Irr« sprechet Nr. U.

Erscheint Dienstag Donnerst., Gamstag und Sonntag mit der wöch. Beilage »Der SonntagS- Gast".

vestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk u. RachbarortSverkehr M. 1.15, außerhalb Mk. 1.25.

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Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 8 Pig. auswärts je 8 Pfg. die ein­spaltige Zeile oder deren Raum.

Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.

Donnerstag, 3. November.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904

hausen.

Amtliches.

Zur Bewerbung ausgeschrieben ist die erste Schulstelle in Egen-

Uebertragen wurde die evangelische Pfarrei Esslingen dem Pfarrer Morstatt in Goldbach, Dekanats Crailsheim.

Versetzt wurde Eisenbahnassistent August Müller in Rott-

weil auf Ansuchen nach Freudenstadt.

Für Schmiede, welche eine Prüfung im Hufbeschlag erstehen

wollen, beginnen an den Lehrwerkstätten des Landes demnächst wieder Unterrichtskurse. Interessenten verweisen wir auf die diesbezügliche Bekanntmachung imStaats.-Anz." Nr. 254.

Aree<rf«»tzvteir.

js Mit Eichenholz und dreifachem Erz haben die Götter dem die Brust gcpavzen, der sein schwankendes Fahrzeug zuerst dem stürmischen Meere anvertraute, singt der römische Dichter Norog in seiner berühmten Ode an Vergil. Und es hat gewiß ein bewundernswerter Wagemut den Mann erfüllt, der als erster hinausfuhr auf das wogende Meer. Gleichwohl hat der Drang, die Lee zu befahren, die Men­schen von jeher beherrscht, reichen doch die Anfänge der Schiffahrt in prähistorische Zeit zurück. Weite Seefahrten unternahmen bereits die Aegypter und nach ihnen durch- maßen die Phönizier auf küdner Fahrt das Mittelmeer und drangen bis zu den Küsten Englands, ja vielleicht bis in die Ostsee vor. Zu glänzender Blüte entwickelten die alten Griechen die Schiffahrt' während die Römer an demUeber- kommenen festbieltrn, ohne eigene Fortschritte zu machen. In den ersten Jahrhunderten christlicher Zeitrechnung waren die Normanen, der Gcrmcmenstamm an Schwedens Küste», die kühnsten Seefahrer. Als Wikinger, d. h. Krieger, führ­ten sie ihre unvergeßlichen Seeräuberfahrten auf ihren klei­nen Fahrzeugen, denWellcmossen" undMeeresdrachen" aus und drangen allen Stürmen und Nachstellungen tro­tzend an Englands und Frankreichs Küsten und bis in das Mittelmeer vor und erreichten nach Norden hin Island und Grönland. Später führten Genueser und Venezianer lebhafte Schiffahrt bis Brügg, Ge.t und Antwerpen, in Deutschland gelangte die Hansa zu hoher Blüte. Doch im­mer weiter steckten die kühnen Seefahrer ihre Ziele, über­seeischen Ländern strebten sie zu. Spanier und Portugiese» übernahmen die Führung. Das Verlangen, den Seeweg nach Ostindien zu entdecken, ver anlaßte die denkbar kühnsten Unternehmungen zur See, die bereits 1492 bei dem Ver­suche, Indien durch eine Fahrt nach Westen aufzufinden, zur Entdeckung Amerikas führten, während es Basco de Gama erst vier Jahre später gelang, Indien auf dem See­wege zu erreichen. Unaufhaltsam ging es vorwärts. In j den Schiffskonstrnktiouen und Segelstellnugen wurden neue und große Verbesserungen eingcführt. Frankreich, Holland und England traten in die Reihe der seefahrenden Natio­nen. Im 17. Jahrhundert war Holland mit 15 000 Han­delsschiffen die erste Seemacht der Welt. England und Frankreich rangen wetteifernd nach der führenden Stellung, die der englischen Schiffahrt mir dem Beginn des 18. Jahrhunderts zugefallen und geblieben ist. Eine vollstän­dige Umgestaltung erfuhr der Seeverkehr mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Einführung der Dampf­maschine. Im Jahre 1807 wurde die Dampfschiffahrt auf dem Hudson eröffnet, und im Jahre 1818 durchquerte zum erstenmale ein Dampfschiff den Ozean von Rewyork nach England. Das Schiff, welches diese denkwürdige Fahrt zurücklegte, führte den Namen Sawannoh. Zu welcher un­geahnten und staunenswerten Blüte hat sich in den weni­gen Jahrzehnten seit jener ersten Reise die Dampsschiffahrt entwickelt! Welche gewaltigen Werte werden fort und fort dem Meere anvertraut, wie find tatsächlich die Meere, die die Länder trennen, zu ihrer Verbindung geworden! Wie sicher und wie schnell durchqueren die gewaltigen Schiffs­kolosse die Ozeane. Noch wunderbarer ist die Entwickelung, welche die Kriegsflotten in neuerer und jüngster Zeit durch­gemacht haben, die in erster Linie dazu bestimmt sind, den friedlichen Seeverkehr zu schütze».

Tagespolitik.

Der Bundesrat hat in dem Lippeschen Thronstreit sich dahin ausgesprochen, daß erstens die Regentschaft deS Grafen Leopold zu Lippe-Biesterfeld zu Recht bestehe und daß zweitens die übrigen Streitigkeiten durch ein unter dem Vorsitz eines Herrschers aus Mitgliedern des Reichsgerichts zu bildendes Schiedsgericht zu entscheiden find. Mit dem Beschluß des Bundesrats wird derselbe Weg beschritten, der im Jahre 1897 begangen wurde, als es sich um den verstorbenen Grafregenten Ernst handelte. Wie verlautet, hat die Schaumburg-Lippische Regierung bereits ihr Einver­ständnis zu den Beschlüssen schriftlich niedergelegt, dagegen soll der Fürst von Schaumburg-Lippe seine persönliche Zu­

stimmung noch nicht gegeben haben. DeS Ferneren ver­lautet, daß Prinzregent Luitpold dem Schiedsgericht Prä­sidieren solle.

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Die Opfer des Hottentotten-Aufftandes werden immer mehr. Wir erleben dasselbe traurige Schauspiel wie bei der Erhebung der Herero, nämlich daß die Aufständi­schen, zunächst die wehrlosen Farmer überfallen und nieder­gemacht haben. Aus Windhuk werden der Schäfereidirek­tor Klendgen und die Gebrüder Mäkler als tot gemeldet, aus Gibeon die Farmer Scheidweiler, Bürger, Bock, Unter­offizier Dammköhler und Gefreiter Nagengast. Laut einem Bericht des Farmers Philipp haben ferner die Gochaser Hottentotten die Farmer Wieprecht und Walter, Händler Cohn, Polizist Hitscher und eine Anzahl Buren ermordet. Auch deutschgefinnte Witbois haben angeblich ihr Leben lassen müssen.

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Wer erinnert sich nicht mehr an die schadenfrohe Freude der englischen und französischen Presse, als zu Anfang dieses Jahres das französisch-englische Abkommen zustande kam? Mau bemühte sich in Paris, zu versichern, daß die russische Regierung über die Verhandlungen auf dem Laufenden ge­halten worden sei und sie vollständig gebilligt habe. Die englische Presse ließ durchblicken, daß der Hauptzweck der Verständigung die Lahmlegung Deutschlands gewesen sei. Allgemein drängte sich der Eindruck auf, daß England im Begriff sei, zu einem für das deutsche Reich sehr gefährlichen Streiche auszuholen. Die angestrengten Bemühungen, welche König Eduard gemacht hatte, um schon vorher die Bezieh­ungen Italien und OesterreiÄs zu Deutschland zu lockern, ließen im Verein mit der Verständigung mit Frankreich kaum einen Zweifel obwalten, daß es England auf eine voll­ständige Jsoliruug Deutschlands ankam, um es widerstauds­los zur Annahme seiner Bedingungen zwingen zu können. Was die Lage besonders bedenklich machte, war die eigen­artige Haltung Rußlands. Es erfolgte von der Newa keinerlei Aeußerung, welche den französischen und englischen deutsch­feindlichen Behauptungen widersprach, ja, das Ziel trat immer deutlicher hervor: einen französisch-englisch-russischen Dreibund ins Leben zu rufen. Da kam ganz unerwartet der russisch-japanische Krieg, und seitdem hat sich für Deutsch­land die unerquickliche Lage gänzlich verändert.

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Nach dem Wortlaut der französischeu Regierungs­vorlage betr. die Trennung zwischen Kirche und Staat sis- det eine vollständige Abschaffung sämtlicher öffiziellen Aus­gaben für Kulten statt. Die Abschaffung tritt am 1. Jan. nach Veröffentlichung des Gesetzes in Kraft. Die Vorlage setzt folgende Pensionen aus; für Priester je nach Alter und den Jahren ihrer Tätigkeit. Nach einem Alter von 50 Jahren und 25jähriger Tätigkeit eine Pension von 900 Frcs. für Priester, Generalsekretäre und Dechanten; von 1200 Frcs. für Bischöfe, Erzbischöfe und Groß-Rabbiner. Die Kultusgebäude sollen bis 2 Jschre nach Inkrafttreten des Gesetzes unentgeltlich zur Verfügung stehen. Nach die­ser Zeit werden diese Gebäude den einzelnen Kulten auf 10 Jahre verpachtet. Der Preis der Verpachtung darf ein Zehntel des Einkommens der betreffenden kirchlichen Gemeinde nicht übersteigen. Die Einnahme wird auf Grund strenger Ueberwachuugs-Systeme kontrolliert. Die Zuschüsse für bedeutende Reparaturen au diesen Bauten können von den Gemeinden und Departements gebilligt werden. Pro­zessionen und andere religiöse Kundgebungen dürfen nicht auf öffentlichen Plätzen oder andere« Orten abgehalteu werden. Auch wird es streng untersagt, an öffentlichen Ge- bäuden und Plätzen irgendwelche religiösen Embleme anzu- bringen oder aufznrichten. Wie andererseits noch mitgeteilt wird, bleibt die Frage der französischen diplomatischen Ver­tretung noch offen. Die Strafen der Vergehen während

der Ausführung der Kulten werden verschärft.

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Der zwischen England und Rußland lange bestehende Gegensatz hat vor seinem nahen Ausgleich durch den Krieg eine ungeahnte Verschärfung erfahren und die Möglichkeit einer Vereinbarung, wie man sie auch in Paris und auch in Petersburg ins Auge gefaßt hat, so gut wie beseitigt. Trotz aller Ableugnung Englands besteht in Rußland die feste Uederzeuguug, daß der für das Zarenreich so verhäng- nißvolle Zusammenstoß mit Japan das Werk Englands ist. Anzunehmeu ist sicherlich, daß Japan sich zu dem folgen­schweren Schritt nicht entschlossen hätte, wenn es nicht auf Grund seines Bündnisses mit England und infolge der ganzen Haltung des englischen Kabinetts sich der Ueberzeugung hin- gegeben hätte, daß es auf die Unterstützung Englands mit Sicherheit rechnen könnte. Wenn auch in England nicht

die Absicht bestand, es zu einem so großen Kriege wie dem jetzigen kommen zu lassen, so muß man doch anaehmen, daß in London die Lage in Ostaflen ebenso falsch wie seinerzeit die in Südafrika beurteilt worden ist. Man wird geglaubt haben, daß die russischen Küstenplätze in der Mandschurei rasch dem Angriff der Japaner erliegen würden, und daß dann sich für England eiue passende Gelegenheit bieten dürfte, zwischen beiden Teilen zu vermitteln. Man hätte dann in England den Russen eine gründliche Lektion erteilt, ihre Festsetzung in der Mandschurei zunichte gemacht und gleichzeitig verhindert, daß die Japaner zu mächtig wurden. Der Verlauf des Krieges hat dieses Erwarten zuschanden gemacht. In London ist dann angesichts der unerwarteten Schwäche Rußlands der Wunsch aufgetancht, die Gelegen­heit gründlicher, als zuerst geplant, auszunützen. So hat man sich den Besitz Tibets gesichert und ist im Begriff, den alten Einfluß auf Persien und dessen Nachbarschaft wieder­herzustellen. Schwerlich aber hat man es bis zu einer solchen Demütigung Rußlands treiben wolle», welche eine Annäher­ung Leider Mächte aus Jahrzehnte hinaus unmöglich machen muß. Der Zufall hat jedoch England dazu genötigt; die maßlose Entrüstung, welche die Beschießung einer harmlosen Fischerflotte durch das russische Geschwader in^rr Nordsee im englischen Volke hervorgerufen, hat die eugusche Regier­ung genötigt. Rußland in einer Weise entgegeuzutreten, welche dessen Stellung in der Welt arg blosstellen mußte. Es hat damit nicht allein Rußland empfindlich verletzt, sondern es hat auch das verbündete Frankreich in eise höchst peinliche Lage versetzt. Die überkluge französische Diplomatie sah sich plötzlich vor die Notwendigkeit gestellt, Flotte, Handel und Kolonien aufs Spiel zu setzen oder die Sicherheit der un­geheuren Summen zu gefährden, welche die französtschen Sparer in Rußland angelegt haben. Der Konflikt ist für den Augenblick beigelrgt, aber die Behandlung, welche Ruß­land erfahren hat, und die Bedingungen, welche ihm Eng­land abgenötigt hat, werden einen schmerzenden Stachel in der Brust jedes Russen zurücklassen. So steht sich Rußland nun genötigt, wieder Anhalt bei Deutschland, dem alten Verbündeten zu suchen, den es einst ohne zwingende Not­wendigkeit beiseite gestoßen hat. Deutschland aber ist in der glücklichen Lage, ohne Besorgnis der nächsten Zukunft ent­gegensetzen.

LcmdesnachrichLen.

* Kktessteig, 2. Nov. Auf einen schönen, genußreichen Abend kann die hiesige Musenmszesellschaft zurückblicken. Gestern abend fand ein Konzert mit ausgewähltem Programm statt, an dem abwechslungsweise Klaviersorlräge, Solis und Duette vorgetragen wurden. Für den Abend war Frl. Helene Kauöler, Konzertsängerin und Pianistin aus Reutlingen ge­wonnen, welche allein und in Gemeinschaft mit Frau Ober­förster Nördlinger von Pfalzzrafenweiler gute Glanzleistungen bot, und unter den zahlreichen Zuhörern ungeteilten Bei­fall fand. Der Vorstand des Museums Herr Kameralver- walter Köhler überreichte Fräulein Kausler ein prächtiges Bukett »nd dankte am Schlüsse den Mitwirkeaden herzlich für das Gebotene, dabei die Hoffnung aussprechend, daß hier im Hinteren Wald noch mehr derartige Genüsse folgen möchten. Mit Begeisterung wurde diesem Wunsche von allen Anwesenden zugesttmmt.

* ßakw, 1. Nov. In einem unbewachten Augenblick machte sich ein 2 Jahre alter Knabe hier an einem ge­heizten Ofen zu schaffen, wobei die Kleider desselben in Flammen gerieten. Trotz sofortiger Hilfe erlitt das Kind so schwere Brandwunden, daß es nun gestorben ist.

* Kork, 1 Nov. In dem nahen Pfarrdorfe Betra (Hohenzollern) tummelten sich heute Mittag mehrere Buben auf Langholzstämmen. Sie kamen dabei auf den unglück­lichen Einfall, einen Stamm ins Rollen zu bringe«, was ihnen auch gelang. Ein stebeajähriger Knabe geriet dabei unter den Holzstamm und wurde tot vom Platze getragen.

* KSuzeksan, 31. Okr.Liebe macht erfinderisch" hört mau oft sagen. Wenn nun auch dabei gewöhnlich an eine andere als die Nächstenliebe gedacht ist, so ist diese letztere doch auch nicht ausgeschlossen. Dies zeigt das Vorgehen einiger hiesiger Damen, die, um den Abgebrannten Binsdorfs Gaben znznwenden, eiue Sammlung und Versteigerung von allerlei entbehrlichem Haus- und Küchengeräte rc. veran­stalteten. Der Erfolg war überraschend, er überstieg die Er­wartungen. Es wurde nicht nur reichlich beigesteuert, sondern es ergab auch die Versteigerung eine hübsche Summe. Er­gab doch schon die Ausstellung der ersammelten Gegenstände bei einem Eintrittsgeld von 10 Pfennig pro Person 30 Mk. Der Dank der Binsdorfer Abgebrannten mag die Unter­nehmerinnen für ihre aufgeweudete Mühe wie auch die Spenden belohnen.