Jerrriprrchrr Ar. LI.
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Dienstag, 25. Oktober.
Amtliches.
lieber tragen wurde dem Schullehrer Holderlc in Unter - reichenbach eine neuerrichtete Schulstelle in Wangen, Bezirks Cannstatt.
Tagespolitik
Im Reichstage soll in diesem Jahre wieder, wie es, mit Ausnahme des vergangenen, gewöhnlich geschehen ist, der Reichshaushallsetat noch vor der WeihnaÄtspause m erster Lesung erledigt worde-i. Wegen der militärischen Forderungen, die in dem bevorstehende» Sesswusabschmtt an den Reichstag gelangen, haben zwischen Reichsschatzamt und bundesstaatlichen Regierungen die erforderlichen Besprechungen staltgefunden, so daß die Etatsaufstellung im Bundesrat nicht mehr auf Schwierigkeiten stoßen wird. Im Reichstage werden die Etatsdedattea dafür allerdings einen um so breiteren Raum einnehmen; find sie aber einmal begonnen worden, werden sie vor Weihnachten auch noch in erster Lesung zum Abschluß gebracht werden, so daß mit dem Beginn des neuen Jahres die Budgetkommissü n ihre Arbeiten aufuehmen kann.
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Ueber die Gefahren der Zentrumsherrschast wird der „Frkf. Ktg." folgendes Situationsbiid aus den süddemschen Staaten gegeben: Die Gefahr der Hegemonie des Zentrums tritt seit mehreren Jahren in fast allen deutschen Einzelstaaten in die Erscheinung. Sie ist aber zur Zeit in Süddeutschland im Stetsten begriffen. In Bayern ist das Zentrum im Begriff, sich durch den Wahlpaki mit der nicht weitsichtigen Sozialdemokratie in der Parlamentarischen Herrschaft so kompakt festzusetzen, wie es ihm in Belgien gelungen ist. Ein neuer Wahlsieg liefert die Regierung dem Zentrum aus. und mau wird vom konstitutionellen Standpunkt aus nichts dagegen einweuden können, wmn nach Erlangung der Mehrheit im Landtag das Zentrum auch die Regierung beansprucht. — Ja Badeu kokettiert die Regierung schon längere Zeit tu kaum verhüllter Weise mit dem Zentrum, das ihr zu Willen sein wird, sobald es von der Regierung die bereits zugrsag'.en Klöster erhält und weiteren Einstuß erhoffen darf. — In Süddeutschland ist das Zentrum zur Hüterin der Reaktion geworden und erstrebt Lurch das Mittel reaktionärer Politik die Hegemonie über die Regierungen. Das ist das Fazit der Entwicklung der letzten zehn Jahre, und das erfährt mau eben jetzt in Württemberg zum Schaden des Landet-. Man erfuhr in den letzten Tagen aus sichersten Anzeichen, daß in der Tat das Zentrum die Führung gegen die Ver- fasfungsreform übernehmen und diese unter Abstreifung aller Feigenblätter, und Zentrumsprogramme in Verbindung mit der ersten Adelskammcr grundsätzlich bekämpfen will, obwohl es in seinem eigenen Wahlprvaramm die BerfassuNgsrevision verlangt. Es ist das die dreisteste Programmverleuguung, die in der politischen Geschichte Württembergs bekannt ist. Diesem Herrschgelüste des Zentrums gegenüber tritt an die rechtsstehenden Parteien die Pflicht heran, mehr wie je auf der Hut zu sein.
Die deutsch-russischen Beziehungen bessern sich. Mit der Ernennung des Flüge.adjutauteu unsers Kaisers Majors Frhr. v. d. Wenge Grafen v. Lambsdorff, Militärattaches der deutschen Botschaft in Petersburg, der dem Zaren attachie-t und dessen Hauptquartier zugeteilt worden ist, wird, wie die „Voss. Ztg." ausführt, ein Verhältnis wieder ausgenommen, das in den Togen des Zaren Alexander I. und Nikolaus l. geschaffen und erst unter Alexander III., dem großen Hasser Deutschlands, beseitigt worden ist. Der russische Militärattachee in Berlin war dem unmittelbaren Dienst beim Könige von Preußen zugeteilt, befand sich dau.rnd in desseu nächster Umgebung und wurde beinahe wie ei» preußischer Offizier betrachtet und behandelt. Ganz in demselben bevorzugten Vertrauensverhältnis stand der Preußische Militärattachee in Petersburg zu dem Kaiser von Rußland. Wenn jetzt nach tangjähriger Unterbrechung wieder zu dieser Einrichtung zurückgegnffen wird, die russische Parallelen, erinung dürfte gleichzeitig erfolgt sein und demnächst bekannt gegeben werden, so darf das als ein Symptom der Wicdcrerwärmung der seit den Tagen Alexander III stark erkalteten Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland angesehen werden.
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Der Parlamentarismus in Oesterreich ist auf einen bedauernswürdigen Tiefstand gesunken. Die Szenen, welche sich gelegentlich der Debatte über das von der Regierung ttlasstne Verbot eines Fackelzuges am Geburtstage des Wiener Bürgermeisters Dr. Lueger im uiederösterreichischen Landtage zutrugen, haben aber doch allem bisher dage- wescneu die Krone aufgesetzt. Die Gegner begnügten sich
nicht mehr, ihrem gegenseitigen HH durch die aller« iedrigsten Schimpfworts Ausdruck zu geben, sondern bedrohten sich sogar mit RkvolveratteutaLen. Es ging so schlimm zu, daß die Sitzung auf längere Zeit unterbrochen uud der Disziplinarausschuß zur Verhängung der Strafe« gegen die beiden Hauptüde'täter zusarrrmeutreten mußte. Schließlich wurde jedoch der Regierung das Mißfallen des Hauses darüber ausgesprochen, daß sie cs gewagt hatte, den zu Ehren Luegers geplanten Fackelzug zu verbieten. Am 17. Nov. tritt der Reichstag zusammen. Was soll man nach diesem Vorkommnis von seinen Beratungen erwarten!
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Daß sich Siege nicht befehlen, und der Frieden nicht durch schöne Worte erhalten läßt, das muß der stolze Zar jetzt erfahren, der einzige Seldstbrherrscher im christliche» Europa und einer der gewaltigsten Fürsten der Welt. Ein schwächlicher, kränkelnder Manu, mit ausgesprochener Neigung-zum Lrnbsiu«, dabei ftocksrthodox und stark mystisch veranlagt, wollte er den Friedenstraum der Völker zur Wirklichkeit Rachen — und gerade ihm legte cs das Schicksal auf, einen der grauenvollsten, scheußlichsten und blutigsten Kriege zu führen, den die Weltgeschichte kennt! Selbst wenn man zugibt, daß seine phantastischen und rein theoretische» Fnedensbestrebungs-r zum guten Teile auf der Voraussetzung beruht haben, daß die anderen Staaten Frieden halten solle», während Rußland tut, was es will — selbst dann ist das G>schick, das ihm zuteil wurde, noch tragisch genug. Scim-m Volke entstamm: der weltberühmte Maler Wereschtschagin, der die ergreifendsten und vernich- tendften Anklagen gegen den Krieg malte, der Gelehrte, der das tiefste nnd gründlichste Werk über den Weltfrieden schrieb, das dem Zaren, dem „obersten Kriegsherrn" wie ein Evangelium erschien — uad er, gerade er muß »ne grauenhafte Parole ausgebe», daß das Morden kein Ende nehmen dürfe, so lange auch nur ein russischer Soldat noch die Waffe zu führen vermöge. Uad er befiehlt seinem Feld- Herrn, endlich einen Sieg zu melden' Auf dieses Machtwort zerfleischen sich HunLerttauseude und Unzählige kämpfen den letzten Kampf. 12 Tage währte das eatsetzliche Ringe» und Morde» ; es war entsetzlich, aber keiner der Gegner errang einen vollständigen Sieg. Wie lange der Krieg noch währen wird? Niemand kann es Voraussagen. Beide Gegner lehnen eine Vermittelung, einen Friedensschluß ohne Entscheidung ab. Rußland wird sich voraussichtlich in der nächsten Zeit noch mehr als bisher auf die Defensive beschränken, wodurch der Krieg unendlich in die Länge gezogen werden- kann. Die Geschichte lehrt, daß Niederlagen diesen halbbarbarischcu Staat, oei dem Menschenleben geringer im Werte stehen als anderswo, «och niemals zum Nachgeben gezwungen Hain«. Außerdem kämpft man auf neutralem Boden, dessen Auss. -rgung keinem der beiden Parteien Schmerzen verursacht. Es könnte sich sogar ereignen, daß dieser Krieg durch lange Pausen ohne größere Aktion infolge der Erschöpfung der Kriegführenden unterbrochen wird. . Unter diesen Umständen würde eine mehrjährige Dauer des Krieges durchaus nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegen. De.bei wird die politische und wirtschaftliche Lage im Zarenreiche immer trostloser. Ein Winter steht ihm bevor, wie ihn die Geschichte Wohl noch nicht veizeichuct hat. In Petersburg wird die Zahl der mntel- unc arbeitslosen erwachsenen Männer aus 30 000 geschätzt; in den polnische» Industrie, ezirken sind über 60000 Arbeiter ohne Verdienst, ebenso schlimm steht es in den südöstliche» Fabrikftädten, auch in Moskau, Wladimir v. s. w., wo im Lauf- der letzten Monate gcgcu 80,000 Arbeiter ihre Brotstelleu verloren. Die Bauern in ganz Südrußla-W sind in Verzweiflung darüber, daß ihr Getreide fast unverkäuflich ist. da die Eismbahueu gegen 3000 Lokomotiven und 1500 Wagen für die Truppentransporte ab- gebe<! mußten. Auch im Staatsschatz steht es trotz der amtlichen Schönfärberei sehr traurig aus. Die Regierung hat daher den Beschluß gefaßt, einen Teil des K.rchenvrr- mögevs, vor allem die Gold- uud Silbergcräte, für die Kriegslasten zu verwenden. — Sv sieht es in dem wirklichen Rußland aus, nicht in dem durch offizielle Re-
Auch da kleine Japan leidet aber hier bietet die Notlage jauspiel; ein armes Volk, daS iolkshecr, in dem der Aermste
gierungsberichte geschilderten, furchtbar unter dem Kriege, ein geradezu patriotisches Sd willig das Letzte hergibt, ein freudig sein Leben für das Vaterland opfert, Offiziere, die
mit dem gemeinen Mann gebung wetteifern.
an Bedürfnislosigkeit und Hin-
Bskarmtmachlmgen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Bei- i träge werden dankbar angenommen.
1904
' LandesnachrichLsn.
* Mensteig, 24. Okt. Die vsm hiesigen Geflügelzucht- Verein gestern Sonntag im Saale des Gasthauses zum
„Schiff" veranstaltete Ausstellung vor, Geflügel und Kaninchen erfreute sich eines zahlreichen Besuchs. Die Arrangierung der Ausstellung war eine gelungene uad die Zahl der ausgestellten Tiere, meistens Prachtexemplare, lieferte den Beweis, daß der Verein seine Aufgabe in Beziehung auf gute Pflege seiner Schutzbefohlenen voll und ganz erfüllt. — Bei dieser Gelegenheit sei darauf hinge- wiesen, daß der preußische LandwirtschaftSministrr wegen der von Jahr zu Jahr sich steigernde» Geflügeleisfuhr in einem besonderen Erlaß empfiehlt, der Geflügelzucht erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Es sei zu erwarten, daß bei Benutzung der Erfahrunge» anderer Länder auch bei Deutschland eine rationellere Wirtschaftsweise und eine gesteigerte Produktion erzielt werden kön«e. Es ist nur zu Würstchen, daß eine stärkere Geflügelzucht stattfisdet, um die Millionen Mark, die jetzt ins Ausland gehen, dem deutschen Nationalvermögen zu erhalten.
* Akteusteig, 23. Okt. Und scheint die Sonne noch so schö^, am Esde muß sie »Ergehen; das ist die Stimmung, mit der wir jeden der immer seltener werdenden schönen Herbsttage begrüßen und genießen. Und sie find nun ganz gewiß gezählt die schönen Tage, denn der November steht unmittelbar vor der Tür. Er aber leitet bau« gemach zu der fröhlichen Weihnachtsstimmung hinüber, vos der sich wenigster-s die Kinderwelt so gern und je früher um so lieber erfüllen läßt. Uud dann soll man beim Abschied der Blätter und Blumen doch auch das Tine nicht vergessen, daß auch derSpäthsrbst seine Reize hat, die in ihrer Eigenart köstlich find. Auf den Feldern ringsumher herrscht jetzt verhältnismäßige Stille, um so reger wird das Leben mm in der Politik. Der Landtag ist wieder zusa««en- geircten, und auch der deutsche Reichstag wird bald wieder zu ernster Arbeit versammelt sein. Ernst liegen die Dinge in Südwestafrika. Soweit es die ungünstigen Lsndungs- verhältuifse in Swakopmund nur irgend gestatten, muß die schleunigste Beförderung ausreichender Streitkräfte bewirkt werden und je länger sich dieser Kolonialkrieg ausdehnt, um so schwacher ist sein Eindruck auf die »«zuverlässigen Eingeborenen und um so teurer wird er auch. Unsere süd- westafrikamsche Kolonie ist nicht viel wert; aber das Ansehen des Reiches erfordert es, daß wir den Aufstand daselbst so schnell wie möglich niederzwmgen. Auf dem ost- astatischen Kriegsschauplatz stehe» nach der kurzen Ruhepause uuu vielleiryt entscheidende Aktionen bevor. Vom Standpunkt der Mevschlichkeit kann mau nur wünschen, daß dem furchtbaren Blutvergießen in der nördlichen Mandschurei nun endlich einmal Einhalt getan würde.
js Alleusteig, 24. Okt. Am Samstag hatte Bierbranerei- besitzer Karl Luz zur „Linde" das seltene Glück, --me über 6 Pfd. schwere Bachforelle zu fangen.
-u. Kalkerkach, 24. Oktbr. Die auf gestern nachmittag ins Gasthaus zum Lamm hier «nberaumte Vollversammlung des landwirtschaftlichen Vereins war sehr stark besucht, was den Vorsitzenden Obcrrmtmanr! Ritter bewog, seiner Freude Au- druck zu gehen Über das lebhafte Interesse an dm Bestreb«ngcn des Vereins. Der Ha-Ptgegei st md der Besprechung war ein Bortrag von Landwirtschaftsinspektor Dr. Wacker, der einen eingehenden Bericht erstattete über de» im letzte» Sommer in Eisenach von seiten der Deutschen Landwinschsftsgcsellschasi abgehalieuen Lehrkurs. Bei diesem KurS wurden von hervorragenden Lrndwirtschastslehrern Vorträge gehalim ans allen Gebieten der Laudwirlfchaft, so von Hofrat Dr. Wagner aus Darmstadt über Düngerlehre, Behandlung des Stallmistes und über Int t c rk rä u t e r. Dr. Wecker teilte aus diesen Vorträgen den Anwesender, manche-! Belehrende mit. Interessant waren auch die Ausführungen des Redners über Gründüngung, über Kalkdüngung, über de--. Weidgang und Anlage vor- Dauer wiesen, über den O ö st ' a r- uud die richtige Fruchtfolge auf den Feldern. — Bei der am Schluß folgender' Wahl wurden der Vorstand Obrramtmmrn Ritter.und V'rzevorstand Link von Tröllenshof durch Akklamation wieder gewühlt. In geheimer Wahl wurden zu Ausschußmitgliederu bestimmt: Stadtschulcheiß Krauß von Haitervach/Hirschwirt Klein von Nagold, Löwenwirt Gutekunst von Nagold, Ober- amtStierarzt Metzger von Nagold, Oberamte anmwart Bi hl er von Waldoorf, Ökonom Bühl er von Gült- linge», Schultheiß Schumacher von Oberschwandorf, Tierarzt Buhler von Altensteig, Mühlcbefitzer Silber von Altensteig, Geometer Gärtner von Wildberg «nd Schultheiß Rapp von Ueberbcrg.
* Tübingen, 21. Okt. Der Werkmeister uud Bauunternehmer Krauß in Calw, der seinerzeit mit der schou betagten Ehefrau des Privatiers Bozenhcudt von da floh, befindet sich jetzt hier im landgerichtlichett Untersuchungs-