Aer«s-«cher Ar. 11.
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Dienstag, 6. Dezember
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1904.
GagespoNLiL-
Graf Posadowsky ist nach erfolglosen Zollvertrags- Verhandlungen aus Wien zurückgekehrt. Die österreichischen Herrschaften fühlen sich gekränkt, weil der neue Zollvertrag nicht wiederum nur zu ihren Gunsten lauten soll. Nan kann Deutschland den Zollvertrag kündigen, und ein Jahr später, am 1. Januar 1906, würde dann der Zollkrieg mit Oesterreich-Ungarn da sein, wenn sich inzwischen die österreichisch-ungarische Regierung nicht eines bessern besinnt. Oesterreich-Ungarn ist der Teil, der bei einem Zollkriege mit Deutschland am meisten zu verlieren hat. Im Jahre 1903 betrug die deutsche Ausfuhr nach Oesterreich-Ungarn 530 Mill. Mark, die Einfuhr von dort aber 754 Mill. Mk. Aehnlich ist das Verhältnis auch in den anderen Jahren gewesen, die Einfuhr aus Oesterreich-Ungarn ist sogar mehr gestiegen, als die Ausfuhr dorthin. Wenn aber die Nachbarmonarchie bet den gegenseitigen Handelsbeziehungen einen jährlichen' Ueberschuß von 200 Mill. Mark erzielt, daun hat doch Wohl sie an der ungestörten Fortdauer des Bertragsverhältnisses weit größeres Interesse als wir. Oesterreich-Ungarn steht bezüglich der Zunahme seiner Ausfuhr in den letzten 10 Jahren unter den europäischen Reichen erst an sechster Stelle; so glänzend ist also seine wirtschaftliche Stellung nicht, daß es sich seinen besten Kunden leichten Herzens entgehen lassen könnte.
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Dem Reichstag ging eine Denkschrift des Reichskanzlers über die Eingeborenen-Politik und den Herero- aufstand inDeutschsüdwestafrika zu. Bezüglich der Ursachen des Hereroaufftandes heißt es darin u. a.: Der Hereroaufstcmd wäre nach der Lage der Dinge auch ausgebrochen, wenn es nie einen Weißen Händler im Herero- laude gegeben hätte. Die Grundursache des Aufstandes ist in der doppelten Tatsache enthalten, daß die Herero alsein von Alters her freiheitsliebendes, eroberndes, maßlos stolzes Volk auf der einen Seite die Ausbreitung der deutschen Herrschaft und ihre eigene Herabdrückuug von Jahr zu Jahr immer lästiger empfanden, auf der anderen Seite aber — und das ist das Entscheidende — von dieser deutschen Herrschaft den Eindruck hatten, daß sie ihr gegenüber im letzten
Grunde der stärkere Teil seien.
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Im preußischen Herrenhaus ereignete sich gestern der Aufsehen erregende Fall, daß ein Regierungsrat das Wort ergoss, obwohl er von der Regierung nicht als Vertreter für den zur Verhandlung stehenden Gegenstand angcmeldet war. Das Herreuhausmilglied Gras Eulenburg, der bekannte Preußische Minister a. D., rügte das Auftreten des Beamten in sehr scharfen Worten. Das Herrenhaus beschloß einstimmig, dessen Erklärung als nicht geschehen zu betrachten. * »
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Es kostet jedesmal einen Kampf mit den Frauen, wenn eiu neuer Transport russischer Reservisteu abgehen soll. Die Frauen wollen ihre Männer nicht ziehen lassen. Sie klammern sich an sie an, werfen sich auf die Schienen und heulen und schreien. In Kutno an der polnischen Grenze kam es zu furchtbaren Auftritten. Man sah Gruppen von 10 bis 15 Soldaten, mit Kantschus bewaffnet, über einzelne Frauen herfallen und sie in unmenschlicher Weise prügeln, bis sie endlich liegen blieben. Eine Frau blieb tot ans dem Platze liegen, viele wurden verwundet und mußten sich in ärztliche Behandlung begeben. Fünfzig Frauen wurden ins Gefängnis gezerrt, wo die Prügeleien fortgesetzt wurden. Darunter befand sich ein Mädchen, das der Verteilung sozialistischer Aufrufe beschuldigt wurde: an ihm rächte man sich in wahrhaft tierischer Weise. Acht russische Deserteure wurden in der Dreikaiserreichsccke bei Myslowitz abgefaßt, als sie versuchten, das preußische Gebiet zu erreichen. Unter Begleitung von 10 berittenen Kosaken wurden sie gefesselt und nach Petrikau überführt. Ans die Frage eines höheren Beamten, was mit den Leuten geschehen würde, antwortete der den Zng leitende Feldwebel, sie würden, da sie schon die Einberufungsorder in den Händen gehabt hätten, sofort erschossen.
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Es ist schon sehr vieles auf der Eisenbahn verloren gegangen, vom Portemonaie bis zum Reisekoffer. Die sibirischen Bahnen aber übertrumpfen alles; dort gingen 250 Wagen mit Winterkleidern und Proviant für die russische Armee verloren. Warscheiulich sind sie in den Tasche» der russischen Beamten verschwunden.
Deutscher- "Reichstag.
Werkt«, 3. Dezember.
Der Reichstag setzte gestern uach eintägiger Pause die Beratung der Beschlußanträze Gröber (Ztr.) über Aus
verkaufswesen, Abzahlungsgeschäfte und Beamten-Waren- häuser, Rettich (kons.) über die Ausverkäufe und Pratzig (natl.) über denselben Gegenstand fort. Abg. Potthoff (fr. Vp.) wünschte Maßnahmen gegeu das Schmiergelder- unwesev. Auch das „Schmieren" von Angestellten durch Lieferanten sei ein unlauterer Wettbewerb. Äbg. Nißler (k.) kritisierte das Verhalten der Sozialdemokratie, wenn es gelte, dem Mittelstände zu helfen. Abg. Päus (Soz.) wies die Angriffe auf seine Partei ^ rück. Abg. Enzberg,, c (Ztr.) empfahl den Antrag Gröber. Hierauf unterhielten sich die Abg. Raab (Antis.) und Frohme (Soz.) über die Mittelstaudsfrage. Stürmische Heiterkeit rief die Bemerkung des Abgeordneten Raab hervor, die Sozialdemokraten wollten dem Mittelstände den Schwanz stückweise abhauen, er aber bedanke sich für die Entfernung dieses Ziergegevstandes. Die Anträge Gröber und Rettich wurden angeuommen, die Vorschläge des Abg. Pratzig der Regierung als Material überwiesen. Das Haus trat dann noch „in die Beratung von Beschlußauträge« zum Bergrecht ein, führte sie aber nicht zu Ende.
Werkt«, 4. Dezember.
Der gestrige erste .große Tag" fand ein überraschend schnelles Ende. Haus und Zuhörerraum waren gut besetzt, man lauschte zunächst deu Ausführungen des Reichsschatzsekretärs v. Stengel über den Reichshaushalt. Es lasse sich annehmeu, daß das laufende Rechnungsjahr ohne Fehlbetrag abschließen werde. Mit der Ausgabe von Schatzauweisungen müsse allerdings bis an die äußerste Grenze gegangen werden, auch werde mau wahrscheinlich die den Ewzelstaaten seinerzeit gestundeten 17 Mill. Mark doch einziehen müssen. Der neue Etat sei eine Mahnung, mit dem Schuldenmachen nicht so wie bisher fortzufahren, wenn auch die unbedingt notwendige» Bedürfnisse gedeckt werden müßten. Es sei ein Fehlbetrag von 75 Mill. Mark vorhanden, der durch Anleihe gedeckt werden müsse. Um ein noch höheres Defizit zu vermelden, seien 46 Millon. Mark für das Heer in die einmaligen Ausgaben eingestellt worden, aber nur ausnahmsweise. Alles in allem sei der Etat mit der größten Sparsamkeit aufgestellt worden. Zum Schluß betonte der Staatssekretär, daß endlich Maßnahmen zur Besserung der Reichsfinanzen getroffen werden müßten. Hieraus sprach Kriegsminister v. Einem über die Militär- Vorlage. Sie fordere nur das notwendigste. Die Kavallerie müsse vermehrt werden, denn sie habe wichtige Aufgaben zu erfüllen. Die zweijährige Dienstzeit könne festgelegt werden, weil der Versuch durchaus befriedigt habe. Aber die Ausbildung sei schwieriger geworden. Die Leute seien intelligenter, feinfühliger aber auch roter. Für die Unteroffiziere müsse deshalb mehr geschehen. Der Minister ging dann auf die Forderungen für Geschütze usw. eiu. Die Maßnahmen kosteten zwar Geld, würden sich aber belohnt machen, wenn es gelte, die Existenz des Reiches mit dem Schwerte zu verteidigen. Präsident Ballestrem setzte sodann auf vielfachen Wunsch die Wciterberatnng auf Montag fest.
Kammer der Abgeordneten.
Stuttgart, 2. Dezember.
Die Abgeordnetenkammer setzte heute die Generaldebatte über die Verfassung der großen Städte fort. Abg. Röder (D. P.) hält die Vorlage der Regierung und die Beschlüsse der Kommission doch für wertvoll genug, um einer Kmeuten Kommissiousberalung, mit der er einverstanden ist, zu Grunde gelegt zu werden. Abg. Betz (Vp.) befürchtet von der Mazistratsverfassung eine Häufung von Kompeteuzkonflikten zwischen den beiden Gemeiodekollegien. Abg. Kraut (kon.) hält die Regierungsvorlage für Wohl geeignet, den großen Städten und insbesondere der Stadt Stuttgart eine brauchbare Verfassung zu geben. Abg. Keil (Soz.) hält eine neue Verfassung für die großen Städte für unbedingt notwendig. Minister v. Pischek bezweifelt, daß die Kommission, wenn die Vorlage an sie zurückoerwiesen würde, in der kurz' ihr zur Verfügung stehenden Zeit das schwierige ProLll?: in richtiger Weise lösen könne. Die Proportioualwahl sei ihm an sich sympatisch, aber er würde es geradezu für ein Unglück halten, wenn man beide Gemeindekollegien auf dem Wege der direkten Verhältniswahl berufen würde. Wenn man die Verhältniswahl für Stuttgart einführe, dann müsse man sie auch für alle anderen Gememdeu annehmen. Abg. H auß man n-Balingen : Die Petition des Stuttgarter Gemeinderates um eine Magistratsverfassung, auf die sich die Regierung berufe, sei vor vielen Jahren beschlossen worden, als der Gememderat eine ganz andere Zusammensetzung wie heute gehabt habe. Nus diese könne man sich jetzt nicht
mehr berufen. Er glaube, daß bei Annahme des Antrags Liesching die Kommission in der Lage sein werde, eine brauchbare Lösung zu finden und beantrage gleichzeitig, die Kommission für diesen Fall um fünf Mitglieder zu verstärken. Nach einigen kurzen Bemerkungen des Ministers wird der sozialdemokratische Antrag gegeu die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Für den Antrag Liesching auf Zurück- verweisnug an die Kommission und Umarbeitung unter Anlehnung an die bisherige Gemeindeverfassung ergibt sich in der nameutlichen Abstimmung Stimmengleichheit: 36 gegeu 36 Stimmen. Der Antrag wird durch Stichentscheid des Präsidenten angenommen. Für den Antrag stimmten geschlossen die Volkspartei und das Zentrum sowie von der deutschen Partei der Abgeordnete v. Geß. Der Antrag Havßmaun auf Verstärkung der Kommission wurde gleichfalls angenommen. Morgen stehen auf der Tagesordnung kleinere Vorlagen und Anfragen über den Stand einer Betriebsmittelzemeinschaft der Elsenbahnoerwaltung.
Stttttgart, 3. Dez. Das Haus genehmigte ohne wesentliche Debatte einen Staatsvertrag mit Baden über die Zuständigkeit zur Führung des Grundbuchs für die Kondo- minatsgrundstncke der Gemarkung Brrnbronn. Zur Beratung gelangte alsdann die Vorlage der Regierung, das Finanzministerium zu ermächtigen, der im August abgebrannten Gemeinde Jlsfeld Darlehen bis zum Gesamtbetrag von Mark 500000 zu gewähren. Die Darlehen find für zwei Jahre unverzinslich, für die Folgezeit mit 2 v. H. zu verzinsen. Für die Rückzahlung kauu bis zum 1. Jan. 1909 Frist gewährt werden. Abg. S ch m i d - Besigheim (Vp.) wünscht, daß die Frist zur Rückzahlu >g weiter htaansgerückt wird. Abg. Kloß (Soz.) erhebt Beschwerde, daß vomHilfs- vereiu zu teuere und oft den Verhältnissen der Bauern nicht angemessene Häuser und Wirtschaftsräume erbaut werden. Man habe zu einseitig auf die architektonische Schönheit und zu wenig auf die Bedürfnisse und das Vermögen der Bauern Rücksicht genommen. Auch oie Abg. Vogt (B. d. Laudw.) und Schäffler (Soz.) sprechen sich in ähnlichem Sinne ans. Minister v. Pischek: Nach der jetzigen Sachlage stelle sich der staatliche Zuschuß für die Gemeinde auf etwa 65000 Ml., eher höher als niedriger. Für die Verlängerung der Rückzahlungsfrist liege bis jetzt noch kein Grund vor. Die Tätigkeit der Regierung bei der Hilfeleistung und diejenige des Hilfsvereins müsse auseiuander- gehalten werden. Er habe sich durchaus dafür bemüht, daß den Bedürfnissen Rechnung getragen werde, insbesondere auch den landwirtschaftlichen Bedürfnissen. Der Hilfsverein habe sich insofern in einer schwierigen Lage befunden, als er sehr rasch habe arbeiten müssen. Daß nicht alle der Abgebrannten zufrieden seien, sei begreiflich. Für Bmsdorf werde in ähnlicher Weise gesorgt werden wie für Jlsfeld. Fmcmzminister v. Zeyer bittet die Frist für Rückzahlung uach dem Gesetzvorschlag anzunehmen. Ooerbanrat Lelbdrand versichert, dast bei allen Neubauten größte Milde in der Beobachtung der Vauoorschrifleu beobachtet worden sei. Bis jetzt seien 60 Häuser unter Dach, weitere 40 würden vis Weihnachten unter Dach kommen, und 10 weitere seien später begonnen worden. Die Bauart der Häuser schließe sich der bodenständigen Bauweise auf dem Lande durchaus an. Die Architekten hätten gegenüber den Eigenheiten der Bauern oftmals einen schweren Stand gehabt. Die weitere Debatte verlor sich in zum Teil recht unbedeutenden Einzelheiten. Der Gesetzentwurf wurde alsdann in erster und unmittelbar darauf in zweiter Lesung mit der vom Abg. Schmid- Besigheim beantragten Abänderung, daß die Zinsfreiheit der Darlehen auf drei Jahre und der Rückzahlungstcrmin bis 1. Oktober 1912 ausgedehnt wird, einstimmig angenommen. Nächste Sitzung Dienstag Nachmittag.
LcmdesnachrichLen.
-s. AkleNsteig, 5. Dez. Auch Heuer ließ der Krieger- vereirr die Tage von Champigny und Villiers nicht vor- übergeheu ohne eine Gedenkfeier. Der Verein vereinigte sich gestern Abend sehr zahlreich im Gasthaus zum „Engel", wo der Vorstand, Hr. Oberförster Weith, zunächst die Anwesenden herzlich willkommen hieß und dann einen interessanten Abriß aus der Kriegsgeschichte von 1870/71 zum Vortrag brachte. Die Versammlung folgte dem Bortrag mit gespannter Aufmerksamkeit. Der Sängerkraoz des Kriegervereins würzte die Unterhaltung durch verschiedene patriotische Gesänge und fand damit vielen Beifall. Die Feier verlief in einfacher aber würdiger Weise.
-6- Aktensteig, 4. Dez. Im Gasthaus zur Krone fand heute nachmittag die jährliche Hauptversammlung des Gewerbeoereins statt. Den Vorsitz führte Herr Stadtbaumeister Henßlcr, welcher auch den Geschäftsbericht zur