unterstützt worden. Die Berliner Katholiken seien besonders > übel daran, da sie zwischen Sozialdemokraten einerseits und Evangelischen anderseits eingeklemmt seien.
* Werkiu, 25. August. Dem Deutschtum in Brasilien hat die dortige Regierung bisher nicht besonders wohlwollend gegenübergestanden. Umso erfreulicher ist es, daß der in Porto Alegre begründeten Gesellschaft zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen von Rio Grande do Sul, wo die Deutschen besonders zahlreich vertreten find, die Unterstützung der brasilianischen Regierung zugestchert wurde. Da die Bereinigung besonders das Ziel verfolgt, die Beziehungen Brasiliens zu Deutschland reger zu gestalten, scheint die Regierung in Rio de Janeiro keine Befürchtungen mehr zu hegen, daß Deutschland an Südbrafilien ein politisches Interesse nehmen und sich eines Tages dort territorial feftsetzen könne. Die gelbe Presse New-Aorks malt dieses „deutsche Gespenst" bekanntlich von Zeit zu Zeit an die Wand, unbekümmert um die entschiedenen Av- leugnungen auch seitens des Grafen Bülow.
* Berlin, 26. August. Um für alle Fälle die bisherigen Erträge der Brausteuer sicherzustellen, soll die neue Staffelung so geschaffen werden, daß auf einen Ueber- schuß von etwa 1 Million zu rechnen ist. Von den Entschließungen des Reichstags wird es abhängen, ob es dabei sein Bewenden haben wird oder ob durch eine verhältnismäßige Erhöhung der neuen Staffelsätze dem Reich weitere Mittel Angeführt werden sollen.
ff Berlin, 26. Aug. Der „Lokalanz." meldet aus Bern: Im Simploopaß ist der englische Maler Ashton abgestürzt. Er war sofort tot.
* Aus Berlin wird geschrieben: Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir einer wirtschaftlichen Depression entgegen gehen. Ihre Ursachen find der russisch-japanische Krieg und die große Dürre, die hauptsächlich Futtermangel hervorgerufen hat. Soweit der erstere in Frage kommt, hat ' natürlich Rußland die Folgen in erster Lime zu tragen; i Deutschland nur insofern, als es von dem Nachbar in Mitleidenschaft gezogen wird. In welchem Umfange das der Fall sein kann, läßt sich zur Zeit natürlich noch nicht übersehen; indes hört man schon jetzt ab und zu, daß Fabriken, die hauptsächlich nach Rußland liefern, ihren Betrieb einschrävken, oder gänzlich einstellen müssen.
* Zwischen dem Petersburger uud dem Berliner Hofe herrscht keine Verstimmung mehr. Das andauernde Entgegenkommen des Kaisers Wilhelm hat den Zaren davon überzeugt, daß Deutschland der Freund Rußlands sein will. Nun ist der Bruder des deutschen Kaisers, Prinz Heinrich, zum Paten des russischen Thronfolgers gewählt worden uud Kaiser Wilhelm übersandte dem Neugeborenen einen massiv goldenen Pokal.
* Die Kaffee-Ernte in Usambara (Deutsch-Ostafrika) ist nach dem Jahres-Bericht der Usambara-Gesellschaft für 1903/04 infolge der sehr ungünstigen Witterung sowohl »ach Menge wie nach Beschaffenheit als eine vollständige Mißernte zu bezeichnen.
* Aesnkirche», 25. August. Zur österreichischen Los von Rom-Bewegung ist im Anschluß an die Spitteler Ueber- tritte zu berichten, daß auch hier mehrere aus Oesterreich stammende und den besseren Ständen angehörende Familien in jüngster Zeit zum Protestantismus übergetreieu sind.
* Der gestern von New-Dork in Bremerhaven eingetroffene Schnelldampfer des Nordd. Lloyds, Kaiser Wilhelm der Große, wurde, nach einem Telegramm des Lokal- Anz., auf der Rückfahrt im Atlantischen Ozean von einem schweren Cyclon überfalle», der fast einen ganzen Tag wütete. Trotzdem traf der Dampfer, der nur einige leichtere Schäden auf Deck erlitten hat, ohne Verspätung in Bremerhafen ein.
ff Kamvurg, 26. August. Heute nachmittag 3 Uhr braq in dem Vorderraum des in dem hiesigen Hafen lie
genden spanischen unter englischer Flagge fohreudeu Dampfers „Camprador" Feuer aus; der Dampfer hatte 70 Tonnen Koprah, 256 Sack Salpeter, Eifeuwaren und andere Kaufmanns guter an Bord und sollte morgen nach Spanien abgehen. „Der Brand, der wahrscheinlich durch Selbstentzündung des Koprah entstanden war, nahm solche Ausdehnung an, daß der Borderraum des Dampfers voll gepumpt und auf Grund gesetzt werden mußte, was um 5'/z Uhr gelang. Der Dampfer soll während der Nacht ausgepumpt werden. Menschen find nicht umgekommen.
* Aus Kksaß-Lolhrivge«. Der Unteroffizier Spohr in Straßburg ist auch einer von denen, die seinem Stande nicht zur Zierde dienen. Als er vor einiger Zeit am Schil- tighciwer Wall einige Kinder spielen sah, gab er dem Soldaten Schmid den Auftrag, sie mit dem Besen hinauszu- prügeln. Die Kinder liefen aber davon, ehe sie Schmid erreichte. Das war nicht ganz nach dem Geschmacke des Unteroffiziers. Er rief den Schmid herbei, um ihm zu zeigen, wie man mit dem Besen dreinzuhauen habe, uud hieb so lange auf Schmid ein. bis der Snel abbrach. Der Soldat flüchtete sich hierauf, der Unteroffizier ries ihn zurück, nnd als Schmid dem Befehle Folge leistete, hieb Spohr nochmals auf ihn ein, traktierte ihn später auch mit Fußtritten, indem er ihn zugleich an die Wand stieß. Die Sache kam
zur Anzeige und das Kriegsgericht verurteilte den brutalen
Menscheu zu 3 Monaten Gefängnis. Der Gerichtsherr, der außer dieser Strafe richtigerweise auch Degradation verlangt hatte, legte Berufung ein, und das Oberkriegsgericht erkannte denn auch in diesem Sinne. Soldatenschinder gehören stets degradiert, damit sie keine Soldaten mehr peinigen können!
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ff Fesche«, 26. Aug. Nach amtlichen Feststellungen über die hier avsgebrocdcne Typhusepidemi- wurden von der Krankheit bisher 89 Zivilpersonen und 47 Militär- Personen befallen. Mit Ausnahme einiger Fälle nimmt die Krankheit, deren Grund wahrscheinlich in einer Infizierung der Wasserleitung liegt, einen leichten Verlauf. Der Sanitätsdienst wurde, entsprechend organisiert. Die Zahl der Erkrankungen nimmt ab.
ff Prag, 26. Aug. Der Kaiser hat an den Statthalter Grafen Zoudenhove folgendes Handschreiben gerichtet: Die andauernde Trockenheit und der infolgedessen vielfach herrschende Mangel an gutem Trivkwasser haben mich veranlaßt, die Abhaltung der in der Gegend von Strakonitz geplanten großen Manöver abzusagen.
* A«s de« Alpe«. Am 11. Juli 1892 wurde der Ort Sr. Gervais am Westabhang des Montblanc durch ein eigentümliches Naturereignis verwüstet. In dem Gletscher der Trete Rousfe hatte sich nämlich eine Art von Wasser- tasche gebildet, eine große Höhlung, in der sich die Schmelz- Wasser aufsammelten, bis sie schließlich gewaltsam ausbrachen, in das zur Arve führende Tal hinabstürztcn und auf ihrem Weg entsetzliche Zerstörungen anrichteren. Man vermutete, daß ein solcher Vorgang sich wiederholen könnte und »ahm
infolgedessen bei Zeiten Untersuchungen vor. Nach 8jähriger Arbeit ist es jetzt gelungen, den im Eis gefangenen See, der sich bereits wieder gebildet hatte, anzuzapfen und abzuleiten. Es wurden 18 000 Kubikmeter Wasser, die in einem Raum von 50 Meter Länge, 40 Meter Tiefe uud 4 Meter Breite im Eis eingesperrt gewesen waren, in einer Zeit von 2^/g Stunden ins Tal adgelassen, ohne daß ein Unfall dadurch entstand. Durch den zu diesem Zweck in den Fels gesprengten Tunnel hofft man die Gefahr für immer beseitigt zu haben.
* Baris, 24. Aug. Ein mit unerhörter Frechheit aus- gcführter Einbruch in einen Juwelierladeu in dem vornehmsten Teile der Boulevards ruft ungeheures Aufsehen hervor. Als gestern morgen der Hausknecht des Juweliers Lepee-Esmenie das 21 Boulevard des Capucines gelegene Geschäftslokal öffnen wollte, sah er auf dem Boden einen Haufen von Gips- und Mauerabfällen. Er entdeckte daun, daß ein Loch m die Decke gebohrt worden war, und stellte fest, daß man den ganzen Laden ausgeplündert hatte. Die sofort eiugelertete Untersuchung hat bisher folgende Anhaltspunkte ergeben: Im ersten Stockwerke des Hauses, in dem der Juwelierladen sich befindet, ist eine größere Wohnung zu vermieten, die vor drei Tagen von zwei sehr elegant gekleideten Personen besichtigt wurde. Diese fragten den Hausmeister, der sie herumführte, ob der Besitzer nicht geneigt wäre, größere Umbauten an der Wohnung vorzu- nehmen. Der Hausmeister verneinte diese Frage, worauf einer der Herren erklärte, er werde am nächsten Tage mit einem Architekten wieder kommen. Er kam in der.Tat mit einer Person, die er als Architekten voistellte, und verlangte, als sie in der Wohnung angekommen waren, Tinte und Papier zur Aufstellung der Umbauungspläue. Während dieser Arbeit wurde die Hansmeisterm eine Zeit lang abgerufen; während dessen schraubten die Spitzbuben die elektrische Alarmklingel an der Eingaugstür ab und nahmen einen Wachsabdruck von dem Schlosse der Tür, die keinen Sicherheitsriegel hatte. Auf diese Weise konnten sie sich in der Nacht in die Wohnung schleichen uuo ihr Plünderuugswerk gemächlich ausführen. Sie hoben einen Teil des Fußbodens ab, und bohrten zwischen zwei Balken ein Loch in die Decke des Juwelierladens, durch das sie wahrscheinlich ein Kind in diesen hinabließen. Um beider „Arbeit" nicht überrascht zu werden, hatten sie vor die kreisförmige Oeff- nuug des eisernen Ladenverschlusfes, der das Hineinsehea von außen gestattet, ein Taschentuch gehängt. Alle Juwelen, Ringe, Armbänder usw. wurden in ihren Behältnissen mittels eines Bindfadens in die Höhe gezogen, was mindestens 4—5 Stunden gedauert haben muß. Der Juwelier schätzt de» Wert der gestohlenen Kleinodien auf reichlich 150000 Frs. Die Einbrecher haben nur Edelsteine und Gegenstände von echtem Gold uud Silber mitgenommen. Herr Lepee-Esmenie ist bereits vor acht Jahren, als er seinen Laden am Boulevard La Madeleine hatte, in ähnlicher Weise bestohlen worden ; der Schaden betrug damals ungefähr 350 000 Frs.
* Baris, 26. August. Admiral Gourdon, der Chef des Mittelmeer-Geschwaders, hat für den 30. August ein neuartiges Seemanöver angesetzt. Eine aus Panzerschiffen und Panzerkreuzern bestehende Abteilung wird sich gegen eine in der Ausrüstung minderwertige, aber in Beziehung auf Schnelligkeit überlegene Gruppe zu verteidigen haben. Die für" das Panzergeschwader angenommene Geschwindigkeit wird 11 Knoten nicht übersteigen. Der Führer des angreifeudeu feindlichen Geschwaders wird Kontre-Admiral Antoine sein. Den Oberbefehl über das Panzergeschwader wird Admiral Gourdon selbst übernehmen.
sj Bei einer Vorstellung, die ein Schausteller in einem Wirtshaussaale m Kall«!« (Frankreich) mit einer wilden Katze gab, brach der Fußboden ein. An 50 Personen stürzten in den Keller, viele wurden verwundet.
sj Einer an der Kleptomanie leidenden Dame ist es in
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Ein ungestörtes Glück verlangen, Heißt Mondeslicht mit Netzen fangen, Den Sonnenstrahl mit Ketten fesseln Und Rosen fordern von den Nesseln.
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Zeitroman von Georg Paulsen.
(Fortsetzung.)
Grete halte immer herzliche Teilnahme für Leutnant von Brandow empfunden, dann hatte sie sein Hochmut gekränkt, aber nun, wo sie aus seinen Augen gelesen, wie verzweifelt er dachte, hatte sie sich nicht gescheut, ihm zu zeigen, daß sie als eine Freundin bereit sei, ihm tatkräftig zur Seite zu stehen. dachte an ein engeres Band, Grete war selbstlos genug, für sich darauf zu verzichten, ihm jede Freiheit des Handelns zu lassen.
„Ja, Arnold, ich will Ihnen beistehe», als eine aufrichtige Helferin, und ich bitte Sie, meine kränkenden Worte zu vergessen. Weiß Gott ich kanns mir selber nicht erklären, baß sie über meine Lippen kamen. Und damit Sie sehen, wie ernst mein Wille ist, bitte ich Sie, erwarten Sie hier Papa. Sie sehen, ich vertraue Ihnen, und ich hoffe, Papa wird für Sie tun, was er kann.* Sie dachte in diesem Augenblick eines vertrauensvollen Aussprechens überhaupt nicht mehr daran, daß in einem Zimmer der Wohnung ihr Bruder wartete, und was entstehen konnte, wenn beide sich sahen.
„Grete, liebe Grete, mein ganzes Leben soll Ihnen, Dir
zeigen . .", beteuerte Arnold leidenschaftlich, aber wieder wehrte sie seinem Herzens-Ergufse. Gab er sich seinem über- strömendcn Danke hin, mußte sie die Besonnenere bleiben. Leicht war durch heiße LiebeSworte eine Kette geschmiedet,
die unzerreißbar schien, und die von der Tücke deS Zufalls doch gesprengt werden konnte.
„Sprechen wir als gute Freunde mir einander, Arnold," und ihr herzlicher Ton entwaffnet«: seinen aufloderndeu Groll, daß ihre klare Besonnenheit sich gegen alle Liebes- leidenschaft bis zum Aeußerstcn wehrte, „und damit Sie sehen, daß ich Ihnen volles Vertrauen seit diesem Augenblick", sie sprach die letzten Worte mit erhobener Stimme, „entgegenbringe, so büte ich Sie, bis zur Rückkehr meines Vaters bei uns zu verweilen. Wollen Sie?"
Mit einem sonnigen Aufleuchten in ihrem Hellen Gesicht hielt sie ihm die Hand hiv. Er machte wiederum Miene, die schlanken Finger zu küssen, aber Grete bat: „Nein I wir wollen hier keine Höflichkeiten austauschen, auch wenn sie gut gemeint find, sondern echte und rechte Kameraden sein !"
„Waren wir die nicht schon immer?" fragte der junge Offizier etwas verlegen, denn er gedachte der freundlichen, mit einem Male jäh unterbrochenen, richtiger abgebrochene» Vergangenheit.
„Das waren wir," lächelte das junge Mädchen, „und wenn es einer von uns einmal vergessen haben sollte, nun, so macht das weiter nichts aus, ist das in dieser Stunde abgemacht. Soll's gelten?"
„Grete, Grete, Du-- — Sie sind ein Engel!"
sagte er mit heißem Dank dafür, einer so peinlichen Situation so schnell enthoben zu sein.
„Das wird sich zeigen," scherzte sie, „doch erst müssen Papa und Mama zurück sein. Bitte, wollen Sie also ein- treten?"
Er folgte ihr bereitwillig. Sie blieben in demselben traulichen, etwas altväterischeu, aber doch so gemütlichen Ge- , mach, in welchem vorhin Grete und ihr Bruder die ernste ! Auseinandersetzung gehabt.
j „Grete, wollen Sie hören, weshalb ich Ihren Vater aufsuchte?" fragte er leise.
„Gern, wenn Sie meinen, daß Sie von dem sprechen eine Erleichterung haben," war die freundliche Antwort. „Und meine unbedachte Bemerkung von vorhin..."
„Aber Grete!" bat er.
„Nun gut! So will ich nur die Lampe anzünden!"
„Nein, bitte, lassen Sie das, bat er von Neuem. „Bitte, setzen Sie sich auf Ihren Lieblingsplatz am Fenster, an dem ich Sie so oft sah, wenn ich vom Dienst zurückkam. Und ich nehme unten auf der Estrade meinen Sitz, da kann ich offenherzig beichten I"
„Beichten?" fragte sie errötend. „Mir kommt nicht zu, Herzens-Geheimnisse von Ihnen zu hören."
Er sprach nichts, sondern führte sie leise zu dem Rohrsessel am Feuster, den er schon lange kannte. Dann ließ er sich auf der Estrade, auf der der Sessel stand, nieder, ergriff Grete's kühle Hand und hielt sie einen Augenblick an seine fieberheiße Stirn. Und dann erzählte er.
Grete Walther lauschte seinen Worten in tiefem Schweigen .. . Ob sie ganz vergessen hatte, daß im Nebengemach ihr Bruder weilte, der jedes Wort hören mußte, oder ob sie meinte, daß es ihm ganz dienlich sein werde, diese „Beichte" zu hören?
»» >«8
Rudolf Walther fühlte sich an diesem Abend auf seiner Geburtstags-Gesellschaft recht aufgeräumt. Alle Anwesenden waren alte Vekanute, welche die einstigen patriarchalischen Verhältnisse ihres Wohnortes Hellenberg noch genau gekannt hatten und gern davon sprachen. Allerdings hatten sie sich bei Weitem nicht Alle die gleiche Schlichtheit der Gesinnung und Einfachheit der Lebensweise bewahrt, wie der einstige Kürassier-Wachtmeister, aber sie vermieden es wenigstens so viel wie möglich am heutigen Abend, mit dem durch das rapide Steigen des Wertes der einstigen Getreide- und Kartoffelfelder erworbenen Reichtum zu prahle«. Mau sprach daher mit Wohlgefallen von den „guten alten