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Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast".
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Donnerstag, 13. April.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
> 1905.
Tagespolitik.
Amtliches.
Für landwirtschaftliche Arbeiter, welche zum Zwecke des Aufsucheus von Arbeitsgelegenheit in landwirtschaftlichen Betrieben nach einer im württ. Staatsgebiet gelegenen württ. Staatsbahnstation reisen, werden auch im laufenden Jahre in der Zeit vom 15. Mai bis Ende November Eisenbahu- fahrtaxen in der Weise ermäßigt, daß einfache Personen- zugsfahrkarteu III. Kl. zur Rückfahrt nach der Abgangsstation bis spätestens 30. November berechtige», wenn die Reise zu dem genannte« Zwecke erfolgt ist und nachgewiesen wird, daß der Reisende in der Zwischenzeit wirklich als landwirtschaftlicher Arbeiter (Hopfenpflücker usw.) beschäftigt war. _ _ _ '
In Kayh Oberamts Herrenberg ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.
Die Reichsschulden.
sj Daß die neue Reichs-Anleihe von dreihundert Millionen Mar! mit 3^2 Prozent verzinst werden wird, ist wohlgefällig bemerkt worden; noch angenehmer wäre es aber selbstverständlich, wenn die gaaze große Anleihe nicht, oder doch nicht in diesem Umfange, erforderlich wäre. Ist die höhere Verzinsung den Reichsgläubigern willkommen, so ist doch die Zinsensumme, die jahraus jahrein zu entrichten ist, ein neuer Zuwachs zu den schon recht hoch gestiegenen Unkosten der Reichsschuld. Gewiß ist für die Anleihen im Interesse des Deutschen Reiches außerordentlich viel geschaffen, find bisher neue Einnahmequellen erspart, aber nachgerade kommen wir dahin, daß die wachsende Schuld eine besondere Deckung wegen ihrer Höhe erfordert, und damit wird sie von Uebel. Ein Kaufmann nutzt seinen soliden Kredit aus, um daraus seine Vorteile zu ziehen, aber das Deutsche Reich hat von der dauernden unbegrenzten Kreditwirtschaft nur zweifelhaften Nutzen, denn die anfänglich gesparten Steuern stellen sich später doppelt und dreifach ein. Damit soll selbstverständlich nicht gesagt sei», als ob Deutschland nicht noch für manche Milliarde gut wäre; in Schwulitäten, wie sie heute in Rußland bestehen, können wir nach menschlichem Ermessen nie kommen, aber man legt sich doch keine drückender und immer drückender werdende Schuldenlast auf die Schultern, wenn man sie vermeiden kau». Die hohen Zinsen lassen sich sehr wohl durch Einnahmen herabmindern, die Niemanden im deutschen Volke weh tun. Das bedeutete also eine Verringerung der laufenden Schulduukosten im allgemeinen Interesse!
Die alte Streitfrage, wie sich die deutschen Geldmittel, mit anderen Worten das Nationalvermögen, in der näheren und ferneren Zukunft bei dieser oder jener Wirtschaftspolitik gestalten werden, kann niemand beantworten. Der eine ist Optimist, der Andere Pessimist. Wir erinnern daran, daß Schwarzseher für die wirtschaftliche Entwicklung des Deutschen Relches schon unendlich viel Trübes prophezeit haben, wie es hinterher aber doch weit besser kam, als erwartet worden war. So könnte man ja auch sagen, es lohnt sich nicht, wegen der steigenden Reichsschuld Gedanken zu machen, denn am flüssigen Gelde für die Bedürfnisse der Retchsverwaltung wird es nie fehlen. Wir hoffen das auch, aber es ist etwas ganz anderes, in ruhiger, stetiger Bürger-Arbeit nach einer günstigen Weiterentwicklung zu streben, als bei einem plötzlichen Konflikt eine stolze Großmacht auf den jeweiligen Stand des baren Nationalvermögens anzuweiseu, wenn dies jahraus jahrein fortwährend stark in Anspruch genommen wird. Darum ist Vorsicht und Sich-Einrichten gut, ganz abgesehen davon, daß das Geld doch schließlich auch teuer werden kann.
Wir haben im Julius-Turm zu Spandau den Reichskriegsschatz in blankem Golde liegen. Ja, daß dies stattliche Häuflein Beutel mit Zwanzigmarkstückeu nicht lange in einem Ernstfall reichen wird, ist bekannt. Was haben Rußland und Japan jetzt schon „verpulvert." Daß Deutschland sich jemals ernstlich au das Ausland um Geld wenden müßte, wie die beiden Kriegsparteieu in Ostasteu es Wohl oder übel haben tun müssen, ist natürlich ganz und gar ausgeschlossen, dann würden wir mit unserer heutigen imposanten Großmachtsftelluug kapituliert haben. Die deutsche Finanzpolitik muß ebenso selbständig sein, wie die gesamte deutsche Politik, sonst bringt sie uns kein!» Nutzen. Miquel, nach Bismarck der erste deutsche Wirtschafts-Politiker, hat während seiner Amtszeit als preußischer Fiuanzmiuister vergeblich versucht, die finanzielle Selbständigkeit des Reiches unter fester Abgrenzung gegen die Einzelftaaten herbeizu- führeu. Der gegenwärtige Reichsschatz-Sekretär Freiherr v. Stengel aus München hat die sogenannte kleine Reichs- fioanzreform durchgesetzt, er will zum Herbst an die große herantreteu. Nötig ist sie, und kommen wir dabei zu Besserem, so ist sie auch gut. Und zu Besserem können wir auch kommen, wenn die Sache nur richtig augefaßt wird.
Ohne den üblichen Glückwunsch des Präsidenten hat der Reichstag diesmal die Osterferien autreten müssen. Die Unterlassung des Glückwunsches hatte ihre Ursache in einem Verdruß, der dem Grafen Ballestrem am Schluß der letzten Reichstagssitzuug vor den Ferien bereitet wurde. Als die Debatte geschlossen war und frohe Ferienstimmung das Haus beherrschte, machte Graf Ballestrem den Vorschlag, die nächste Sitzung nach Ostern, am DienStag, den 2. Mai, abzuhalten. Das ist zu früh, hielt dem Präsidenten dessen Fraktionsge- uosse und intimer Freund, der Abgeordnete Spahn entgegen, die Abgeordneten wollen sich ausruhen und find nicht in der Lage, unmittelbar nach Ablauf der Festwoche zu »euer Arbeit in Berlin zu erscheinen. Obwohl von dem Widerspruch des ihm nahestehenden Abgeordneten peinlich berührt, meisterte Graf Ballestrem jede Erregung und setzte dem Hause in sachlicher Weise die Gründe auseinander, die ihn zur Wahl des 2. Mai bestimmten. Am Dienstag, den 9. Mai, könne wegen der Schiller-Feier keine Sitzung stattfinde»; wolle man nicht am 2. Mat anfange», so könne mau erst am Mittwoch, den 10. Mai, mit der Arbeit wieder beginnen. Er könne dem Hause nun aber mitteilen, daß der Reichstag schon im Anfang Oktober wieder zu der neuen Session versammelt werden würde. Die Osterferien seien ohnehin nur etne Pause zum Luftschnappen, je später man die Arbeit nach dem Feste wieder aufnehme, umso kürzer werde die große Sommer- und Erholungspause deS Reichstags. Diesen Gründen des Präsidenten schlossen sich jedoch nur die Natioualliberalen an, die Mitglieder aller übrigen Parteien, einschließlich des Zentrums, erklärten sich für den Antrag Spahn, so daß der 10. Mai der Tag des Wieder- zusammentritts des Reichstags ist. Dieser Beschluß verbitterte den Grafen Ballestrem dermaßen, daß er es unterließ, den Mitgliedern des Hauses seine Glückwünsche für das Osterfest mit auf den Weg zu geben. An diesen unliebsamen Schluß reihte sich ein noch ernsteres Vorkommnis. Kaum war die Sitzung geschlossen, da schritt Graf Ballestrem auf den Abgeordneten Spahn zu und redete, wie man aus den heftigen Gestikulationen entnehmen konnte, scharf auf ihn ein. Die mehrere Minuten währende Auseinandersetzung erschütterte den Abgeordneten Spahn dermaßen, daß er einen Ohnmachtsanfall erlitt. Nun war die Bestürzung an dem Grafen Ballestrem, der mit Herrn Groeber seinem totenbleich daliegeuden Freunde zu Hilfe eilte und ihn mit Wasser und rasch herbeigeholtem Wein auch bald wieder zu sich brachte. Auf Herrn Groeber gestützt, verließ der Abgeordnete Spahn den Saal.
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westafrikanische Farmer Zepplitz zum Opfer gefallen ist, zeigt wieder so recht das Unsinnige des ganzen Duellweseus. Der Unschuldige ist das Opfer eines Raufboldes, ein junges Eheglück ist jäh vernichtet worden—alles einem Zerrbild der Ehre zuliebe. Eine Lappalie bot den Anlaß, und der Schuldige, der rassische Ingenieur Kobyliusky, hat die Sache in einer Weise auf die Spitze getrieben, daß man fast von einem beabsichtigten Duellmord sprechen kann. Der »Wests. Merkur" macht dazu folgende zutreffende Bemerkung: Warum hat der Farmer, der doch offenbar den Zweikampf nicht wollte, sich denn auf die Schießerei mit einem wildfremden Menschen eingelassen? Warum dampfte er nicht einfach nach Südwestafrika ab und ließ den hergelaufenen russischen Raufbold so viele Löcher in die Natur schießen, wie er wollte. Er ist Reserveoffizier und das erklärt alles. Die bevorstehende Gerichtsverhandlung wird hoffentlich wenigstens über diesen Punkt eine befriedigende Auskunft bringen. Das Blatt betoot daun, daß die Strafe, welche den Mörder erwartet, nicht entfernt dem Vergehen entsprechen kann, und daß es ein Hohn auf unsere Kultur ist, daß man für einen so frivolen Mord im Strafgesetzbuch besondere Privilegien statuiert hat. Wir knüpfen daran die Frage, ob jemand wirklich behaupten will, daß durch das Duell die vermeintlich verletzte Ehre hergestellt ist. In rüpelhafter und feiger Weise hat der Ingenieur den Farmer hinterrücks angegriffen und daun nachträglich noch über den Haufen geschossen. Nach der Ehrauffassung bei Duellanhängeru hat der Mörder sich damit als Ehrenmann bewährt I
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Von der Einberufung einer internationalen Marokko-Konferenz wollen die französischen Re- gierungskreise anscheinend nichts wissen. Das muß einigermaßen befremden. Hieß es doch zur Zeit der Verhandlungen zwischen den Kabinetten von Paris, London und Madrid über ein Marokko-Arrangement, daß der handels
politischen Gleichberechtigung der Nationen in aller Form Rechnung getragen werden solle, uämlich durch Einsetzung eineS internationalen Komitees irr Tanger mit einem hervorragenden spanischen .Politiker als Vorsitzenden. Ist der Gedanke auch bisher nicht in die Tat umgesetzt worden, so beweist es doch, daß die Mittelmeermächte der Notwendigkeit, auf die anderen interessierten Staaten gebührend Rücksicht zu nehmen, sich damals nicht verschlossen. Es gewinnt nunmehr den Anschein, als sei in der Auffassung der beiden führenden Mittelmeermächte, England und Frankreich, inzwischen ein Umschwung erfolgt, als beabsichtige man, die förmliche Rücksichtnahme auf die anderen Staaten, vor allem auf Deutschland, fallen zu lassen. England hält sich dabei wohlweislich im Hintergründe, und Spanien spielt eine etwas zweifelhafte Rolle. Vor einigen Tagen war zwar zu lesen, König Alfons werde die Einladungen zur Marokko- Konferenz ergehen lassen. In Madrid aber bleibt alles still; auch die spanische Regierungspresse nimmt nicht mit einer Silbe zur Marokkofrage Stellung. Offenbar ist hiebei der englisch-französische Wunsch in Madrid Befehl, denn das Wort Silvelas, in der Marokko-Politik müsse Spanien Hand in Hand mit Frankreich und England gehen, bleibt unvergessen.
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Die Köln. Ztg. meldet aus Tanger: Der deutsche Gesandte in Lissabon, Graf v. Tattenbach, ist in außerordentlicher Mission nach Tanger entsandt worden und hat die Geschäfte der deutschen Gesandtschaft bereits übernommen.
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Mit größter Spannung sieht man den nächsten Ereignissen im südchinestschen Meere entgegen, nachdem man weiß, daß die russische und die japanische Flotte sich zum Fassen nahegerückt sind. Die Aussichten für die Russen stad keineswegs verzweifelt, da ihre Flotte sich vollzählig beisammen befindet, während die japanische vorerst noch in mehrere Geschwader getrennt ist. Findet eine Seeschlacht vor Vereinigung der japanischen Kräfte statt, so kann der Erfolg leicht den Russen Zufällen. Auch auf dem Land- Kriegsschauplatz ist die Lage der Russen noch nicht ganz hoffaungslos, denn sie haben ihre Truppen wieder gesammelt, ausgeruht und die größten Lücken etwas ausgefüllt. Je mehr Nachrichten aber aus russischer Quelle über den letzten Rückzug bekannt werden, desto klarer tritt hervor, daß nur der Mangel au Kavallerie die Japaner um einen vollständigen Erfolg gebracht und die geschlagenen Russen vor gänzlicher Zersprengung gerettet hat. Wir Deutsche können hieraus ebenfalls lernen, unsere Kavallerie nicht zu vernachlässigen!
Kammer der Abgeordneten.
Stuttgart, 8. April.
Die Kammer hatte heute eine dreistündige Landjägerdebatte. Wie bei den früheren Etatsberatungeu drehten sich auch die gestrigen Verhandlungen wieder um das Laud- jägerkorps selbst, als vielmehr um allgemeine, mit der öffentlichen Sicherheit zusammenhängenden Angelegenheiten, vor allem um die Zigeunerplage. Was die letztere Frage aulangt, so wurde das vor einiger Zeit erlassene Verbot des UmherzieheuS der Zigeuner in ganzen Horden als eine geeignete Maßregel bezeichnet, um die Zigeunerplage auf ein erträgliches Maß zurückzuführen. Die Erschießung des Zigeuners Reinhardt bei Zuffenhausen kam bei dieser Be- ratung auch zur Sprache. Minister v. Pischek hob hierbei hervor, daß der betreffende Landjäger durchaus seiner Instruktion gemäß gehandelt habe. Der Minister gab aber zu, daß die z. B. lediglich auf einer Verordnung beruhenden Bestimmungen über den Waffeugebrauch der Landjäger dringend einer gesetzlichen Regelung bedürfen und daß die Regierung daher, nachdem über den letzten diesbezüglichen Gesetzentwurf eine Einigung nicht erzielt werden konnte, einen neuen Gesetzentwurf habe ausarbeiteu lassen, der den Ständen noch in dieser Tagung zugehen soll. Die von der Regierung geforderte Erhöhung des Manuschaftsstaudrs des Landjägerkorps von 580 auf 600 Manu wurde von der überwiegenden Mehrheit des Hauses gebilligt und schließlich auch angenommen. Bekämpft wurde diese Vermehrung nur von den Abgg. Kloß und Keil, sodann aber auch von dem Abg. H a u ß m a u u - Gerabronu, der meinte, daß es mit der Vermehrung des Laudjägerkorps nicht so weitergeheu könne wie in den letzten Jahrzehnten und daß die Regierung bestrebt fein solle, den Bedürfnissen der öffentlichen Sicherheit durch Nutzbarmachung der technischen Fortschritte der Neuzeit Telefon, Fahrrad und Motorrad, Rechnung zu tragen. Der Etat der Irrenanstalten, der hierauf noch in