Merrrspttcher Nr. LI.

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Mr. 138.

Von ünk

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Donnerstag. 8. September.

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! 1904

Ministerpräsident Combes über Frankreichs Verhältnis zur Kurie.

Auf eine Ansprache des protestantischen Geistli en ant­wortete Combes bei einem Bankett in Auxerre: Die repu­blikanische Bevölkerung habe ein Recht, über die Absichten der Regierung aufgeklärt zu werden. Die Politik der jetzigen Regierung stehe nicht im Verdacht, phrasenhafter Empfehl­ungen zu bedürfen. Combes huldigt sodann dem Andenken Waldcck-Rousseaus, der trotz aller klerikalen Bemühungen, sich seiner Leiche zn bemächtigen, doch der republikanischen Partei angehöre. Combes zählt daun die Erfolge bei den Generalratswahlen auf und fährt fort: Unsere Politik hat das einzige und letzte Ziel, die weltliche Gesellschaft der Republik von jeder Abhängigkeit in kirchlichen Dingen zu befreien. Alle unsere Handlungen habe» von Anfang an wohlbedacht dieses Ziel verfolgt, und deshalb erleiden wir besonders den Haß aller reaktionären Parteien, die durch die klerikale Reaktion unter sich verbunden find. Vor zwei Jahren gab es noch 16 904 Ordensschulen. Wir haben davon bereits 13 904 geschlossen und weitere 500 sollen im Budgetjahr 1905 verweltlicht werden. Combes führt sodann aus, wie das Kaiserreich und die Monarchie sich mit dem Konkordat abfanden. Unter der dritten Republik hat die römische Kirche mit rücksichtsloser Kühnheit das Konkordat zur Befestigung ihrer Gewalt ausgebeutet, indem sie es in allen Bestimmungen verletzte, welche die Rechte der zivilen Staatsgewalt schützen sollten. Die Bischöfe lehnten sich lär­mend gegen die Regierung, Behörden und Gesetze des Lan­des ans und Rom lehnte systematisch ab, cwzuerkenne», daß die Regierung das Recht besitze, die Bischöfe zu ernennen. Rom hat ein System der Willkür eingeführt und maßregelt selbst Geistliche, weil sie die Landesgesetze achten. Diese Verletzungen des Konkordats haben fortgedauert und sich sogar verschlimmert, obwohl der Vatikan gewarnt war, daß eS sich um die Existenz des Konkordats drehe. In diesem Augenblick wäre die Geduld und das Schweigen unser­seits nicht nur eine gefährliche Schwäche, sondern sogar ein offener Verzicht auf unsere Rechte gewesen.

Combes schließt: Wir waren gezwungen, entweder einen flammenden Protest zu erheben oder die Republik zu verraten. Die Kurie hat das Konkordat zerrissen, und mir persönlich liegt gewiß die Abficht fern, cs wieder zusammeu- zusticken. Das wäre verlorene Zeit und falsches Spiel gegenüber den Republikanern. (Stürmischer Beifall.) Der Vatikan hat selbst das Konkordat aufgebcn wollen, denn indem er cs von seinen organischen Artikeln trennte, wußte er, daß Frankreich das Konkordat ablehnen müsse, wie es das schon unter dem Kaiserreich selbst getan hätte. Unsere Republik wird sich also von der Kirche trennen nach beider­seitigem Ucbereinkommeu. Das ist eine Ehescheidung aus gegenseitiger Abneigung mit der ernsten Unterlage, daß es sich um eine Verschiedenheit der radikalsten Grundsätze han­delt. Unsere republikanische Partei wird der Trennung zu­sammen im Sinne des sozialen Friedens und der religiösen Freiheit. Das Parlament wird einen vom Deputierten Bri- and vorbereiteten Entwurf erhalten, der eine güte Basis zur Debatte darstellt, weil er in versöhnlichem Sinne abgefaßt ist. Aber die klerikale Partei wird auf der Hut sein und alle Republikaner müssen sich in dieser Debatte weitherzig und wohlwollend erweisen. Dann wird die wirkliche Frei­heit daraus hervorgehen unter der Souveränität des Staa­tes. Man droht uns mit Entziehung des katholischen Pro­tektorats im Orient. Diese Drohung schreckt uns nicht. Das alte Frankreich stellte seine Macht in den Dienst der Kirche, die ihrer bedurfte. Wir achten heute unsere alten Bertragspflichien, aber das neue Frankreich hat nickt mehr des Ehrgeiz, die bevorzugte Tochter der Kirche zu sein. Es verdankt sein Ansehen seiner materiellen Macht und den Ideen der Menschlichkeit und Gerechtigkeit, womit es sich regiert und die ihm die Achtung der Welt verschaffe». Des­halb lassen wir uns durch keine Drohung unter das rö­mische Joch beugen. (Stürmischer Applaus.) Combes be­tont, daß die übrigen Staaten auch im Orient wie überall ihre Angehörigen selbst beschützen, wodurch das französische Protektorrat seine Bedeutung vollends verloren habe.Das Parlament," so endet Combes, könne noch vor Neujahr neben dem Budget auch das Militärgesetz und die Reform der Einkommensteuer erledigen. Alsdann werde er sofort nachdrücklich die Diskussion über die Trennung des Staats und der Kirche verlangen und er hoffe auf die bisher be­währte Einigkeit aller Republikaner.

Tagespolitik.

DieHamburger Nachrichten" bedauern, daß man den Sedautag in den letzten Jahren so geräuschlos hat

vorübergehen lassen. Das Organ des verewigten Fürsten > Bismarck schätzt dasEiserne Kreuz" höher als dieChina- ! Medaille" und meint, daß wir gerade in unseren Tagen alle Ursache haben, der Lehre von Sedan eingedenk zu sein. ! Diese Lehre besteht darin, daß jeder Staat, vielleicht lang- ' sam aber sicher einer Katastrophe entgegengeht, dessen innere ! Tüchtigkeit an Haupt und Gliedern unter der Herrschaft ' des äußeren Scheines und der hohlen Phrase Einbuße im ' Vergleich mit seinen stärkeren und innerlich festen Nachbarn erleidet. Und oft treten Schicksalsumschwung und Kata­strophe schneller ein als man denkt. Was war das Paris von 1867 herrlich und mächtig! Die damalige Weltaus­stellung stellte sozusagen den Gipfelpunkt des Glanzes des zweiten Kaiserreichs dar. Kaiser und Könige, Fürsten und Völker eilten nach der glänzenden Stadt an der Seine, um in Staunen und Bewunderung zu vergehen. Vergessen wir nicht, daß Paraden, Feste und sonstige Veraustaltungen, so glänzend und befriedigend sie verlaufen mögen, doch keine Beweiskraft dafür besitzen, daß wir den Aufgaben gewach­sen sind, denen wir uns plötzlich einmal gegenüber gestellt sehen könnten . . . Nur die Erregung von Furcht und Be­sorgnis hält im Zaume, nicht die Bekundung von Entgegen­kommen und Aaschlußbedürfnis. Letzteres ist, so lange die Welt steht, immer als Schwächesymptom aufgefaßt worden, und das wird auch so bleiben, so lange die menschliche Natur sich nicht ändert.

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England beginnt sich von den Wunden zu erholen, die ihm der südafrikanische Krieg geschlagen hat. Aber im allgemeinen ist die wirtschaftliche Lage des Landes nicht so rosig, wie der an die Blüte seines Landes gewöhnte Brite es wünschen möchte. Der englische Schatzsekretär gestand am 19. April im Unterhause, die große Welle des Wohl­standes, deren England sich viele Jahre hindurch erfreute, scheine ihre Kraft verbraucht zu haben, und eine Periode minder ertragreicher Jahre scheine nunmehr über das Land zu kommen. Der Wettbewerb des Auslandes sei schärfer als je zuvor, und Absatzmärkte, in denen mau Englands Überlegenheit für sicher ansah, seien in zunehmendem Maße bedroht. Wenn solche Worte von so hervorragender Stelle ausgesprochen werden, sind sie nicht ohne tatsächliche Unter­lage.

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Die furchtbaren Niederlagen Rußlands in Ostasien be­deuten den Niederbruch des russischen Regiernngssystems, das allen modernen Forderungen sich verschloß. Die rus­sischen Machthaber hatten sich in der trügerischen Hoffnung gewiegt, daß cs genüge, moderne Kanonen, Panzerschiffe und Torpedoboote zu beschaffen, nm siegreich im Kriege be­stehen zu können. Sie übersahen aber, daß nur die strengste öffentliche Kontrolle durch Parlamcni und freie Presse die Verwaltung eines modernen Staates so beaufsichtigen kann, dsß sie auch im Ernstfälle ''nktioniert, daß nur die öffent­liche Meinung imstande ist, alle Diebe im Zaum zu halten, welche die Magazine plündern wollen, die sie beaufsichtigen sollen, alle Schurken zu entlarven, die mit betrügerischen Lieferanten unter einer Decke stecken, und alle Ignoranten zu brandmarken, die durch Protektion an verantwortungs­volle Posten gelangt find. Sie vergaßen, daß charaktervolle Menschen, auf die man sich in der Not verlassen kann, nur da heranreifen, wo eine eherne Rechtspflege jedem recht­schaffenen Bürger Ehre, Leben und Besitz garantiert. Sie vergaßen aber auch, daß sich geistige Analphabete wie eine Hammelherde leiten lassen, daß man aber mit noch so vielen Hammeln nichts anfangen kann, wenn man von wilden Tieren angegriffen wird."

-HandüSnachrichLen.

* Akteusteig, 7. Sept. Des Königs Rock müssen nun bald viele junge Leute cmziehen, den mancher Mann mit Stolz und Achtung getragen hat. In der Zeit, die bis zum Eintritt in das Regiment zur Verfügung steht, muß noch mancherlei erledigt werden. Wir möchten die Militärpflich­tigen daran erinnern, etwa rückständige Staats- und Ge­meindesteuern sofort zu bezahlen, damit eine Zwangsvoll­streckung durch den Antrag beim Regiment vermieden werde. Im Uuvermözensfalle ist ein Gesuch um Erlaß von Steuern bei der zuständigen Ortssteuer-Einnahme einzureichen. Ebenso seien die demnächst zu ihren Truppenteilen abgehenden Re­kruten darauf hivgewiesen, daß sie, sofern sie der Jnvali- ditäts- und Altersverstcherungspflicht unterliegen, ihre Quitt­ungskarte sorgfältig aufzubewahren haben. Die Militärzeit wird so berechnet, als wären unterdessen die Beiträge voll­ständig bezahlt worden.

-n. Kvhause«, 6. Sept. Am letzten Sonntag nach­mittag veranstaltete der hiesige Turnverein ein Abturnen

verbunden mit Preisturnübungen. Nachmittags 3 Uhr zog die jugendliche Schar unter Begleitung der alten Altensteiger Musikkapelle durch das Dorf zum Uebungs- platz am Wald gegen Ebershardt, wo Marsch-, Stab-, Kletter-, Kraft- und Laufübungen abgehalten wurden. Zu dem öffentlichen Turnen hatten sich Vertreter der Turn­vereine aus der Nachbarschaft eingefunden, sowie viele hiesige Bewohner, so daß das Schauturnen sich nach und noch in ein hübsches Waldfest verwandelte, verschönt durch die ansprechenden Weisen der Alteusteiger Musik. 6 der Zöglinge wurden mit Preisen bedacht, nämlich Karl Sch ött le, Hermann Palm, Georg Werner, Johs. Herter, Christ. Dengler und Karl Ziefle.

-n. Magold, 5. Sept. Unter sehr zahlreicher Beteiligung der Bewohner aus Stadt und Laad wurde gestern hier das Bezirksmisfionsfest abgehalteu. Zu Beginn des Festes sprach Dekan Römer das Eingangsgebet und zog einen Vergleich in seiner Ansprache zwischen den Naturvölkern, welche Gott ihre eigenen Wege gehen ließ und den Christen, die sich selbst von Gott entfremden. Dort wie hier sei Verderben und Verdammnis die unausbleibliche Folge. Missionar Seeg er, früher auf der Goldküste iu Afrika tätig, schilderte die Entstehung einer Christengemeinde mit allen Schwierig­keiten und Hindernissen; aber auch von freudigen Er­fahrungen konnte der Redner aus der dortigen Gegend be­richte» bezüglich des Fortgangs der Christianisierung. Seine wie die Ansprache des folgenden Redners, MisfiouarGöhriug aus Kamerun, fesselten die zahlreichen Zuhörer. Letz­terer entwarf ein ergreifendes Bild von der traurigen Lage der schwarzen Frauen in Kamerun. Alle Anerkennung zollte der Redner dem Vorgehen der deutschen Reichsregierung in Kamerun, die zur Besserung des traurigen Loses der schwarzen Frauen schon manche erfolgreiche Schritte getan habe. Ja einem Schlußwort faßte Stadtpf. Faut die von den Vorrednern angeregten Gedanken zusammen und empfahl das Missionswerk den Freunden desselben zur Fürbitte und tätigen Unterstützung. Mit einem ernstlichen Gebet für das Werk der Mission schloß der letzte Redner das würdige Fest.

-n. Nagold, 6. Sept. Ja letzter Zeit ließ der 10. land­wirtschaftliche Gau-Verband Württembergs durch eine Kommission Sachverständiger, bestehend aus Laudestier- zucht-Inspektor Oekonomierat Fecht, Oberamtstierarzt Schleicher in Freudenstadt, Oekonom Link in Tröllens- hof und Gutspächter Fariou auf Hof Dicke, im Simmen­tal 37 junge Farren und 6 Kalbein aufkaufen. Gestern wurden diese auf dem hiesigen Stadtacker an Gemeinden und Privaten veräußert. Die Farren galten 450 bis 980 Mk. das Stück, während für Kalbeln von 500 bis 920 Mk. für einzelne Tiere bezahlt wurde». Durchweg wurden die reinrassigen Zuchttiere von den Viehbesttzera als sehr schön bezeichnet. Wie wir hören, ist eine erheb­liche Mehreinnahme über den Selbstkostenpreis erzielt worden, die den Käufern zugute kommt. Wünschen und hoffen wir, daß das Unternehmen des 10. Gauverbandes für die Hebung der Viehzucht in unserer Gegend vom besten Erfolg gekrönt sein möge.

-b. NfalMafenrveiler, 6. Sept. Durch Maueranschläge wurde auf letzten Sonntag nachmittag die hiesige Ein­wohnerschaft zum Besuch desKurtheaters von Pfalz­grafenweiler" in den Schwauensaal eingeladen. Die Theater- gesellschaft setzte sich zusammen aus der teils die Schule noch besuchenden, teils aus derselben entlassenen Jugend vom Haus Fezer und einer zur Luftkur hier weilenden Cannstatter Familie. Nachmittags 3 Uhr fand eine Vor­stellung für Kinder, abends 7 Uhr eine solche für Er­wachsene statt. Gespielt wurdeSchneewittchen". Die prächtige Toilette des Prinzen Waldemar wurde aus Stutt­gart geliehen, die Kostüme für die übrigen Spieler wurden von hier geliefert. Der Besuch beider Vorstellungen war jedesmal ein über Erwarten glänzender. Die Darsteller der Rollen setzten all ihr Können ein; daher verfolgten sämtliche Zuschauer mit Aufmerksamkeit den Verlauf dev ergreifenden Spiels. Da auch die Szenerie entsprechend den verschiedenen Akten aufs trefflichste hergerichtet war, so befriedigte das Spiel in allen seioen Teilen und die Zu­schauer ließen es an ihrem Beifall nicht fehlen. Bei der nun folgenden geselligen Unterhaltung sprach daher Hr. Dr. Levi aus den Herzen aller Anwesenden, als er dem Leiter, wie den Mitwirkenden für den genußreichen Abend dankte.

-l. Grömvach, 5. Sept. Das A. Weikert'sche Anwesen, Spezereihandlung mit hübschem Garten, ging heute durch Kauf in die Hände der Schullehrerswitwe Renz von Garr- weiler-Effringen um die Summe von 7800 Mk. über. Die Uebernahme erfolgt am 1. November d. I.

-I. Hrömöach, 5. Sept. Eingedenk des alten, schönen