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Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage »Der Sonntags-

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Nr. 133.

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Dienstag. 30. ArrgrrS.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

Amtliches

Die Schwurgerichtssttzungen des III. Quartals pro 1904 be­ginnen in Tübingen am Montag den 36. September vormittags 9 Uhr, in Rottweil am Dienstag den 37. September vormittags 9'/, Uhr.

Die erledigte Pfarrei Effringcn ist zur Bewerbung ausgeschrieben.

Tagespolitik.

»Als wir jüngst in Regeusburg waren ..." Beim Zentrumstag in Regensburg hat es, so meldet das Deut­sche Bolksblatt, auch ein kleines Schwabentägchen gegeben. Nachdem der ritterschaftliche Abgeordnete Graf v. Bissingeu die Versammlung begrüßt hatte, sprach der Reichstags-Ab­geordnete Erzberger über Adel und Volk. Er meinte, die katholischen Wüntemberger haben erst in den letzten Mo­naten Gelegenheit gehabt, einzusehen, wie der Adel ein Kleinod des katholischen, des christlichen Volkes verteidigt habe. Inniger Dank des katholischen Volkes sei deshalb dem Adel gesichert. Politisch naive Leute haben geglaubt, die Standesherren würden Wohl anders gestimmt haben, wenn sie die jetzige Hetze vorausgesehen hätten. Allein die Standesherren haben zum voraus gewußt, um was es sich handelt, und doch haben sie so gestimmt, wie sie sich iu ihrem Gewissen verpflichtet gehalten haben. Darauf gab es einen allgemeinen Umtrunk auf dieEinigung des katho­lischen Volkes' und dann eine mit einem Hoch auf das Zentrum im Reichstag und Landtag schließende Daukrede des Erbprinzen von Löwenstein, in der dieser die Hoffnung aussprach, durch die .Hetze' in Württemberg werde der württembergischen Regierung ein Licht aufgehen, was für Leute es feie», die hier auf ihrer Seite stehen. (Die Ultra­montanen mögen doch auch ein bischen bedenke», daß sie mit dieser Auffassung nur sich selbst täuschen; in der vor­liegenden Sache steht in Württemberg außerhalb des Zen­trums bekanntlich so ziemlich alles auf einer Seite; so bemerkt dazu der Merkur.)

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Seit Abschluß des Frankfurter Friedens haben die deutschen Katholikentage nicht aufgehört, die Wiederher­stellung der weltlichen Macht des Papstes, die Wiederauf­richtung des Kirchenstaates zu fordern. Speziell an das junge deutsche Reich wurde diese Forderung gerichtet, ob­wohl es von vornherein klar war, daß ihr nicht enlsprocheu werden konnte. Lagen doch dem weitausschauenden da­maligen deutschen Reichskanzler schon zu jener Zeit die Dinge klar vor Augen, die folgen würden: Das Bündnis mit Oesterreich-Ungarn, dem sich später Italien anschloß. Im Laufe der Jahre wurde denn auch die Forderung auf Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes seitens der deutschen Katholikentage nicht speziell an das deutsche Reich gerichtet, als vielmehr im allgemeinen erhoben. Auf dem in der vergangenen Woche in Regensburg abgehaltenen Katholikentage wurde nun zum erstenmale die alte Forder­ung nicht mehr erhoben. Es lag dort vielmehr ein Antrag vor, der dem Papste die Annahme der ihm von der ita­lienischen Krone durch die Garantiegesetze zugestcherten jähr­lichen Rente von 3^ Millionen Lire empfohlen, und der Wunsch ausgesprochen, daß sich hinfort auch die treuen Anhänger der Kirche in Italien an den staatlichen Wahlen beteiligen möchten. I« Regensburg wurde auf die aus­drückliche Forderung der Wiederherstellung des Kirchen­staates vollständig verzichtet und lediglich der Wunsch nach der Erzielung eines Zustandes ausgesprochen, dem auch der Papst seine Zustimmung geben könne. Das ist noch nicht der Verzicht, kommt ihm aber nahe. In dem Verlauf des Regensburger Katholikentages wird man einen Beweis da­für erblicken dürfen, daß auch in Rom die Neigung zur Versöhnung im Wachsen begriffen ist.

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Man hat berechnet, daß die Bevölkerung des Deutschen Reichs jetzt auf über 59 Will, gestiegen ist und bei der nächsten Volkszählung im Dezember 1905 über 60 Mill. betragen wird. Im Jahre 1855 wurden auf dem Gebiete des heutigen Deutschen Reiches 36 Mill. Einwohner ge­zählt, die Bevölkerung hat also in diesen 50 Jahren um 24 Mill. oder 66Vz Prozent Angenommen. Diese Ziffer reicht hin, die gewaltigen Wandlungen zu erklären, die seit­dem im ganzen Leben unseres Volkes eingetreten sind, die Anspannung aller Kräfte auf allen Gebieten, das Vorwärts- drängeu jedes einzelnen, die Bemühungen der Landwirtschaft um Steigerung der Ertragsfähigkeit des Bodens, die An­strengungen des Handels zur Erweiterung des Exports. Das ganze nervöse Hasten der Gegenwart ist diktiert von der Notwendigkeit, auf demselben Boden, der vor 50 Jahren 36 Mill. ernährte, heute 24 Mill. mehr zu ernähren.

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Man hat es früher mit einer gewissen Befriedigung wahrgenommen, wenn die Zahl der ausländischen Studenten an unseren Hochschulen zuuahm, man hat sich fast ge­schmeichelt gefühlt. Nach und nach hat man aber ein- geseheu, daß dieser Besuch uns einen sehr zweifelhaften Ge­winn bringt. Es kommen minderwertige Elemente in unser Land, sie machen sich breit und beengen unfern einheimischen Studierenden den Raum. Wir haben aber gar keine Ver­anlassung, auf nuferen Hochschulen, besonders den technischen Hochschulen, uns künftige Konkurrenten heranzubilden. Man wird immer mehr auf Einschränkung dieses großen

Zuzugs aus dem Auslände Bedacht nehmen müssen.

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Eine wichtige Postreform ist in Aussicht. Deutschland, England nnd Amerika sollen nach einer Erklärung des amerikanischen Generalpostmeisters Payue geneigt sein, gegen­seitig das Znlandporto rinzuführeo. Ein Brief von Deutsch­land nach England oder Nordamerika würde alsdann nur noch 10 Pfg kosten. Auch sollen täglich Postdampfer ab­gelassen werden und eintreffen.

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Die Streikkosten im Jahre 1903 werden von sozial­demokratischer Seite auf mehr als 5 Millionen Mark ange­geben. Hierzu kommen noch rund 10 Millionen Mark an Arbeitsverdienstausfall. Allein der Krimmitschauer Weber­streik kostete 885 022 Mark und an Arbeitsverdienst gingen 1,7 Millionen Mark verloren. In den Jahren 1890/1903 belief sich nach einer Aufstellung desGenossen' Legien die Gesamtausgabe der Gewerkschafte« für Ausstände 24,1 Millionen Mark, ungerechnet die Lohnausfälle! Der Verlust an Arbeitstagen betrug über 6 Millionen. Zahlen beweisen, besonders iu diesem Falle! Mit den großen Aufwendungen vergleiche man das tatsächlich Erreichte. Biel mehr als Null ist eS nicht.

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Die Besorgnis, die österreichische Politik könnte sich dem Deutschtum abweuden uud dem Tschechen- und Poleu- tum zuweudeo, drängt sich trotz verschtedentlicher Dementis immer stärker auf. Nach einer Audienz bei dem Kaiser hat sich der österreichische Ministerpräsident, Baron von Körber, nach Galizien begeben, um dort eine größere Inspektions­reise zu unternehmen. Von Krakau aus, wo der Minister bereits in der vergangenen Woche eingetroffen ist, sollen Lemberg und Przemy'l besucht werden. Dem Minister- prändenten zu Ehren werden insgesamt 14 Mahlzeiten und Empfänge veranstaltet, zumeist bei polnischen Magnaten. Schon diese Aeußerlichkeit deutet auf eine Zurücksetzung des Deutschtums. Den nämlichen Eindruck ruft die von der Re­gierung mit Aufwendung des stärksten Druckes durchgesetzte Einführung slavischer Parallelklassen in den deutschen Schulen Oesterreichisch-Schlesiens hervor. E- scheint darnach in der Tat, als sollte Baron von Körber in die Fußstapfen Badenis treten. Das würde aber für die habsburgische Monarchie keinen Schritt vorwärts, sondern einen solchen rückwärts be­deuten. In Oesterreich-Ungarn sind die Deutschen die wirk­lichen und bewährten Kulturtträger, Tschechen, Polen und Slaven aber der Hemmschuh jeder gesunden Entwicklung. * * *

In Italien droht abermals ein allgemeiner Streik der Eisenbahnbediensteterr. Sie haben vor zwei Jahren durch die Drohung, in den Ausstand zu treten, dem Staate 20 Millionen für die Verbesserung ihrer Lage abgerungen, und nun stellen die Führer der Bewegung neue Forder­ungen, deren Bewilligung eine Ausgabe von 36 Millionen bedingen würde. Die Regierung scheint entschlossen, nicht nachzugeben, sondern strenge Maßregeln zu ergreifen. Mau wird im Notfall sämtliche Reservisten und Landwehrleute im Eisenbahndienst einberufen und dadurch unter die Mili­tärgesetze stellen. Eine römische Depesche desTemps'deutet an, man wolle gerichtlich gegen die Führer der Streikbe­wegung Vorgehen.

L«nbesnQ(HricHLen.

* Akteustekg, 29. Aug. Die köstliche Zeit der Reife aller Früchte ist da. Da gilt es, besonders auch den großen Heilwert des Obstes recht zu würdigen. Noch immer be­steht das Vorurteil, Obst sei Luxus, denn es habe keinen rechten Nährwert. Das ist Irrtum. Alle Obstarten ent­halten reichlich Zucker und auch etwas Eiweiß. Unersetzlich durch andere Nahrungsmittel ist ihr Gehalt an blutbildenden und mineralischen Salzen, sowie an aromatischen Frucht­säuren. Diese begründen den noch viel zu sehr unter­schätzten diätischen Wert der Obstfrüchte. Denn sie lösen viele Krankheitsablagerungen (harnsaure Salze) im Körper auf, regen Appetit und Verdauungen wohltätig an. Saftiges Obst stillt den Durst und erfrischt Gesunde und Kranke.

Für Kinder gibt es nichts köstlicheres. Nur muß mau reifes und gutes Obst kaufen; die Ausgaben dafür find nützlicher als für viele andere, viel teurere Nahrung-- uud Geuußmittel. Eine Art Obstkur bewahrt vor vielen Krank­heiten und läßt sich ohne Zeitverluste im Berufe durch­führen. Man esse jedoch Obst nicht unmäßig zwischen den ander» Mahlzeiten, nicht mit schwerverdaulichen sauren uud sehr fetten Speisen zusammen. Obst uud Bier schließen sich in der Regel aus. Obst, Milch uud Brot gehören zusammen.

* Attensteig, 29. August. Wie weit heutzutage die Fürsorge mancher Fabriken für ihre Arbeiter sich erstreckt, darüber gibt die Bestgheimer Trikotwarenfabrik ein rühm­liches Beispiel: Schon mehrere Sommer sendet sie Arbeiter, welche längere Zeit in der Fabrik beschäftigt find unter Fortbezahluug des Lohns auf Geschäftskosten abwech-luugsweise zur Luftkur nach Beraeck. Die Dauer des Aufenthaltes ist gewöhnlich 10 Tage. Ein solch' humanitäres Vorgehen wird natürlich von den Arbeitern mit Freuden begrüßt und muß ihm von allen Menschenfreunde» volle Anerkennung gezollt werden.

* Den zur Hebung eingezogeoen Laudwehrleuteu und Reservisten wird von der Militärbehörde bezüglich der Lohn­zahlung eine bemerkenswerte Belehrung erteilt. Die Leute werden darauf hingewiesen, daß in Fällen, wo eine recht­zeitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgt sei, der Arbeitgeber verpflichtet sei, dem Arbeitnehmer auch für die Zeit einer militärischen Üebuug den Lohn weiter zu zahlen. Es sei indessen zulässig, daß der Arbeitgeber von dem Lohn die dem Arbeitnehmer von der Militärverwaltung gewährten Beiträge zur Verpflegung und Löhnung in Ab­zug bringe. Wenn jedoch eine rechtzeitige Kündigung er­folgt sei, so habe der Arbeitnehmer, auch weuu er nach be­endigter Militärübung wieder in den alten Posten eintritt, selbstverständlich keinen Anspruch auf Lohnzahlung für die Zeit der Hebung.

* Kvtzause», 26. Aug. Der hiesigen Gemeinde wurde zu der im vorigen Jahr ausgeführten Wasserversorgungs- anlange nachträglich ein Staatsbeitrag von 1700 Mark bewilligt.

* Aeseufkld, 25. Aug. Eine stattliche Zahl von Lieb­habern hatte sich zu dem Waldverkauf eingefunden, den am gestrigen Tage Herr Privatier Eber aus Wiesbaden im hiesigen Orte abhielt. Nur ein Teil der Waldungen etwa 170 Morgen wurde in kleineren Teilen au ver­schiedene Interessenten verkauft und dafür die Summe von ca. 450 000 Mark erlöst. Der größere Teil verbleibt, da Angebote nicht erfolgten, dem bisherigen Eigentümer.

* Kuzenöach, 25. Aug. Heute mittag verbreitete sich

auf und ab das Gerücht, die Besenfelder Tanne, stunden­weit in der Gegend sichtbar und wohl einer der größten Schwarzwaldriesen, brenne im obersten Gipfel. Mau lachte über das Gerücht und schenkte demselben keinen Glauben. Aber gegen Abend zeigte es sich, daß es leider auf Wahr­heit beruhe. Der Gipfel der Tanne hatte vielleicht in­folge von Selbstentzündung Feuer gefaßt und der Baum brannte ein hochinteressantes Schauspiel für die vielen Zuschauer der umliegenden Orte von oben nach unten. Bald flammte das Feuer lichterloh in die Höhe, bald schien es in sich zu versinken einem flackernden Sterne au Größe gleich. Eine Anzahl Feuerwehrleute rücken heute abend zur brennenden Tanne ab, deren Standort 820 Meter hoch sich im Forstrevier Klosterreichenbach zwischen Besenfeld und Huzeabach befindet. Doch lag eine größere Ge­fahr für den umgebenden Staatswald nicht vor, da voll­ständige Windstille herrscht und der Boden infolge der starken Regengüsse der letzten Tage viel Feuchtigkeit besitzt. Die große Tanne war früher der Sammelplatz der Jäger und bis in die neueste Zeit um ihres hohen Alters uud ihrer bedeutenden Größe willen von Schwarzwaldfreunden und Touristen viel besucht. Sie hatte, in Brusthöhe ge­messen, eine ungefähre Höhe von 30 Metern und einen Umfang von 4l/z Metern. Bon der Forstverwaltuug wurde die ehedem prachtvolle, von der ganzen Umgegend wie ein Heiligtum verehrte Tanne, die leider seit etlichen Jahren gänzlich abgestorben war, nicht zur Fällung gebracht und den Schwarzwaldstürmen leistete sie wegen ihrer Dreh­wüchsigkeit kräftigen Widerstand. (Gr.)

* Sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum als Ortssteuer­beamter feierte am 22. d. M. der 83jährige Stadtschultheiß und Ortssteuerbeamte Wiedenmayer in Aaveksteiu. Aus diesem Anlaß wurde dem Jubilar seitens des K. Finanz­ministeriums ein Ehrengeschenk von 50 Mk. zuteil, welches ihm von dem Vertreter des Kamrralamts in seiner Woh­nung überreicht worden ist. Wegen Erkrankung des Jubilars mußte eine beabsichtigte Feierlichkeit unterbleiben.