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Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung
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1904
Donnerstag. 22. September
Die Mirrterrnonate
nahen und damit bekomme,- die vielbeschäftigten Landwirte wieder mehr Zeit, ihr^m L-sebedüifnis obliegen za können. Wir richten sowohl allste, wie an alle unsere Postabonenten
A zum bevorstehenden Quartalwechsel G
das freundliche Ersuchen zum Beitritt in den Leserkreis oder zur Wiedereruerrerrmg des Abonnements auf
„Ans den Tannen."
Wie seither wird die Redaktion auch fernerhin bestrebt sein einen reichhaltigen, aus gewählte« Lesestoff zu bieten in der Ueberzeugimg, daß „wer vieles bringt, jedem etwas bringt." Außer den politische« Begebenheiten im engeren und weiteren Vaterlande beansprucht
-er russisch-japanische Krieg
erhöhte Aufmerksamkeit. Wir werden uns bestreben und haben Vorsorge getroffen, daß unsere werten Leser mit den «ernste« Rachrichte« aufs rascheste unterrichtet werden.
Alle K. Postämter, Postboten, sowie die' Agenten nebmen zu dem seitherigen billigen Bezugspreis Be- stell««gen entgegen.
-S-
Behörden, Industrielle und Private
machen wir gleichzeitig auf die
. erfolgreiche Insertion —
im Blatte „Aus de« Tannen" aufmerksam und ersuchen ergebenst um gütige Jnseraten-Aufgabe.-
Mit Hochachtung!
Altensteig. Redaktion und Expedition
des Blattes „Aus den Tannen."
Der Brand in Binsdorf
* Stuttgart, 19. Sept. Der Brand in Binsdorf, über den bereits kurz berichtet wurde, hat das kleine Städtchen Binsdorf in dieselbe schreckliche Lage versetzt, in der sich sechs Wochen vorher Jlsfeld befand. Von den 186 Hausnummern, welche der Ort vor dem Brande zählte, sind genau 93 mit den mit Getreidevorräten gefüllten Scheunen und 2 alleinstehenden Scheunen vernichtet worden. Die Zahl der obdachlos gewordenen Personen beträgt zwischen 4 und
- 500. Das ganze Städtchen hatte bei der letzten Volks- j ^ zählung 804 fast ausschließlich katholische Einwohner. Es ! liegt auf der etwa 600 Meter hoben, wasserarmen Hoch- ! ebene zwischen dem Oberlauf des Neckars und dem südwestlichen Rand der Schwäbischen Alb. Die Gemeinde i stwohl - habend, ibre Waldungen yllein umfassen 428 Hektar, so daß die Ge mein desteuern sehr niedrig sind. Von einer großen Anzahl der abgebrannten Häuser ragen noch die geschwärzten Giebel und Mauern hoch in die Luft. Die / Ursache des Feuers konnte bisher noch nicht ermittelt werden. Es scheint aber, daß auch hier spielende Kinder das ^ Unheil angerichtet haben. In der südwestlichen Ecke des Ortes, neben der Pfarrscheune, welche den Flammen zum Opfer gefallen ist, hat es um 11 Uhr vormittags in einem an einem Wohnhaus angebauten Holzschuppen, in dem Reisigbündel lagerten, zu brennen angefangen. Der Nachbar hat es bemerkt und den Besitzer darauf aufmerksam gemacht. Aber mit rasender Geschwindigkeit griff das Feuer um sich. Binnen wenigen Minuten stand Lbs anstoßende Haus, die Pfarrschcuer und die Nachbarhäuser in Brand und der scharfe Südwest blies die Flammen zu ungeheurer Ausdehnung an und trug sie über den ganzen Ort hinab. Die Bewohner waren, wie seinerzeit in Jlsfeld, meistens auf den Feldern, außerhalb des Ortes, beschäftigt und konnten, als sie hereinkamen, nicht mehr viel retten. Die Binsdorfer Feuerwehr hat im Kampf mit den Elementen ihre meisten Geräte verloren und ihre Leute hatten Mühe, sich über die Dächer hinab selbst zu retten. Auch die 12 Feuerwehren, welche nach nnd nach herbeikamen, waren machtlos. umsomehr, als kein Bach oder Flüßchen den Ort durchfließt und nach kurzer Zeit die Ortsbrunnen versagten. Erst nach und nach organisierte sich mit etwa 40 Mann ein regelmäßiger Wassertransport aus den Ortschaften der Umgegend. Zu retten war nicht viel. Genau der Windrichtung folgend, zog der Brand durch den ganzen Ort. Nur im Südwestev sind einige wenige Höfe, im Südosten ein größerer Komplex von Häusern stehen geblieben. Der östlichste Teil des Städtchens, der sich an den Kirchplatz anschließt, mit dem Rathaus und der Schule, mehreren kleineren Wirtschaften und Kaufläden, ist vernichtet. Die Kirche, ein neuerer Bau aus den 30er Jahren des? vorigen Jahrhunderts, sowie das Pfarrhaus konnten gerettet werden. Neun Stunden wütete der Brand ununterbrochen fort, erst um acht Uhr abends war man seiner soweit Herr geworden, daß eine weitere Ausdehnung nicht zu befürchten war. Zwei lange Straßen und zwei durchschneidende Querstraßen waren ein wüster Trümmerhaufen, aus dem noch immer die Glut hoch zum Himmel emporschlug. Auf 40 Kilometer konnte ! man den Feuerschein bemerken. Für die ihrer Wohnungen , beraubten Bewobner brach eine schreckliche.Nacht au. Sie ^ mußten zum größten Teile im Freien auf den Aeckern über
nachten, aus den nicht verbräunten Häuser» waren Möbel und Betten aus Angst vor den Flammen zum größten Teile auszeräumt worden. Die obdachlosen Familien sind vorläufig in den nicht abgebrannten Häusern, sowie bei Verwandten und Bekannten in der Umgegend untergebracht. Der Gebäudeschaden, welcher durch Brandverficherung gedeckt ist, beträgt etwa 700 000 Mark, der Schaden an Mobiliar und Vorräten wird oberflächlich auf etwa 400 000 Mark geschätzt. Er ist leider zum Teil nicht versichert. Vieh ist bis auf einige Schweine und Geflügel nicht mitverbrannt. Auch Menschenleben sind glücklicherweise nicht zu Schaden gekommen. Zarei Regieruugsbeamte werden von heute an in Binsdorf stationiert werden, um den Ortsbehörden hilfreich an die Hand zu gehen. Heute treffen von Stuttgart aus ein Offizier und 56 Mann Militär ein, welche sofort mit der Wegräumung des Schuttes beginnen werden. Es ist sofort ein Hilfskomitee gegründet und mit Sammlungen für die Abgebrannten begonnen worden.
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* Der von Binsdorf gebürtige Fabrikant Karl August Hipp in Stuttgart, Direktor der Mechanischen Buntweberei Brennet, hat für die Abgebrannten in Binsdorf 10000 Mk. gestiftet.
FcrnbesnolcH dichten.
* Aklessteig, 21. Sevt. Die K. Generaldirektion der Posten und Telegraphen- geht mit Ernst daran den hiesigen Bahnhof zu erweitern. In den letzten Tagen hat sie das Anwesen des Hru. Louis Beck beim Bahnhof um die Summe von 70 000 Mk. erworben und steht nun der Erweiterung der Bahnhofanlage nichts mehr im Wege.
* Hleutkiugea, 16. Sept. Heuer sollen es 200 Jahre sein, daß dem aus Anlaß des spanischen Erbfolqekriegs nach Schwaben gekommenen Prinzen Eugen ein Pokal Reut- ljnger Weins von den Vätern der Stadt kredenzt worden sei. Ist es auch nur eine Sage, daß er dabei gesagt haben soll: er wolle lieber nochmal Belgrad stürmen als einen solchen Wein trinken — denn diese Heldentat geschah erst später — so darf doch Reutlingen hoffen, daß dem heurigen Jubelwein kein ähnlicher Schimpf angetan wird: er reift vorzüglich heran und verspricht eine gute Qualität.
* Mach, 18. September. (Laudesversammlung des evangelischen Bundes.) Die heutige Landesversammlung des württembergischeu Hauptvereins des evangelischen Bundes erfreute sich eines sehr zahlreichen Besuches. Nach dem Vormittagsgottesdienst fand in der festlich geschmückten Tyrnitz des Schlosses eine öffentliche Versammlung statt, die vom Vorsitzenden, Reichs- und Landtagsabgeordneten Dr. Hieber, mit einer Ansprache eröffnet und begrüßt wurde. Dr. Hieber wies zunächst auf die zahlreichen religiösen und
M Lef«l»uch«. K
Rosen auf den Weg gestreut Und des Harms vergessen!
Eine kurze Spanne Zeit Ist uns zugemessen.
Ats Wisrnarck ging.
Zeitroman von Georg Paulseu.
(Fortsetzung.)
Grete sowohl, wie ihre Begleiterin hatten lächelnd abgelehnt, sie hatten keine Furcht, und dann kam noch ein anderer Grund hinzu. Es war noch früh genug, eben war die zehnte Abendstunde vorüber, und so wollte Grete denn noch auf einige Minuten im Lindow'schen Hause vorsprechen, um ihren Bruder und Flora Lindow an deren Polterabend wenigstens zu begrüßen. Das junge Mädchen hatte, wie wir wissen, anfänglich nicht die Absicht gehabt, diesen Besuch zu machen, aber im Verlaufe des in der Brandow'schen Familie verlebten Abends war ihr der Gedanke gekommen, den sie in gewohnter Energie nun ausführen wollte. Sie hatte die kühle, zeremonielle Haltung der Schwestern ihres Bräutigams mit innerem Weh empfunden, sie hatte dabei daran gedacht, ob es ihr Bruder vielleicht nicht ebenso schmerzlich bemerke, daß, wenn er auch den leidenden Vater und die Mutter entschuldigen mußte, die Schwester fernbleibe. So unsympathisch Flora Lindow Grete war, sie wurde doch Bernhard's Frau, ihre Schwägerin. Und darüber mußte Vieles vergessen werden. Sie hatte ihrem Bräutigam ihren Plan mitgeteilt, und Arnold war, wenn auch mit leicht verlegenem Gesicht, sofort bereit gewesen, die Braut zu begleiten. Aber Grete hatte abgewehrt, sie hatte den Schutz der sie begleitenden älteren Freundin, und dann sollte der Besuch ja auch nur wenige Minuten dauern. In Wahrheit hatte Grete mit ihrem klaren Geist erkannt, wie wenig erfreulich
für Arnold, wie für Flora eiu Wiedersehen gerade an diesem Abend sein würde. War morgen die Trauung Flora's und Bernhard's vollzogen, dann war der entscheidende Schritt getan, dann fielen in der großen und glänzenden Gesellschaft alle durch die Erinnerung an die Vergangenheit peinlich wirkenden Momente fort. Damit hatte sich das Brautpaar getrennt.
Die Droschke rollte rasch dahin, und die ältere Dame konnte nicht dos Glück genug rühmen, welches Grete durch den Eintritt in diese vornehme Familie zu teil würde. Das junge Mädchen hatte schweigend zugehört, sie wollte nicht ihre Anschauungen und Erfahrungen der gutmütigen, aber doch sehr redseligen Freundin anvertrauen, sie konnte ihr gegenüber auch nicht von ihren Gedanken und Hoffnungen für die Zukunft spreche«.
So fahr man dahin, und keine der beiden Frauen hatte auf das sie umgebende, für die Stunde noch außergewöhnlich unruhige Straßenleben geachtet, bis der Kutscher mit einem Male Halt machte. Sein Schelten und rauhe Stimmen klangen an das Ohr seiner Fahrgäste, die ge- ängstigt auf die von Menschen dicht angefüllte Straße blickten. Das Getöse ward immer ärger, augenscheinlich verweigerte man der Droschke die Weiterfabrt durch die tobenden Haufen.
Grete Walther war sich sofort darüber klar, daß man es hier mit einer Schar von demonstrierenden Arbeitslosen zu tun habe, die, aus einem anderen Stadtviertel vertrieben, sich nun hierher gewandt hatte und Mangels genügend starker Polizeikräfte hier allerlei Unfug verübte. Erschreckt dachte sie daran, wie gut es gewchen wäre, wenn sie Arnold's Angebot, mitzufahren, angenommen hätte, aber bald schüttelte sie die Befangenheit ab und gewann die Geistesgegenwart wieder. Es war ja doch ganz unmöglich, daß die Leute, mochten sie sein, wer sie wollten, zwei Damen belästigten, in der Beziehung glaubte Grete die Verhältnisse gut genug zu kennen. Sie öffnete daher das Fenster ein wenig und
rief dem Kutscher zn, umzukehren und eine andere ruhige Straße zur Fahrt zu wählen. Der Mann gehorchte, und während sich immer noch derbe Worte kreuzten, fuhr er zurück. Eben wollte er in eine Seitenstraße einbiegen, als die beiden Frauen, aufs Höchste betroffen, zusammenfuhren. Ein brausender Lärm, der alles bisher dagewesene übertraf, schlug an ihr Ohr und dann vernahmen sie aus dem Stimmengewirr heraus deutlich, so daß es gar nicht mißzuver- stehen war, „August Walther, hoch August Walther!"
„Um Gotteswillen, Grete, haben Sie gehört? Sollte damit Ihr Bruder August gemeint sein?" fragte die ältere Dame erregt.
Grete hatte nicht den Mut, die Frage zu verneinen. Nach der Szene Unter den Linden, in welcher sie neulich ihren Bruder beobachtet, konnte es kein Anderer sein, der sich unter dieser lärmenden Menge befand, dem sie als Führer zujnbelteu.
„Der Unglückliche! Was wird aus ihm werden?" sagte sie mit blassen Lippen. Und dann, einem unwillkürlichen Antrieb folgend: „Ich muß hin, ihn warnen, ihn zurückhalten."
Und damit wollte sie abermals das Droschkenfenster öffnen, um dem Kutscher ein Halt znzurufen, aber die Freundin hielt ihr schnell entschlossen die Hand fest. „Grete, Grete, was fällt Ihnen ein? Was wollen Sie unter diesen Menschen ? Sie kommen gar nicht zu August, und wenn Sie ihn wirklich erreichten, glauben Sie, er würde jetzt noch auf seine Schwester hören?"
Grete sah das ein, seufzend sank sie auf ihren Platz zurück und verdeckte die Augen mit der Hand. So kam man zum Lindow'schen Hanse, und die beiden Damen begaben sich sofort in die Gesellschastsräume. Der erste, der ihnen begegnete, war Max Lindow, der Sohn des Hauses; er hatte nicht weniger stark getrunken, als die Anderen, und die über-