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Erscheint Dienstag Donnerst., EamStag und Sonntag mit der wöch. Bellage »Der SomitagS- Gast".

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Amtsblatt für

Allgemeine§Kn^ige

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Wv. 174

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Donnerstag, 10. November. > »

1904.

Amtliches.

In einer Bekanntmachung des K. Ministeriums des Innern wird darauf hu gewesen, daß du und dort bei Ge­werbetreibenden des Landes eine gewisse Neigung zur Be­teiligung an ausländischen, nicht unverdächtigen Unterneh­mungen hervorgelreten ist, in der Hauptsache veranlaßt durch die Aussicht auf leichte Erwerbung einer zu Reklamezwecken verwertbaren Auszeichnung. Deme usprechend liegt Veran­lassung vor, darauf hinzuwcisen, daß die öffentliche Reklame mit dem Besitze von Auszeichnungen, die von den Veran­staltern schwindelhafter Ausstellungen gegen Entgelt verliehen find, ohne daß ein ernsthafter Wettbewerb vor der Oeffent- lichkeit vorauegegaugen ist, den Tatbestand einer strafbaren Handlung, insbesondere Leu des unlauteren Wettbewerbs, bilden kann. Auch wenn es zweifelhaft sein mag, ob solche Reklame» sich als wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben tatsächlicher Art über denBesitz von Auszeichnungen" darftellen, so wird doch in vielen Fällen darin der Versuch einer strafbaren Täuschung des Publi­kums über dieBeschaffenheit von Ware» . . . oder ge­werblichen Leistungen" im Sinne der Strafbestimmung er- ! blickt werden könne».

Ueberlragcn wurde die evangelische Pfarrei Münchingen dem Pfarrer Walker in Kochersteinsfeld.

Uebertragen wurde die Postexpeditorstelle in Schönmünzach dem Postagenten (Postgehilfen) Rohrer in Oberrot.

Uebertragen wurde die Stelle des Stationskassiers in Calw dem Expedienten Faigle in Blaubeuren.

Auf Grund der Erstehung der ersten Dienstprüfung wurde Lehramtskandidat Walter Köbele in Nagold die wissenschaftliche Be- Wgung zu unständiger Verwendung MLkavnt.

Pretzftimmerr zur Thronrede.

Ueberall, innerhalb und außerhalb Württembergs Wurde die Thronrede unseres Königs mit großem Inte­resse ausgenommen und vou der Presse eifrig besprochen. Zur Orientierung folgende Preßstimmen der verschiedenen Parteien:

DerSchwäb. Merkur" schreibt:In solch ernster Sprache und in so unantastbarer Deutlichkeit haben sich, soweit wir zurückblicken, Krone und Regierung in Württem­berg noch me zuvor für die so lauge angestredte Reform unserer deu Bedürfnissen und Anschauungen der Zeit nicht mehr entsprechenden Verfassung verpflichtet. Wer von der Thronrede nur etwa den Hinweis auf die ernstliche Absicht, eine neue Reform zu bringen, erwartet hatte, der ist ange­nehm überrascht worden. Die Thronrede hat über die näheren Absichten der Regierung so viel gesagt, als sie überhaupt sagen konnte."

DerBeobachter" schreibt:Dieser Zug der Ent­schlossenheit sichert der Thronrede von 1904 eine Stelle in der Geschichte des König Wilhelms II. Die Lage ist durch sie dahin präzisiert: Volk, König und Regierung wollen vorwärts. Und die Frage ist, kaon das Vorrecht sie auf- halten und ist das ein zu ertragender Zustand? Die Be­ratung und der Verlaus der eiugeleiteteu Verfassungskam- Pagne werden Gelegenheit geben, die Bedenken, Forderungen und Wünsche der Linken zur Geltung zu bringen. Für heute ist nur die politische Tatsache zu unterstreichen, daß Krone und Regierung in die Phalanx derjenigen ein­marschiert stad, welche die Verfaffungsresorm für eineNot­wendigkeit" halten."

DieSchwab. Tagwacht" schreibt:Ob der Vorteil der reinen Volkskammer deu Nachteil der Auffrischung der Ersten Kammer überwiegt, wird zu entscheiden sein, wenn die Reform in ihrer ganzen Tragweite zu übersehen ist. ES kommen dabei noch eine Reihe sehr wichtiger Neben- fragcu in Betracht. Bereits hat der Präsident der Ersten Kammer den Wunsch nach einem erweiterten Budgetrecht ausgesprochen. Die Frage der Vertretung der in stärkster Entwicklung befindlichen Stadt Stuttgart, die Frage der Wahlbezirkseinteilung nnd viele andere kommen hinzu. Die Art ihrer Erledigung wird auf die Haltung der Sozialde­mokratie nicht ohne Einfluß sein."

DasBerl. Tagbl." lobt die freiheitliche Entwicklung des Württ. Berfassuugslebens und fährt dann fort:Eine reine Volkskammer durch das allgemeine, gleiche, unmittel­bare und geheime Wahlrecht berufen und zugleich eine zeit­gemäße Erneuerung der ersten Kammer bedeutet eine große Etappe auf dem Wege verfassungsrechtlichen Fortschritts. Das Ministerium Breitling, auf welches das württ. Volk in seiner übergroßen Mehrheit seine besten Hoffnungen ge­setzt, hat sich ein große- bleibendes Verdienst erworben, in­dem es mit dem König jetzt in dre Arena tritt, um eine alte Schuld zu tilgen."

DieDeutsche Reichspost" schreibt:Unseren Politischen Anschauungen und Gewohnheiten entsprechend, wollen wir die Erwartung, daß dir bevorstehenden Berhaudlvogr» »vom

Geist der Mäßigung und der Versöhnlichkeit getragen" sein werden, unsererseits zuverlässig entsprechen. Aus diesem Grund habe» wir den von der Demokratie und Sozial­demokratie entfachten, von der Deutschen Partei uubegreif- licherweije unterstütztenProteftsturm" nicht mitgemacht. Die damals geliebten unüberlegten und beleidigenden Kundgeb­ungen werden sich als das größte Hmderms der Reform erweisen, denn sie haben bei den Privilegierten der Zweiten Kammer und besonders bei den Mitgliedern der Erste« Kam­mer die Ueberzeugung hervorgerusen und bestärkt: Bor sol­chem Radikalismus dürfen wir das Feld nicht räumen!"

DieLeipziger N. N." sind der Ansicht, daß mau deu Aussichten dieses neuen Versuchs einer Verfaffungsresorm nicht allzu optomistisch gegenüberstehcn dürfte, da das Zen­trum wohl alle Hebel in Bewegung setzen werde, um eine Berfassungsreform zum Scheitern zu bringen.

DieFranks. Ztg." berührt die erfreuliche Entschieden­heit sympatisch, mit der die Verfaffungsresorm in die vorderste Reche der zu lösenden staatlichen Aufgaben gestellt ist. Die Zeitgemäße Erneuerung" der Ersten Kammer ist ihr ein etwas dehnbarer Begriff, über den ihr selbst die Umgestalt­ung der Zweiten Kammer zu einer Volkskammer nicht ganz weghelfen kann.

Tagespolitik.

Nnu ist Deutschlands neuer Handelsvertrag mit der Schweiz abgeschlossen worden. Die Verhandlungen waren sehr zähe; aus deutschem Boden wurden sie begonnen mit einer kurzen vertraulichen Besprechung in Frankfurt a. M. in Luzern wurden sie fortgesetzt. Sofort zeigten sich große Schwierigkeiten. Deutschland hatte für die Ein­fuhr hohe Ansätze, die Schweiz huldigte dem Fre'chandels- system und hat erst im letzten Tarife erhebliche Erhöhungen vorgenommeu. Die Schweiz war im Schutze der Nationalen Arbeit sehr zurückgeblieben und mußte dies nun uachholen. Es brauchte lauge Erörterungen, bis Deutschland diese Tat­sache in ihrer ganzen Tragweite anerkannte. Vieh, Käse, Baumwollgarne und Baumwollengewebe und Seide waren die letzte» Positionen, um die sich die Unterhandlungen drehten; deutscherseits stand noch die Konfektion im Feuer. Alle Industrien werden von dem neuen Handelsverträge nicht profitiere», die eine oder andere wird Haare lassen müsse». Vorderhand soll der Inhalt des Vertrages noch geheim gehalten werden, bis Deutschland mit Oesterreich- Ungarn ins reine gekommen sein wird. Letzte Woche schien es, als sollten die deutsch-schweizerischen Handelsvertrags­verhandlungen in die Brüche gehen. Es gab eine drama­tische Szene; die einen hatten sich schon erhoben, auch die anderen folgten mit der Erklärung, daß sie nicht weiter gehen könnten. Doch auf beiden Seiten war der gute Wille vorhanden, und wo ein Wille, da ist auch ein Weg, man fing stehend nochmals an, die umstrittenen Positionen dnrch- zugehen und man führte die Unterhandlungen zu Ende. Beide Teile empfanden darüber lebhafte Genugtuung, denn für beide wird der Vertrag annehmbar sein und jedenfalls besser als ein Zollkrieg. Das freundschaftliche und freund- nachbarliche Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz hat sich wieder bewährt und wird durch den neuen Vertrag

wieder neu befestigt.

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Im Lippischen Thronstreite ist zwischen Schaumburg- Lippe und Lippe-Detmold eine Verständigung erzielt worden, welche eine ruhige, das öffentliche Rechtsgefühl befriedigende Erledigung des Streites erwarten läßt. Fürst Georg und Graf Leopold haben sich unter der vermittelnden Einwirk­ung des Reichskanzlers geeinigt, die Entscheidung über die Ansprüche einem Schiedsgericht anzuvertrauen, und die beiderseitige» Regierungen haben an den Bundesrat unter Verzicht auf ihre früheren Anträge das Ersuchen gerichtet, daß der Bundesrat mit der schiedsgerichtlichen Erledigung der Sache durch daS Reichsgericht sich einverstanden erkläre, zugleich aber im Namen der verbündeten Regierungen deu aus dem Schiedsspruch sich ergebenden Rechtszustand im Voraus anerkennen wolle. Das Schiedsgericht solle unter dem Vorsitze des Präsidenten des Reichsgerichts aus dem vierten und siebenten Zivilsenat dieses Gerichtshofes gebil­det werden und soll die Frage entscheiden, inwieweit die Mitglieder gräflich Lippe-Biesterfelder Linie zur Thronfolge im Fürstentum Lippe berufen find. Die Entscheidung soll unanfechtbar und für beide Teile ans immer bindend sein, sodaß damit eine etwaige spätere Wiederaufnahme der be­strittenen Rechtsansprüche unbedingt ausgeschlossen wird. Nachdem die Vollziehung des SchiedSvertrages unter Gegen­zeichnung der Laudesmiuister vom Fürsten Georg und Grafen Leopold erfolgt and der Antrag der beiden Landes­

regierungen beim Bundesrat eingegangen ist, wird der Reichs- kanzer eine Entschließung des Bundesrats herbeiführen und, sofern der Bundesrat zustimmt, uuverweilt das Reichsge­richt mit der Eröffnung des schiedsgerichtlichen Verfahrens beauftragen.

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Die sozialdemokratischeMärkische Volks stimme" hat sich dieser Tage eiae brutale Beschimpfung der Armee ge­leistet. Nach den Kämpfen von Liaujang war die Stimmung i Tokio bekanntlich geteilt; und zwar auS gutem Grunde. Knropatkin hatte sich zwar zurückziehen müssen, aber dieser Rückzug war eine glänzende Tat, da durch sie nicht nur die Hoffnungen der japanischen Armeeleituug auf Umklam­merung und Veraichtung des Gegners vereitelt, soaderu auch den Truppen des Mikado so schwere Verluste beigebracht wurde», daß sie volle 4 Woche» zur Erholung brauchten. Unter solchen Umständen in Tokio eiae Siegesfeier zu ver­anstalten, wäre lächerlich gewesen nud verbot sich schon mit Rücksicht auf die blutigen Opfer, die das eigene Volk in der Stägigen Schlacht hatte bringen müssen. Es war also nur natürlich, daß man vou einer Siegesfeier allseitig ab­riet. Die Sozialdemokratie aber, die sich in Schweifwedele! vor dem Joselvolk nicht genug tun kann, wußte auch daraus einen über alle Maßen zynischen Angriff gegen unser vater­ländisches - Empfinden herzuleiten. DieMärk. Bolksst." schrieb:Die gelben heidnischen Affen haben also tieferes, menschlicheres Empfinden, als nach Sedan die deutschen Siegeslümmel, deren christliches Empfinden noch alljährlich in einer Weise sich Manifestiert, die ein schneidender Hohn

auf die Menschlichkeit ist."

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Auf dem Wege zum großen allgemeinen Weltfrieden scheinen sich einige deutsche Behörden nicht genug tun zu können, in der Beherzigung des Spruches:Willst du den Frieden, rüste zum Kriege!" Es genügt nicht, daß man Wilden und anderen Völkern, mit denen ein Krieg nicht ausgeschlossen ist, Waffen zuführt und ihnen Instrukteure, Lehrer Ingenieure usw. überläßt, man muß ihnen auch in Deutschland selbst Gelegenheit geben, Waffen nicht nur ge­brauchen, sondern auch aufertigen zu lernen. So find chine­sische Büchsenmacher mit dem von Ostasten kommenden DampferAudalusta" in Hamburg eingetrvffrn. Die Chinesen setzten alsbald ihre Reise nach Spandau fort, um mit Ge­nehmigung des KriegsmiulstrrmmS in der dortigen Kgl. Gewehrfabrik Unterricht im Büchsenbau zu erhalten.

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Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 8. November.

Das schöne Wetter, das sich gestern mittag nach einem stürmischen Morgen eingestellt hatte, schien auch auf unsere Landesboten seinen Einfluß ausgeübt zu haben, denn als Präsident Payer um halb 4 Uhr die Präsidenteuglocke rührte, harrten noch ganze Bankreihen ihrer Abgeordneten. Gauz langsam, in Rotten zu zweien und dreien stellten die wackeren Kämpen sich ein, sodaß sich etwa bis 4 Uhr ein leidlich besetztes Haus konstatieren läßt. Freilich ist auch das Thema der heutigen Tagesordnung,Bericht der Kommifion für die Gemeinde- und Bezirksordnuug, über den Entwurf einer Gemeindeordnnug", nicht dazu angetan, eine besonders große Anziehungskraft avszuübeu. Nun verliest einer der Schriftführer, wie gewöhnlich für ent­ferntere unverständlich, die Einläufe. Eingelaufen ist der anscheinend unveränderte Entwurf eines Gesetzes betr. Er­richtung eines neuen Hoftheaters, welcher an eine Kommis­sion verwiesen wird, ebenso wird eine Eingabe des Württ. Journalisten- und Schriftstellerverein au die Jastizgesetz- gebungskommisfion gewiesen. In dieser Eingabe wird die Regierung ersucht, ihre Vertreter im Bundesrat zu beauf­tragen, daß sie mit aller Entschiedenheit für baldige Auf­hebung des Zeugniszwangs gegen Redakteure und Jour- nalisteu wirken. Hierauf erhält der Berichterstatter Abge­ordneter Nieder-Ellwäugen das Wort. Aber auch sein klarer Vortrag kann auf die Dauer außer dem Staatsmiui- ster v. Pischek uod seinen beiden Räten v. Fleischhauer u. Seits nur wenige Abgeordnete fesseln und selbst als der Minister in seiner kurzen Debatte die durch eine Anfrage des Abg. Kraut bezüglich der Eingemeindung Cannstatts hervorgerusen wird, den nicht üblen Witz vom Eingemriud- uugsfiebcr macht, geht in einer gewissen Teilnahmslosigkeit fast verloren. Als auch der Streit um den Satz 3, Abs. 2, Artikel 5 des Kommisstousautrages entbrannte, zogen es die meisten der Abgeordneten vor, de« Gang des Kampfes nicht weiter zu verfolgen und die gewiß recht interes­santen Ausführungen der einzelnen Abgeordneten, be-