Jerrffprecher Nr. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag Mit der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

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Bekanntmachungen aller Art finden die er- j > <^04 folgretchste Verbreitung. s

Amtliches.

Das K. Oberamt Calw erläßt eine Bekanntmachung, nach welcher die Schonzeit für Fluß- und Bachforellen, sowie für Bach- und Kreuzimgssaiblinge am 10. Oktober ds. Js. beginnt und für die Nagold und ihre fämüichen Seiten­bäche bis 1. Febr. 1905 dauert. Die geschützte» Fische dürfen während dieser Zeit weder gefangen noch feilgedoteo, noch verkauft oder in Wirtschafte» verabreicht werden. Während der Schonzeit und wetteren 6 Wochen nach be­endigter Laichzeit dürfen keine Enten in solche Wasser zu- gelasfen werden, in welchen die betreffende» Fische vorläufig sich aufhalteu.

Der Lippe'fche THronfoLgestreil.

Der lippe'sche Landtag trat Dienstag zusammen. Eine Vorlage der Regierung besagt: Nach dem Tode des Graf­regenten sei eine so ernste Lage geschaffen, daß die Staats­regierung es für ihre unabwendliche Pflicht gehalten habe, den Landtag einzuberufcn. Der Ernst der Lage werde da­durch gesteigert, daß nach amtlicher Mitteilung die Regier­ung von Schaumburg-Lippe gegen die Uebernahme der Re­gentschaft durch den Grafen Leopold beim Bundesrat Pro­test erhoben und daß der Kaiser erklärt habe, er könne die Regentschaft nicht anerkennen. Das vom Kaiser an den Grafregenten gesandte Telegramm lautet:Rominten, 26. September. Ich spreche Ihnen mein Beileid zu dem Ab­leben Ihres Herrn Vaters aus. Da die Rechtslage in keiner Weise geklärt ist, kann ich die Reger,tschaftsübernahme Ihrerseits nicht anerkennen. Ich lasse auch das Militär nicht vereidigen. Wilhelm I. k." Die Vorlage führt dann weiter aus, daß Graf Leopold im Vertrauen auf sein gutes Recht bereit sei, sich dem Urteil eines unparteiischen Gerichts­hofes zu unterstellen. Das Staatsministeriuw werde beim Bundesrat beantragen, daß im Wege der Reichsgesetzqebuug ein unparteiischer ordentlicher Gerichtshof, sei eS das Reichs­gericht, sei es das preußische Kawmergericht, sei cs der bayerische oberste Gerichtshof oder ein anderes höchstes Ge­richt bestellt werde, welches die von der Fürstlich Schaum- burg-LipPesche» Staatsregieruvg erhobenen Ansprüche znr richterlichen, alle Beteiligten bindenden Entscheidung zu bringen habe. Das Staatsministerium ersucht den Landtag, durch Beschluß diesem Antrag beizulreten.

Der Staatsminister Jockot erklärte unter dem Beifall des Landtags, daß die Staatsregierung unverändert an dem auf verfassungsmäßigem Wege zustande gekommenen Landes­gesetze von 1898 festhalte. Auch die Kundgebung des Kaisers habe keine verbindliche Kraft. Die lippeschen Gesetze seien bis jetzt überall respektiert wor- ! den. Anders könne es nur werden, wenn die Macht über ! das Recht gehe. Nur durch die Macht könne die j S taat 8 re gier un g gezwungen werden, auf die ! Festhaltuug dessen zu verzichten, was sie für Recht erkannt hat. Die Regierung hege zum Bundes- , rat das Vertrauen, daß er sich gegen eine Vergewaltigung i Lippeö auflehnen werde. Das was dem König von Preu­ßen recht sei, müsse auch den Lippen gewährt werden. Niemals würde die S t a at sre g i er un g sich einen Eingriff in die Selbständigkeit des Fürstentums gefallen lassen. Hoffentlich werde der Bundesrat sehr bald ein unparteiisches Gericht schaffen, das die Thronfolgefrage in gerechtem Sinne zur Ent­scheidung bringe.

Im Landtage wurde außer dem Protest der schaum- burg-lippeschen Staatsregierung gegen die Regentschafts­übernahme durch den Grafen Leopold ein umfangreicher Protest des Grafen Erich zu Lippe-Biesterfeld-Weißenfcls, in dem dieser den beiden Linien Biesterfeld und Schaum­burg-Lippe die Ebenbürtigkeit abspricht und zum Ausdruck dringt, daß er die Regentschaft im Fürstentum Lippe über­nommen und einen Bevollmächtigten zum Bundesrat er­nennen werde, unter Heiterkeit des Hauses verlese».

Das Eingreifen des deutschen Kaisers in die Lippcsche Throufolgefrage infolge des Telegramms wird überall leb­haft bedauert und durch diese Wendung gewinnt die Streit­frage neues Interesse und wollen wir nicht versäumen, einige bedeutsame Preßftimmen wiederzugebev.

Die konservativ-agrarischeDeutsche Tageszeitung" will sich einer Kritik des kaiserlichen Telegramms aus begreif­lichen Gründen enthalten. Die kaiserliche Kundgebung sei kein staatsrechtlicher Akt, sondern eine Äeußerung der Auf­fassung des Kaisers, welche zunächst weitere kaiserliche Konse­quenzen nicht ziehen dürfte.

Die konservativeKreuzzeitung" hebt de» günstige» Eindruck der Vorlage des Lippeschen Ministeriums wegen seiner loyalen Interpretation des Regentschaftsgesetzes und

, die korrekte Erklärung des Grafregenten, wie seine Absicht, sich einem Schiedsspruch zu unlerweifen, hervor.

Die fortschrittlicheVosstsche Zeitung" vermißt, wie die übrigen freisinnigen Blätter, die Gegenzeichnung des Reichskanzlers. Die unliebsame Folge sei, daß der Streit um die Regentschaft das Gepräge eines Streites nicht nur mit dem Schaumburger, sondern mit dem Oberhaupt des deutschen Reiches gewinne. Es wäre besser gewesen, Wenn angesichts eines Schiedsgerichts keinerlei Schlüsse auf die persönlichen Wünsche des deutschen Kaisers zulässig gewesen wären.

Das freisinnigeBerliner Tageblatt" meint, daß Graf Bülow eigentlich wegen des Telegramms seine Entlassung nehmen müsse; entweder habe er den Schritt des Kaisers nicht gcmißbilligt, da die Unterschrift des Reichskanzlers fehlt, oder er sei überhaupt nicht gefragt worden.

GagespoMiL.

Es ist nicht wahr, daß der russische Absolutismus als an­geblich einfachere Form den komplizicriea Rechtsformen der Verfassungsstaate» überlegen sei. Der ostafiatische Krieg, der die ganze innere Haltlosigkeit, die ganze innere Schwäche des russischen Regierangssystems schonungslos enthüllte, hat, wie so viele andere politische Lügen, auch die von der na­türlichen Riesenkraft des Absolutismus gründlich abgetan. Es hat sich klar erwiesen, daß unter dem Willkürregiment, wo kein Reichstag und keine verantwortlichen Männer den Beamten- uud Heeresapparat kontrollieren, Bestechlichkeit und Faulheit üppig gedeihe. Ebenso wenig wie die Re- gieruugsform kann die russische Volkswirtschaft und Bolks- kraft als dem Westen überlegen gelten. Im Gegenteil ist das russische Volk trotz der Bodenschätze im Durchschnitt verarmt, und infolge seiner schlechte» Wohnuugs- und Er­nährungsverhältnisse ist es körperlich nicht widerstandsfähiger als der Westeuropäer. Bon der Wiedergeburt Westeuropas durch die Slave» kann darnach entschieden »icht die Rede

Drr Buadesrat des deutschen Reichstages bat seine Sitzungen wieder ausgenommen, und der im Spät-Frühlinq vertagte Reichstag wird demnäcyft folgen. Bekanntlich ist wieder einmal eine Vertagung bis zum Herist eivgetreten, um die Arbeiten der Kommissionen des hohen Hauses nicht verfallen zu lassen. Ein genauer Termin für den Wieder­beginn der parlamentarischen Erörterungen ist noch nicht bezeichnet, jedenfalls dürfte aber der ernstliche Anfang der Campagne nickt mehr zn lange auf sich warten lassen, weil das Arbeitspensums!» den bevorstehende» Herbst und Winter ein recht großes ist. Verschiedenen Volksvertretern ist es nicht mehr vergönnt gewesen, der wichtigen kommenden Tagung beizuwohuev; unter ihnen der bekannteste ist Fürst Herbert Bismarck. Der Name Bismarck, welcher so lange mit dem deutschen Reichstage verknüpft war, ist dort nunmehr ge­schwunden. Unter den Vertretern der Reichsregierung, welche den parlamentarischen Verhandlungen regelmäßig beizu- wohnen Pflegen, ist ein größerer Wechsel nicht eingetrete».

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DemBerl. Tagebl." zufolge wurde die Wiederauf­nahme der Handelsvertrags-Verhandlungen zwischen Deutsch­land und Oesterreich-Ungarn auf Anfang November ver­schoben, da die österreichische Zoll- uud Handclskouferevz, welcher die Vorbereitung der neuen Verhandlungen für das Donaureich obliegt, erst am 20. Oktober zusammeutreten kann. * » * *

Zur Erschwerung der Einfuhr deutscher Nahrungs- uud Genußmittel Hot die nordamerikanische Regierung einen neuen Entwurf aufgestellt. Durch ib» fühlt sich namemlich der deutsche Weinhcmdel geschädigt. Interessentenkreise wollen deshalb bei dem Reichskanzler vorstellig werden, dahin zu wirken, daß der Entwurf keine Gesetzeskraft erlange. Ob ein solcher Schritt Erfolg haben wird, ist zum mindesten fraglich. Wurst wider Wurst wird es Wohl für uns hei­ßen müssen.

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Die Dresdener Generalversammlung des Evangelischen Bundes erkannte den Standpunkt an, daß der Bund aller­dings keine Parteipoliük treiben, aber dort sich politisch be­tätigen solle, wo evangelische Interessen vorliegen. Der Bund nahm ferner eine Erklärung an, in der mit dankbarer Freude der Kundgebungen dev deutschen evangelischen Kir­chenausschusses gedacht und der Hoffnung Ausdruck gege­ben wird, daß seine ständige Arbeit auch einem festeren Zusammenschluß der deutschen evangelischen Landeskirchen zur sichersten und besten Vorbereitung dienen werde.

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Vor ein, zwei Jahrzehnten, als sich in Europa einige Spuren des Niederganges zu zeigen begannen, konnte man wiederholt von einigen Unglückspropheten die Behauptung aufstellen hören, das Heil Europas, die Verjüngung der altersschwachen europäischen Welt sei einzig und allein vos der gesunden Urkraft des slavischen Ostens zu erwarten, die bestimmt sei, dereinst die krankhafte Ueberkultur des Westens zu ersetzen. Man gedachte des römischen Weltreichs, das dem Anstürme des Germanentums weichen mußte, und prophezeite, die germanischen Besieger der antiken Welt wür­den in den Russen ihre Nachfolger finden. Freilich über­sah man hierbei völlig, daß das römische Reich gar »icht von den Germanen zertrümmert wurde, sondern sich selbst auflöste, wobei die Völkerwanderung mehr eine Folge als Ursache war, nachdem das Römerreich Politisch und sozial zu gänzlich unhaltbaren Zuständen gelangt war. Und mit den Auflösungserscheinungen des Altertums hat der heutige europäische Westen mit seinen kräftigen, geordneten uud blühenden Nationalstaaten, mit seiner Entwicklungsfähigkeit und Reformfrendigkeit nicht die mindeste Aehnlichkeit. Und nun was steht unsere» Westländern im Osten gegenüber?

jem.

Grelle Lichter aus die Zustände im serbischen Heere wirft eine Mitteilung ungarischer Blätter. Hiernach nimmt die Zahl der Deserteure, die sus Serbien nach Ungarn flüchten, täglich zu. In den letzten Tagen sollen etwa 150 eingetroffen sein. Die Flüchtlinge klage» über unmensch­liche Behandlung seitens der Vorgesetzten.

LcrndesncLchrichLen.

-1- Hrömbach. 7. Okt. Mit dem 19. Okt. verläßt uns unser verehrter Seelsorger, Herr Pfarrer Kent«er, um in seinen neuen WirkungskreisSchnarch" im Remstal ein­zutreten. Ueber 6 Jahre hat derselbe zum Segen in unserem Kirchspiel gearbeitet, und begleite» ihn darum auch die besten Glück- und Segenswünsche in sein neues Heim. Schon seit längerer Zeit macht sich bei uns ein äußerst großer Wassermangel fühlbar, so daß die Bürger mit Sorge dem nahen Winter entgegeuschauen. Die Wasserleitung, nach Gröderscher Art funktionierte seit 11 Jahren vorzüglich, ließ nun aber mit einem Male urplötzlich nach, so daß mau gezwungen ist, die alten, teilweise zugeworsenen Brunnen wieder in Stand zu setzen. Möchte es gelingen, dem großen llebel baldmöglichst beizukommen, ehe es zu spät ist. Den Abgebrannten zu Binsdorf spendeten die hiesige» Bürger ca. 20 Mk.; auch der Militärverein nahm sich der bedrängten Kameraden an, und überwies denselben durch Herrn Be­zirksobmann Rektor Hang den schönen Betrag von 20 Mk,

* D-rrrstette«, 5. Okt. Der hiesige Stadttierarzt Köhn- leiu feierte am vergangenen Montag sein 40jähriges Berufs­jubiläum. Der Jubilar erfreut sich allgemeiner Beliebtheit, was bei dem ihm zu Ehren veranstalteten Festbankett be­sonders zum Ausdruck kam.

* Wikdöerz, 6. Okt. Beim Abladen eines Weinfasses hat sich hier ein schweres Unglück zugetragen, indem dabei der 14jährige Sohn des Güterbeförderers Weik einen kom­plizierten Unterschenkelbruch erlitt. Der Verunglückte wurde in die Klinik nach Tübingen überführt.

* MeHiuge», 4. Okt. Ein überaus frecher Einbruch wurde im Gasthauszur Schwane" hier verübt. Nach 2 Uhr erwachte die Wirtin an einem Geräusch uud merkte bald, daß eine fremde Person im Zimmer sei, doch rührte sie sich nicht und hörte, wie der Dieb Schublade um Schublade aus dem geöffneten Sekretär in den von ihm elektrisch beleuchte­te» Oehrn trug und leerte. Sogar das Kleid der Wirtin, die er schlafend glaubte, »ahm er hinaus und leerte die Tasche. Dann ging er die Treppe hinunter, schloß die mit einem Riegel verschlossene Hanstüre auf, um seine Verfolger irre zu führen, flüchtete aber nicht durch diese, sondern rückwärts durch Stall, Remise und Scheune. Trotzdem die Wirtin so­bald sie hörte, daß er die Treppe hinabgiug, Lärm schlug, gelang es nicht mehr, den frechen Eindringling, der 530 Mk. mitnahm, zu erwischen. Derselbe hatte sich abends ins Schlafzimmer eingeschlichen uud unter der Bettlade verbor­gen, wo er abwartete, bis die Leute schliefen. Der Dieb hat jedenfalls gewußt, daß der Wirt verreist war. auch mußte solcher mit den Räumlichkeiten des Hauses wohl bekannt ge­wesen sein.

* ßarmstatt, 5. Okt. Auf dem hiesigen RathauS haben beute die von den bürgerlichen Kollegien von Stuttgart und Cannstatt eingesetzten Kommissionen die Vorschläge über die Vereinigung von Stuttgart und Cannstatt berate». Nach 5stündigen Verhandlungen wurde eine Einigung über die noch vorhandenen Differenzen erzielt uud der Vertrag von beiden Kommissionen angenommen, der nun den beider­seitigen Kollegien zur eudgiltiges Beschlußfassung unter­breitet wird.