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Erscheint Dienstag konnerst., Damstag!

und Sonntag mit der wöch. Beilage! »Der SonntagS- Gast-.

Bestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk u. Nachbarortsverkehr VA. 1.15, außerhalb Dik. 1L5.

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Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 6 Pfg., auswärts je 6 Pfg. die ein­spaltige Zeile oder deren Raum.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

Mau abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.

Donnerstag, 27. Oktober.

Bekanntmachungen Mer Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

Lange Winterabende

werden von denen als eine Last empfunden, die cs versäumt haben, sich auf den Winter mit gutem Lesestoff z» versehen. Allen diesen ist auch jetzt noch Gelegenheit gegeben, in der Zeitung ,,A«H den Tannen" sich einen unterhaltenden Gesellschafter und treueu Gefährten zu verschaffen. Auch für die Monate

November «nd Dezember

werden Bestellungen angenommen und wende man sich an die Poftanstalten, Postboten und Agenten.

Amtliches.

Die H er b st-K o n t r ol l v er s amml u n g e n im Oberamtsbezirk Freud enstadt finden statt: Koutrollbe- bezirk Dornstetten, Mittwoch 9. November, vormittags 9 Uhr, am Rathause zu Dorustetten; in Pfalzgrafen­weiler, Mittwoch den o. November, nachmittags 3 Uhr, am Rathaufe zu Pfalzgrafevwnl-r; in Besenfeld, Don­nerstag den 10 November, vvrmittcgs 9^ Uhr, vor dem Gasthans zum Lamm zu Bescufeld; iu Obertal, Freitag den 11. November, vormittags 9 Uhr, vor dem Gasthaus zum Adler in Obertal; iu Baiersdronn, Freitag den 11. November, nachmittags 3Uhr, am Rathausezu BaierI- bronn; in Freudenstad!, Samstag den 12. November, vormittags 8 Uhr, in der Turnhalle zu Freudevstadt; in Loßburg, Samstag den 12 November, nachmittags 3 Uhr, am Rathause zu Loßburg.

wirvtteirrbersisehes L«rn-t«s.

Kammerder Abgeordneten.

* Stuttgart, 25. Okt. Die Kammer der Abgeordneten beriet heute von 101'/«, Uhr nochmals über dos Gesetz betr. den Waff,»gebrauch der Landjäger rc. Das Gesetz, das die Stände seit 6 Jahren wiederholt beschäftigte, ist ge­scheitert. Ter Landtag wurde durch den Ministerpräsi­denten von Breitling geschlossen. Der neue Landtag wird, wie der Miuisterprästdeut cwküudigte, ende nächster Woche, wahrscheinlich am Donnerstag, durch den König in Person eröffnet werde»

Die Beschießung der englische« Aischerflotte dnrch das baltische Geschwader.

* London, 24. Okt. Der aufsehenerregende Angriff des ! russischen baltischen Geschwaders auf die harmlose englische? Fischerflotte von Hüll hat iu ganz England größte Erreg- " ung hervorgcrufen. Die Hauptzeugen des Vorfalles mit de» Fischerbooten sind bereits iu London eivgetrvffen. Die Leute waren alle noch außer sich vor Erregung wegen des ausgestandenen Schreckens, nomcntlicb der junge Sohu des Kapitäns Smith von dem SchiffCrane", der sah, wie seinem Vater durch ein Geschoß der Kopf abgerissen wurde.

* London, 25. Okt.Preß Associated" meldet über den Angriff: Die in Hüll einlanfeuden Fischerdampfer waren sämtlich stark beschädigt. Der DampferMoulmain" trug die Flagge halbmast. Das Gerücht vom Angriff der russi­schen Schiffe verbreitete sich in der Stadt Hüll wie eia Lauffeuer. Die Flotte fischte 220 Meilen nordöstlich von Gramccok und Greatnorson während eines Sturmes, als Samstag nacht gegen 1 Uhr bei trübem Wetter die Umrisse großer Schiffe auftauchten. Diese schienen Kriegsschiffe zu sein und ließen die Scheinwerfer auf die Fstcherfloltille richten. Dann kamen kleine Boote, Torpedoboote, näher, als ob sie Mannschaften an Bord der Fischcrflotte setzen wollten. Dann machten sie aber plötzlich Kehrt. Der Fisch- dampferMino" ist von vorn bis hinten vollständig durch­löchert. Ein Dampfer signalisierte, daß er in Not sei. Es war der DampferCrane", der im Sinken war. Der Maschinist war schwer verwundet. Einem Matrosen wurden die Hände abgeschossen. Die Leichen und Verwundeten wurden an Bord anderer Schiffe gebracht. Die Schwer­verwundert» fanden im Lazarett der Fischerflottille Aufnahme. Die Docks in Hüll mußten wegen deö Andranges der Volks­menge geschloffen werden. Die Namen der russischen Sckiffe find noch nicht festgkstcllt. In Hüll ist die Entrüstung über den Vorfall eine allgemeine. Die Bevölkerung hofft, daß die russische Flotte aufgehalten werde, um eine Aufklärung des Vorfalls zu geben.

* Ueber die Beschießung der Fischerflotte von Hüll giebt Kapitän Peaker, einer der Fischerflotte, folgende Schilderung drs Vorgangs: Die Nacht war sehr neblig und der leitende Kapitän der Fischerflotte ließ deshalb, wie üblich, Leuchtraketen zur Orientierung der Flottille

auffteigen. Plötzlich tauchten die Lichter von vielen großen und kleine« Schiffen auf, die mächtige Scheinwerfer auf die Fffcher-Flottiüe richteten. Daun »öffneten einige der Schiffe ohne weiteres das Feuer ans die Fischerboote, die ihnen so nahe Ware», daß man von den Kriegsschiffen aus die Räumung der Netze beobachten konnte. Die Fischer glaubten eist, es seien blinde Schüsse uud waren sehr be­stürzt, als sie entdeckten, daß sie scharf beschossen wurden. Die gut gezielten Schüsse verwundeten eine Anzahl Leute, töteten mehrere uud brachten einige Schleppdampfer zum Sinken. Unter der Fischerflottille e tstand eine Panik. Die Boote nahmen so schnell wie möglich die Netze auf und segelten davon. Kapitän Peaker sagt, cs sei eine halbe Stunde lang gefeuert worden und zwar aus Schnellfeuer­geschützen. Einige Geschosse blieben in den Booten stecken; sie sind ungefähr 20 Ceuümeter lang und nicht explosiv. Die Kriegsschiffe hörten dann auf zu feuern und segelten mit großer Geschwindigkeit den Kanal hinunter. Von dem Schlepper Crane hörte man das Stöhnen Verwundeter. Der Kapitän des Schleppers Gull sandte deshalb ein Boot zu dem Crane, auf dessen Verdeck sechs Verwundete, der kopflose Rumpf des Kapitäns, sowie der Leichnam eines Maats lagen, dem das Gesicht weggerissen war. Ein Matrose des Crane wird vermißt. Die Toten und Ver­wundeten wurden von dem Boote au Bmd genommen. Bald darauf sank der Crane. Andere Schlepper wurden schwer beschädigt; sie erhielten so große Schußlöcher, daß die Mannschaft diese verstopfen mußte, um das Sinken der Schlepper zu verhindern. Kapitän Peaker sagt, als er die Flottille verließ, seien drei Schlepper vermißt worden. Achtzehn Fischer sollen ertrunken sein. Man kann nun gespannt sein, welche Genugtuung für das fatale Miß­verständnis England verlangen wird.

* Die^britische Regierung nimmt sich der Angelegenheit mit aller Energie au. Kurz "nachdem die Hüller Rechts­anwälte im Auswärtigen Amte, auf der Admiralität und im Ministerium Mitteilungen über das Beschießen der Fischer­boote durch die russische Flotte gemacht hatten, erhielten sie die Aufforderung dieser Refforts, die Hauptaugenzeugen zur persönlicher! Vernehmung nach London zu senden. Die Kapitäne zweier Fischerboote sowie einige andere Personen, darunter ei-! Fischer vomCrane," sind bereits hier ein­getroffen.

* DieTimes" kommentiert die Sache ruhig und mit großer Mäßigung. Andere Blätter, namentlich die liberalen, verlangen volle Genugtuung. Ueber den Grund des An­griffs lst mau hier völlig im Unklaren. Es ist möglich, daß die Russen Spione vermuteten, wie sie von Dänemark aus gemeldet wurden. Andererseits erklärt man sich den Vor­fall mit der großen Nervosität, welche die Russen gegenüber eventuelle» japanischen Anschlägen an den Tag legen.

* Aus Knll wird telegraphiert: Die Aufregung und die herzzerreißenden Szenen gestern, als ein Fischerboot nach dem andern zerschossen und mit Verwundeten an Bord in Hüll cintraf, waren unbeschreiblich. Ungeheure Menschen­mengen hatten sich auf den Quais versammelt, darunter die wehklagenden Angehörigen der Fischerleut?. Die Schwer- verwundeten, ungefähr 18 au der Zahl, wurden in Trag­bahren a» Land geschafft und ins Hojpital gebracht. Vielen von ihuen wurden von den russischen Granaten Gliedmaßen weggeriffen, so daß man an ihrem Aufkommen zweifelt. Die Leichen des Kapitäns Smith und des Matrosen, denen bei­den der Kopf abgerissen wurde, sowie 9 verwundete See­leute wurden iu Miuoe an Land geschafft. DerMoul- mein" kam mit vielen Löchern im Rumpf an. DerWreo" fehlt. Mau glaubt, er sei mit alle» Mannschaften an Bord iu den Grund gebohrt worden. Die Menge auf den Quais geriet in rasende Wut uud wilde Ruf; nach Rache wurden laut. Der Bürgermeister von Hüll telegraphierte an den Miuisterpräsidenten Balfour, es herrsche die größte Er­regung wegen des unerhörten Angriffs der russischen Kriegsschiffe auf die Haller Fischeiflotte; er appelliere an die Regierung um schnelle und stärkste Maßregeln behufs Erlangung voller Genugtuung und völliger Sicherheit vor weitere» russischen Gewaltmaßregeln.

ff Kuss, 25. Okt. Heute fand die Leichenschau der ge­töteten Fischer statt. Die russische Botschaft war entgegen der allgemeinen Erwartung dabei nicht vertreten. Das Be­gräbnis ist auf Donnerstag nachmittag angesetzt.

* Zfaris, 24. Okt. Die Nachricht, daß das russische Kriegsgeschwader auf der Höhe von Hüll eine englische Fischerflottille bombardierte, macht hier einen ungemein pein­lichen Eindruck, wenn man auch auuimmt, daß lediglich ein Mißgriff vorliegt, den Rußland schleunigst wieder gut machen Wird. Wie verlautet, geriet auch ein französisches Boot in de» Bereich der russischen Kanonen. Es soll mit Mühe

nach Cherbourg entkommen sei». In Cherbourg wird die russische Flotte sich morgen verproviantieren. Man erblickt darin hier kein; Verletzung der Neutralität, da der Aufent­halt der Schiffe 25 Stunden nicht übersteigen wird.

ff London, 25. Okt. Die englische Admiralität machte heute abeud bekannt, daß sie nach dem Empfang der Nach­richt von dem Unglück in der Nordsee am 24. Oktober vor­läufig Befehl zur gegenseitigen Unterstützung uud gegen­seitigem Zusammenwirken als Vorsichtsmaßregel gegeben habe an das Kanal- uud Mittelmeergeschwader sowie au die Flotte in den heimischen Gewässern.

ff London, 25. Okt. Das Reuter'sche Bureau erfährt, die englische Regierung habe iu der nach Petersburg gesandten Note gewisse bestimm e Forderungen ausgestellt, darunter in erster Linie die Forderung einer gebührenden Entschuldigung für die Gewalttat und volle Entschädigung für die Opfer der unberechtigten Handlungsweise der russischen Flotte, weiter wird auf unverzügliche Einsetzung einer Untersuchung gedrängt und zwar unter Bedingungen, welche gewährleisten, daß den Ergebnissen der Untersuchung geeignete Schritte Nachfolgen.

Tagespolitik.

Ueber den Abschluß des Handelsvertrags mit Oester­reich-Ungarn ist in den letzten Wochen auf diplomatischem Wege lebhaft verhandelt wordeu und man geht wohl kaum fehl, wenn man annimmt, daß dabei nicht ausschließlich wirtschaftliche und handelspolitische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Die Angelegenheit wird mit besonderem Nachdruck betrieben, seitdem am 18. August Kaiser Wilhelm in Wil­helmshöhe zu Ehren des Geburtstags Kaiser Franz Josefs das übliche Festmahl gegeben und dabei den österreichisch- ungarischen Botschafter in Berlin Baron von Szözyeui als Gast begrüßt und seinem Wunsche, die Handelsoertrags- oerhaudlungen möglichst bald beendet zu sehen, einen recht offenen Ausdruck gegeben hat. Es scheint, daß die diplo­matischen Verhandlungen jetzt die Aussicht auf eine Ver­ständigung über die hauptsächlichsten Differenzpunkte uahe- gerückt haben, sodaß mau in maßgebenden Kreisen neuer­dings wieder damit rechnet, sämtliche Verträge beim Zu­sammentritt des Reichstages vorlegen zu können.

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Mit der lippeschen Frage - hat sich, wie das Berl. Tagebl. erfährt, der Bundesrat in seiner SamstagSsttzung nicht weniger als drei Stunden lang beschäftigt. In den Erörterungen soll namentlich bei den Vertretern der Kleinstaaten lebhafter Widerspruch gegen das Kaiser­telegramm laut geworden sein. Es kam verschiedentlich die Befürchtung zum Ausdruck, eine ähnliche Behandlung wie Lippe könnten gegebenenfalls auch andere kleine Bundesstaaten zu gewärtigen haben. Man kann schon jetzt mit voller Be­stimmtheit annehmen, daß die Regentschaft des Grafen Leo­pold von der weitüberwiegenden Mehrheit des Bundesrats als zu Recht bestehend anerkannt werden wird. Es wird sogar behauptet, daß nicht einmal die Preußischen Stimmen gegen eine solche Auffassung würden abgegeben werden. Dagegen scheint über die weitere Behandlung der eigent­lichen Thronsolgefrage in Bundesratskreisen noch keine Ver­ständigung erfolgt zu sei». Im Gegenteil gehen in dieser Beziehung die Ansichten seiner Mitglieder sehr erheblich aus­einander.

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Präsident Rsosevelt hat vor einiger Zeit einen neuen Friedenskongreß angeregt. Sein Staatssekretär Hah hat auf der Friedenskonferenz in Boston für den Weltfrieden gesprochen. Er hat auch gleich das Mittel zur Erreichung dieses edlen Zweckes angegeben : wie die Vereinigten Staaten ein Heer von nur 60 000 Mann hätten, so daß auf je 1000 Einwohner noch nicht einmal ein Soldat komme, so sollten auch die europäischen Großmächte ihre Armeen ent­sprechend verringern, dann würden die Kriege mit einem Male aus der Welt geschafft werden. Der Vorschlag klingt so einfach und plausibel, wie die berühmte Geschichte mit dem Ei des Kolumbus. Leider ist diesmal das Ei faul. Denn was Herr Hay sagt, widerspricht erstens den Tat­sachen der Geschichte Nordamerikas, zweitens den Tatsachen der Geschichte Europas, und endlich der Tatsache der gegen­wärtigen Kriegsrüftungen der Vereinigten Staaten. Um das Jahr -1860 hatten die Vereinigten Staaten eine Friedens­armee, die noch viel geringer war. als ihre gegenwärtige. Das hinderte die Nordstaaten und die Südstaaten aber nicht, einen wütenden Krieg gegen einander zu führen, in dem Plötzlich hunderttausende von Soldaten aus der Erde emporschossen und der viel mehr Opfer an Menschen nnd Geld forderte, als Preußen-Deutschland in den drei Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 verbrauchte. Zu gleicher