­haus seine hochinteressanten Lichtbilder unter entsprechender Erläuterung vor. Wir sahen die Bilder vom ostafiatischen Kriegsschauplatz, sowie sonstige Bilder die sich auf den Krieg uud dessen Wirkungen bezogen, Porträts von Männern und Frauen, die sich um die Friedensbewegung verdient ge­macht haben.

-u. Mart-, 18. April. Heute früh erlegte Ingenieur Mezger aus Eßlingen im Gemeiudewald Bulart einen schönen Auerhahnen. Mehrere Auerhahnenjäger find gegenwärtig hier und versuchen das Jagdglück. Wir wün­schen ihnen: Weidmanns Heil I

* Mviuge«, 17. April. (Strafkammer.) Der verheira­tete Metzger und Taglöhuer Karl Schwarz von Pfullingen hatte, trotzdem dessen Vater und Schwiegervater gutsituierte Leute find, ein herbes Hauswesen. Ein Gläubiger Mollen­kopf hatte auf erste Hypothek 3000 Mk. an ihn zu fordern. Im Echatzboteu hatte nun ein Saalmeister Eberle in Pful­lingen gegen Sicherheit Geld zum ausleihen augeboten. Schwarz zeigte sich als Liebhaber uud nahm bei Eberle zunächst 600 Mark auf, die dieser ihm gegen Schuldschein überließ. Unter dem Versprach des Angeklagten, daß er ihm dann Pfaudficherheit gebe, gab Eberle ihm bis Jakobi weitere 2400 Mk. Darlehen. Auf Drängen des Eberle legte Schwarz ihm einen Auszug aus dem Uuterpfaudsbuch, ent­haltend die Pfandbestellung gegen Mollenkopf vor, mit dem Bemerken, Eberle solle den Namen Mollenkopf durchstrei- cheu und seinen Namen daraufsetzen. Dies geschah und nun entfernte sich Schwarz mit der Zusage, er gehe jetzt aufs Rathaus, damit dort der Eintrag ins Grundbuch ge­macht werde, er bekomme jetzt dieselbe Hypothek wieMolleu- kopf gehabt habe, der bezahlt sei. Als Eberle von Molleu- kopf erfuhr, daß seine Forderung an Schwarz noch nicht getilgt und deshalb die Hypothek für ihn fortbestehe, wurde Eberle die zweite Hypothek eiugeräumt. Schwarz verfiel der Zwangsvollstreckung uud Eberle erlitt einen Verlust von etwa 500 Mk. Schwarz wurde wegen Betrugs zu 4 Mo- naten Gefängnis verurteilt.

* Stuttgart, 17. April. Die Postanstalteu werden künftig im Hinblick darauf, daß durch die Gesetzgebung der deutschen Bundesstaaten das Spielen in außerdeutschen Lot­terien, sowie der Verkauf uud Betrieb von Losen solcher Lotterien verboten ist, offene Drucksacheusendungeo, bet deren Durchsicht wahrgenommen wird, daß der Inhalt außerdeut­sche Lotterien betrifft, auf Grund des 8 4, I der Postord­nung in Verbindung mit Art. 16 Abs. 5 des Weltpostver­trags als unbestellbar behandeln.