Aerusvrecher

Nr. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage Der Sonntags- Gast".

jBestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk u. Nachbarortsverkehr Mk. 1.15, außerhalb ' Mk. 1L5.

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Donnerstag, 6. April.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommm.

> 1905 .

Amtliches.

Im kommenden Sommer kurz nach der Heuernte wird, unter der Voraussetzung genügender Beteiligung, für die Besucher früherer Unterrichtskarse über Obstbaumzucht am K. landwirtschaftlichen Institut in Hohenheim ein Wie- derholungskars abgehalten werden, in welchem die Teil­nehmer Gelegenheit zur Befestigung und Erweiterung der erworbenen Kenntnisse, sowie zum Austausch ihrer Erfah­rungen erhalten sollen. Die Dauer dieses Wiederholungs- kurses ist auf eine Woche festgesetzt. Der Unterricht ist un­entgeltlich. Gesuche um Zulassung zu dem Wiederholungs­kurs find mit einem schnltheißeuamtlichen Zeugnis über die Erfüllung vorstehender Bedingungen spätestens bis 26. Mai d. I. an dasSekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusendeu.

Nach Mitteilung der Trigonometrischen Abteilung der K. preußischen Landesaufnahme werden sich die etwa von Mitte April d. I. ab im diesseitigen Staatsgebiet zur Aus­führung gelangenden Bermessungsarbeiten des Geueral- stabes auf die Oberamtsbezirke Freudenstadt und Horb erstrecken. Zur Ausführung dieses gemeinnützigen und wissenschaftlichen Unternehmens ist die Mitwirkung der Grundeigentümer und Einwohner, der Geistlichen, der Ver­waltungsbehörden und Beamten, sowie der Forstbeamten er­forderlich. Es werden deshalb diese Behörden und Personen in einer oberamtlicheu Bekanntmachung aufgefordert, zur Erreichung des genannten Zwecke auch ihrerseits kräftig mitzuwirken.

Tagespolitik.

Die sozialdemokratischen Abgeordneten haben ihrer Gewohnheit getreu, auch diesmal bei der Be­ratung des Militäretats im Reichstage an unserer Armee kein gutes Haar gelassen. Was die Sozialdemokraten in dieser Hinficht seit Jahren geleistet haben, das steht ohne Beispiel da. Wie erbittert sich auch oft die Volksklassen in anderen Ländern gegenübergestanden haben, keiner ihrer An­gehörigen hat jemals den Mat gefunden, die Hand gegen das Heer seines Landes zu erheben und dessen Ehre vor aller Welt bloß zu stellen. In dem republikanischen Frank­reich besonders haben die parteipolitischen Gegensätze oft zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den einzelne»' Ge­sellschaftsgruppen geführt. Aber selbst der erbittertste Geg­ner des Bestehenden achtet das Heer, denn er würde andern­falls sofort von einem erzürnten Volke zermalmt werden. Bor der Armee macht aller Parteihader unbedenklich Halt; der kulturfeindlichste Politiker bleibt in erster Reihe immer Franzose und hält streng auf die nationale Ehre. Es ist s dem deutschen Volke Vorbehalten geblieben, Söhne der deutschen Erde gegen alles eifern zu sehen, was dem eigenen Baterlande zum Vorteil und zur Ehre gereicht. Unsere Armee ist das Vorbild straffer Manneszucht und echt sol­datischer Tugenden für alle Nationen; fie ist mit Recht der Stolz aller deutschen Stämme. Und gerade sie ist vou den deutschen Sozialdemokraten ausersehen, mit Spott und Schmähungen überhäuft zu werden. Die Führer dieser Partei geberden sich vor dem Volke, als wären fie die all­einigen Träger reiner Tugend und Menschenliebe und auf­richtiger Wahrhaftigkeit und Ehrenhaftigkeit. In diesem elbstgewählten Gewände treten auch ihre Vertreter im Leut­chen Reichstage auf und sprechen im Namen der Menschl­ichkeit und Sittlichkeit, der Gerechtigkeit und der Menschen­ehre oft stundenlang, wie neulich der Abgeordnete Bebel, auf unhaltbare Beweismittel hin über die Einrichtungen in

unserer Armee und über den Geist, der in ihr herrscht.

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Bon den Nachklängeu zum Kaiserbesuch iu Portugal verdient noch eine Preßstimme erwähnt zu werden. Der Commercio do Porto, eine der größten Zeitungen, schreibt u. a.:Die mächtigsten Schnelldampfer pflügten bald unter deutscher Flagge alle Ozeane, bemächtigten sich des Ber- bindungsnetzks mit allen Erdteilen, und verbreiteten in Eu­ropa, Amerika, Asten und Afrika die vorzüglichen Erzeug­nisse des fruchtbaren deutschen Gewerbefleißes. Das bis­lang kriegerische Deutschland erkannte schnell, daß die wahre Wohlfahrt, die wahre Größe eines Volkes schließlich nur iu der Summe seiner Arbeit besteht; es erbaute innerhalb eines Jahrzehnts unermüdlich Fabriken und Werften, be­reitete das Volk vor auf die hartnäckigen Kriege des Han­dels, wie es das Volk vorher vorbereitet hatte auf die blu­tigen Kämpfe der Verteidigung und Eroberung. Seine Schulen wie seine Kasernen waren die Mittelpunkte, von denen seine Kraft und stegreiche Energie ausstrahlteu. Die Grenze von drei Millionen Bajonetten verteidigt, zog

i Deutschland aus zum friedlichen Eroberungszuge der gau- > zen Welt, die ihm sein Kaiser als das Feld seines neuen Triumphes anwies, uid dieser glänzend verlaufene Er­oberungszug, eingeleitet und geleitet von Wilhelm 11., wird für alle Zeiten als das größte Unternehmen avzusehen sein, an das sich ein kriegerisch-sentimentales Volk heranwagte, das unter dem wunderbaren Einfluß eines Monarchen sich kurzer Hand in ein friedliches Handelsland umwandelte."

Die Lage in Ungarn ist infolge des Fehlschla­gens des Kompromißvorschlages höchst ungewiß. Minister­präsident Graf Tisza ist genötigt, gegen seine frühere Ab­sicht das Provisorium weiter zu führen, bis ein Nachfolger gefunden ist. Es besteht jedoch keine Aussicht, daß das neue Kabinett in kurzer Zeit gebildet werden kann. Der

König beabsichtigt, Ende dieser Woche abzureisen.

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In den Kreisen des französischen Parlaments verlautet, daß der Minister Delcasfee entschlossen sei, die Be­antwortung der Interpellation über Marokko abzulehneu und sich dabei auf die Geschäftsordnung zu berufen, nach der es gestattet sei, Interpellationen über äußere Politik auf unbestimmte Zeit zu vertagen, doch sei die Zahl der Depu­tierten, denen die Politik DelcasseeS iu der letzten Zeit ernste Besorgnis eivgeflößt habe, so daß die ablehnende Haltung des Ministers jedenfalls scharfen Widerspruch Hervorrufen wird. Clemeuceau beschäftigt sich iu derAurore" mit der Nachricht, daß auch die Regierung der Bereinigten Staaten von dem britisch-französischen Abkommen s. Zt. nicht unter­richtet worden sei und sagt:Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Diplomatie Delcasfees in allen Teilen der Welt sich als mangelhaft erweist. Delcasfee hat geglaubt, daß die Washingtoner Regierung aus Anlaß der Affäre Perdicaris die überwiegende Stellung Frankreichs in Marokko aner­kannt habe. Man gibt ihm heute zu wissen, daß er sich .ge­täuscht hat, das bedeutet schon eine etwas größere Summe vou Jrrtümeru."

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Die russischen Regierungsorgaue fahren fort die Menge gegen deninneren Feind" worunter Sozialdemokraten und Juden zu verstehen find aofzu- hetzeu. In der offiziellen Gouvernements-Zeitung von Woronesh ist ein Aufruf abgedruckt, in dem unter anderem dargelegt wird, daß nur Feinde des Vaterlandes gegen den Krieg sein können. Die Engländer hätten die Japaner zum Krieg aufgehetzt, ihnen Geld und Kriegsschiffe gegeben und nur Verräter könnten jetzt raten nachzugeben. Zn den west­lichen Gouvernements des Reichs wird folgender Aufruf in versiegelten Couverts unter den Bauern verbreitet:Katho­lische Priester, Polen und Inden suchen die schon längst abgeschaffte Leibeigenschaft wiederherzustellen, Helsen indem gegenwärtigen Kriege den Japanern und geben ihnen Geld; für das Rote Kreuz wollen sie aber nichts geben." Der Zar hat gesagt:Wenn ich nur die Polen und Ju­den hätte los werden können, würde ich das ganzeLaud unter die Bauern verteilen. Das orthodoxe russische Komitee." Aus diesem Auf­ruf ersieht man deutlich genug die direkte Aufforderung zu

Mord und Plünderung.

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Die Nachrichten aus Kreta besagen, daß sich die dortige Situation zusehends verschlimmert. Alle Anzeichen deuten auf bevorstehende ernste Ereig­nis s e hin. so daß die Mächte sich gezwungen sehen dürften, größere Vorkehrungen zu treffen. *

Der japanische Finanzageut Baron Kaneto entwickelte in einem vou ihm in Newyork gehaltenen Vortrage eine er­staunliche Perspektive von japanischen Missionen. Er gestand ein, daß die Japaner einen Rasse- und Re- ligtonskrieg gegen Rußlandführten. DerWesten s würde gezwungen werden, die Asiaten zu respektieren. Der Osten habe gewaltige, gegen den Westen mindestens eben­bürtige Kräfte. Die Zukunft würdeeinen westlich-europäisch- amerikanischen, sowie einen östlichen Zivilisations-Tip ent­wickeln. Immerhin sei kein Konflikt zwischen orientalischer Kultur und westlicher Wissenschaft nötig. Vielmehr könnten

sich beide miteinander zu höherer Entwicklung verschmelzen.

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Die Zionisten sind eine jüdische Sekte, welche wie­der ein jüdisches Reich gründen wollen, wenn auch unter fremder Herrschaft. Neuerdings hat sich die englische Re­gierung bereit erklärt, den Zionisten eine Landstrecke w Ost­afrika zum Zwecke einer zionistischen Kolonie zu überlassen. Major A. S. Hill Gibbons wurde ausgesandt, das Land zu erforschen. Der Major ist jetzt von seiner Reise zurück-

gekehrt und entwirft eine begeisterte Schilderung von dem Lande. Das für die Zionisten bestimmte Gebiet ist von Uganda in vier Tagesmärschen zu erreichen. Es besteht aus dem Hochplateau und umfaßt 5000 englische Quadrat- meilen. Es ist etwa 95 Meilen laug und 55 Meilen breit, und liegt etwa 20 bis 40 Meilen von der Ugandaeiseu- bahn entfernt. Auf dem Plateau sind keine Eingeborenen angestdelt. Die einzige weiße Bevölkerung besteht aus einer Kolonie von dreiAfrikandern." In Afrika gibt es keine gesundere Gegend, und Kinder werden unter den günstigsten klimatischen Verhältnissen sicher zu gesunden und starken Menschen heraublkhen. Moskitos gibt es dort nicht, und das Weideland ist vorzüglich. Ueberhaupt trägt die Ge­gend mehr den Charakter eines Weide- als Ackerbaulandes. Der Major glaubt aber, daß erst eine Expedition gegen die Nandis, deren Land südlich au das Plateau stößt, aus- gesaudt werden muß, um fie zur Raison zu bringen.

Deutscher WeichsLag.

Berlin, 4. April.

Das Haus ehrt zunächst das Andenken des verstorbenen Abg. Wallbrecht in üblicher Weise und nimmt sodann de- battelos den 3. Nachtragsetat für 1904 iu 3. Lesung an. Daun beginnt das Haus die Beratung des Antrags Büfiug (ntl.-lib.) betr. Aeudernng des § 55 der Grundbuchordnung, wonach die Eintragung aller der durch fie Berührten be­kannt gemacht werden soll. Abg. Lucas (natl.-lib.) begrün­det diesen Antrag, welcher sodann iu erster und zweiter Lesung angenommen wird. Es folgen Wahlprüfungen, die von keiner besonderen Wichtigkeit find. Nächste Sitzung morgen 1 Uhr.

Wüirtteiirbeirgr-^heir

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 1. April.

In der heutigen Sitzung wurde die gestern begonnene 1 Generaldebatte über den Hauptfinauzetat fortgesetzt. Hieber (D. P.) bat die Regierung, den Etat künftighin frühzeitiger vorzulegen. Der württembergische Haushaltsetat hat sich in den letzten 40 Jahren verdreifacht. Dies sei wesentlich auf die Förderung der Kulturinteresfeu zurückzuführen. Die Staatsschuld sei jetzt auf Mk. 565 Millionen angewachseu. Das mache auf den Kopf der Bevölkerung Mk. 256 und eine Ziuspflicht von Mk. 9 jährlich. Die gegenwärtige Re­gierung und ihre Träger genießen in weitgehendstem Maße das Vertrauen des Volkes. Ein unabhängiger Rechnungs­hof sei anzustreben. Zwischen den Finanzen der Einzel­staaten und denen des Reiches müsse eine reinliche Schei­dung eintreteu. Eine Reichserbschaftssteuer würde keinen genügenden Ertrag abwerfen. Durch die Handelsverträge werde die deutsche Landwirtschaft bessere Bedingungen für ihre Produktionen erzielen als seither. Die Parzellierung des landwirtschaftlichen Bodens sei in Württemberg bis an die äußerste Grenze der Möglichkeit. gegangen. Der Mi­nister des Innern möge dem Problem der Entschuldung des ländlichen Grundbesitzes seine volle Aufmerksamkeit schenken. In der Eiseubahnisolierung, iu der Württemberg sich jetzt befinde, könne es auf die Dauer unmöglich bleiben. Der Gedanke der Reichseiseubahnrn sei zwar 1876 abgelehnt worden, aber immerhin lasse sich jetzt noch eine Betriebs- mittelgemeinschaft Herstellen. Bezüglich der Umleitungen seien die meisten Schwierigkeiten nicht, wie mau vielfach glaube, im Norden, sondern bei unfern Nachbarn rechts und links zu suchen. An der Frage der vierten Wageoklasse solle man die Betriebsmittelgemeivschaft nicht scheitern lassen. Das Fortbildungsschlllweseu solle durch Einführung der obligatorischen Lagschulen geregelt werden. Der Redner schloß mit dem Wunsche, es möge dem gegenwärtigen Land­tag beschieden sein, am Ende seiner Wahlperiode seine Ar­beit zu krönen mit einer Reform der Verfassung, welche den Ansprüchen einer neuen Zeit und eines mündig werdenden Volkes genüge. Abgeordneter Hang (Bund der Land­wirte) äußert verschiedene Wünsche bezüglich der Durch­führung der Handelsverträge, trat dann weiter für die Be­triebsmittelgemeinschaft ein und bat, den Bau vou Klein­bahnen nicht zu vernachlässigen. Die Fortschritte im Tele­phonwesen seien erfreulich. Hinsichtlich der zahlreichen Be­amtenwünsche sollte Vorsicht geübt werden. Mit den Matri- kularbeiträgeu müsse man Wandel schaffen. Die Frage der Entschuldung des ländlichen Grundbesitzes sei von eminenter Wichtigkeit. Konsumvereine und Warenhäuser schädigten den Mittelstand. Die Beamten hätten allen Grund sich au solchen Einrichtungen nicht zu beteiligen, sondern auf die kleinen Geschäftsleute Rücksicht zu nehmen. Nachdem noch Vizepräsident Dr. von Kiene seine gestrige Bemerkung, daß unter der akademischen Jugend die GeschlechtSkrauk-