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Erscheint Dienstag Donnerst., GamStag und Sonntag mit ber wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast-.
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Donnerstag, 12. Zanuar
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1905 .
Amtliches.
Befördert wurden im Beurlaubtenstande zu Stabsärzten die Oberärzte: Dr. Baader der Landwehr 1. Aufgebots vom Landwehrbezirk Calw; Dr. Baumann der Landwehr 1. Aufgebots vom Landwehrbezirk Calw; Dr. Autenrieth der Reserve vom Landwehrbezirk Calw.
Landesversammlung der deutschen Partei in Stuttgart.
Mächtig Pulsiert gegenwärtig das politische Leben in unserem engeren Vaterlande. Wie die Landesvcrsammluug- der Volkspärtei am 6. ds., so war auch die Landesyersamm- lung der deutschen Partei am 8. ds. aus dem ganzen Laude sehr zahlreich besucht. Die Hauptaufgaben und Haupterfolge der BersamrrrlullZ waren die Betätigung zielbewußten politischen Levens, Fühlungnahme mit gleichgesinnten Parteifreunden und Pflege des Gefühls der Zusammengehörigkeit. Um 11 Uhr nahm die Versammlung im Stadtgarten ihren Anfang. Zunächst gedachte Abg. Dr. Hieb er der Verdienste des Landesvorstands Dr. Schall, der nach Leipzig übergefiedelt ist und der verstorbene» Parteigenossen, worauf er in kurzen Umrissen ein Bild gab von der gegenwärtigen Politischen Lage. Ja erster Linie müsse eine nationale Partei die Vorgänge draußen in der Welt mit Ernst betrachten. Wir in Deutschland müßten unsere Augen offen und unsere Waffen blank halten. Wer im gegenwärtigen Augenblick von Abrüstung rede, der könne nicht erwarten, ernst genommen zu werden. Auch für uns Deutsche habe das kürzlich durch die Presse gegangene Wort eines höheren japanischen Offiz'ers seine volle Wahrheit: .Eine Kultur, die nicht vom Schwert getragen werden kann, bleibt unfruchtbar und stirbt ohne Erben, wenn sie auf waffenfähige Männer stößt." Ehrend gedachte Redner der Streiter in Deutsch-Südwestafrika, die dem deutschen Namen wieder Respekt z» verschaffen haben. Eine verständnisvolle und opferbereite Unterstützung der nationalen Sache sei vonnöten. Der Redner berührte hierauf irmerpolitische Fragen und führte ». a. aus : Nicht wenig Sorge bereitet uns die Frage der Landwirtschaft, wir können aber mit rnhigem Gewissen feststellen, daß in der Deutschen Partei auch die Landwirtschaft, unser Bauernstand und seine Interessen, jederzeit eine gewissenhafte Vertretung gefunden haben. Wir sind nie zurückgeblieben, wo es gegolten hat, für den deutschen Bauernstand einzutreteu. ES darf daher öffentlich die Frage aufgeworfen werden, in welchen einzelnen Punkten die Baunr-standsvertreter etwas vor unS voraus haben. Die größten Hemmnisse in unserem innerpolitischen Leben sind aber die Sozialdemokratie und das Zentrum. Wir wünschen, daß keinerlei Scharfmacherkünste den Rückgang und die Zersetzung der Sozialdemokratie, die in einem so schönen Anfang begriffen sind, hemmen möchten. (Sehr richtig!) Die sozialistische Partei könne unmöglich die Trägerin der deutschen Zukunft und die Bringerin alles Heils für den Arbeiterstand sein. An der sozialpolitischen Gesetzgebung werden wir auch künftighin positiv Mitarbeiten, aus unserer ehrlichen Politischen Uederzeuguug heraus. Was das Zentrum betrifft, so gilt es hier vor allem, die in harten Kämpfen errungene Freiheit des Geistes und des Gewissens hochzuhalten (lebhafter Beifall). An dem Gedanken der Selbständigkeit des modernen Staates, ohne den wir ein nationales Volk nicht sein können, halten wir unbedingt fest. Ja diesem Sinne wollen wir weiter arbeiten, und auch der heutige Tag wird uns Anregung und Mut dazu geben. Nicht tatenloses Abseitsstehen in Verdrossenheit oder ein vornehmes Kritikübeu, dabei aber selbst nichts Positives zu tun, sondern eigene und ernste politische Arbeit ist heute mehr denn je die Pflicht eines jeden deutschen Mannes. (Lebhafter Beifall.) — Ucber die Arbeiten und Aufgaben desLandtages berichtete hierauf der Abg. v. Geß, der zunächst die Versammlung namens der Kammer- sraktion begrüßte. Unter Hinweis auf die wieder günstiger gewordene Finanzlage des Landes gab der Redner sodann seiner Freude Ausdruck, daß die schon längst als notwendig erkannte Erhöhung der Gehälter der Geistlichen und Volksschullehrer nunmehr möglich geworden sei. Urbergehcnd zn der durch die Heidelberger Konferenz eingeleitete Eisenbahnbetriebsmittelgemeinschaft hob der Redner hervor, daß wir stolz darauf sein dürfen, daß Württemberg eine so hervorragende Rolle bei der Durchführung dieser Pläne übernommen habe. Daß nur eine Betriebsmittelgemeinschaft mit den andern deutschen Eisenbahnverwaltnngea und namentlich mit dem großen, beherrschenden preußischen Eisenbahnnetz uns Hilfe bringen könne, sei einleuchtend. Der Plan erneS Großschiffahrtsweges auf dem Neckar, der ein neues Glied in unsere Verkehrswege eivführen würde, sei in der Tat von großer Bedeutung für alle Zweige unseres Erwerbslebens; namentlich für die Industrie Württembergs
j werde dieser wichtigen Frage deshalb wohl mit Recht näher getreten. Aber nur wenn der Kanal bis in das Herz von Württemberg, bis Eßlingen fortgesetzt werde, werde er in weiten Kreisen volle Billigung finden. Eingehend behandelte der Redner hieraus die Verfassungsreform. Im allgemeinen müsse mau fordern, daß die Revision den Anschauungen des Volkes entspricht und einen Fortschritt in unserem Ver- sassungsleben bildet. Auf dieser Grundlage müsse das Erreichbare angestrebt werden, damit etwas zu stände komme. Vor allem sei die Frage zu berühren, ob wieder das Zweikammersystem akzeptiert werden soll. Die Thronrede habe sich hierüber bejahend ausgesprochen und cs sei nicht zu erwarten, daß die Regierung von dieser Auffassung av- Weichey werde. Eine vollständige Beseitigung der Standes- Herren, die ja vielfach gewünscht werde, sei nach dem Inhalt der Thronrede nicht möglich, dagegen seien sog. Geisterstimmen auszuschließen. Die Frage, ob das Bndgetvor- recht der zweiten Kammer zu Gunsten der ersten Kammer, wie diese verlange, beschränkt werden dürfe, verneinte der Redner. Schließlich machte der Redner noch einige Ausführungen über die Stellung der Fraktion zu anderen Parteien. Die Fraktion schließe keine Allianzen. Sie wahre ihre volle Selbständigkeit; aber jedem richtigen Vorschlag, der von anderer Seite auszehe, schließe sie sich gerne an. Der deutschen Partei liege das Wohl aller Berufsstände am Herzen und sie wirke darauf hin, daß allen Gliedern des Reiches und des Landes die Lebensbedingungen gewährt werden, deren sie bedürfen. Die Wichtigkeit der materiellen Interessen anerkenne sie voll und ganz; allein diese dürfen die idealen Gesichtspunkte nicht in den Hintergrund drängen. Wir sind Bürger eines großen Vaterlandes, dessen Ehre und Macht zu erhalten eine heilige Pflicht ist. Diese Pflicht wollen wir alle mit vereinter Kraft und Treue erfüllen! (Lebhafter Beifall).
Reichstagsabg. Patzig-Berltn sprach über »Reichspolitik und Reichstag". Der Redner betonte ein- ' leitend, daß die leitenden Stellen der Partei sich in allen wichtigen Punkten eins wisse mit den Bestrebungen der Deutschen Partei in Württemberg und ging sodann über zu der auswärtigen Politik des Reichs. Er führte aus, daß die Zeit der festländischen Kolonialpolitik, welche das Reich in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens feiern konnte, endgiltig vorbei sei und daß wir hineiogewachsen seien in die Wellpolitik. Man könne zwar vielfach, namentlich auch von denen um Bebel, hören, daß sich das Reich auf die Welipolitik niemals hätte einlassen sollen. Wie könne aber ein Volk, das in einem Menschenalter um 20 Millionen zugenommen, eine chinesische Mauer um sich bauen und sagen : „Die Weltpolitik geht mich nichts an." Ein solches Volk wird in die Weltpolitik hin eingezo gen werden, mag es nun wollen oder nicht nnd es muß sich auch sagen, daß es an dieser Politik teilnehmen muß, wenn es nicht das Dasein des Pfahlbürgers führen soll (sehr richtig). Seit einiger Zeit versucht die amerikanische gelbe Presse und auch die englische, die Japaner gegen Deutschland aufzuhctzen, um sie so weit zu bringen, daß sie sich Hinreißen lassen, uns in Kiantschau zu bedrohen. Ein entschiedenes Wort der Verwahrung dagegen haben wir in den deutschen Blätter», die vom auswärtigen Amt beeinflußt werden, bis jetzt nicht gehört. Der beste und sicherste Boden für eine ersprießliche auswärtige Politik ist aber eine gute Ordnung der Dinge im Innern, und kein Volk der Welt hat so sehr, wie das deutsche, die schmerzliche Erfahrung machen müssen, daß jeder große Anlauf aus dem Gebiet der auswärtige« Politik ergebnislos und verloren ist, wenn nicht in der Heimat gesunde Verhältnisse vorhanden find. An der Verelendung des Parlamentarismus trage nicht die Regierung allein die Schuld, sondern auch das deutsche Volk selbst, dessen Mangel an Widerstandskraft gegenüber dem Demagogentum und dessen zu weit gehende Rücksichtnahme auf Kirchtnrminteressen und ans die momentanen Interessen einzelner Berufe. Bei den bevorstehenden Handelsverträgen müssen wir die bestimmte Erwartungaussprechen, daß es der Regierung gelingen wird, die großen und anerkennenswerten Fortschritte, die unsere Landwirtschaft auf dem Gebiet der Viehzucht gemacht hat und die uns in die Lage versetzt, den Bedarf an Fleisch im eigenen Lande vollauf zu decken, nicht durch das Eindringen von Seuchen aus dem Auslande wieder in Frage stellen zu lassen. In diesem wichtigen Punkte, so hoffen wir, wird der Reichskanzler sich unnachgiebig zeige». Der Vorwarf, daß die natioualliberale Partei der Landwirtschaft feindselig gegenüberstehe, sei nicht nur ungerechtfertigt, sondern geradezu unverständlich. Kaufmann Stübler - Stuttgart begrüßte hierauf die Laodesoersammlung namens der an den Reichsverband augeschlossenen jungliberalrn Vereine.
Der Geschäftsführer der Partei, Dr. Fetzer, gab noch in großen Zügen einen Rückblick auf die wichtigeren Ereignisse des vergangenen Jahres und in seinem Schlußwort hob der Vorsitzende hervor, daß der überaus zahlreiche Besuch der heutigen Versammlung, in welcher alle Stände unp Schichten der Bevölkerung vertreten seien, am besten zeige, daß die Deutsche Partei auch heute noch zeitgemäße, praktische Arbeit leiste. Möge jeder in seinem Teile dazu beitragen, daß die heute gegebenen Anregungen in immer weitere Kreise dringen, dann werde es auch am Erfolg nicht fehlen. An die Verhandlungen schloß sich, wie üblich, ein gemeinsames Mahl im Stadtgarten an.
Landesversammlung der Zentrumspartei.
* Aavensvmg, 9. Jan. Zn der gestern hier abgehaltenen Landesversammlnag der Zentrumspartei hatten aus allen Teilen Oberschwabens die eingestellten Extrazüge viele Teilnehmer herbeigeführt. Der Besuch der Luruhallen- versammlung ist auf über 3000 Personen geschätzt worden; im Geselleuhans wurde eine Parallelversammlung abgehalten. In den dichten Reihen der Geistlichen bemerkte man auch den Domkapitular Berg. Die Zentrumsfraktion des Landtags war vollständig zugegen. R.-A. Dr. Graselli begrüßte die Versammlung im Namen des Bezirksausschusses. Die Masse der herbeigeströmtea Teilnehmer gebe eine nicht mißzuversteheude Antwort auf die Protestbewegung. Zum Vorsitzenden wnrde Abg. Locher berufen. Reichstagsabgeordneter Kämmerer Leser svrach über „Reichs- Politik" und. über die Erfolge, welche das Zentrum in der 11. Legislaturperiode erzielt habe. Mit dem Fall des tz 2 des JesuilengcsetzeS sei viel und wenig erzielt; auch § 1 müsse fallen. Das Zentrum habe im Reichs- und Landtag seine Pflicht getan, keine Fraktion vermöge auf eine so erfolgreiche Tätigkeit zvrückdlicken. Wenn Noten nusgettiit würde», so müßte das Zentrum I u bekommen. Nachdem Pfarrer Geifinger-Weissenan für das Recht der Pfarrer, sich mit Politik zu beschäftigen, eingetretea war und zu dem Gelübde anfgefordert hatte, im Schulkampf Schulter an Schulter zum Bischof zu stehen, referierte Abg. Rembold- Aalen über die „Landespolitik". Die Frage der Verfassungs- revifiou sei für das Zentrum gegenstandslos, denn die anderen Parteien betrieben die Revision, um die Haupt- grnndsätze des Zentrums bei der Schulfrage illusorisch zu machen. Von der geistlichen Schulaufsicht weiche aber das Zentrum nicht ab. Es sei bedauerlich, daß die Regierung kein Wort gefunden habe über das revolutionäre Treiben wegen des „Proteftrummels" im letzten Sommer, das sich auch gegen den Thronfolger gerichtet habe und die Gesetze des Staates und der Monarchie angreife. Abg. Gröber betonte, es sei notwendig, daß Klerus und Laien einig seien. Er sagte: Den Rat nehmen wir nicht an, daß die Geistlichen m der Sakristei bleiben sollen, je mehr sich die Gegner über die politische Arbeit des Klerus ärgern, desto lieber ist es uns. Der Kampf der uationalliberalen Partei gegen die Aufhebung des K 2 des Jesuitengesetzes sei Heuchelei. Diese Partei wolle sich nur wieder auf den Gaul helfen. Mit der Gewerbefreiheit sei man zu einer allgemeinen Unfreiheit gekommen. Auch auf wirtschaftlichem Gebiete müsse endlich dem liberalen Unsinn ein Enoe gemacht werden. Angenommen wurde folgende Resolution: „Ueber 6000 auf dem oberschwäbischeu Parteitag des württ. Zentrums zn Ravensburg am 8. Januar 1905 versammelte Männer erklären ihre llebereinstimmuog mit der Zentrumsfraktion der zweiten Kammer und der Mehrheit der ersten Kammer in dem Kampfe gegen die drohende Eatchristlichung der Schule; sie sprechen die Ueberzeugung aus, daß dieser Kampf für die gemeinsamen Interessen der christlichgläubigeu Mehrheit des Volkes ohne Unterschied der Konfession geführt wird, und sie verwahren sich gegen eine Verfassung, die dem Ansturm gegen die christliche Schule die Wege öffnen würde.
Tagespolitik.
Professor Paasches Kreuznacher Rede über einen angeblich bestandenen Konflikt zwischen England und Deutschland, der durch die Geschicklichkeit der Diplomatie beseitigt worden sei, erregt in London Aufsehen. Der Berliner Morning Post-Korrespondent behauptet, ihm sei von Gewährsleuten, die ihre Informationen vom Auswärtigen Amt in Berlin erhalten haben wollten, mitgeteilt worden, die britische Regierung habe ein Ultimatum au die deutsche Regierung gerichtet, worin sie eine weitere Bermehrnng der deutschen Flotte verboten habe. Infolgedessen habe Kaiser Wilhelm die Mobilmachung der Flotte zu Kiel befohlen. Der Krieg sei im letzten Moment durch
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