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Erscheint Diea-tag DonnerSt., Samstag und Sonntag mit der wSch. Beilage »Der SonntagS- Sast".

vestellpretS für das Siertkljcchr i« Bezirk «. RachbarortSverkehr «k. 1.1S, anßirhalb Mk. 1L8.

Nr. 17«.

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Sonntag, 13. Wovember.

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1904

Umttiche».

Das K. Bezirkssteueramt Hirsau macht bekannt, daß auf Grund des Art. 4 des Gesetzes tiejenigeu Grundeigentümer (und Gefäübcrcchttgten), Gebäudebesttzer und Gewerbetreiben­den, bei deren Grundstücken und Gefällen, Gebäuden oder Gewerben während des jausenden Kalenderjahrs eine Ver­änderung srattgefundeu hat, welche eine Aenderung des Steuerkatasters zur Folge hat, aufgefordet werden, hievon bis 31. Dezember l. Js., spätestens aber bis zum 15. Jan. k. Js. bei dem Ortsvorsteher Anzeige zu machen.

Das K. Oberamt und die K. StraßenbaninspekÜoü Calw erläßt folgende Bekanntmächung: Für den Baümsatz und die Baum-Ausästung gelten die hienach aufgeführten Bestimmungen: § 1. Der Banmsatz an Rachbarschafts­straßen ist gesetzliche Obliegenheit der anstoßenden Güter­befitzer und zwar find von ihnen fruchtbare Bäume zn pflan­zen. An solchen Orten dagegen, wo ftuchlbare Bäume aller Bktsuche ungeachtet nicht fortkommen, dürfen auch Wald- bäume gepflanzt werden. An den hohen Einschnittsböschungen, ebenso bei hohen Straßendämmev, welche am Rande mit Bäumen bepflanzt werden, ist übrigens den angrenzenden Grundbesitzern der Baumsatz für die Straße erlasfen. Z 2. Die jungen Bäume, welche von den Grundbesitzern der Straße entlang gesetzt werden, müssen gehörig erstarkt, am Staunst wenigstens 3 Zentimeter (1 Zoll) dick und 2 Meter (7 Fuß) h-ch sein. Dieselben sind m Entfernungen von 2,8 Meier (10 Fuß) vom Straßenrand und von 10,3 Meter (36 Fuß) unter sich zu setzen, mit Dornen zu verwahren und mit starken Stickeln zn versehen. Außerdem find die Bäume übers Kreuz zu setzen, dergestalt, daß diejenigen Bäume, die auf der einen Seite gesetzr werden, gerade gegenüber der Mitte des zwischen zwei Bäume auf der andern Seite der Straße befindlichen Zwischenraums von 10,3 Meter (36 Fuß) zu stehen kommen, ß 3. Abgehende Bäume sind alsbald durch junge zu ersetzen, vorausgesetzt, daß der Zwischenraum zwischen den benachbarten Bäumen mindestens 10,3 Meter beträgt, tz 4. Die auf die Staats- und Nach­barschaftsstraße überhängenden Arste und Zweige find in der Art einzukürzen, daß über dem Nebenweg am Rande der Straße eine Uchte Höhe von 2,3 Meter (8 Fuß) für den Fußwandel und 85 Zentimeter (3 Fuß) vom Straßen­rand einwärts der Straße eine Höhe von 4 Meter (14 Fuß) für den Wagenverkehr frei bleibt und zwar ist die Auslichtung der Bäume von jenen 2,3 Meter bis zu diesen 4 Meter in schräger Richtung auszufnhreu. § 5. Die Hecken an den Staats- und Nachbarschastsstraßeu sowie an den öffentlichen Feldwegen sind derart zu beschneiden, daß der Verkehr in keiner Weise beeinträchtigt wird. Bis 1. Dezember ds. Js. ist Vollzugsbericht zu erstatten.

Die LLsinvlstt-Srrcht -ev ItalLeirerr.

Von Leopold Sturm.

(Nachdruck verboten.)

js Jeder Reichs-Deutsche, der in Italien gewesen ist und sich in den verschiedenen Bevölkerungskreisen umgesehen hat, weiß, daß es kaum liebenswürdigere und gefälligere Men­schen gibt, wie die Italiener, und daß sie namentlich den Reichs-Deutschen ein ixtragrotzes Maß von Freundlichkeit entgegenbriugen. Werden die Beziehungen aus dem rein gesellschaftlichen Verkehr auf den geschäftlichen übertragen, dann denkt der Italiener allerdings an seinen Vorteil, mit­unter sogar reichlich, aber nie verliert er die Geduld, wenn nach langem Handeln kein Geschäft zu Stande kommt. An­ders wie gegen die Reichs-Deutschen ist der Nord-Italiener, seine Landsleute in Mittel- und Süditalien kommen für diesen Fall weniger in Betracht, schon gegen die Oester- reicher gesinnt, ältere Tatsachen sind noch nicht vergessen, und beide Teile kommen leicht auf die Politik. Da gibt es dann Halloh, denn beide find Feuer und Flamme.

Es könnte befremden, daß diese zwar heißblütigen, aber doch liebenswürdigen und willigen Menschen eine solche unausrottbare Neigung zu Geheimbündeleien, Komplotten und Verschwörungen haben, die oft einem blutigen Angriff, einer verbrecherischen Tat gelten. Jetzt behaupten in Innsbruck die Deutschen, Len treulichen betrübenden Krawallen liege ein regelrechtes Komplott der Italiener zu Gründe, und aus der Geschichte des Anarchismus und seiner Attentate ist ja allbekannt, wie sehr gerade die Italiener daran beteiligt waren. Auch aus Nord-Amerika wurden Geheimbündeleien italienischer Arbeiter häufig gemeldet, die ernste Zusammen­stöße Hervorrufen. Bei uns in Deutschland, wo doch auch diverse Tausende Italiener ihr Brot verdienen, sind Aus­schreitungen ziemlich selten, wir sehen, daß Mangel an An­lässen doch auch das heiße südliche Blat ruhiger fließen lassen kann.

Allgemein bekannt, und zwar sehr wenig rühmlich, sind

die heute noch bestehenden großen Geheimbünde in Süd- Italien, die Camorra im Neapolitanischen, die Maffia auf Sizilien, deren Leiter und Mitglieder sehr wenig von Rück­sichtnahme und Nächstenliebe erfüllt sind, die aber um so besser sich auf das Erpressen der unglückliche Krupp hat das erfahren verstehen. Sie find die Ueberbleibsel der revolutionären Verschwörungen aus dem Anfänge und der Mitte des vorigen Jahrhunderts, die u. A. Napoleon III. mit dem Rosin,'scheu Bombenatteutat bedrohten, heut« über völlig in anderer Richtung entartet sind.

Die Komplott-Sacht rührt keineswegs von der Zer­rissenheit Italiens im Mittelalter und von den modernen Kämpfen um die nationale Einheit allein her; zugegeben ist allerdings, daß die Zahl der politischen Komplotte zum Sturze eines Herrschers im Mittelalter Legion gewesen ist, daß sich die Verschwörungen gegen eine tyrannische Herr­schaft auch auf das ganze Volk erstreckten. Wir erinnern nur au die blutige sizilianischr Vesper, an Mafaniellos Aufstand ln Neapel rc. Doch auch das römische Altertum hatte schon seine historischen Verschwörungen, und an Ca- tilina's z. B. hat es auch späteren Jahrhunderten nicht ge­fehlt. Es ist eben duse Neigung zu Komplotten ein charak­teristischer Zag der Bewohner der apenniuischen Halbinsel, und Vas südliche Blut trägt dazu bei, ihu zu steigern. Wir finden das Gleiche nicht nur im eigentlichen Italien, son­dern auch in Korsika und Sardinien und weiterhin in Dal­matien, den alten illyrischen Bezirken rc.

Auch die heute so ziemlich ausgerotteten italienischen Briganten bildeten einst m gewissem Sinne Geheimbünde, Brüderschaften, denen gegen Entrichtung eines bestimmten Tributs jeder Bewohner ihresWirkungskreises" beitreten konnte, der damit also vor den Kugeln und den Dolchen und unerwünschten Besuchen der Banditen gesichert war. Daß die Briganten ihr verbrecherisches Treiben völlig ernst­haft nahmen, beweist die bekannte Tatsache, daß fie vor jedem Raubzuge erst lange Gebete für das Gelingen ihrer Unternehmungen abhielteu.

Die gebildeten Kreise Italiens haben sich heute zumeist von dieser verhängnisvollen Neigung freigemacht. In deu breiten Volksschichten wuchert aber die Komplott-Sucht noch immer stark fort.

DasMilitär-Wochenblatt", dem man die nötige Sach­kenntnis zutrauen darf, stimmt durchaus nicht in die land­läufige Meinung ein, daß Rußland in Ostafien bis jetzt nichts als Schlappen erlitten habe. Das Blatt findet im Gegenteil die russische Kriezsführung sehr geschickt. Sie be­stehe in einer bewußten und durchdachten Ermattungsstrategie, bei der Kuropatkin ans die Unempfiudlichke.t der russischen Truppen gegen die Folgen von Nied-ringen rechnen durfte. Auf diesem Kriegsschauplätze und mit diesen Truppen konnte General Kuropatün ein Verfahren auwenden, das im mitt­leren Europa höchst gefährlich, vielleicht unmöglich wäre. Mit einer Truppenzahl, über deren Geringfügigkeit die Welt staunen wird, falls die Geschichte dieses Krieges je geschrieben wird, hat Kuropatkin es verstanden, die Japaner zu opfer- vollen Angriffen zu zwingen, und er hat ihre besten Kräfte verbraucht, bevor sie Mulden erreichen, wohin von Haus aus zurückzugehcn von Anfang an seine Absicht war. Die Art des Rückzuges maß als ganz meisterhaft bezeichnet wer­den. Der Verfasser des Aufsatzes imMilit.-Wochenbl." bemerkt noch: Ich befand mich im russischen Hauptquartier, als es sich um Räumung NiutschwangL handelte und ich stand damals noch ganz unter dem Eindruck der westeuro­päischen Gedaukenreihen: ohne natürlich die Kriegslage im einzelnen zu kennen, sah ich doch, daß die russische Armee halb umgangen und ihre Rückzugsstraße, sowie die Bahn bedroht waren. Ich kann sagen, es war eine Lage, die im Kriegsspiel zu einem sofortigen Rückzag führen mußte; alles erwartete ich, entweder einen solchen oder eine Katastrophe. Keines von beiden geschah; die russische Armee blieb stehen, nahm den Kampf ans, schlug sich tagelang mit dem Gegner herum, der nicht recht vorwärts kam und räumte schließlich ihre Stellungen in größter Ordnung und ohne nennens­werten Verlust. Dasselbe Spiel wiederholte sich bei Liau- s jang, wo die Welt, wenigstens die angelsächsische, ein Sedan . erwartete. Dieses Abbruchsgefecht allergrößten Stils brachte I den Japanern keinen andern Erfolg als Terramgewiuu, keine Gefangenen, keine Siegeszeichen haben sie erbeutet, es war em vollkommen fruchtloser, ein negativer Sieg, deu sie indes mit fast 20000 Mann erkauft haben. Japan äst nicht in der Lage, viele solche Siege auszuhalten, Rußland aber kann noch ewige derartige Niederlagen ertragen.

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In der französischen Kammer erinnerte Janres in einer Rede, daß Gambrtta schon nach dem Krieg au eine An­

näherung an Deutschland dachte. Das Zentrum und die Rechte protestierten, worauf Zäures Reden Gambettas und Memoiren Bismarcks zitiert, um auszüführen, daß Bismarck selbst 1876 und 1878 an die Möglichkeit dachte, Deutsch­land werde einst eine Annäherung an Frankreich suchen müssen. Es sei also keineswegs unmöglich, daß die deutsche Diplomatie auch in Zukunft einmal von ihren Traditionen zurückkomme und daß eine Annäherung zwischen Frankreich, Italien und England schließlich auch Deutschland und ganz Europa zum Weltfrieden hiuzrehe und zum Verzicht auf die alte Entsagungspolitik. Janres stellt dein durch deu natio­nalen Haß zerrissenen Europa das Streben der Asiaten nach nationaler Unabhängigkeit gegenüber, das Europä zur Ver­söhnung und Einigkeit ermahne. Redner geht dann auf Marokko über und gibt der Befürchtuna Ausdruck, daß daS schon jetzt begonnene rein finanzielle Protektorat über deü Sultan eine militärische Intervention nach sich ziehen müsse wegen des Widerstandes der Stämme gegen die Steuern.

wüvtterrrberrgisehev L«rn-t«»s.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 10. November.

Die heutige Sitzung der Abgrordneten-Kammer war ausschließlich dem Artikel 8 der Gemeiudeordnung, Selbst- verwaltungsrecht der Gemeinden, gewidmet. Die Kommission hat gerade an diesem Artikel erhebliche Aenderungen der Regierungsvorlage vorgenommen. Der erste Absatz des Artikels lautet nach den Beschlüssen der Kommission: Die Gemeinden haben daS Recht und die Pflicht, innerhalb der gesetzlich festgesetzten Schranken alle ihnen gesetzlich über­lassenen Angelegenheiten selbstständig zu verwalten. Insbe­sondere liegt ihnen ob die Verwaltung des Gemeiudever- mögens, die Pflege der gemeinschaftlichen Interessen der Gemeiudeaugehörigen und Wahrnehmung der Ortspolizei. Dieses Selbstoerwaltungscecht genießt verwaltuugsgericht- lichen Schutz nach den Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes. Minister v. Pis chek hatte im allgemeinen gegen den Wort­laut nicht viel eiozuweadeu, erklärte aber deu verwaltuugs- gerichtlichen Schutz für das Beschwerderecht für unnötig. Die Festlegung der Selbstverwaltung als Pflicht der Ge­meinden liege nicht im Interesse der Gemeinden, denn sie lege der Regierung die Verpflichtung auf, die Gemeinden darauf­hin zu besichtigen, ob sie diese Pflicht auch erfüllen. Abg. Haußmann-Balingen ist nicht ganz befriedigt von dem Artikel, der ein Kompromiß verschiedener Anschauungen sei. Die Selbstverwaltung sei ei« Teil der Staatsverwaltung, aber sie dürfe, wenn sie nicht verkümmern solle, nicht unter die hirarchischen Folgen der Bureaukcatie gebracht werden. Die Gemeinden seien nicht die unteren Instanzen der staat­lichen Behörden, sie seien vielmehr ein eigenes Verwultungs- gediet. Das solle im Gesetz zum Ausdruck gebracht werden. Nachdem der M.nijter erklärt habe, das WortPflicht" gebe der Regierung weitere Aufstchtsrechte über die Gemein­den, sei auch er für Streichung desselben. Dagegen müsse das Beschwerderecht beibehalten werben, denn ein Recht habe keinen Wert, wenn es nicht durch die Rechtsbehörde gesichert ist. Der Abschnitt 1 wird hierauf nach weiterer unwesent­licher Debatte unter Streichung der Worteund die Pflicht" in der Fassung der Kommission angenommen. Ansatz 2 behandelt die Errichtung von Ortsftaluten. Er lautet in der Fassung der Kommission: Die Gemeinden stad befugt, zur Regelung ihrer Verhältnisse tm Rahmen der gesetzlichen Vorschriften durch Gemeindesatzung (Ortsstatut) allgemeine Anordnungen uut Gesetzkraft zu treffen. Minister v. Pis chek fürchtet, daß durch die Fassung der Kommisston das Recht der Gemeinden zum Erlaß von Ortsstatutcn, das sich nach dem geltenden Recht nur auf ihre Verfassung und Verwalt­ung bezieht, wesentlich ausgedehnt werde. Abg. Hanßmann- Balingen: Die Regierung wolle ein volles Genehmiguugs- recht über die von den Gemeinden errichteten Ortsstatuten ausüben, während er meine, daß es genüge, wenn man ihr das Recht gebe, innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch gegen die Vollziehung der Statuten zu erheben. Minister v. Pischek hält das Geuehmigungsrecht der Regierung sowohl im Interesse der formalen Gesetzmäßigkeit als der Einheitlichkeit der Gemeindesatzuugen für unerläßlich. Abg. Lieschiug (Vp.) spricht gegen ein Genehmigungsrecht der Regierung. Abg. Kraut (kcms.): Von der Regierung werde zu viel in die Verwaltung der Gemeinden hmeiuregiert, wie es besonders auch bei der größten Gemeinde des Landes der Fall sei. Minister v. Pischek erwidert, daß es sich in dem Konflikt mit der Stadt Stuttgart lediglich um das Ortsbau-Statut gehandelt habe, wobei von der Regierung mehr die Gesundheitsfrage, von der Stadt mehr die Inte­ressen der Grundstücksbesitzer berücksichtigt worden seien. Nachdem noch Abg. Remb old-Aalen (Ztr.) gegen eia