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Donnerstag, 24. Wovember.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904

Amtliches.

Neuwahl zur Handelskammer.

Das Kgl. Oberamt Nagold macht folgendes bekannt: Für die im Januar 1905 vorzunehwende Neuwahl der Mitglieder der Handelskammer find die Wählerlisten vom Oberamt einer Durchsicht und Richtigstellung unterzogen worden.

Die Wählerlisten des Abstimmungsbezirks Alteusteig- Stadt bezw. Nagold bezw. Wilsberg werden vom 25. d. Mts. bis 2. Dezember d. Js. je einschließlich auf dem Rathaus zu Alten st eig-Stadt bezw. Nagold bezw. Wildderg zu jedermauns Einsicht aufgelegt.

Einsprachen gegen die Wählerlisten wegen Aufnahme unberechtigter oder wegen Uedergchnng berechtigter Personen find binnen der Ausschlußfrist von einer Woche nach Beginn -er Auflegung unter Beifügung der erforderlichen Beschei­nigung bei dem Oberamt anznbringeu.

Angefügt wird, daß nur diejenigen zur Teilnahme an der Wahl berechtigt find, welche ra den Listen eingetragen find.

Verliehen wurde die silberne Verdienstmedaille, anläßlich ihres Ausscheidens aus dem Dienst, den Bahnwärtern Rembold in llnterreichenbach und Hermann in Bondorf.

Von den Neichsvoten.

Von Georg Paulsen.

(Nachdruck verboten.)

Die Reichstags-Abgeordneten denken über Berlin als den Sitz ihrer Wirksamkeit mancherlei; aber damit stehen sie keineswegs allein, dasselbe tun auch andere Leute und selbst Fürst Bismarck hatte Tage und Wochen, in welchen er von derSteinwüste" keineswegs erbaut war. Er hat ja einmal, es war natürlich nicht sein voller Ernst, im Reichs­tage erwogen, ob es nicht etwa zweckmäßig sei, die deutsche Volksvertretung außerhalb Berlins, das gar kein Recht auf den Reichstag besitze, etwa in Brandenburg a. d. Havel, tagen zu lassen. Brandenburg, das schon 1849 eine zeit­lang die preußische Volksvertretung in seinen Mruern sah, ist keine üble Stadt, aber das Hohe Haus vermied es doch, damals zu den Bismarck'schen Ansführungen Beifall zu klatschen.

Aus gelegentlichen kleinen Zwischenbemerkungen hat man erfahren, was die fremden Reichstagsabgeordueteo, be­sonders solche aus Süddeutschland, au Berlin auszusetzen hatten. Ein bayrischer Herr tadelte die Butter sie hat ja allerdings von der Butter meist nur den Namen, mit welcher in den Restaurants gebraten würde. Da sei ihm das in der Münchener Küche beliebte und verwendete Schweineschmalz schon lieber. Darüber gab es damals allerlei Hin- und Herbemerkungen, aber jeder blieb bei sei­ner Meinung steheu. Ein Würltemberger Herr kritisierte lebhaft die Berliner Weinvirhältnisse. Der Wein sei im Preis-Verhältnis viel zu teuer. Es ist allerdings richtig, daß der prächtige Würltemberger Landwein an der Spree nicht regiert, von dem ein Liter zu anderthalb Mark gar manche Berliner Drei-Mark-Flasche total in den Schatten stellt. Freilich rechnet mau an der Stätte der Reichstags- Wirksamkeit auch mit anderen Unkosten wie im schönen Stuttgart.

Ein bajuwarischer Rufer im Streit war es, der be­hauptete, das beste Münchener Bier käme nach Berlin. Na, das kann man wohl nun getrost auf sich beruhen lassen I Aber so viel ist richtig, daß man die Herren aus dem Bier- lande Bayern in Berlin verhältnismäßig am meisten in der Oeffentlrchkeit, das heißt, um einen Schoppen am runden Tisch in einem durch seinen Trank bekannten Restaurant, schaut, während die norddeutschen Herren auch htertn mehr zur norddeutschen Exklusivität neigen. Allerdings, Berlin ist groß und 397 Mitglieder zählt nur der Reichstag, von welchen meist nicht einmal die Hälfte in Berlin ist. Uad von dieser Hälfte wohnt noch em starker Teil in der Stadt und deren Umgebung, ist also an einenregelrechten Lebens­lauf" gewöhnt.

Mag Einer unsere deutschen Reichstagsabgeordneten in ihren Leistungen kritisiere», wie er will, das muß er ih­nen nachrühmen, daß sie nicht entfernt darnach streben, solche Parade Rollen vor aller Welt zn spielen wie z. B. ihre französischen und italienischen Kollegen. Eitel stnb die Herren nicht, sie haben keinerlei Neigung, regelmäßig in irgend einem Salon, unter dem Kronleuchter stehend, sich als politische Leuchte oder gar als Staatsmann der Zukunft aufzuspielen, wie das an der Seine gang und gäbe ist. Eher stellen die Herren ihr Licht zu sehr unter den Scheffel. Der Besuch von Versammlungen, parlamentarischen Diners u. s. w. genügt ihnen, womit natürlich nicht gesagt werden

soll, daß sie cs verschmähen, das Neueste, was Berlin bietet, anznsehen. Aber nicht in größerer Zahl miteinander. Daß eine stattliche Gruppe von Volksvertretern einmal im Winter­garten, dem bekannten Spezialitätentheater, bei so und so viel Flaschen Wein Platz nahm, war doch nur eine Aus­nahme, die nicht viel Wiederholungen findet.

Seitdem der Reichstag draußen vor dem Branden­burger Tor tagt, haben auch die meisten Herrea ihre Woh­nung, sofern sie länger in Berlin bleiben, aus der inneren Stadt heraus in Bezirke verlegt, wo «was frischere Luft weht. Gerade um diese Jahreszeit ist das Berliner Zentrum die reine Jvfluevzaküche.

Tagespolitik.

Der Großherzog von Hessen hat sich mit seiner Ver­lobung die Sympathie seines Volkes aufs neue erworben. Die Bewohner des Städtchens Lich, wo die Verlobung stattfaud, find natürlich in dem Urteil einig, daß Großherzog Ernst Ludwig keine bessere Gattin wählen konnte als Prinzessin Eleonore zn Solms-Hohensolms-Ltch. Sie ist die Zweitälteste Schwester des jetzige» Schloßherrn zu Lich. Drei ihrer Schwestern find vermählt. Mit der jüngsten, der 21-jährigen Prinzessin Dorothea, und mit der Mutter bewohnte sie nach dem im Jahre 1899 erfolgten Tode des Vaters das unfern gelegene Schloß Hohensolms. Seitdem aber vor einem halben Jahr auch die Mutter gestorben ist, weilen die beiden Schwestern hier in der Familie ihres Bruders, des Fürsten Karl. Prin­zessin Eleonore ist eine schlanke, elegante Erscheinung. Be­sonderen Respekt genießt die Prinzessin seit der Zeit, da ihr die Rettungsmedaille verliehen wurde, weil sie es war das vor einigen Jahren in Dresden die wildzewordeneu Pferde einer Equipage zum Stehen brachte und durch diese mutige Tat das Leben einer Dqme aus schwerer Gefahr errettete.

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Einen unerhörten Ausfall macht die englische ,Army und Navy Gazette", die englische Militär- und Marine- zeitung, gegen Deutschland. Sie verdächtigt Deutschland, der Friedensstörer zn sein und auch den Zwischenfall von Hüll herbeigeführt zu haben. Deshalb fordert das eng­lische Blatt nichts anderes, als die Vernichtung der deutschen Flotte. Das Blatt sagt: »Vordem hätten wir eine Flotte, von der wir Grund hatten, anzunehmen, daß sie als Waffe zu unserem Schade» gebraucht werden könnte, einfach ver­nichtet. Es fehlt nicht an solchen, sowohl hier in England wie auf dem Frstlande, welche die deutsche Flotte als die alleinige Bedrohung für die Erhaltung des Friedens in Europa ansehen. Das mag der Fall sein oder nicht, wir find es zufrieden auszusprechen, daß der gegenwärtige Augen­blick ganz besonders günstig ist, um die Meinung aufzu­weisen, daß diese Flotte fürderhin nicht vergrößert werden solle. Frankreich und Italien, Oeft-rceich und Spanien wür­den wahrscheinlich mit schlechtverhehltem Vergnügen, wenn nicht mit offener Billigung, jeder Maßregel zusehen, die darauf berechnet ist, ein dem dauernden Frieden feindliches Ele­ment auszumerzen." Man höre wieder unsere lieben Vettern!

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Die Statue des alten Fritz ist zwar nun glücklich ent­hüllt, aber wenn Kaiser Wilhelm heute den Amerikanern wieder etwas schenken würde, so würde es jedenfalls keine Statue sein. Nachdem des Kaisers Bruder, Heinrich, die Vereinigten Staaten besucht und dort sehr freundlich ausge­nommen worden war, wollte der Kaiser den Aankees seine Anerkennung aussprechen, und er wollte auch die durch seinen Bruder geknüpften Beziehungen verstärken; er sandte des­halb eine Statue des alten Fritz nach Washington. Aber noch nie haben die amerikanischen Zeitungen so viel gewitzelt, als seit der Zeit, da sie die erste Kunde von der Schenk­ung emfingen. Nicht nur gewitzelt haben sie, sie haben auch verdächtigt und gehetzt und nicht viel hätte gefehlt, so wäre die Statue des alten Fritz zn einer Haupt- und Staatsan­gelegenheit geworden und der Kongreß hätte ihre Aufstellung verboten. Ja einer Republick dürfe kein Monarch verherr­licht werden. Die Deutschen st s eben nirgends beliebt. Man sagte von ihnen in diesem Falle in Amerika, sie liefen den Amerikanern nach und schweifwedelten vor ihnen. Der­jenige Deutsche, der noch im Besitze einer Galle ist, erzürnte sich und er hätte es am liebste« gesehen, wenn der deutsche Botschafter in Washington die Statue wieder an sich ge­nommen und im Meere versenkt hätte da, wo es am tiefsten ist. Allein, da fühlte denn endlich Präsident Roosevelt, daß es Zeit sei, einzulenken. Endlich ordnete er die Aufstellung an, und wiederum endlich, nach Jahr und Tag, am letzten Samstag, wurde die Statne eingeweiht. Das geschah nun mit großem Pomp. Kaiser Wilhelm ist immerhin ein Kaiser

und Roosevelt ist nach 4 Jahren nur noch ein gewöhnlicher Bürger; warum sollte er sich die Freundschaft eines mächtigen europäischen Herrschers verscherzen? Es gab also eine pomphafte Feier, bei der überaus schwungvolle Reden ge­halten wurden. Der deutsche Botschafter sprach von der Bekundung unverhohlener Freundschaft und Zuneigung" zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten, und Präsident Roosevelt verkündete, daß das Denkmal ein Sinn­bild der deutschen Freundschaft zu den Bereinigten Staaten sei. Das klingt ja Alles gewiß ganz schön, aber praktischen Wert hat es keinen.

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In Ungarn, wo die Verschärfung der ParlameutS- hausorduuog im Abgeordnetenhaus schon zu wilden Szenen führte, wird jetzt tu der Hauptstadt die Straße immer lebendiger und beginnt energisch gegen den jüngsten Hand­streich im Parlament zu demonstrieren. Gestern vormittag durchzogen ZOO Studenten, denen sich viel sonstiges Publi­kum anschloß, die Straßen der inneren Stadt unter Abstng- ung des Kossuthliedes und unter Beschimpfungen und Ab­zugrufen gegen Tisza und Eljenrufen auf die Opposition. Studenten zogen auf die Universität, wo sie dem eben Vor­tragenden ehemaligen Münster Professor Wlassics Ovationen bereiteten, während der Bortrag des Professors und Abg. Nagy gestört wurde. Die Domoustration nahm solche Di­mensionen an, daß die Vorträge wiederholt Wert werden mußten. Die Studenten wollten dann wieder durch die Stadt ziehen, wurden jedoch von der Polizei zersprengt, wobei zahlreiche Verhaftungen erfolgten. Graf Tisza wurde in­zwischen Nachmittags vom König in Audienz empfangen. Doch ist von dem Verlauf dieser Audienz noch nichts be­kannt geworden.

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DerTemps" veröffentlicht ein Memorandum, daS Prinz Georg von Griechenland den Ministern Delcasse (Frankreich), Lansdowne (Eaglaud) und Tittoni (Italien) überreicht hat. Zunächst weist der Prinz auf die seinerzeit den Schutzmächteu unterbreitete Denkschrift vom September 1900 hin, und fährt dann fort: »Wenn die damals aus­gesprochenen Befürchtungen sich nicht alle verwirklicht haben, so geschah dies, weil ich auf die Gefahr hin, mein Ansehen zu vermindern, meinen ganzen Einfluß daran setzte, um die Gemüter der Kretenser zu beruhigen, indem ich ihnen die Hoffnung vorspiegelte, daß die Mächte, welche die Berech­tigung der Wünsche der Kretenser auerkaunteu, die erste günstige Gelegenheit ergreifen würden, die Bereinigung Kretas mit Griechenland zu vollenden. Aber die Zeit ver­geht und die Kretenser, die sich so ruhig gezeigt, und so große Fortschritte vollbracht haben, werden von Ungeduld erfaßt, und die Stimmung in Kreta ist gegenwärtig so sehr erregt, daß das arme Land von neuem Unheil bedroht würde, wenn der von der gesamten christlichen Bevölkerung am 19. August d. I. gefaßte Bcschluß, durch welchen ich beauftragt wurde, die Großmächte anzuflehen, die Bereini­gung mit Griechenland nicht länger zu verzögern, nochmals zurückgewiesen werden sollte. Ich würde meine Pflicht zu verletzen glauben, wenn ich nicht wiederholeu wollte, daß es zur Beseitigung der wachsenden und nald unüberwind­lichen Schwierigkeiten nur eine Lösung gibt: Die Vereini­gung Kretas mit Griechenland." In diplomatischen Kreisen bezweifelt man, daß Prinz Georg von den Mächten eine andere Antwort erhalten sollte, als in den früheren Jahren.

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Rußland hat, noch niemals so viel Truppen aufge­stellt gehabt wie 'gegenwärtig in Oftasiea. Es werden 668 000 Mann mit 1818 Geschützen vorhanden sein, wenn in den nächsten Wochen die Verstärkungen eingetroffen sind, die jetzt schon unterwegs find oder zur Abfahrt iu der Hei­mat bereit gemacht werden.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 19. Nov.

Die Kammer der Abgeordneten setzte die Beratung der Gemeindeordnung bei Artikel 27a fort, welcher bestimmt, daß in mittleren Städten ein oder mehrere besoldete Gemeiride- räte «»gestellt werden können. Ein Antrag Kleemann (deutsche P.) will für die besoldeten Gemeinderäte in den mittleren Städten die Absolvierung der höheren Prüfung nicht znr Vorbedingung machen. Der Antragsteller meint, daß es genug geeignete Persönlichkeiten für die in Betracht kommenden Stellen gebe, welche ohne akademisches Studium sich das genügende Maß von Vorbildung erworben haben. Die Abgeordneten Liesching und Betz (Vp.) empfehlen