Aerssprecher Ns. I I.

Erscheint Dienstag Donnerst., SamStag und Sonntag mit der wöch. Beilage § »Der SonntagS-

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Donnerstag, 15. Dezember.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904.

Amtliches.

In einer oberamtlichen Bekanntmachung werden die­jenigen im Jahre 1885 geborenen jungen Leute, welche im Besitze gütiger (Hchul-)Zeuguisse über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst sich be­finden und die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militär­dienst erwerben wollen, darauf aufmerksam gemacht, daß die Gesuche um Erteilung des Berechtigungsscheins zum ein- jährigen-freiwilligen Dienst spätestens bis zum 1. Februar 1905 unter Beifügung der vorgeschricbenen Papiere bei der Kgl. Württ. Prüfungskommission für Einjährig-Freiwillige in Ludwigsburg (Adresse: Kanzlei der K. Kceisregierung) einzureichen find.

Allerlei Weihnachten.

(Nachdruck verboten.)

Wir hören jetzt aus Oftasten, wie die beiden Parteien auch im Hanen Drange der Winterszeit miteinander unun­terbrochen weiterringen, wie besonders vor der Seefestuug Port Arthur Woche um Woche Hunderte von Leichen , der Erde übergeben werden. Die Weihnachtszeit, den Japanern ist sie ja so wie so fremd, kommt da wenig zum Ausdruck. Ganz anders wird es nun bald bei unseren Deutschen in Südwestafrika im Felde stehenden Mannschaften ausschauen, au die von überall her aus der Heimat Liebesgaben und Geschenke abgegangen sind. Wird auch kein rechter Weih- uachtsbaum an Ort und Stelle gefällt werden können, es werden genug unterwegs sein, und sollten die nicht ausrei­chen, so muß schließlich ein Dornbusch als Halter der bren­nenden Kerzen genügen, ohne die Weihnachten zu feiern, dem Deutschen nun einmal schwer fällt.

Unsere Veteranen von anno 70/71 werden, wenn sie lesen, wie sich in der Mandschurei Russen und Japaner in ErdlM'cn und Erdböl-m zum Sckrtz- g.-aeu die Kälte ver­graben, sagen :Bor Paris damals an Weihnachten war's auch bald so." Die äußersten Posten vor Paris stellten sich unterirdische Bollwerke her, zum Schutze gegen die Granate» aus den Pariser Forts, mit welchen die franzö- fiche Artillerie nicht sparsam umging, und gegen den Winter. Denn der meinte es von 70 auf 71 in Frankreich mehr wie gut. Wie vor Paris, hatten auch unsere Truppen vor Belfort einen harten Stand, und die sonst so schmucken deut­schen Soldaten waren damals iu so merkwürdige Hüllen eingemummelt, daß sie einen ganz besonderen, schrecklich- komischen Anblick boten. Uebrigens sind dis Bilder aus jeuer Zeit noch nicht verschwunden : Ausländische Zeitungen haben daran Köpfe und Uniformen geändert und so sind die neuesten Bilder vom russisch-japanischen Kriege daraus geworden. Auch aus dem russisch-türkischen Kriege find Konterfei's iu derselben Weise umgewaudelt worden. Mit etwas Schlauheit ist das Unmögliche möglich zu machen.

Bei der gestrigen Bürgerausschußwahl in Heilbronn drang der Vorschlag der vereinigten bürgerlichen Parteien mit einer Ausnahme durch. Der letzte unter den Gewählten war von der Sozialdemokratie vorgeschlagen, gehört ihr je­doch nicht an.

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DieHamburg-Amerika-Lime" macht darauf aufmerk­sam, daß, während die Engländer sich darüber aufhalteu, daß die deutschen Schiffe sich an der Kohlenlieferung für die russische Flotte beteiligen, die Engländer selber tatsächlich ein Monopol für Kohlenlieferung für die japanische Kriegs­leitung besitzen. Nach dem nun vorliegenden Wochenbericht find während der letzten Woche wieder zehn eng­lische Dampfer für Kohleulieferuugen von den Japaner» geschartert worden und weitere Schiffe werden für Japan gesucht. In den Zirkularen werden zwar auch deutsche Redereien zu Offerten aufgefordert, aber bisher hat noch kein deutsches Angebot einen Zuschlag erhalten.

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Wenn die russischen Soldaten in der Mandschurei frieren, so mögen sie sich bei ihren vornehmen Landsleuten zu Hause bedanken, die lange Finger machen. In Kiew wurde» mehrere Offiziere verhaftet, die bedeutende Summen zur Anschaffung von Wollenhemden für das Militär unter­schlugen.

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So heldenhaft die Truppen Stöffels in Port Arthur den andringenden Feinden nun schon dreiviertel Jahr wider­stehen, so rühmlos hat sich die russische Flotte dort geführt. Ohne Sang und Klang ist das stolze Geschwader soeben

v ersunkeu, ohne vorher noch den geringsten Versuch gemacht zu haben, sein Dasein in einem Ausfallgefecht teuer zu ver­kaufen. Die Eroberung des 203 Meter-Hügels durch die Japaner machte den Hafen unhaltbar. Die bisher dem Auge der Japaner entzogenen Schiffe konnten nun von den Belagerern anfs Korn genommen werden, und waren bald eine Beute der japanische» Granaten. Heller Jubel herrscht darüber in ganz Japan. Nun ist der Hauptzweck, der die Japaner vor die Festung bannte, erreicht. An den paar Mann, die sich noch iu den hochgelegenen Forts, besonders aus dem 500 Meter hohen Lmutieschan Halter,, liegt den Ja­panern nichts, sie sind so gut wie unschädlich. Ein Teil der japanischen Belageruugsarmee ist bereits abgezogen, um die japanischen Truppen beim Angriff auf Knropatkin zu unterstützen. Togos Flotte aber kcmu jetz: zum größten Teile von Port Arthur abkommen und den uach Süden abge­gangenen Schiffen Nacheilen, um sich au den Empfangs­feierlichkeiten für das baltische Geschwader des Admirals Rostdjeftwensky zn beteiligen, falls dieser die Kühnheit hat, seine Reise nach Ostafien doch fortzusetzen.

Deutscher WeichsLag.

Iierlitt, 12. Dezember.

Vor leeren Bänken, wie das bei solchen Anlässen üb­lich ist, hat der Reichstag die Beratung der vom Zentrum und von den Sozialdemokraten gestellten Etatsresolutioneu zu Ende geführt, die sich mit der Frage des Bergrechts und den Verhältnissen der Bergarbeiter beschäftigen. Die Zen- trumsresolution verlangt eine einheitliche Regelung des Berg­rechts für das Reich, Schutzbestimmungen und insbesondere Maßnahmen gegen Wurmkrcmkheit. Die sozialdemokrat jche Resolution spezialisiert mehr und verlangt u. a. dev Acht­stundentag und, je nach der cm der Arbeitsstätte herrschende» Temperatur, auch den Sechsstundevtag, die Anstellung frei und geheim gewählter Arbeitskontrolleure, das Verbot der Frauenarbeit und eine einheitliche Ordnung des Knappschafts- Wesens. Die Mehrheitsparteien, Konservative, Zentrum und Nationalliberale, möchten die letztere Resolution nicht direkt ablehnen. Das hätte zu schlechten Eindruck nach Außen ge­macht. Man wollte sie aber auch nicht zur Berücksichtigung überweisen, wie Sozialdemokraten, Freisinnige und Polen verlangten. So verfiel man auf den Antrag, diese Reso­lution als Material zu überweisen. Dadurch wird der, der den Beschluß faßt, noch der, an den er gerichtet ist, zu irgend etwas verpflichtet. Gegen die Annahme der Resolution des Zentrums hatte daun natürlich niemand etwas einzu- wendeu. In der Debatte ergab sich bei einzelnen Rednern der Mehrheitsparteien eine recht weitgehende Uebereinstimm- ung mit den sozialdemokratischen Forderungen. Bei der Abstimmung wurde der Zentrumsantrag einstimmig ange­nommen. ein freisinniger Antrag Hoesch auf Ueberweisung der sozialdemokratischen Resolution zur Berücksichtigung gegen Freisinnige, Sozialdemokraten, Polen und Antisemiten ab- gelehut und dieser dann gegen die Stimmen dieser Parteien als Material überwiesen. Nächste Sitzung Dienstag.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 13. Dezember.

Auf der Tagesordnung steht als einziger Gegenstand die Fortsetzung der Beratung über den Entwurf einer Ge- mewdeordnung. Man fährt fort mit Art. 177. Dieser Art. handelt davon, daß zur Führung des Kassen- und Rech­nungswesens der Teilgcmeinde ein Ortsrechner anfzustelleu sei, sowie von der Wahl desselben und seinem Gehalt. Nach der Begründung d. Art. durch den Berichterstatter Abg. Nieder wird der Art. ohne Debatte angenommen. Art. 178 handelt von dem örtlichen Aufwand der Teilgemeinde und der Art. seiner Bestreitung und wird nach einer Debatte, au der sich die Abgeordneten M a i e r-Rottweil, Nieder und der Minister des Innern sich beteiligen, nach der Kom­missionsfassung angenommen. Auch Art. 179, der von den Rechnungen, die für die Teilgemeinden zu stellen find, handelt, wird nach der Kommisfionsfassung angenommen, ebenso Art. 180, der die Verhältnisse besonders gearteter Teilgemeiuden regelt. Auch die folgenden Art. finden debattelos Annahme uach der Kommisfionsfassung. Die Art. 184188 handeln von der Verwaltung der Ortspo- lizri. Der Referent beantragt nach eingehender Begründung die Annahme des Art. 184 nach der Kommisfionsfassung, welche lautet: Die Ortspolizei ist nach Maßgabe der je­weils bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu verwalten. Nach einer längeren Debatte, an der sich der Mitberichter­statter Abg. Kloß, v. Geß, Minister, v. Pischek und

Haußmann-Balingen beteiligen, wird der Kommissions­antrag zu Art. 184 angenommen. Der Art. 185 regelt die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen dem Gemeiuderat und dem Ortsvorfteher auf dem Gebiet der Polizeioerwal- tung, die bisher vielfach unklar und unbestimmt war. Der Antrag der Kommission geht dahin, den Art. 185 in fol­gender Fassung anzunehmcn:Die Verwaltung der Orts-. Polizei erfolgt durch den Ortsvorsteher. Der Gemeiuderat beschließt abgesehen von der Erteilung der Zustimmung zu ortspolizeilichen Vorschriften im Sinne der Art. 51 und 52 Abs. 2 des L.-P.-Str.°G. vom 27. Dez. 1871, Reg.-Bl. S. 391 nur 1) über sonstige polizeiliche Verfügungen, welche für fortdauernde Geltung bestimmt sind, 2) über die Einführung oder Abänderung ständiger polizeilicher Anstal­ten oder Einrichtungen, 3) über alle sonstigen polizeilichen Maßregeln, welche mit Kosten für die Gemeinde verknüpft sind, unbeschadet des Rechts des Ortsvorstehers, in dringen­den Fällen die durch die Umstände gebotene vorläufige Ver­fügung zu treffen, 4) über diejenigen Polizeilichen Angelegen­heiten, welche ihm durch besondere gesetzliche Vorschrift zuzewiesen sind. Wenn die Ausführung eines auf Grund des Abs. 2 gefaßten Beschlusses des Gemeinderats Kosten verur­sacht, so ist bei dem Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 138 Abs. 4 die Zustimmung des Bürgerausschusses, in den großen Städten die Zustimmung der Stadtverordnetenversamm­lung einzuholen." Hiezu beantragt Abg. Hildeubr and: den Art. 185 zu fassen :Die Verwaltung der Ortspolizei ist dem Gemeinderat übertragen. Derselbe kann zur Ausübung der Polizeilichen Befugnisse besondere Beamte bestellen, die ihre Tätigkeit im Namen des Gemeinderats auszuüben haben." Gegen diese» Antrag wenden sich die Abg. Nieder, v. Geß, Maier-Blaubeureu, Haußmann-Balingen (derjeinen eigenen Antrag einbringt) und Minister v. Pischek, dafür spricht Abg. Kloß. Der Antrag Haußmamr lautet: deu Abs. 1 des Artikels 185 anzunehmen, den Abs. 2 da­gegen durch folgende 2 Absätze zu ersetzen:Derselbe hat in den Polizeisachen die ihm nötig dünkende« Anordnungen, besonders insofern sie mit Kosten verbunden find, im Ge- metuderat vorzutragen und einen Beschluß desselben herbei- znführen."In dringenden Fällen ist jedoch dem Orts­vorsteher erlaubt, auch ohne Mitwirkung des Gemeinderats die für den Augenblick erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.Gegen diesen Antrag wenden sich unter Empfehl- lung des Kommisstonsautrages die Abg. Nieder, ».Kiene, Dambacher, Rernbold- Gmünd sowie Minister v. Pischek. Abg. Liesching tritt für den Antrag Hauß- maan-Balingen ein mit dem Hinweis, daß bei Annahme des Kommissionsantragss dem Gemeinderat jedes Gutachten über die gesamte Polizeiverwaltung entzogen werde. Abg. R emb old-Gmüud beantragte nach längeren Ausführungen weitere Absätze dem Art. einzufügeu. Abg. Keil ist der Anschauung, daß das Schicksal des Antrags Hildenbrand nach den Ausführungen der Vorredner Wohl besiegelt sei, will aber noch einige Punkte erörtern. Nachdem der Red­ner geendet, wird die Beratung abgebrochen.

LcmdesnachrichLen.

jf Stuttgart, 12. Dez. Strafkammer. Angeklagt wegen Vergehevs gegen das Nahrungsmittelgesetz und das württ. Biersteuergesetz war der 31-jährige Bierbrauer Karl Burk­hardt von Ehningen O.-A. Böblingen und wegen Beihilfe der 31-jährige Kaufmann Leopold Ehrlich von hier. Von diesem bezog Burkhardt für die Brauerei seines Vaters vom März 1901 bis Sommer 1903 unter der BezeichnungHolz­glasur" fortgesetzt kleinere und größere Mengen Farbbier- Extrakt, Bockbier-Extrakt und Biercouleur, welche er zur Färbung seiner Biere verwendete, um Kunden, die besondere Biere verlangten, bedienen zu können, da er nach seiner An­gabe nicht für alle Sorten Bier in seiner Brauerei einge­richtet war. Wie bekannt, sind durch das württ. Biersteuer­gesetz vom Jahre 1900 alle Surrogate zur Bierbereitung verboten. Nach Darlegung des Vorstandes des gemischten Laboratoriums des K. Medizinalkollegiums Regierungsrat Dr. Spiudler bestand die Biercouleur iu einer Zuckercouleur, die zum Färben von Essig, Wein und Bier verwendet wird, jedoch verboten ist, das Farbbier-Extrakt dagegen, welches ein stark gebranntes Malz darftellen solle, in der Hauptsache auch aus Zuckercouleur anscheinend mit Zutaten wie Wein­geist und Rosinen. Burkhardt wandte ein, daß er erst seit 25. Februar 1903 gewußt habe, daß diese Surrogate ver­boten seien. Hilfsstaatsanwalt Probst beantragte dagegen wegen der Verwendung der Surrogate gegen Burkhardt eine Geldstrafen»» 150 Mk., gegen Ehrlich von 100 Mk. Die Strafkammer verurteilte wegen Verwendung von Biercouleurs auf Gruud des Nahrungsmittel- und Biersteuergesetzes Burk­hardt zu 60 Mk., Ehrlich zu 40 Mk. Geldstrafe.