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Erscheint Dienstag Donnerst., Gamstag und Sonntag «tt der wöch. Beilage ».Der Sonntags-
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Nr. 148.!
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Dienstag. 20. September.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
1904.
Amtliches.
Uebertragen wurde die Schulstelle in Schönmünz, Bez. ,
Freudenstadt, dem Unterl eh rer Müller in Magstadt. _ -
Zur Bewerbung ist ausgeschrieben die Pfarrei Walddorf.
Fürst Herbert Bismarck -j- * Friedrrchsruh, 18 Sept. Fürst Herbert Bismarck ist heute vormittag 16^ gestorben Der
Fürst, der bereits die letzte» Tage hindurch bewußlos war, starb, obne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, nach kurzem Todcskampse. Die Beisetzung erfolgt am Mittwoch den 21. im hiesigen Mausoleum. Es gingen bereits zahlreiche Beileidstelegramme ein, darunter von Kaiser Wilhelm und von König Eduard.
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Der unerbittliche Tod, ein jähes Schicksal hat einem deutschen Geschlecht das Haupt geraubt, dem nach menschlichem Ermessen noch eine hohe Zukunft bevorstand. Ueber- raschend schnell ist Fürst Herbert Bismarck im rüstigsten Mannesalter (geboren zu Berlin am 28. Dezember 1849) seinem großen Vater, dem ersten deutschen Reichskanzler (gestorben 30. Juli 1898 in Friedrichsruhe) und seinem jüngeren Bruder, dem Grafen Wilhelm Bismarck, Ober- Präsidenten in Königsberg (gestorben 30, Mai 1901 in Varzin), in den Tod gefolgt. Nur 55 Jahre ist der Lieb- livgssohn des ersten Fürsten Bism'arck und seiner Gemahlin Johanna von Puttkamer, die mit ihrem Gatten in der Familiengruft zu Friedrichsruhe im kühlen Sachsenwalde schläft, geworden, also hat er gerade das Alter erreicht, in welchem sein Vater den größten Erfolg seines Lebens erntete, die Einigung der deutschen Stämme 1870/71. Niemand konnte ein so schnelles Entblättern des stolzen Stammes Bismarck erwarten, wie es nun eiugetreten ist. Denn Jahre werden vergehe», bis der kleine Sohn des Verewigte« heran- gewachsen ist, dem nun der Fürsteotitel zugefalleii ist und damit wieder von einem Fürsten Bismarck gesprochen werden kann. Seit dem Rücktritt seines Vaters, mtt welchem der damalige Graf Herbert aus dem Reichs- und preußischen Staatsdienste schied, ist er nicht wieder in eiue amtliche Stellung eingeireten, es ist auch nicht die Rede davon gewesen, daß ein solcher Eintritt in absehbarer Zeit bevor- stche. Trotzdem haben Tausende mit der Möglichkeit- gerechnet, daß dem Kaiser Wilhelm II auch der zweite Fürst ' Bismarck, der den einstigen jungen Prinzen Wilhelm von Preuße» vor zwanzig Jahren in die Auswärtige Politik einführte, noch einmal als Rat zur Seite stehen wurde. Vielleicht wäre diese Erwartung nie erfüllt worden ; aber das kann unsere Teilnahme nicht verinzern, die auch die politischen Gegner dem ältesten Sohne des größten deutschen Staatsmannes widmen. Der Name Bismarck hatin der neuesten Zeit wahrlich nicht an Klang verloren, sondern nur gewonnen.
Herbert Bismarck wurde geboren in einer Zeit, als sein Vater bereits ein allgemein bekannter Politiker war. Der Deich h-auptmanu Otto von Bismarck-Schönhause« war im ersten preußischen Landtage, den das Sturmjahr der Revolution, 1848, geschaffen hatte, einer der tatkräftigsten und energischsten Führer der Rechten, doch niemand ahnte, welches Genre in dem »Junker" Bismarck steckte. Aber nur wenige Jahre noch dauerte dies Leben des Partei- Politikers und Abgeordneten von Bismarck, dann begann für ihn die diplomatische Karriere. Nach Frankfurt a. M. und später nach Petersburg, wo Bismarck Gesandter war, siedelte auch seine Familie mit über, und hier hat Herbert Bismarck seine Jugendjahre verlebt, die freilich auch häufige Besuche bei den Großeltern in Pommern und auf den Gütern des Vaters brachten. Bismarck widmete trotz aller Arbeitsüberhäufung der Erziehung seiner drei Kinder (außer Herbert und Wilhelm die einzige Tochter Marie vermählt mit dem Grafen Rantzau) große Aufmerksamkeit' und zeigte strenge Energie, wenn es erforderlich war. Nach dem kurzen Aufenthalt als preußischer Gesandter in Paris wurde Bismarck 1862 preußischer Ministerpräsident, seine Familie nahm von da ab in Berlin dauernden Aufenthalt in dem Ministerium des Auswärtigen und später im Reichskanzler- Palais in der Wilhelmstraße, während sie für das Land in Varzin (nach 1871 in Friedrichsruhe) häufig verweilte. Hier erhielten die Söhne Bismarcks ihre Erziehungs- Vollendung, erlebten sie die Großtaten und Erfolge ihres genialen Vaters, der dadurch in seiner Lebensweise und seinen Neigungen, die auch Herbert und Wilhelm zumtril geerbt hatten, bekanntlich nicht im Geringsten beeinflußt wurde.
Die Gruft für die Familie Bismarck ist während der letzten Jahre unter der Aussicht des Fürsten Herbert gebaut worden, sie liegt im Sachsenwalde bei Friedrichsruhe, ü>o der Kanzler und seine Angehörigen am liebsten weilten. Daß sie so schnell sich mit Särgen füllen würde, wer hätte
daran denken können? Was find Menschenleben und
Mevschenhoffnungen? fragt man da.
L AN-6.SN a (H richten.
* Attevfleig, 18. September. Ein höchst trauriges Geschick ist es, in das eine ganze Anzahl Gemeinden des Landes in diesem Sommer durch das verheerende Element des Feuers versetzt wurde. Kaum hat sich einige Wochen der Rauch von den Brandherden von Jlsfeld, Lausten am Neckar und Besigheim verzogen, da fiel am Samstag nachmittag das Städtchen Binsdors OA. Sulz den Flammen zum Opfer. Die hierüber eingelaufenen Nachrichten bringen folgende schreckliche Angaben:
* Stuttgart, 17. Sept. Das Städtchen Binsdors im württemberglschen Oberamt Sulz steht in Flammen. Bis jetzt find 60 Häuser »iedergebrannt- — Das Feuer brach gegen Mittag in der Nähe des PfarrhofeS auf bisher unaufgeklärte Weise aus. In Folge des herrschenden Wassermangels, des starken Windes, griff es mit so rasender Schnelligkeit um sich, daß um drei Uhr bereits vierzig, eine halbe Stunde später stebenzig Häuser eingeäschert waren.
* Binsdors, 17. September Gegen 8 Uhr nachmittags stehen von dem ganze« Städtchen nur noch etwa 28 Häuser. Die Abgebrannte« find zum große« Teil nicht versichert.
* Binsdors, 17. September. Bis 6 Uhr abends find zirka 66 Hänser abgebrannt, darunter auch zwei Wirtschafte» und drei Kanfläde». Das Feuer ist «och immer nicht bewältigt. Drei Stratzenzüge rechts und links find völlig nieder- gebrannt.
* Mnsdorf. 18. September. Vollständig abgebrannt find etwa 166 Häuser. Das Fener entstand in einem Reisighaufen um Vs 12 Uhr mittags. Alle noch stehenden Häuser find geräumt und die ganze Bevölkerung hält sich auf dem freien Felde auf. Das Vieh treibt sich herrenlos umher. Unter den abgebrannten Gebäuden befinden sich das Schnlhaus und das Rathaus. Gegen den stürmischen Wind, welcher das Flammenmeer wild von Haus zu Haus jagte, war nicht aufzukommen, auch trat Wassermangel ein. Ein tragisches Schicksal ist es, daß vor 100 Jahren, am 8. September das ganze Städtchen ebenfalls ein Raub der Flammen wurde.
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* Altensteig, 19. September. Die letzten Sommertage haben wir nun erreicht, der Herbst beginnt uns zu regieren, ein Sinken der Temperatur bis auf 1 Grad unter Null trat bereits in den letzten Nächten ein, Bohnen und Gurken sind in den Gärten erfroren. Gelb, rot, braun nnd grau
, ficht es schon vielfach draußen im Freien aus, und das ! Grün, das dazwischen sich zeigt, als letzte Erinnerung a» den längst entschwundenen frischen Lenz wird nun spärlicher ' und spärlicher. Mit der Ernte ist's jetzt in der Hauptsache vorüber, es gilt nur noch die Kartoffeln und die sonstigen Brachfrüchte zu ernte« und die Erträge der Obstbäume eiu- zuheimsen, das günstige Wetter fördert diese Arbeiten. Mit dem heurige» Jahrgang kann der Landwirt wohl befriedigt sein und wir wollen nur wünschen, daß die kommenden Monate auch dem Geschäftsmann einen regen und ungestörten Geschäftsbetrieb bringen.
* (Strafkammer Tübingen.) Der 18jähr. Verwaltnugs- kandidat Adolf Treiber aus Dobel war im Mai Privatgehilfe des Verwaltungsaktuars Bätzner in Wildbad. Um jene Zeit waren bei der Verwaltung der Staatsschuldenkasse in Stuttgart Coupons einer ihrer Schuldverschreibungen mit gefälschtem Fälligkeitstermine eingelanfev. Als Täter wurde Treiber ermittelt, der einräumte, daß er aus einem in seinem Kanzleizimmer aufbewahrten Aktenfach, in welchem sich eine Württ. Staatsobligation über 500 Mk. Kapital — eine Kaution des Fabrikanten Luig in Illingen — befand, die Zinsscheine zu dieser Schuldverschreibung vom 1. Mai 1904 bis 1. Mai 1914 entwendet und nach Fälschung der letzten Ziffern der Jahreszahl (er datierte die Fälligkeitstermine alle auf die Jahre 1900—1904 zurück) drei Stücke an Wildbader Einwohner in Zahlung gegeben und aus die Coupon jeweils falsche Name» des Ausgebers gesetzt habe. Wegen Münz- verbrechens und Urkundenfälschung angeklagt, brachte Treiber vor, er sei in arger Geldverlegenheit gewesen, weil ihm sein Gehalt nicht regelmäßig ausbezahlt worden sei. Emen Teil der gestohlenen Zinsscheine will der Angeklagte vernichtet haben. Ehe der Angeklagte bei Bätzner Stellung fand, war er bei Schultheiß Allinger in Dobel beschäftigt und unterschlug diesem einen zur Versendung durch die Post bestimmten Betrag von 50 Mk., der aber wieder ersetzt wurde. Im Februar 1902 war der Angeklagte aushilfsweise bei
> dem damaligen Stadtschultheißen Beutter in Herrenalb be-
schäftigr. Beutter hatte ihm 95 Jnvalideoversicherungsmarken übergeben. Bei seinem Weggänge nahm Treiber die Marken im Werte von 25 Mk. 46 Pfg. mit, um sie für stch zu verwenden. Er war auch i» diesem Falle geständig. Hätte Treiber bei V^übuuz des Münzverbrechens das 18. Lebensjahr schon zurückgelegt gehabt, wäre er der Zuständigkeit des Schwurgerichts verfallen gewesen. Treiber wurde zu 5 (-2 Monaten Gefängnis verurteilt.
* Kottweil, 17. Sept. Ein schweres Unglück ereignete stch hier heute Samstag früh kurz vor ^8 Uhr, indem das große Haus des Buchbinders Gratwohl in der Hauptstraße, welches zur Zeit umgebaut wird und bereits seiner Vollendung eutgegeng'lua, Plötzlich zum größte» Teil iu sich zusamrnen- stürzte. Zwei oder drei Arbeiter befinde» sich znr Zeit (9 Uhr vormittags) noch unter den Trümmern und sind jedenfalls tot. Die Bergung der Verunglückten ist sehr schwer. Die Zufahrtsstraßen sind abgesperrt, da der noch stehende Teil des Hauses einzustürzen droht.
* (AerfHiedeues.) Die Unsitte, daß nach Gemeindewahlen von den Wirten groge Quantitäten Wem iu und vor den Wirtschaften an das Publikum unentgeltlich verabreicht werden, hat bei der Schultheißenwahl iu Böckingen zu schlimmen Ausschreitungen geführt. Einem 30 Jahre alte», verheirateten Arbeiter wurde vor einer Wirtschaft der Bauch anfgcschlitzt. Ja einer anderen Wirtschaft wurde dem Wirt mit einem Weiuberghaken die Hand durchschnitten. — Der Bauer Mößner vou Mühlhölzle bei Leinzell wollte Montag abend bei avbrechender Nacht eine» verkauften Stier dem Metzgerlehrling, welcher ihn ab- holeu aber nicht bemeistern konnte, eine Strecke weit führen. Kaum aber waren sie einige 100 Meter vom Hofe entfernt, als der erst 46jährige sonst gesunde und kräftige Mann mit den Worten: »OBub mir ist's weh," plötzlich umsank und starb. Der Schrecken und Jammer der zahlreichen Familie läßt sich denke;'. — Am Freitag wurde em Böckinger Landwirt, der sich zum Obstverkauf ins Weinsberger Tal begebe» wollte, ans dem Bahnhof in Willsbach vom Schlag getroffen und war sofort tot.
* Ja Sieökinge» bei Schaffhansen ist jüngst eia Mann erstickt, weil ihm beim Trinken von Wein eine Wespe in den Hals gekommen und ihn gestochen hatte. Der Tod trat infolge der durch denWrsp.-nstich verursachten Schwellung ein.
* Kerkitt, 17. Sept. Der Lok.-Anz. schreibt: An verschiedenen Stellen im Ausland ist gleichzeitig die Nachricht
s aufgetancht, daß eine Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit , dem Zaren in Skierniewice öevorstebe. An stch hättte bei ! den nahen Beziehungen beider Höfe eine solche Begegnung nichts Auffallendes. Die auch in Deutschland so freudig begrüßte Geburt des russischen Thronerben wäre wirklich schon Anlaß genug zu einem Besuch des Kaisers bei seinen Verwandten in Rußland. Die Herkunft der gegenwärtigen Gerüchte machte eS aber mehr als wahrscheinlich, daß sie von deutschfeindlicher Seite erfunden und hauptsächlich der in Japan und Amerika betriebenen Hetzerei gegen das Reich dienen sollen.
* Die Krankenversicherung der Hausgewerbetreibenden soll durch ein besonderes Reichsgesctz oder eine Novelle zu dem vorhandenen Kraukenversicherungsgesetz geregelt werden. Zur Vorbereitung hat die zuständige ministerielle Instanz überall Erhebungen veranstaltet. Vor 1906 dürfte aber das neue Gesetz nicht zu erwarten sein.
ss Um eine allgemeine Umfrage über Lage und Wünsche des Mittelstandes zu ermöglichen, sollen in den Reichs- haushaltsetat für 1905 Mittel eingestellt werden. Das wäre ja sehr erfreulich und ein bedeutsamer erster Erfolg der Mittelstands-Bewegung.
* Die Berl. Polit. Nachr. berechnen den Fehlbetrag im Reichshaltsetat für 1905 auf 80 Millioven Mark.
0 Nach Südwestasrika gehen am 30. September als Ersatztruppen von Hamburg ab: 16 Offiziere und Beamte, 8 Portepeeunteroffiziere und 386 Mann. — Wie schwer das Leben unserer wackeren Truppen in dem schwarzen Erdteil ist, geht wieder ans einem Briefe hervor, den ein Feldwebel im 2. Feldregiment an seine Eltern in Leipzig richtete. Wir entnehmen ihm nach den Lpz. N. Nchr. folgendes: „Am Tage brennt die Sonne senkrecht hernieder und des Nachts ist es schrecklich kalt. Wir besitzen nur eiue Decke, die Zeltbahn und den Mantel, um uns vor der Kälte zu schützen. Auf dem Marsche wurden tageweise 60 bis 70 Km. geritten. Unsere Pferde bekamen keinen Hafer mehr zu sehen und mußten von dürrem Gras leben, was man hier afrikanische Weide nennt. Das Wasser ist rar und schlecht; wir müssen es stets kochen. Gestern haben wir seit Karibik wieder Brot erhalten. O, wenn