Ier«sp«cher Nr. 11-

Erschetnt Dienstag Donnerst«, SamStag und Sonntag mit der wöch. Beilage »Der SomrtagS- Sast*.

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Donnerstag, 29. DezernSev.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

Amtliches.

Nach einer Bekanntmachung der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins hat Ihre Majestät die Königin auf Weihnachten 1904 das Dienstboteuehrenzeichen für treue Dienstleistung in einer und derselben Familie an 56 weib­liche Dienstboten und zwar an 9 mit mmdesteus 50 Dienst­jahren das vergoldete und an 47 mit mindestens 25 Dienst­jahren das silberne verliehen.

Versetzt wurde auf Ansuchen nach Altensteig Psst-

meister Schweizer in Crailsheim.

GoigespoMiR

Eine Veränderung zwischen dem sächsischen Hofe und der früheren Kronprinzessin von Sachsen, der heutigen Gräfin von Montignoso, ist nach denLeivz. N. N." vollzogen. Die Gräfin verpflichtet sich darnach, künftig alle gewaltsamen Versuche zu ihren Kindern zu gelangen, zu unterlassen und sich ganz ruhig z:>: verhalten. Dagegen verspricht der säch­sische Hof, den Zwischenfall aus 'voriger Woche als nicht geschehen zu betrachten, ihr die zugesicherten Einkünfte weiter zu bezahlen und auch zu gestalten, daß sie jährlich einmal thre Kinder sehe, wahrscheinlich schon im kommenden Som­mer. lieber die Anwesenheit der ehemaligen Kronprin­zessin in Dresden wird weiter berichtet: Als das Publikum in Dresden die Kronprinzessin erkannte, wollte es ihr die Pferde ausspannen und im Triumph durch Dresden fahren. Nur mit Gewalt konnte die Polizei dieses Vorhaben ver­hindern. Ruse wieHierbleiben!"Bleibe bei nns!" nnd nicht endenwollende Hochs durchbrausten die'Luft. Unter Tränen dankte die Gräfin für die herzlichen Kundgebungen. In Leipzig war wie in Dresden eine starke Polizeitruppe zur Stelle. Die Fahrt der Gräfin ging mitten durch die SEt Leipzig. In der Kaiser-Wilhelmstraße stieg Rechts­anwalt Dr. Zehme aus dem Wagen, und die ehemalige Kronprinzessin fuhr allein nach dem Vororte Gautzsch, wo sie in der Billa des Rechtsanwalts Dr. Zehme Wohnung nahm. Unterwegs auf der Fahrt sprach die Gräfin mit mir und meiner Frao, die wir dem Wagen der Gräfin gefolgt waren. So meldet der Berichterstatter desBerl. Tagbl." Sie drückte uns die Hand und sagte wörtlich:Ich werde wiederkommen, Sie wissen gar nicht, wie viel Liebe und An­hänglichkeit mir Sachsen bewahrt hat. Herzlichen, innigsten Dank für alles! Denken Sir nur, in Dresden wurde ich aus dem Taschenberg-Palais von der Polizei hsrausgeholt !* Die Gräfin überreichte dem Korrespondenten einige von den viele« prächtigen Blumen, die ihr beim Abschied in Dresden in den Wagen geworfen wurden. Aus dem ganzen Wege durch Leipzig brachte die Volksmenge stürmische Hochs aus die Gräfin aus, die sichtlich gerührt nach allen Seiten dankte. Sie trug ein schwarzes Trauergewand mit langem Witwenschleier.

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Auf Neujahr

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Die Preußische Forstoerwaltung Hai im letzten Jahre bei Holzverkäusen einen ganz außerordentlichen Gewinn er­zielt. Dafür zeigt die Verwaltung den Holzhändlern nun auch Entgegenkommen, indem sie vielfach laut gewordenen Wünschen der Holzhändler, für die Hinterlegung von Holz­kaufgeldern Wechsel zuzulassen, in größerem Umfange als bisher Rechnung tragen will, wenngleich eine Verpflichtung der Verwaltung zur Annahme von Wechseln nicht anerkannt werden kann.

* *

Ein Erlaß des Kaisers*von Rußland an den Senat über einen Entwurf zur Vervollkommnung der Staatsordnung besagt: Bei unabänderlicher Wahrung der Nnerschütterlichkeit der Reichsgrundgesetze soll au eine Aeudernng, wofür das Bedürfnis gereist ist, zurBesriedigung der Bedürfnisse des Volkes herangetreteu werden. Die erste Sorge des Kaisers bildet die allerbeste Ordnung des Daseins des Bauernstandes. Hierüber fanden bereits eingehende Beratungen ausgewählter höchster Verwaltuugspersonen statt. Der Kaiser befahl, daß diese Arbeiten und Gesetze für den Bauernstand mit der all­gemeinen Reichsgesetzgebung in Einklang zu bringen find zur dauernden Sicherheit dieses Standes und der vollberech­tigten freien Landbürger. Ferner sind unaufschiebbar:

1) Maßnahmen zum Schutz der vollen Kraft des Ge­setzes und Haftbarmachung der Behörden für willkürliche Handlungen.

2) Weitere Teilnahme der örtlichen und städtischen Einrichtungen an der Lokalverwaltung unter Verleihung der erforderlichen Autonomie und Heranziehung der Vertreter aller Teile der interessierten Bevölkerung neben den Semst- wos; Schaffung von Lokalverwaltungskörpern für die Grund­stücke kleineren Umfangs.

Eine Gerichtsreform zur Wahrung der Gleichheit vor Gericht und der Unabhängigkeit der Gerichtsverfüaungeu.

4 ) Eine staatliche Arbeiterversicherung.

5) Durchsicht der während des Auftretens verbrecher­ischer Feinde gegen die öffentliche Ordnung erlassenen Aus­nahmebestimmungen.

6) Durchsicht der Gesetze über die Rechte der Sektierer, über Personen heterodoxer und uichtchristlicher Bekenntnisse zur Festigung der durch die Grundgesetze des Reiches ge­heiligten Duldsamkeit in Glaubenssachen.

7) Durchsicht der bestehenden Verordnungen, die die Rechte der Ausländer und Eingeborenen auf hesondere Reichs­gebiete beschränken.

8) Ueberflüsfige Einschränkungen in den Verordnungen über die Presse zu beseitigen zum Nutzen Rußlands. Der Kaiser ordnet auf diesen Grundlagen eine Umgestaltung an und bestimmt die Prüfung aller Fragen durch das Mimsier- komitee, sowie Einsendung von Berichten und Beschlüssen.

M Letefrucht. A»

Arbeit, edle Himmelsgabe Zu der Menschen Heil erkoren Nie bleibt ohne Trost und Labe,

Wer sich deinem Dienst geschworen,

Dir entspringt des Weisen Habe Und dich meiden nur die Toren.

K. Bodenstedt.

Fein gesponnen

Kriminal-Roman v. La.wrence F. Lynch. - Deutsch v.E. Kramer.

(Fortsetzung.)

Der dritte Brief war von Gracia Roseveldt an Lotta Baring gerichtet und schlug eine» anderen Ton an.

Mein liebes Lottchen! Wie ich wünsche, Du wärest hier I Ich würde Dir ein nettes Klatschsüppchen servieren! Kochen täte ich es Du brauchtest es nur zu essen. Ich stecke voller Neuigkeiten und habe Dir unendlich viel zu > sagen; aber das Schreiben ist so unbefriedigend.

Ich sitze hier ganz allein in meiner Stube in Ellen Jermyns elegantem Hause in New-Iork der Stadt der Städte! Ich wünschte, wir könnten immer hier leben! Adeline ist zwar anderer Ansicht, und ich glaube, Ellen auch. Ich möchte sogar behaupten, sie hat niemals den Wunsch gehabt, hierher zu ziehen. Das ging alles von ihm aus, der trotz seiner sanfte« Stimme und seines ritterlichen Be­nehmens Ellen mit eiserner Hand beherrscht. Adeline ist in allem, was Mr. I. P. Jermy» betrifft, so blind wie ein Maulwurf. Sie ist vollständig in ihn verschossen! Wir waren noch keine zwei Tage hier, da fingen wir schon au, unS über unsere Wirte zu zanken. Adeline erklärt Mr. Jermyn für ein Muster der Vollkommenheit, und ich erkläre ihn so ziemlich für das Gegenteil. Er ist zu sanft und

engelhaft für einen Mann. Er verstellt sich! Ich habe es von Anfang an gesagt. Er verstellt sich, und ich möchte blos wissen warum!"

Ellen ist übrigens eifersüchtig; höre nur folgende Ge­richte. Vor etwa vierzehn Tagen erwähnte Mr. Jermyn beim Frühstück, daß er halb und halb entschlossen sei, einen Sekretär anzunehme». Er sagte, er sei mit den Abschriften seiner Manuskripte sehr im Rückstand und wolle sehen, ob er nicht eine stille, bescheidene Frau oder ein Mädchen dazu engagieren könne. Ellen schien nicht sehr erbaut von der Idee, aber er betonte, daß er lieber einem Mädchen einen solchen Verdienst zuwenden würde, als einem Mann, denn er glaube, die Frau habe ebenso gut ein Recht auf Arbeit, wie der Manu u. s. w. u. s. w. Gestern Morgen sagte er zu Ellen, er habe ein junges Mädchen gefunden, das ihm passend erschien. Er bat sie, ein Zimmer in Stand setzen zu lassen, da er gewiß oft spät zu tun haben werde, und man eine Frau abends doch nicht auf die Straßen schicken könne.

Ellen erwiderte, sie freue sich, daß er eine Hilfe ge­funden habe, war aber im übrigen nicht sehr enthusiasmiert, und er sprach von etwas Anderem.

Heute, gleich nach dem Frühstück Ellen und Adeline Wollten ausfahren, und seine Heiligkeit waren nicht mit beim Früstück gewesen stand ich unten in einem kleinen Em­pfangssalon, von dem man auf die Straße sehen kann. Die Tür nach dem Vestibül stand halb offen. Plötzlich höre ich einen Wagen Vorfahre», und als ich auS dem Fenster blickte, sehe ich, wie Mr. Jermyn einer verschleierten Dame aus einer Droschke Hilst. Als sie auf die Haustür znkamen, trat ich vom Fenster zurück. Er öffnete ihr die Tür, und ich hörte ihn in respektvollem, beinahe zärtlichem Ton sagen: Wenn Sie einen Augenblick im Salon eintreten wollen, werde ich meine Frau rufen." Dabei berührte er leicht ihre Schulter, und wies ihr die Richtung nach dem Salon. Ich

sah, wie das Mädchen nach der Treppe zum ersten Stock­werk blickte, auf deren letztem Absatz Adeline und Ellen stand. Sie hatten den Wage« Vorfahren hören und warteten dort um selbst nicht gesehen zn werden, ehe sie wußten, wer gekommen sei. Ellen fegte die Treppe herab, daß es eine Art hatte; unten stand sie einen Augenblick still und sah ihrem Gatten, blaß wie eine Leiche, fest ins Gesicht.Ellen,* sagte er so sanft wie immer,dies ist die junge Dame, von der ich Dir gesprochen habe mein neuer Sekretär".

Nein wirklich, Lotte I Ich hätte nie gedacht, daß Ellen Jrrmyngham so unhöflich sein könnte. Sie ließ ihre Schleppe fallen, warf den Kopf hochmütig zurück und segelte an dem Mädchen vorüber, als wäre es Luft. Adeline die kleine dumme Pute folgte natürlich ihrem Beispiel. Ellens Wagen war vor der Tür; schnell wie der Wind fliegen sie ein und fuhren davon. Ich wünschte, Du hättest Mr. Jermyns Gesicht sehen können : ^s war aschfahl, und seine Augen schossen Blitze; aber der 2 wn seiner Stimme klang so ruhig und sanft wie immer, als er sagte: Mein verehrtes Fräulein, entschuldigen Sie meine Frau. Sie ist krank, ihre Nerven sind sehr erregbar, und sic hat sich ver­gessen. Ich hätte sie besser vorbereiten sollen. Es ist mein Versehen.

Die junge Dame schlug den Schleier zurück und ich konnte gerade in ihr Gesicht blicken. Was mir in diesem Augenblick am meisten auffiel, war eine große Aehnlichkeit zwischen ihr und Ellen Jermyn selber eine ganz unver­kennbare Aehnlichkeit, nur daß die Fremde, im Gegensatz zu Ellen, blond war. Sie richtete sich stolz ans, und ihre Stimme war so klar und kalt, aber auch so süß, wie perlen­der Champagner.

Es ist nicht ihr Versehen, Mr. Jermyn" sagte sie, es ist Ihr Unglück, daß Sie eine Fron haben, die keine Dame ist." Wie gefällt Dir das. Lotta?Wenn Sie die Güte haben wollen, mir einen W (gen zu besorgen, will