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Nr. 157.

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Dienstag, Li. KKLober

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

Sittlichkeit.

(Nachdruck verboten.)

Die Beratungen und Beschlüsse der in Köln abge­haltenen Konferenz der deutschen Sittlichkeitsvereiue find ein Zeichen der Zeit, ihre Notwendigkeit bietet zu ernsten Sorgen Veranlassung. Wo im Leben der Völker der Augen­blick eintritt, da auf sexuellem Gebiete das Natürliche in das Widernatürliche verkehrt wird, da geht es unaufhaltsam abwärts. Das hat uns, um hier nur das eine, aber unbe­dingt beweiskräftige historische Beispiel anzuführen, das Volk der Griechen gezeigt. Nun ist ja Gottlob das deutsche Volk in seiner erdrückenden Mehrheit vor geschlechtliche« Verirr­ungen bisher gewahrt geblieben und es besteht auch keine Gefahr, daß das Volk als solches in absehbarer Zeit von dem natürlichen Wege abweicheu sollte. Immerhin gibt die in manchen Großstädten und da wieder namentlich in den Kreisen der oberen Zehntausend auftreteade Bewegung zu denken. Man glaubt dort ein gutes Recht aus die Ver­kehrung der Natur zu haben, ruft Wissenschaft und Menschlich­keit für seine Zwecke an und fordert, die Bestimmung des Strafgesetzbuchs, die auf die widernatürliche Unzucht Ge­fängnis und Aberkennung der Ehrenrechte setzt, zu streichen. In der Hervorkehruog dieser Forderungen erblickt das deut­sche Volk erfreulicherweise mit Recht eine widerwärtige Schamlosigkeit, von der es sich entrüstet abwendet. Man kann darüber streiten, ob die Vertreter dieser hypermodernen Bewegung ausnahmslos oder nur zum Teil krank find; die Ursache ihres widernatürlichen Lebens ist bei allen d'e gleiche: Müßiggang, der aller Laster Anfang ist. Eine Krankheit beseitigt man nur, indem mau sie bei ihrer Wur­zel faßt. Den sogenannten Homosequelle» fehlt es au Ar­beit, an herber, fester Arbeit, die das Blut frisch durch die Adern treibt und alle hysterischen und krankhaften Gedanken verjagt. Zn ihrer Heilung möchten wir sie daher auch we­niger in Irrenanstalten oder Gefängnisse als in Arbeits­häuser geschickt wissen. Einfache Kost, herbes Lager, schwere körperliche Arbeit auf dem Laude, Grabe» und Hacken, das Würde all' den verworrenen und übersinnlichen Helden die gerade und gesunde Natur recht bald wiedergeben. Das weichliche Lebe», unaufhörlicher Sinnenkitzel, überreiche Nahrung bei vollständiger körperlicher Untätigkeit, schlechte Lektüre und verderbliches Beispiel, das sind die Quellen des Uebels, die je schneller und je nachdrücklicher um so besser verstopft werden müssen. Es darf unter keinen Um­ständen geschehen, daß die widernatürliche Bewegung, die sich schon in so bedenklicher Weise breit macht, noch weitere Kreise zieht. Sie muß, geächtet durch öffentliche« Ab­scheu und Spott, ins Mauseloch flüchten. Und die dort Eingefangenen werden sich auf die oben empfohlene Weise heilen lassen. Zimperlichkeit und Humauitätsduselei find da nicht angebracht, wo die Pflicht derSelbsterhaltung, der Erhaltung der Gesundheit und Kraft des deutschen Volkes Keuleuschläge gebietet. Noch ist es nicht za spät, den Kampf gegen das Uebel aufzuuehmen, andererseits darf der in Köln erhobene Appell aber auch nicht ungehört verhallen. Krankheiten muß man möglichst in ihren Anfangsstadien zu Leibe gehen und darf nicht warte», bis sie den ganzen Organismus in Mitleidenschaft gezogen haben. Der ge­sunden Kraft des deutschen Volkes aber dürfen wir ver­trauen, daß sie der in der Kölner Versammlung au den Pranger gestellten Gefahr mit leichter Mühe Herr wird.

Tagespolitik.

Englische Blätter fürchten, daß Deutschland auf Ma­deira eine Kohlenstation anlegen wolle. Offenbar seien ge­heime Abmachungen zwischen Portugal und Deutschland ge­troffen, denn eS sei Tatsache, daß Deutschland Waren in Madeira zollfrei auslade, während alle anderen Länder hohe Zölle bezahlen müßten. Die ganze Meldung ist wieder eine Hetznachricht, welche darauf zurückzuführen sein dürfte, daß ein deutscher Hilfsverein auf Madeira eine große Lungen- heilaustalt errichtet, für welche menschenfreundliche Unter­nehmung die Sendungen ausnahmsweise zollfrei eingehen dürfen.

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Die Kundgebung des in Dresden versammelten Evangelischen Bundes gegen den Ultramontanismus lautet: .Diepolitische Machtentfaltung des Ultramontanismus, durch die in unseren Tagen die römisch-katholische Kirche ihre friedenstörendeu Ansprüche dnrchzusetzen bestrebt ist, hat im Mutterlande der Reformation den unhaltbaren und gefahr­drohenden Zustand herdeigeführt, daß die klerikale Minder­heit über die uichtklerikale Mehrheit herrscht, und daß die Vertreter einer Weltanschauung, die Dr. Luther und die Reformation aufs heftigste bekämpften, über die Geschicke des deutschen Volkes entscheiden. Die 17. Generalversamm-

! lung des Evangelischen Bundes richtet deshalb au das evangelische Volk erneut die dringende Mahnung, in ge­schlossener Kraft und willlnsstark auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens für die Beseitigung der ultramontanen

Vorherrschaft in nuferem deutschen Volke einzutreten."

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* Aus dem Süden von Deutsch-Südwestafrika wird ge­meldet, daß Oberst Leutwein Ende dieser Woche mit der ihm von Herrn v. Trotha zur Verfügung gestellten 2. Wiudhuker Ersatzkompaguie nach dem Süden abgeht. Außerdem wird in allernächster Zeit von hier aus eine Gebirgöbatterie ab­gesandt werden, die nicht zum Kampfe gegen die Hereros bestimmt ist, sondern direkt nach dem Süden von Deutsch- Südwest gehen und ebenfalls dem Gouverneur Leutwein zur Verfügung gestellt werden soll. Eine der wesentlichen Aufgaben des Gouverneurs dürfte darin bestehen, die etwa 100 Mann starke Bande des Ränberhauptmanus Morenga zu stellen und zu vernichten. Morenga ist ein Bastard (Sohn eines Weißen und einer Hererofrau), der sich zur Zeit des Burenkrieges auf englischem Gebiete unnütz gemacht hat und durch den Bondelzwartanfstand nach dem Süden von Deutsch-Südwest gelockt worden ist. Er belästigt durch seine Streifzüge die Farmen ungemein. Die Anwesenheit Morengas nud das aufsässige Benehmen der Eingeborenen im Süden find der Grund, weshalb eine große Anzahl von Farmen noch immer unbevirtschaftet ist. Die Farmer haben sich beim Ausbruch der Unruhen im Süden mit ihrem Vieh- stand teils auf englisches Gebiet, teils in die größeren Orte des Schutzgebietes zurückgezogen und wollen, was ihnen nicht verübelt werden kann, erst zurückkehreu, wenn die Lage wieder völlig sicher ist. Das Brachliegen der Farmen ist natürlich dem einzelnen Farmer ebenso nachteilig, wie dem allgemeinen Wohlstände des Südens der Kolonie. Die As- Wesenheit Leutweins mit einer stattlichen Macht wird also

auch ans diesem Grunde sehr nützlich sein.

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* (Ein russischer General über den Krieg.) General Welitschko, unter dessen Leitung die russischen Stellungen auf dem Kriegsschauplatz befestigt worden waren, ist in Mos­kau eingetroffen und hat dort nach einem Reuter-Telegramm erklärt, daß es diese Befestigungen waren, die es dem General Knropatkiu ermöglichten, mit verhältnismäßig wenig Truppen Liaujaag tagelang zu halten und mit der ganzen übrigen Armee den General Kuroki anzugreife». Der General fügte hinzu: Der wundervolle Rückzug auf Mukden hat keiner­lei Einfluß auf die strategische Stellung der russischen Armee. Ich glaube nicht daran, daß die Japaner eine umgehende Bewegung in der Richtung auf Tieling machen werden.

t Die lange Untätigkeit der Japaner muß man den enormen

! Verlusten zuschreiben, die sie bei Liaujang erlitten haben und die auf 30 000 Mann berechne: werden. Russtscherseits Wurden bei Liaujang 3 000 Mann getötet und 13 000 Mann verwundet. Meiner Ansicht nach ist es den Japanern un­möglich, neue Korps aufzuftellen, und sie werden sich dar­aus beschränken müssen, die verlorenen Leute zu ersetzen. Der General sagte ferner, der Krieg habe Rußland so über­rascht, daß auf dem Kriegsschauplatz weder Wege noch Brücken, geschweige Verteidrgungswnke vorhanden gewesen seien. Alles dies mußte hastig an allen Punkten gebaut werden, wo der Feind etwa auftauchen konnte. Natürlich sei ein Teil der ausgeführten Arbeiten vollständig nutzlos gewesen, aber mit welcher Gründlichkeit man gearbeitet habe, dafür hätten die Befestigungswerke von Liaujang den besten Beweis geliefert. Die Verteidigung dieser Werke kostete die Russen nicht mehr als 300 Mann, dagegen habe die Divi- non des Generals Levestan, die außerhalb der Werke kämpfte 1200 Mann eingebüßt. Er glaube nicht, daß die Russe» auf Ttelmg zurückgehen werden, das übrigens ebenso wie Liaujang und Mukden vom militärischen Standpunkte ans betrachtet, nichts weiter sei als eine Bezeichnung auf der Karte. Der Flußlauf deS Hun sei dagegen von großer Be­deutung in strategischer Beziehung und biete der Verteidig­ung ausgezeichnete Vorteile. Es sei absolut nicht einzu­sehen, weshalb die kriegerischen Operationen durch den Win­ter eine Unterbrechung erleiden sollten, da die Wege im Winter vorzüglich seien und in der Mandschurei sehr wenig Schnee falle. General Welitschko glaubt, daß die Russen demnächst die Offensive ergreifen werden. Port Arthur wird sich in seiner Ansicht nach bis zum letzten Stück Brot und bis zur letzten Patrone verteidigen. Die Festung habe noch für ! mehrere Monate Vorräte und genügend Wasser, da mehrere ' Brunnen und ein kleiner Teich in der Stadt selbst vorhan­den seien.

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0 Auf dem ostafiatischen Kriegsschauplätze hat die ver­gangene Woche eine irgendwie bemerkenswerte Aenderung

der Lage nicht herbeigeführt. Sowohl in der nördlichen Mandschurei wie vor Port Arthur ist im wesentlichen alles beim Alten geblieben. Auf dem Kriegsschauplätze von Muk- deu fallen die ununterbrochenen Vorpostengefechte am meisten ins Auge. Sie find aber nicht daS wichtige und wesent­liche. Die Hauptbedeutung der gegenwärtigen Tätigkeit beider kriegführenden Parteien liegt in der Befestigung der beider­seitigen Stellungen, und in der Sicherung des Etappen­dienstes. In letzterem Paukte nehmen es die Japaner be­sonders genau. Sie haben die Eisenbahnen und die Ströme des Landes ihrem Zwecke dienstbar gemacht nud find den Russen in der Heranziehung von Verstärkungen, von Kriegs­material und Lebensmitteln in jede Beziehung weit über­legen. Die Baikal-Ringbahn der Russen funktioniert zwar auch zu deren Zufriedenheit. Gleichwohl ist dieses Trans­portmittel mit denen der Japaner garuicht zu vergleichen. Vor Port Arthur machen die Japaner anscheinend erneute, gewaltige Anstrengungen, sich der Festung zu bemächtigen. Sie hegen angeblich die Hoffnung, fie bis zum 3. Novem­ber, dem Geburtstage des Mikado zu erobern. Um ihr Ziel zu erreichen, sollen sie gleichzeitig von vier Stellen aus Sturmangriffe auf die Festung unternehmen. Dabei find in die Reihe» der Belagernngsarmee furchtbare Lücken gerissen. Trotz der Ableugnung des Admirals Togo haben die Japaner infolge der Explosion von Landminev schwer gelitten. Das Blutbad war unbeschreiblich. Allerdings sind auch die Verluste der Russen sehr große. Mengen von Toten liegen in der Festung undeeröigt. Alle Hospitäler sind voll von Verwundeten, so daß die Kriegsschiffe zur Auf­nahme Verwundeter herangezogen werden mußten.

Lcmdesnachvichten.

Aktenfteig, 10. Okt. Den Reigen der Wiutervergnüg- «ugen «öffnete am Samstag Abend der Kriegerverein in seinem Lokal durch eine in allen Teilen gelungene Abend- unterhaltung. Es waren etwa 60 Personen erschienen und besonders die jüngere Garde stark vertreten. Unter Gesängen, Borträgen, Reden und Tänzen verlief der Abend in schöner Harmonie, so daß der Kriegerverein mit Genugtuung auf denselben zurückblickeu kann.

* Aktensteig, 10. Okt. Bei dem Uebergang von der wärmeren in die kältere Jahreszeit steigert sich in der Regel das Bedürfnis des kaufenden Publikums und nicht mit Un­recht wird gesagt, daß nm diese Zeit dem Geschäftsmann der Weizen blühen soll. Unsere freundlichen Leser werden es uns gewiß nicht verargen, wenn wir bei dieser Gelegenheit mit der Mahnung an sie heran treten:Kaufet am Platze." Vielfach sind manche Tente der Meinung, bei den ortsansässi­gen Geschäften nicht am preiswertesten bedient zu werden, sondern nur in größeren und größten Städten finden sich die für sie geeigneten Waren. In doppelter Hinsicht muß man solchen Leuten Unrecht geben, einmal wer in einer kleineren Stadt sein Brot und seinen Verdienst findet, soll auch am Platze seine Mitbürger in Nahrung setzen, zum ander» steigert sich der Umsatz des Ortes, da ihm mehr Steuern zufließe», und er dadurch auch wiederum in seiner Leistungsfähigkeit gesteigert wird. Haben die Geschäftsleute einen größeren Umsatz, so ist es ihnen anch möglich, billige Preise zu machen und eine reichhaltige Auswahl zur Ver­fügung zu stellen.

* Aktensteig, 10. Okt. Der Handwerksbursche, welcher sich jüngst auf dem hiesigen RathauS renitent zeigte und sich auch bei der Abführung ins städtische Arrestlokal derart widersetzte, daß Bürger zur Hilfe gerufen werden mußten, erhielt vom Amtsgericht Nagold wegen Beleidigung des hiesigen Stadtvorstands und des Amts- und Polizeidievers, so­wie wegen Wldersetzung gegen die Staatsgewalt eine Gesamt- gefängnisstrase von 6 Monaten zndiktiert. Der Bursche heißt Max Hahn und ist aus Rotteuburg. Erwiesenermaßen hat er noch verschiedenes auf dem Kerbholz, u. a. Hst er sich im Schulhalls in Meistern einen Anzug gestohlen, wo­für er noch von der Strafkammer in Tübingen abgeurteilt werden wird.

-o- Kam Hintere« Wald, 9. Okt. Auf unserer Höhen­lage hat der Winter bereits seine Visitenkarte abgegeben. Samstag früh war die ganze Gegend in eine leichte Schnee­decke gehüllt, die erst gegen 10 Ühr verschwand. Allen An­zeichen nach bekommen wir diesmal einen frühen Winter.

* Dnrrweiker, 10. Okt. In der Nacht vom Donners­tag auf Freitag fiel der Bauer M- Mäder von hier so un-

I glücklich die Treppe seines Hauses hinab, daß er sofort ! tot war. Mäder hinterläßt eine Witwe und 4 Kinder.

* Irendenstadt, 8. Oktbr. Dir hiesige Sammlung für die Abgebrannten in Binsdorf hat nun dir Gesamthöhe von 700 Mk. erreicht; gewiß eine schöne Summe I