MeMlyrecher Kr. II.

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Sonntag. 28. August.

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(Die Zeilen ändern sich.) In Frankreich erstehen Propheten, die für eine Vereinigung Frankreichs mit Deutsch­land ihre Stimme erheben. .Politische Phantasien" werden solche Kundgebungen überlegen genannt. Wir meinen, es steckt doch ein Kern Ernst und Notwendigkeit in dem Ge­danken zwar nicht einer Vereinigung, aber doch einer Ver­ständigung zwischen Frankreich und Deutschland. Wir hal­ten die Kombination Petersburg-Verliu-Paris für dir beste aller möglichen Politischen Verbindungen, die es für Deutsch­land geben kann. Es ist die einzige Verbindung, die uns eine Verminderung des Landhceres gestattet und uns vor einem kontinentalen Kriege sichert, der uns grenzenlose Schädigungen und keinen nennenswerten Vorteil bringen kann. Das Gefühl, daß der jetzige Dreibund nicht das letzte Wort europäischer Gruppierung bedeutet, ist weit verbreitet. Wer aber verkennt, daß die Verbindung von Deutschland und Frankreich, so wünschenswert sie ist, kein Zustand ist, auf den man rechnen kann? Nun hat im französischen Europeeu" vor Wochen schon Bacher de Lapouge folgendes ausgeführt:

Deutschland allein kann der Kern eines.Westreichs" sein, und dessen Bildung ist das einzige Mittel, um der Verrussung des ganzen Europa zu entgehen. Das Schick­sal der abendländische» Zivilisation hängt von dieser An­näherung beider Reiche ab. Die Idee ist, so paradox sie scheinen mag, doch vielleicht nicht zu schwer zu verwirkliche». Die Republik hat Frankreich nicht gegeben, was es erwartet hatte; sie hält sich vornehmlich dank der Ohnmacht der monarchischen Parteien und dank der geringen Achtung vor den Vertretern der verschiedenen früheren Dynastien. An dem Tage, wo die der Republik müde Nation sich aus ir­gend einem Grunde der monarchischen Idee zuwenden sollte, würde man als Kaiser lieber Wilhelm, als einen prestige- losen Orleans oder einen unbekannten Bonaparte an­nehmen."

Als Echo hierauf läßt sich Henry Mazel jetzt also hören: Der Gedanke Bager de Lapouges verdient Beach­tung. El» Frankreich-Deutschland nach dem Bilde Oester­reich-Ungarns, das würde in der Tat erlauben, auf fried­liche und ehrenvolle Weise die elsaß-lothringische Frage za lösen. Was? Wird man sagen. Wilhelm, Kaiser von Deutschland und König von Frankreich? Nun, warum denn nicht? Ueberall, wo es die germanische und die französische Rasse vermocht haben, haben sie sich von selbst zu gemischtsprachigen Staaten organisiert: man denke an die Schweiz und Belgien. Früher oder später wird in Elsaß-Lothringen dasselbe geschehen. Und in dem Gedanken daran muß man alle Pläne mißbilligen, die dahin zielen, die annektierten Provinzen nach der Sprachgrenze zu teilen. Das wäre die schlimmste Lösung, für Europa, für Frank­reich und für Elsaß-Lothringen selbst, das eins bleiben will und bleiben muß. Warum soll also nicht auch in Nach­ahmung der gcnanuten französisch deutschen Länder ein großes französisch-deutsches Reich zu bilden sein, das man, um jeden Streit um den Vorrang zu vermeiden,Westreich" nennen könnte. Bayonne und Danzig hätten dann sicht mehr Ursache, sich einander nicht verstehen zu wollen, als heute Zürich und Genf, oder Antwerpen und Lüttich. Elsaß- Lothringen müßte selbstvecständüch aufhörsn, deutsches Reichs­land zu sein, umWestreichsland" zu werden. Es erhielte die gleiche Selbstregierung (untonomis) wie Deutschland auf der einen und Frankreich auf der andern Seite. Seine Garnisonen würden nur aus Eingeborenen zusammengesetzt, und die militärische Uniform müßte weder das Käpi noch die Pickelhaube enthalten. Diese Kleinigkeit trüge mehr als alles übrige zur allgemeinen Eintracht bei. Elsaß-Loth­ringen wäre so auch mit einem Schlage die Bürgschaft der französisch-deutschen Vereinigung; es wäre der natür­liche Schiedsrichter in allen Streitfällen. Es würde wieder das Herz Europas, wie zu Zeiten der Karolinger. Der Kaiser des Westreichs nähme dort seine gewöhnliche Resi­denz, und Kaiser Wilhelm hätte dann keine loyaleren Unter­tanen als die Bewohner Elsaß-Lothringens. Aber kann sich dieser Traum verwirklichen? Ist der Plan annehmbar für die Franzosen, sympathisch den Deutschen. Wer würde sich ihm bet uns am meisten widersetzen? Welche Ver­pflichtungen legt uns die Vereinigung ans? Soll das .Westreich" ein Staatenbund (Konföderation) oder ein ein­faches Bündnis, ein neuer Dreibund sein? Welche Bürg­schaften müßte man Kaiser Wilhelm gewähren, der sicher in der Wirklichkeit und nicht bloß in Fiktion herrschen wollte? Alle diese Fragen find schwierig, aber nach meiner Meinung nicht unlöslich. Warum soll der Europeen nicht eine Umfrage über diesen Gegenstand anstellen? Es gibt Möglichkeiten, an die man gut tut, den Geist zu gewöhnen.

DieKölnische Zeitung" bemerkt dazu: Mau weiß nicht, soll mau unzufrieden sein, daß der gute Gedanke einer frieden- und kultursördernden Annäherung zwischen Frank­reich und Deutschland in französischen Hirnen so schnell zu phantastischen Gebilden ausartei, oder soll man sich trotzdem freuen, da auch diese Auswüchse schließlich zeigen, wie fest die Ueberzeugung von den Vorteilen einer solchen Verewig­ung der Beziehungen beider Lander auch auf französischer Seite Wurzel zu schlagen beginnt?

LanöesnacHvrchLen.

* Aktensteig, 27. August. In den letzten Tagen haben einige Huudebesttzer dadurch ihre wertvollen Tiere verloren, daß sie dieselben an ihre Gefährte banden nud sie während der Fahrt zun Mitsprwgeu in schnellem Tempo nötigten. Wir nehmen von den Fällen Notiz, einesteils zu oem Zwecke zur Vorsicht zu mahnen, cwdernteils um darauf aufmerk­sam zu mache«, wie schwer die Tiere leiden müssen, bis sie an Erschöpfung verenden. Es scheint wenig bekaunt zu sei», daß ein derartiges Asbinden den Hunden sehr gefährlich ist, denn sie können hiebei ihr Bedürfnis zeitweise genügend zu atmen, nicht befriedigen. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch auf das so notwendige Durststillen der Hunde aufmerksam machen und au folgendes Wort eines Hunde­freundes erinnern:

Einer, der im Wüstensand'

Einen Hund verschmachtend fand Und so matt, daß ihm vom Leben Kaum noch blieb ein Atembeben,

Zog vom Haupte sich die Mütze,

Daß er sie als Eimer nütze;

Band daran als Brunnenseil Seines Turbans Tuch ein Teil;

Schürzte sich zum Werke schnell,

Schöpfte Wasser aus dem Quell,

Und dem Hund, dem kräftebaren,

Reiches er den Trünr, den klaren.

Der Prophet, der bald danach Von dem Manne hörte, sprach:

Was er auch gefehlt im Leben,

Diesem hat der Herr vergeben!"

* Aus ßakrv wird demBerliner Lokalanzeiger" be­richtet, daß dort die 47jährige Frau eines Privatiers mit Wertpapieren im Werte von 102 000 Mark und mit einem 39jährigen Werkmeister geflohen sei. Der Mann der ent­flohenen Frau habe auf die Festnahme des Paares 1000 Mark Belohnung ausgesetzt. Nach einem heute eiuge- gangenen Telegramm find die Flüchtigen in Budapest, wo sie über Fiume nach Amerika flüchten wollten, verhaftet worden.

* Gechinge», 24. Aug. Zwischen 3 und 4 Uhr traf ein Blitzstrahl die mit dem reichen Ernteergebnis voll­gepfropfte Scheune des Bauern Karl Gehring (auf der Mauer). Der Feuerwehr gelang cs, dre bedrohten Nachbar­gebäude zu retten. Die Scheuer selbst ist total nieder­gebrannt. Der Geschädigte ist versichert.

* Markgröningen, 25. August. Gestern wurde hier der althergebrachte Schäferlauf abgehalten. Die Beteilig­ung war anS nah und fern eine sehr große. Trommel­wirbel und Musik verkündeten den Beginn deS Festes. In dem Festzug waren außer den Programmäßigen Gruppen auch ein schöner Blumenwagen und zweiRceseutraubeu" zu sehen. Am Wettlauf beteiligten sich 50 Schäfer-Mäd­chen und 19 Schäfer-Burschen. Der Wettlauf selbst bei Hellem Sonnenschein bot ein prächtiges Farbenbild. Leb­haften Beifall fanden die Fahnenübungea, ausgeführt von der Damenriege des Turnvereins unter Leitung des Post­expeditors Rau. Auch die übrigen Spiele: Sacklaufen und Wassertragen erregten große Heiterkeit. Um 2 Uhr trat der Zug den Rückmarsch in die Stadt an; dort entwickelte sich bald ein echtes Volksfestlebeu. Dem Tanz auf dem Rat­haus uud in den Wirtschaften wurde bis in die späte Nacht gehuldigt. Biele Fremde haben erst heute früh unsere Stadt verlassen.

* Dürrmenz-Mühlacker 25. August. Bei der am Samstag in Maulbronn abgehaltenen Amtsversammlung mußte der Amtsschaden um 10000 Mark erhöht werden. Veranlassung hierzu gaben hauptsächlich die durch viele Brandfälle an die Feuerwehren zu zahlenden Entschädig­ungen, sowie die Beiträge zu Straßenbauten, die seither bis zu 50 Prozent geleistet wurden. I« Zukauft sollen nur noch 15 Prozent gewährt werden.

* Keikörou«, 25. Aug. Ei» lleberflnß an Liebes­gaben, d. h. an Kleidungsstücken uud Naturalien, scheint sich bei de« Abgebrannten von Jlsfeld eingestellt zu haben, da eine größere Anzahl von Schuhen und Kleidungsstücken wieder nach Heilbronu zurückgesandt und im Hofe der städtischen Kelter an Bedürftige verschenkt wurde.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

! 1904.

* (Alsfeld.) Schon einige Tage verlautete, es werde von den anwesenden Pionieren die Kirche gesprengt. Mitt­woch abend wurde in der weiteren Umgebung bekannt, daß die Sprengung auf Donnerstag mittag festgesetzt sei. Eine große Zahl Auswärtiger war deshalb zusammengeströmt, um dieses seltene Vorkommnis mit anzusehen. Nördlich uud südlich, auch östlich vom Brandplatz, umstand ein großer Kreis von Zuschauern de« Ort. Freilich war es nicht die Kirche selbst, was niedergelegt wurde. Es handelte sich um die noch stehende» Reste eines ehemaligen Nonnen­klosters. Ja letzter Zeit hatte das Gebäude als Magazin des Lederfabrikanten Kunz gedient. Seiner mehr als meter­dicken Mauern wegen war das Abbrechen eine zu lang­wierige Arbeit. Daher wurde gesprengt. Zu diesem Zwecke waren zuvor von den Pionieren 22 Löcher von 60 om Tiefe in das Gemäuer gebrochen worden. In jedes Loch wurde alsdann eine mit elektrischem Zünder versehene Lad­ung Schießwolle eiugemauert. Sämtliche Zünder waren in ein Leitungskabel eingefügt. Heute gegen 12 Uhr wurde in einer Entfernung von 80 Meter eine elektrische Batterie aufgestellt. Neben orm Leitungskabel wurde noch zur Schließung des Stromes ein dünner Kupferdraht ange­bracht. Durch ausgestellte Posten wurde das Publikum von der Umgebung der Kirche, hinter der die betreffende Ruine stand, ferngehalten. Als die Leitung geprüft war, erfolgte das Signal: .Sammeln"; daraufAchtung." Auf die nochmalige Frage des befehlhabenden Oberleutnants, ob alles in Ordnung sei, wurde das Signal:Feuer"! ge­geben. Eine kleine Drehung am Apparat, der vom Feld­webel gehandhabt wurde und nach wenigen Augenblicken ein dumpfes Dröhnen: die Arbeit war vollbracht. Das gewaltige Gemäuer wurde mit einem kurzen Ruck ein wenig gehoben und stürzte in sich zusammen.

* (Zur Alkoholfrage.) Der Almer Lehrer Karl Walter hat unter dem TitelDer Most" in der Bierteljahrsschrift Die Alkoholsrage" eine Studie veröffentlicht, die für jeden schwäbischen Volkswirt und Bolksfreuud von hohem In­teresse ist. In dieser Studie weist Walter u. a. darauf hin, daß der Bier- uud Mostverbrauch Württembergs von zu­sammen 260 Liter pro Kopf den Bierverbrauch Bayerns von nur 240 Liter Pro Kopf übertreffe. Und Bayern gilt doch als der durch den Alkohol am schwersten belastete deutsche Bundesstaat. Weiter führt Walter den Nachweis, daß Württemberg mit seinen aus Kopf uud Jahr entfallen­den 15 4 Litern absoluten Alkohols Frankreich mit seinen 13,81 Litern übertrifft. Frankreich wurde bisher als das Land des größten relativen Alkoholkousums angesehen, wenn aber Walter recht hat, so würde Württemberg Frankreich den Rang abgeluufen haben.

* (Verschiedenes.) In Hause» am Bach brannte am Mittwoch abend ein Wohnhaus nieder, dabei kam der 72jährige Taglöbuer Wahl in den Flammen um. Der Gutsbesitzer Tobias Bauer von Lichtel OA. Mergentheim wurde von seinem Pferde so unglücklich geschlagen, daß ihm ein Fuß abgenommen werden mußte. In Reufriz­hausen wurde ein zwölfjähriger Biehfütterer vom Ge- meindefarren an die Wand gedrückt und fürchterlich zuge- richtet, wodurch sein Tod herbeigeführt wurde.

* Ein Kaufmannslehrliug Mark zur Post bringen. Er

in Kechiugeu sollte 2200 ging aber «it dem Gelbe und mit zwei Kumpanen auf Abenteuer aus. Am ersten Tage verbrauchten sie dabei 700 Mark, am zweiten Tage wurden sie in Konstanz festgenommeu.

* Ans dem Karlsruher Bahnhof verlor ein auswärtiger Geschäftsmann 800 Mark in Banknoten. Ein Hausbursche fand die Scheine, lieferte sie aber nicht ab. Als es heraus­kam, daß der Hausbursche Banknoten gefunden habe, gab er an, er habe die Scheine nicht für echt gehalten uud sie daher verschenkt. Wahrscheinlich log er. Man fand noch zwei Hundertmarkscheine bei ihm.

* Mannheim, 26. August. In der Lanzschen Ma­schinenfabrik stürzte gestern ei» etwa 400 Zentner schweres Lokomobil von einem Gerüst und erschlug den 42 Jahre alten verheirateten Heizer Konrad Zell aus Feuerbach.

* Auf dem Regensburger Katholikentag wurde auch die Mirbachaffäre gestreift. Der Erzpriester Frank meinte, die Katholiken sollten iubezug auf Kirchenbaute» sich an der Rührigkeit des Oberhofmeisters und seiner Mithelfer ein Beispiel nehmen. Der evang. Berliner Kirchenbauverein habe 56 evangelische Kirchen in Berlin uud seinen Vor­orten geschaffen. Dieser Verein besitze 32 Millionen Mark Vermögen uud sei vom Kaiser mit ca. 1 Million, von der kaiserlichen Familie mit 49 000 Mark, vom Fiskus mit 950 000 Mk., und vou Privaten mit sechs Millionen Mk.