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und wundere mich, daß Bebel nicht mit beiden Händen bei den Forderungen des Kriegsministers zugreift. (Heiterkeit.) Gerade im Kriege P es notwendig, mit dem größten Takt vorzugehen. Punkt für Punkt entkräftete v. Bülow die Kritik Bebels und schloß: Unsere Aufwendungen für Heer und Marine find noch nicht die größten. Eine Versicherungsprämie von 12 Millionen für die Sicherheit deS deutschen Volkes, das 3 Milliarden für geistige Getränke ausgibt, ist nickt zu hoch. Wenn Bebel sagt, daß das französische Offizierkorps und der Generalstab auf der Höhe des deutschen Offizierkorps und Generalstabs ständen, so widerspreche ich dem nicht. Ich habe alle Hochachtung vor dem französischen Offizierkorps. Aber wenn Sie gleichzeitig die Revanchegelüste in Betracht ziehen, die in Frankreich noch immer vorhanden sOd — darüber werden Bebels Freunde ihn doch informiert haben. Ich erinnere nur an alle Mühe, die sich in dieser Beziehung Herr JaurSs gegeben hat — so werden Sie mir zugeben, daß auch wir ein Recht haben, für unsere Sicherheit zu sorge». Sagen Sie also nicht, daß wir die Mittel, die wir für unsere Sicherheit brauchen, nicht aufbringen können, denn das trifft nicht zu. (Beifall.) Die Sitzung wird auf morgen, 1 Uhr, vertagt.
Kammer der Abgeordneten.
Stuttgart, 6. Dezember.
Die Volkspartei interpellierte heute über den Stand der Betriebsmittelgemeinschaft der Eisenbahnverwaltungen. Minister v. Soden teilte mit, daß die Anregung dazu von Württemberg ausgegangen sei und daß von der württem- bergischen Verwaltung ein Entwarf vorgelegt wurde, auf dessen Grundlage die weiteren Verhandlungen stattfiuden werden. Es ist eine Kommission eingesetzt, welche im Januar 1905 weiterverhandeln wird. Besondere Bedingungen find weder von Preußen, noch von den anderen Verwaltungen gestellt worden. An den weiteren Verhandlungen werden alle deutschen Eisenbahnverwaltungen teilnehmen.
LandesnctchrichLen.
* Aktettsteig, 7. Dez. Im Hinblick darauf, daß uns vom Jahresschluß nur noch wenige Tage trennen, sei darauf aufmerksam gemacht, daß mit dem Ablauf eines jeden Jahres eine große Anzahl von Forderungen verjährt.
Mit dem 31. Dez. dieses Jahres verjähren von den im Jahre 1902 entstandenen Forderungen unter anderen olgende :
1. Die Ansprüche der Kaufleuie, Fabrikanten, Handwerker und Kunstgewerbetreibenden au die Privatkundschaft für Lieferung von Waren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung von Geschäften nnt Einschluß der Auslagen.
2. Die Ansprüche der Forst- und Landwirte für Lieferung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse (Getreide, Holz u. s. w.) für den Haushalt des Schuldners.
3. Die Ansprüche von Transportunternehmern jeder Art, wie Eisenbahnen, Schiffern, Lohnkutschern, Boten, wegen der Vergütung.
4. Die Ansprüche der Gastwirte für Wohnung und Beköstigung.
5. Die Ansprüche der Lotterie-Loshändler an die Privat- kuvdschaft.
6. Die Ansprüche von gewerbsmäßigen Vermietern beweglicher Sachen (Leihbibliotheken, Pferdeverleihinstituten).
7. Die Ansprüche derjenigen, welche, abgesehen von den Fällen Nr. 1, die Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben, wegen der ihnen aus dem Gewerbebetriebe gebührenden Vergütungen mit Einschluß der Auslagen (Stellenvermittler, Waschfrauen, Dentisten).
8. Die Ansprüche der Angestellten wegen des Gehalts oder Lohnes (Handlungsgehilfen, Werkmeister, Privatsekretäre).
9. Die Ansprüche von gewerblichen Arbeitern, auch Lehrlingen, wegen des Lohnes.
10. Die Ansprüche von öffentlichen oder privaten Schulen, Krankenhäusern.
11. Die Ansprüche der Lehrer.
12. Die Ansprüche approbierter Medizinalpersonen (Aerzte, Zahnärzte, Tierärzte, auch der Hebammen).
13. Die Ansprüche der Rechtsanwälte, Notare und Gerichtsvollzieher.
Von den im Jahre 1900 entstandenen Forderungen sind mit Ablauf dieses Jahres verjährt:
Die unter 1. genannten Ansprüche, soweit die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt ist (z. B. zum Weiterverkauf oder zur Einrichtung deö Geschäfts; Provifio-lsforderungen der Agenten au die von diesen vertretenen Firmen);
ferner die unrer 2. genannten, sofern die Lieferung nicht für den Haushalt des Schuldners erfolgt ist;
sodann die Forderung der Lotterieloshändler an andere Loshändler; endlich alle Ansprüche auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen (Zinsen einschließlich der Amortisationsbeträge, Miet- und Pachtzinsen, Reuten-, Pensionszahlungen).
-n. Hlaqold, 6. Dez. Eine Generalversammlung der Deutschen Partei fand gestern abend im Gasthaus zur Krone statt. Der Vorsitzende, Fabrikant Koch von Rohrdorf, be- willkommnete die stattliche Versammlung, worauf Oberpräzeptor Haller den Jahresbericht über die Tätigkeit der Deutschen Partei im Bezirk erstattete. Bereits seien i» Nagold, Altensteig, Haiterbach und Wildberg Ortsgruppen der Partei gebildet worden; in Ebhausen sei ebenfalls die Gründung einer besonderen Ortsgruppe in Aussicht zu nehmen. Der Redner betonte unter anderem, die Deutsche Partei wolle eine nationale sein, aber auch eine liberale. Früher sen die Deutsche Partei der konservativen näher gestanden, weil diese aber mehr und mehr abgerückt sei, und mit dem Zentrum liebäugle, erfolgte näherer Anschluß an die Volkspartet, mit der die Deutsche Partei nun auf geordnetem Fuß stehe. Das Bestreben der Partei gehe dahin, daß sich alle Stände brüderlich die Hand reichen sollen zum Wohl des Vaterlandes. Hierauf teilte Kaufmann Schmid den Rechnungsabschluß vom letzten Jahr mit, der eia günstiges Resultat bot. lieber die politischen Verhältnisse Württembergs und des Deutschen Reichs verbreitete sich sodann der Sekretär der Deutschen Partei, Dr. Fetz er von Stuttgart. Er betonte, daß von Gegenparteien, besonders vom Zentrum die Protestbewegung aus Avlaß des Falles des dem Landtag vorgelegten Schulgesetzes bespöttelt und lächerlich gemacht worden seien. Allein die Protestkundgebungen haben doch Erfolge aufzuweisen, das könne nicht geleugnet werden. Die Deutsche Partei und die Volkspartei haben sich einander genähert, um in gemeinsamem Vorgehen eine Aenderung in der Verfassung anzustreben. Das freie Bürgertum verlange eiue reine Volkskammer, es wolle sich nicht von der Geistlichkeit und vom Adel regieren lassen. Uaser Nachbarland Baden habe bereits eine freiere, fortschrittliche Verfassung erhalten. Was nun dort recht sei, sei für uns billig. Die Thronrede des Königs bei Eröffnung des gegenwärtigen Landtags zeige, daß die Lösung der Verfassungsfrage in zeitgemäßer Weise ins Auge gefaßt sei. Der König setze sich ein für das freie Bürgertum. — Auch auf die jüngste Landtagswahl in Mergentheim kam der Redner zu sprechen. Er bezeichnete den Sieg des Bauernbündlers als einen neuen Sieg des Zentrums, denn Mittnacht werbe ohne Zweifel in den meisten Frage» mit dem Zentrum gehen und von diesem sei ein Vorgehen betreffs zeitgemäßer Aenderung der Verfassung nicht zu erwarten. Scharf verurteilte der Redner die Umtriebe der Bauernbuudsführer im Mergentheimer Bezirk, durch die ein
liberaler Mann, der eine tüchtige Kraft für den Landtag gewesen wäre, nicht gewählt worden sei. — Ueber das neue Steuergcsetz sprach sich Dr. Fetzer günstig aus. Es werde gewiß als ein Fortschritt erkannt werden, denn es bringe dem wirtschaftlich Schwächeren Erleichterung und belaste mehr dev wirtschaftlich Stärkeren. — Auch wichtige Reichsfragen besprach der Redner roch und betonte, daß es den liberalen Parteien vor allem geboten sei, geschlossen gegen die Machtansprüche des Zentrmn svorzugehen. — Zum Schluß dankte der Vorsitzende dem Redner für seine Ausführungen.
— Zu der Versammlung waren auch auswärtige Mitglieder der Deutschen Partei, auch solche Bürger in größerer Zahl erschienen, die ohne Parteimitglieder zu sein, doch deren Bestrebungen unterstützen. Die ganze Versammlung nahm eiueu durchaus harmonischen, sämtliche Besucher befriedigenden Verlauf.
-r. Hrömöach, 5. Dez. Die Wasserleitung unserer Hirschbrauerei ist nunmehr zur Vollendung gelängt und ° funktioniert vortrefflich. Die Brauerei wird fortab über Erwarten reichlich mit bestem Wasser gespeist. Der Druck r der Leitung ist so stark, daß das Wasser bis zur obersten L Kühlanlage, ca. 8—10 Meter Hoch, geleitet werden kan». " Nach Vollendung der letzten Arbeiten veranstaltete Brauerei- K bcfitzer Theurer ein Wohl gelungenes Wasserfest mit Fest- ^ essen. In Wort und Lied wurden Bauherr und Arbeiter A
gefeiert; Klavier- und Pistonvorträge, sowie das ueuerstellte ^
Klavierorchestrion boten reiche Abwechslung. Die Wasser- leitung ging aus den Händen des Zementiers I. Klaiß I vou hier hervor und macht das Werk dem Erbauer alle K Ehre.
(:) Gimge«watd, 4. Dez. Auch in unserer kleinen Ge- M meinde weiß mau eine treue, langjährige Amtstätigkeit zu Z ehren und zu würdigen. Dem Gemetudepfleger Jakob Sch Stile wurde deute auf dem Rathaus vor den ver- sammelten bürgerlichen Kollegien anläßlich seiner 25jährigen treuen Amtstätigkeit ein schöner Regulator überreicht mit dem Wunsche, daß seine Lebensuhr noch lauge nicht ab- laufen möge, und daß er noch lange zum Wohl unserer LZ,
Gemeinde erhalten bleiben möge. L
* Areadenstadt, 4. Dez. Der nationale Volksverein ^
des Bezirks Freudeustaüt hielt heute nachm, im Gafth. z. 8
Dreikömg seine Generalversammlung. Der Vorstand, Fabr. —
C. Schmid, erstattete den Rechenschaftsbericht. Nach dem L-
Kassenbericht vou Messerfabrikant W. Heinzeimann folgten K»
die Wahlen, sowie die Erledigung von verschiedenen Vereins- -o
arigelegeuhetten, u. a. auch die Beschlußfassung über eine etwaige Namensänderung der Partei, wobei die Versamm- ß«
lung einstimmig beschloß, es bei dem alten Namen zu be- Z
lassen. Den Hauptgegenstand der Tagesordnung bildet« ein HZ
Bortrag von Rektor Haug über die Stellung der Partei;« «L
den übrigen Parteien. Der Redner führte dabei aus, daß §8
die Annäherung der beiden liberalen Parteien, der Deutschen 4-
und der Volkspartei, mit Freuden zu begrüßen sei, daß ^
aber hiebei beide Parteien irch gegenseitig Zugeständnisse zu machen haben. Die Deutsche Partei köune Wohl er- L-
warten, daß seitens der Volkspartei der nationale Stand- H
Punkt mehr als bisher zur Geltung komme und die Er- "Z
keimtnis der Notwendigkeit einer starken Wehrkraft Deutsch- laods zu Wasser und zu Land durchdringe, eni Liedäugela äo
mll der Sozialdemokratie ausgeschlossen sei uno in der »5
Frage der Verkehrspolitik eiue weitsichtigere Anficht Platz- ^
greife. Daß auch die Deutsche Partei Konzessionen zu ma- chen haben werde, sei selbstverständlich und die Partei werde ^ Len Wunschzettel der Volkrpaitei sicherlich einer Wohlwollen- j ° den Prüfung unterziehen. Der Redner wies ferner darauf ^
Hw, daß die Deutsche Partei sich von jeher auch mit dem -L
Bauernbund gut zu stellen suchte, du sie oie Erhaltung ei- —
ins lebensfähigen Bauernstandes als Grundbedingung einer s
gedeihlichen Weiterentwicklung unseres Volkes betrachte, sie z
habe aber beim Bauernbund jederzeit wenig Gegenliebe ge- Z
Mi -Lelefrucht. M
Wenn wir hätten alle einen Glauben, Gott und gemeinen Nutz vor Augen, Ein Matz, ein Gewicht und gutes Geld, So stund' es besser in der Welt.
Fei« grspornre«.
oder
Das Fastnachtsgeheimiris.
Kriminal-Roman v. Lawrence F. Lynch. — Deutsch v.E. Kramer (Fortsetzung.)
Am Abend desselben Tages saßen Charli Brian nnd seine Schwester zusammen iu der Druckerei, Renee sah ungeduldig auf ihren Bruder, der in großer Hast eine eilige Kopie vollendete.
„Müde vom Warten, Kätzchen?" fragte der junge Redakteur und verschloß seinen Schreibtisch. „Aber wie kann ich fragen, Ren wird schön ungeduldig sein, warum bist Du noch nicht vorangegangen?"
„Ohne Dich? Nein, Charly."
Brian lachte, als er aufstand und sich dehnte. „Na, endlich bin ich so weit, das Ding war aber auch schändlich lang. Binde flink Deine Sachen um, Kätzchen."
In diesem Moment klopfte es an die Tür. Renees Gesicht verdüsterte sich.
„O weh," seufzte sie, ehe ihr Bruder noch herein rufen konnte. „Charly, wenn es ein Geschäftsbesuch ist, gehe ich doch voran." Sie schlüpfte, als die Tür sich öffnete und eia Fremder ins Zimmer trat, auf die mondbeglänzte Straße hinaus, aber sic hatte nur wenige Schritte getan, da ergriff jemand ihre Hand und zog sie mit der Sicherheit des unbestritten cn Eigentümers durch seinen Arm.
„O, Ren! Bist Du es? Irgend ein unausstehlicher Mensch kam eben noch in die Druckerei; Charly wurde da- > durch aufgehalten, und ich wurde dadurch ungeduldig, länger zu warten."
Charly Brian war der denkbar liebenswürdigste Redakteur; aber heute Abend begrüßte er den Fremden nur mit einem frostigen Lächeln. Er hatte den Tag über angestrengt gearoeitet und wollte nun den Abend frei haben für seinen liebsten Freund Kenneth Baring, der von New Orleans zurückgekehlt war, am sich mit der hübschen Renee Brian zu verloben. Die Freunde hatten sich viel zu sagen, und die ohnehin karge Frist am folgenden Tage — am folgenden Tage bereits wollte Kenneth seine Ruckreise nach dem Süden wieder antreten — wurde ihm nun durch einen Fremden noch verkürzt.
Zu einer anderen Zeit hätte Charly Brian der Geschichte Bertha Warhams, die ihm in kurzen Worten durch Rufns Carriow mitgeteilt wurde, vielleicht mit regstem Interesse gelauscht, allein heute weilten seine Gedanken ausschließlich bei Kenneth Baring und bei dem großen Glück, das sich vor seiner schönen Schwester auftat.
„Verzeihen Sie," sagte er, als Carnow geendet. „Darf ich fragen, was Sie von mir in dieser Angelegenheit zu erfahren wünschen?"
„Ich möchte den Verfasser des anonymen Briefes auffinden und hoffte —"
„Aber in dem Brief steht ausdrücklich, daß der Schreiber desselben adgereist ist."
„Dem Verfasser eines anonymen Briefes ist man nicht verpflichtet, in allem Glauben zu schenken."
„O, dann glauben Sie also, daß er noch in Rose- ville ist?"
„Ich halte es für möglich."
„Ich wünschte, ich könnte Ihnen dienen," sagte der Redakteur kühl. „Aber ich kenne niemand in Roseville, der
diesen Brief abgeschickt haben könnte. Er scheint mir in der besten Absicht geschrieben zu sei», und man kann es einem Fremden, der jeyt vielleicht Hunderte vou Meilen entfernt ist, auch in der Tat nicht verdenken, wenn er vermeiden möchte, persönlich w eine solche Sache verwickelt z« werden."
„Meiner Erfahrung nach," versetzte Carnow. „wurde noch nie ein anonymer Brief in ehrlicher Absicht geschrieben. Es soll dadurch iu der Regel mehr verdunkelt als aufgeklärt wer: i ; iroesse n, ich sehe, daß Sic mir nichts anderes mitteilen können." Er gnff nach seinem Hut.
„In der Tat nein, Herr. Ueder anonyme Briefe habe ich wenig Gelegenheit gehabt, Erfahrungen zu sammeln."
So trennte» sie sich und Carnow suchte mißmutig sein Hotel wieder auf.
Spät in der Nacht — Renee war als glückliche Braut mit ihrem Bruder heimgekehrt — erzählte ihr dieser von dem Anliegen des Fremden.
Renee lauschte gespannt und ihre Sympathie wandte sich sofort dem Detektiv zu.
„Wie schade," sagte sie, als Charly schwieg, „daß Dn ihm nicht auf die richtige Spur Helsen konntest."
Brian lächelte.
„Das konnte ich nicht, aber wenu Dn mir versprichst, mich nicht an de» Detektiv zu verraten, so will ich Dir etwas anvertrauen."
„Charly ! Du weißt, wer den Brief geschrieben hat?"
„Ich weiß es nicht, aber ich vermute es. Merke indessen wohl, es muß ei» Geheimnis bleiben."
„Natürlich ; ich werde dem Detektiv nicht damit nachlaufen."
„Gut, ich vermute, daß unser Freund Jermyn diesen Brief geschrieben hat. In seiner Lage würde ich vielleicht ebenso gehandelt haben. (Fortsetzung folgt.)
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