Inwiprecher

Nr. N.

Erscheint Dienstag Donnerst., DamStag and Sonntag mit der wSch. Beilage I »Der SonntagS- Katt".

veftellpreiS für das Vierteljahr «m Bezirk » Nachbarorts verkehr Mk. 1.15, außerhalb!^ Mk. 1L5. !

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Ar. 188

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Samstag, 26. Wovembsr.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

> 1904

Amtliches. I

Die Schwurgerichtsfitzungen für das IV. Quartal 1904 s beginne» in Tübingen am Montag, den 12. Dezember, vormittags 9 Uhr. l

Uebertragen wurde die Pfarrei Walddorf dem Stadtvikar Rein­hold Haller in Gaildorf

Der deutsch-amerikanische Schiedsvertrag

(Nachdruck verboten.)

Eist Vor Monatsfrist kam aus den Bereinigten Staaten von Nord-Amerika die Meldung, der Präsident Roosevelt habe dem deutschen Botschafter Speck von Sternberg gegen­über angeregt, zwischen beiden Staaten möchte ein Schieds­vertrag abgeschlossen werden, und heute liegt bereits die Tatsache des abgeichlossenen Vertrages vor. Es sollen also in Zukunft Meinungsverschiedenheiten politischer Art zwi­schen den Regierungen beider Länder durch ein Schieds­gerichtsverfahren erledigt werden. Der Umstand, daß sich die Fertigstellung des Vertrages so überaus schnell bewirken ließ, beweist am besten, daß an hochpolitische Streitigkeiten zwischen dem Deutschen Reiche und den Vereinigten Staaten von Nordamerika nicht so leicht gedacht werden kann. Un­sere politischen Interessen kreuzen sich zur Stunde überhaupt nicht, es liegt also nichts vor, was den Zusammentritt eines Schiedsgerichts in absehbarer Zeit veranlassen könnte. Denn solche Grschichten wie die russische Heringsschlacht vor Hüll werden doch weder den Amerikanern noch den Deutschen passieren, und Sticheleien, wie sie vor einigen Jahren der uordamcrikanische Admiral Dewitz gegen uns vom Stapel zu lassen beliebte, können von dem Präsidenten in Washing­ton selbständig erledigt werden, wie es auch in dem er­wähnten Fall Theodor Roosevelt tat, der dem gar zu be­redten Admiral unter vier Augen tüchtig die Leviten las. Immerhin kann es nichts schaden, wenn eine solche Ab­machung besteht, denn der so a, ßerordeutlich deutschfreund­liche Roosevelt bleibt nicht immer Präsident der Bereinigten Staaten.

Wir habe» in der Vertrags-Vereinbarung besonders einen Beweis der uns so geneigren Gesinnung Theodor Roosevelts zu erblicken und deshalb berührt sie uns ange- uebm. Er hat wohl an die nicht gerade erquickliche Rolle gedacht, welche der amer kanische Gesandte Bowen in der Auseinandersetzung Deutschlands mit dem Schwindler-Prä- fidente» Castro von Venezuela spielte, und ähnlichen Vor­kommnissen in der Zukunft Vorbeugen wollen. Wir meinen, das wird ihm gelungen sein, denn die deutsche Reichs­regierung ist diejenige, die zweifellos am allerwenigsten zu internationalen Ko-flikten geneigt ist, und bei uns wird sich kein Diplomat solche Zwischenträgerelen erlauben, wie sie

j der famose Mr. Bowen fertig bekommen hat. Unterschätzen wir so den Schiedsvertrag nicht, so wollen wir ihn. oder ! richtiger die heute bestehende deutsch-amerikanische offizielle § Freundschaft, auch nicht überschätzen. Das Vertrauen auf ! einen wirklichen Edelmut der großen nordamertkaaischen Re­publik soll erst noch bestätigt werden; die Freundschaft zwi­schen Deutschland und England war auch zu Zeiten riesen­groß, bis es dann mit einem Male in London anders war.

Wir'-fen über den Abschluß dieses Schiedsvertrags nicht vergessen, daß wir eine Zolltarif-Vereinbarung mit Nord-Amerika noch nicht erreicht haben, und daß uns zu solcher kein Schiedsgericht, sondern allein gegenseitiger guter Wille führen kann. Im Punkt der Zölle denken die Ame­rikaner, das weiß ja alle Welt, Nehmen bringt mehr ein wie Geben! Herr Roosevelt hat ja auch versucht, die nord­amerikanischen Einfuhrzölle etwas zu mildern, aber der Wi­derstand auf den er bei den großen Spekulanten stieß, war unüberwindlich und so ist es denn heute eine unbedingt nicht fortzuleugnende Tatsache, daß zahlreiche deutsche Industrie- Produkte bei der Einfuhr nach Nord-Amerika ungünstiger gestellt sind, wie die nordamerikanischeu Fabrikate bei der Einfuhr nach Deutschland. Ein solcher Zustand ist sinnlos und haltlos; was wir den Amerikanern gewähren, können und müssen wir auch von ihnen verlangen. Außerdem hat man ja drüben noch eine Mosse Einfuhr-Erschwerungen, die zwar für den Geschäftssinn der Amerikaner Bände spre­chen, aber darüber hinaus auch reichlich zu denken geben.

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika liefern im Jahre etwa dreimal so viel Waren nach Deutschland, wie aus Deutschland nach drüben kommen. Und sie liefern uns, was wir haben müssen, nicht etwa um einen Gotteslohn, sondern lassen sich ganz gehörig bezahlen; wir wollen nur au die Treibereien und Spekulationen mit den Petroleum­preisen erinnern, die den kleinen deutschen Haushalten ge­rade das Beleuchtungsma-erial verteuern. Daß wir die nord­amerikanische Regierung um ein Stück Entgegenkommen bei dem Zolltarif ersuchen können, ist also ganz außer Frage.

Tagespolitik.

Der Deutsche Reichstag wird bei seinem Zusammen­tritt am kommenden Dienstag Arbeit in Hülle und Fülle vorfinden. Bei der Eröffnung der Session oder doch sehr bald darauf wird ihm der Etat zugehen, gleichzeitig mit die­sem die neue Militärvorlage, einschließlich des Militär-Pen­sionsgesetzes. Der Etat wird auch die Forderungen für Deutsch-Südwestafrika zum Teil enthalten. Auch die neuen Handelsverträge werden dem Reichstage selbst dann sofort z»r Beschlußfassung zugehen, wenn die Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn bis zum nächsten Dienstag nicht zum Ziele geführt haben sollten. Unbegründet ist es dagegen,

daß dem Hause bereits in der bevorstehenden Session der Gesetzentwurf über die W-twen- und Waisenfürsorge der Arberter unterbreitet werde. Die Vorarbeiten sind im Gange, der Entwurf selbst läßt sich aber - natürlich erst frstftelleu, wenn sich die Höhe der aus dem neuen Zolltarif sich er­gebenden Ueberschüsse übersehen läßt. Unrichtig ist es fer­ner, daß dem Reichstage schon jetzt wieder eine Novelle zum Servistarifgesetz zugehen wird. Außer den oben er­wähnten Aufgaben hat der Reichstag noch aus dem ver­gossenen Sesslonsabschnitt rückständige Arbeiten zn erledigen : Wahlprüfungen, Petitionen, Jaitiativ-Anträge und außer­dem noch 5 kleinere Vorlagen, die sich in Kommissious- beratung befinden.

* *

Die Verhandlungen über den deutsch-österreichischen Handelsvertrag lassen nach einer Berliner Meldung der Köln. Ztg." immer noch nicht das Ergebnis absehen. Die Aussichten auf einen günstigen Ausgang der Verhandlungen wechseln fortwährend ; man nimmt aber an, daß der Staats­sekretär Graf Posadowsky spätestens zur Eröffnung des Reichstags wieder in Berlin eiatreffeu wird. Am ver­gangenen Mittwoch waren die ungarischen Minister Graf Tisza und Hieronomy in Wien und nahmen dort an sehr wichtigen und entscheidenden Konferenzen über deu Handels­vertrag teil. Es handelt sich noch immer um die Lösung der Biehseucheufrage.

* *

*

Ein Kriegsgerichtsurteil, welches in seiner Strenge als geradezu furchtbar bezeichnet werden muß, wird augenblick­lich in der Presse aller Parteien lebhaft diskutiert. Auch die loyalsten Blätter verhehlen sich nicht, daß dasselbe, falls die darüber gegebene Darstellung richtig ist, zu den ernstesten Bedenken Avlaß gibt. Es handelt sich um eine Kriegsge- richtsoerhandlung iu Dessau, über die berichtet wird:Zu je fünf Jahren und einem Tage Zuchthaus verurteilte das Kriegsgericht der 8. Division iu Dessau nach zweitägiger Verhandlung den Gefreiten Karl Günther und den Musketier Paul Voigt vom archaistischen Infanterieregi­ment Nr. 93. Der Mitangeklagte Unteroffizier Heine kam mit einer Gefängnisstrafe von drei Monaten davon. Die drei Angeklagten waren am Sonntag den 28. August d. I., bei einer Tanzmusik zusammengetroffen. Der Unteroffizier Heine, der stark angetrunken war, rempelte ein paar Mäd­chen, mit denen die anderen Angeklagten getanzt hatten, au. Als er von Günther darüber zur Rede gestellt wurde, zog er sein Seitengewehr und schlug damit wie ein Wilder um sich. Günther und Voigt stürzten sich nun auf ihn und entrissen ihm das Seitengewehr. Das Gericht hat ange­nommen, daß die Angeklagten Günther und Voigt sich da­durch des Aufruhrs schuldig gemacht haben."

W LesefrucHt. K

Klar das Auge, stark die Hand, Treu dir selbst, dem Vaterland, Lieber brechen, als sich biegen,

So muß Recht und Rechtes siegen.

Fei« gespornte«.

oder

Das Fastnachtsgeheinmis.

Kriminal-Roman v. Lawrence F. Lynch. Deutsch v.E. Kramer.

(Fortsetzung.)

Zwanzigstes Kapitel.

Des Polizeidirektors nächste Maßnahme bestand darin, einige der Kuischer, die nach Paisys Versicherung von Joe Larsen mit der Photographie Bertha Warhams bedacht worden waren, aufzugreifen und mit mehr oder minder sanfter Gewalt auf sein Bureau zu zitiren.

Aber keiner der Leute konnte ihm den geringsten Auf­schluß über Joe Larsens Persönlichkeit oder Aufenthaltsort geben; sie waren sämtlich angewiesen worden, Mitteilungen über etwaige Begegnungen mit dem Original des Bildes an Mutter Riggs, die alte Apfelfrau, die ihren Stand neben demNeuen Theater" hatte, gelangen zu lassen.

Nach diesen Angaben wurden die Kutscher entlassen, und Mutter Riggs erschien vor dem Direktor. Sie machte ihre Aussagen bestimmt und klar: Ein junger Mensch von dunkler Gesichtsfarbe hatte sie vor ewiger Zeit gebeten, die Rolle eines Postmeisters zu spielen, und alle Botschaften, die man ihr für ihn ausrichten würde, iu Empfang zu nehmen. Zu einer gewisse» Stunde sollte mau ihn an einer gewissen Straßenecke treffen und ihm Bericht erstatten. Er wollte sie gut bezahlen. Aber sie hatte keinerlei Nachricht

. erhalten, und ihn seit etwa einer Woche überhaupt nicht

> mehr gesehen.

!Es scheint," sagte der Direktor später zu seinem j Untergebenen Felix, den er besonders schätzte,als wenn i Carnow Recht hätte. Dieser Larsen ist von den Kutschern,

§ der Aepfelfran und Patrik am Tage vor dem Morde ge-

> sehen worden und seitdem spurlos verschwunden. Ich ver- i stehe übrigens nicht," fuhr er fort,weshalb Carnow nicht

längst gewünscht hat, daß jemand nach Uyton geschickt werde, um dort über Larsen, den er doch für Mrs. War- ' hams Mörder hält, Erkundigungen einzuziehen. Ich ver- I schob es absichtlich, um seine Ansicht darüber zu hören, aber ! er hat scheinbar garnicht daran gedacht."

,Hm," meinte Felix,Sie werden sich erinnern, daß

! Mr. Lolton gelegentlich seiner Unterredung mit Ihnen, bei ! der ich ebenfalls zugegen war, sagte, Dick Steinhoff sei in Uyton."

Gewiß."

ZNun, weiß Carnow das vielleicht?"

'Allerdings."

§Dann will ich wetten, glaubt er die Dinge iu Uyton

s in so guter Hand, als wäre er selber dort. Er vertritt die

> Ansicht, Dick sei schon Detektiv gewesen, ehe die Welt er- . schaffen war."

jFcl'x," lachte der Direktor,Sie find ein Schlau- s berger. Wenn ich Sie hier nicht so notwendig brauchte,

! würde ich Sie nach Uyton schicken."

!Meine Ansicht," sagte Carnow zwei Tage später zu

! dem Direktor, der ihm einen Krankenbesuch abstattete,ist ! leicht auseinandergesetzt. Mein Iu stinkt sagt mir mit Be- ^ stimmtheit, daß Larsen Mrs. Warhams Mörder ist, und ! wenn Patrik nicht Zeuge ihres Zusammentreffens gewesen § wäre, so würde ich das Gefühl haben, als wenn ich durch i sein Schreiben auf seine Annonce in derEule" den Blut­hund ans die unglückliche Frau losgelassen hätte."

Pah I" erwiderte der Direktor mit einer leichten Haudbewegung,Ihre Krankheit hat Sie nervös gemacht. Sie sprechen von Instinkten und Gefühlen I Ueberlasseu Sie die elfteren den Tieren und die letzteren den Frauen Wollen wir von Geschäften reden."

Was Sie befehlen," versetzte Carnow ruhig.Trotz­dem danke ich dem Hammel, daß ich es nicht war, der Larsen und Mrs. War Ham zusammenbrachte. Sie haben einen schönen Anfang mit dem Verhör der Kutscher gemacht," fuhr er fort,aber zur Auffindung Luisens nützt es wenig."

Der Direktor lachte kurz auf, und seine Augen zwin­kerten belustigt, als er ein Schreiben aus seiner Brust­tasche zog.

Vielleicht wird es Ihre Zuversicht, daß Larsen der Mörder ist, erschüttern, wen» Sie hören, daß der Finger des Verdachts bereits auf einen anderen weist. Ich glaube, ich deutete das schon neulich an. Diesen Brief erhielt ich vor drei Togen, und wie Sie an dem Stempel sehen wer­den, muß er auf irgend einer kleinen Poststation mehrere Tage liegen geblieben sein.Lesen Sie."

Carnow nahm den Brief.

Es warein mühsam gekritzeltes Schreiben, unterzeichnet Ein Wisstnder l" Der Absender unterrichtete darin die Polizei, daß, wenn sie Mrs. Warhams Mörder zu finden wünsche, sie gut tun würde, nach dem ältlichen Herrn zu suchen, der zweimal bei der Dame imPromenaden-Hotel" vorgesprochen habe. Dieser Mann, sagte der Schreiber, habe durch das Versprechen, ihr bei dem Auffinden ihrer Stieftochter behilflich zu sein, Geld von Mrs. Wurham zu erlangen gesucht. Dann folgte eine eivzeheude Beschreibung des ältlichen Stutzers, und der Brief schloß mit der Ver­mutung, daß der Fremde, durch die vielen Schmucksachen, die Mrs. Warham getragen, in Versuchung geführt, sie unter dem Vorgeben, sie würden wichtige Nachrichten über