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Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «tt der wöch. Beilage »Der Sonntags-

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Donnerstag. 25. August.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 6 Pfg., auswärts je 8 Pfg. die ein­spaltige Zeile oder deren Raum-

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1904

Amtliches

Erledigt und zur Bewerbung ist ausgeschrieben die erste Schulstelle in Klosterreichenbach.

Tagespolitik.

Paritätischer Mut überschreibt Professor Nestle von Maulbron einen Artikel in derNcck.-Ztg.", in welchem er u. a. sagt:Ich meine durch mein Wort vom paritätischen Mut, daß ich für die Evangelischen eine gleich gute geistliche Versorgung wünschte, als sie den Katholiken in unserem Land zu teil wird, wo, wie auch von vorurteils­freier katholischer Seite anerkannt wird, dafür aufs beste gesorgt ist. Wenn in Hetlbronn auf 5282 Katholiken 2 ständige und 2 unständige Geistliche kommen, auf 31 446 Evangelische 6 ständige und 2 unständige der Prälat als weiterer Frühprediger kommt für die Seelsorge nicht in Betracht, wo ist da die Parität? Wenn Sontheim mit 858 evangelischen Einwohnern noch keinen eigenen evang. Pfarrer hat und Bückingen mit 435 Katholiken seit 2 Jahren einen eigenen katholischen, wo ist da die Parität? Wenn Söflingen, bei Ulm mit fast 1000 evangelischen Einwohnern Jahre lang warten mußte, bis es einen eigenen Pfarrer und eine eigene evangelische Kirche bekam, während cs auf katholischer Seite dazu kommt, sobald nur eia paar hundert vorhanden sind, wo ist da die Parität? Wenn auf evange­lischer Seite Stellen lange Zeit nicht besetzt werden oder unständig bleiben, nur um zu sparen; geschieht auf katho­lischer Seite Gleiches in gleichem Grade? Wenn in der neuen amtlichen Beschreibung des Königreichs Württemberg »von zuständiger Seite" (S. 72 also entweder vom katho­lischen Kircheurat oder aus dem Bischofs-Palais in Rotten- burg) berichtet wird, daß auf katholischer Seitein den letzten Jahren fünf bis 10 Kirchen im Jahr gebaut worden" find, wo ist da civ Gleiches auf evangelischer Seite? Wenn in den (knrzgesagt) evangelischen Gymnasien des Landes viel höhere Schulgelder gezahlt werden müssen, als in den katholischen (Ehingen, Ellwangen, Rottweil): wo ist da die Parität? Wenn in den katholischen Konvikten der Klavierunterricht unentgeltlich erteilt wird, in den evange­lischen Seminarieu von den Zöglingen bezahlt werden muß, wo ist da die Parität? Wenn in das Wilhelmsstift in Tübingen seit Jahren eine so große Zahl Zöglinge ausge­nommen wird, daß nach den Nachweisen des katholischen Geistlichen A. Neher ein sehr großer Prozentsatz zu andern Berufsarten übergehen und die geistliche Versorgung doch noch so gut geregelt werden kann; wenn die katholischen Theologen vom Militärdienst frei sind, während die Evangelischen ihr Jahr abdienen: darf man da nicht auf solche Unterschiede Hinweisen, deren noch viele zu nennen wären. Es gehört gegenwärtig bei uns in Württemberg für den einzelnen und für eine Zeitung Mut dazu, für die evangelische Mehrheit gleiche Fürsorge und Billigkeit zu verlangen, wie sie der katholischen Minderheit zu teil wird."

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Die Deutschen haben dem polnischen Volke, das in Elend und Schnaps verkommen war, Kultur und Ordnung und damit Wohlstand und Bildung gebracht. Zum. Dank dafür verhöhne» uns die Polen und beschimpfen uns als Feivde, und der deutsche Michel läßt es sich gefallen. Ja Posen schon und zwar in Bukowiec ist es wie seinerzeit in Wreschen wiederum zur Auflehnung der Schulkinder gegen ihren Lehrer gekommen. Die polnischen Kinder weigerten sich, das LiedDeutschland, Deutschland über alles" zu fingen, ebenso wie sie einem früheren Lehrer gegenüber das Abfingen der Preußenhymne verweigert hatten. Der Lehrer züchtigte einige Kinder, wobei es zu schlimmen Auftritten gekommen sein soll. Als die Kinder sich auch beim Turnen widersetzten, soll der Lehrer in einem Falle seine Strafbe­fugnis überschritten haben. Lehrer und Landrat haben an­geblich mit Zwangserziehung gedroht. Im Dorfe herrschte unter den Eltern gewaltige Aufregung. Sie seien herbeige­eilt und hätten den Lehrer beschimpft.

Lcrndesna richten.

* Aktensteig, 24. Aug. Der ersehnte Regen ist endlich uiedergegangen. Unbezahlbar ist derselbe für unsere Land­wirtschaft, denn es wird doch noch ziemlich Herbstsutter geben.

* Aeseufekd, 22. Aug. In letzter Woche hielt Herr Laudwirtschaftsinspektor Hornberger von Rottweil an drei Tagen einen neunstündigen Kurs über landwirtschaftliche Buchführung unter Berücksichtigung der Anforderungen des neuen Einkommensteuergesetzes vom 8. August 1903 auf dem hiesigen Rathaus ab. An demselben nahmen acht Lehrer, der Ortsvorftand Schultheiß Sackmann und drei Oekonomen von hier und Umgegend teil. Dankbar wurde

die gegebene Belehrung ausgenommen und es ist zu hoffen, daß durch diese Kurse, die demnächst auch in Göttelfingen, Pfalzgrafenweiler und Dorustetten abgehalten werden sollen, das Verständnis der gesetzlichen Bestimmungen und die Lust zu pünktlichster Buchführung in den Kreisen der Land­wirtschaft treibenden Bevölkerung geweckt nnd gefördert wird.

(Gr.)

* Ein Badegast klagt m der Neckarztg. über zu hohe Preise und schlechte Speisen und Getränke in Mikdöad: Wohl die wenigsten Kurgäste sind in der Lage, "wie jener bekannte Volksmann, der zwar in der Wahlzeit mit Jockele und Harmesle aus einem Glas trinkt, sonst aber II. Klasse fährt, in Wildbad sich ein Eiuzelbad oder ein Nobelbadzu leisten. Und es muß ausgesprochen werden, daß die Preise im allgemeinen zu hohe find. Wohl kann mau, wenn man die richtigen Adressen hat, auch in Wildöad billig leben, aber im allgemeinen ist das nicht der Fall, nnd es steht in dieser Hinsicht in Baden-Baden besser, kein Wunder darum, daß württembergische Familien des Mittelstandes in Baden- Baden zahlreicher zn treffen sind als in Wildbad. Ja und wenn man um den teuren Preis nur überall etwas Gates und Reelles bekäme! War ich da in einem Gasthaus III. Ranges, in dem ich früher schon zu meiner Zufriedenheit gewohnt und gespeist hatte. Der Wohnpreis war um 25 °/g höher, die Speisen uad Getränke um 50 o/, schlechter ge­worden. Zwar Leute vom Mittelstand sind nicht anspruchs­voll, aber der Geschäftsreisende merkt es bald, wenn Speise und Trank nicht auf der Höhe sind. Und danach richtet er sich.

* Stuttgart, 22. Aug. Heute abend zwischen 7 und 8 Uhr bot d;r Horizont ein eigentümliches Schauspiel dar und aus den Straßen bildeten sich rasch Gruppen, dasselbe zn beobachten. Der Himmel hatte eine hell leuchtende Farbe angenommen und der Wind trieb dichte intensiv rosaumsänmte graue Wolken, die in Zerrissenheit sich wie Rauchwolken ansnayme«, vor 'sich her. Wohl infolge der vielen Brände, die die letzte Zeit gebracht hat, hieß es im Publikum gleich, daß in der Nähe eine große Fenersbrunst sein müsse. Glücklicherweise bestätigte sich diese Ansicht nicht. Es handelt sich einfach um den Glanz, welchen der letzte Scheidegruß der untergehenden Sonne den pittoresken Wolkengedilden verliehen hatte.

* Stuttgart, 23. August. Der Saatenstandbericht des statistischen Landesamts von Württemberg vom Monat Au­gust gibt folgende Uebersicht: Die seit Mitte Jnni herr­schende Trockenheit dauerte auch in der laufenden Berichts­periode fort. Zwar find allenthalben im Lande mehrfach starke Gewitterregen niedergegangen, welche den Gewächsen Erfrischung brachten, aber zu einer genügenden Befeuchtung des Bodens reichten sie nicht hin. Dank der anhaltend günstigen und kühlen Witterung konnte das Erntegeschäft schon früh begonnen und bis zam Schluß der Berichts- Periode in allen Bezirken unbehindert zu Ende geführt wer­den. Die Quantität der Ernte der Halmfrüchte läßt zu wünschen übrig, da durch die große Hitze die Reife allzu rasch vor sich ging, wodurch die Vollkommenheit der Kör­ner, namentlich bei den Sommerfrüchten Not litt. Die Qualität wurde allgemein gerühmt. Die Kartoffel litt be­reits unter der andauernden Trockenheit und zeigt häufig schwache Knollenansätze; immerhin ist nach dem heutigen Stand im Durchschnitt eine gute Ernte zu erhoffen. Auch dem Hopfen, dessen Stand im allgemeinen noch ein be­friedigender ist, käme ein anhaltender und ins Erdreich ein­dringender Regen zu gute. Von sehr nachteiligem Einfluß ist die Trockenheit für den Klee und die Wiesen. Die Wiesen zeigen nur in feuchten Tallagcn, die Kleeäcker nur auf tiefen Gründen, feuchtem Boden einen befriedigenden Stand. Im übrigen sind die Aussichten für den zweiten Schnitt überaus geringe. In verschiedenen Bezirken wird ein vollständiger Ausfall der Oehmdernte in Aussicht ge­stellt, da viele Wiesen gar nicht gemäht werden können und der junge Klee vielfach verdorrt. Die Obstaussichten haben sich im allgemeinen verschlechtert. Infolge der starken Trocken­heit bleiben die Früchte vielfach klein und fallen in Mafien vorzeitig ab. Der Stand der Weinberge ist bis jetzt ein durchweg guter. Der Traubenansatz ist reichlich. Reben­krankheiten werden nur aus einem kleineren Bezirk gemeldet. Bon 41 eingekowmeneu Berichten über die Herbstausfichten lauten sehr gut 3, gut bis sehr gut 10, gut 25.

* Der Wirt Franz Buck von Stuttgart und seine Ehe­frau, die in der Kanzleistraße ein Wirrschastsanwesen be­treiben, hatten angeblich vom Sommer 1901 bis jetzt Tropf­bier, Schaumbier und steheugebliebeue Bierreste unter frisches Bier gemischt und dieses Gepansche au ihre Gäste abgegeben. Außerdem soll die Frau den Dienstboten in Fäulnis über- gegangen; Speisen, insbesondere Würste, Kartoffelsalat und Sauerkraut vorgesetzt haben. Die beiden kamen deshalb

vor die Strafkammer. Buck wandte ein, daß sämtliches Tropfbier in ein im Hof stehendes Faß geschüttet und dessen Inhalt an eine Esstgfabrik verkauft worden sei; nur beim Anstechen eines neuen Fasses sei das in dem zuvor benützten Fasse übriggebliebene Bier, wie allgemein üblich, mitverwen­det worden. Die Ehefrau gab an, sie habe nie verdorbene Speisen an Dienstboten verabreicht. Das könne nur ohne ihr Wissen und durch die Dienstboten selbst geschehen sein.

Die Aussagen der zur Verhandlung erschienenen 19 Zeugen meist frühere Kellnerinnen und Hausdiener wider­sprachen dem aber zumteil. Der Vertreter der Anklage be­zeichnet? es als eine Schande für die Stadt Stuttgart, daß trotz fortgesetzten gerichtlichen Einschreitens in einer so gut besuchten Wirtschaft solche Schweinereien oorgekommen seien.

Die Strafkammer verurteilte Buck wegen Beimischung ab­gestandenen, verdorbenen Biers (nicht aber Tropsbiers) zu frischem Bier zn 120 Mk., und dessen Frau zn 80 Mk. Geldstrafe, sprach dagegen die Frau von der weiteren An­klage der Verabfolgung verdorbener Speisen mangels Schuld- * beweises frei.

* Höppiugeu. 21. Aug. In den großen Konkursen, die im Winter, bezw. Frühjahr d. I. hier eröffnet wurden, sind jetzt auch die Zwangsversteigerungen abgeschlossen. Von dem zwangsweisen Verkauf der Grundstücke des flüch­tigen Bernhard Gutmann ist vor einig«! Tagen berichtet worden. Gestern fand nun die Zwangsversteigerung der vor etwa 2 Jahna erbauten, aufs modernste eingerichteten Villa des Werkmeisters Schönhut statt, dessen Konkurs seiner Zeit besonders viele Bauhandwerker in Mitleidenschaft gezogen hat. Die Villa, nebst einem kleineren Wohn- und Magazingebäude, sowie ein getrennt hievon liegender Lager­platz repräsentieren laut gemeinderätlichem Anschlag einen Wert von 105 000 Mk.; in der gestrigen Zwangsversteigerung wurde ein Gebot, und zwar von dem Besitzer der ersten Hypothek, dem Privatsparvereio Küazelsau, in Höhe von 51 000 Mk. abgegeben. Demselben wird auch der Zuschlag erteilt werden. Durch den Verkauf der Schön hutschen Billa um den Preis von 51 000 Mk. ist die erste Hypothek gedeckt; die übrigen hypothekarisch eingetragenen Forder­ungen, darunter zahlreiche Bauhandwerkerforderungen, fallen vollständig aus.

* Aordheim, 22. Aug. Gestern nacht 11 Uhr brach in der Scheuer des Paul Ziegler Feuer ans, das so rasch um sich griff, daß die benachbarten Gebäude ebenfalls bald in Flammen standen. Obwohl die hiesige und die Feuer­wehren der Nachbarschaft bald zur Hilfeleistung herbeieilten, brannten 8 Scheuern und 5 Wohnhäuser nieder. Man ver­mutet Brandstiftung, es wird sich wahrscheinlich um den­selben Brandstifter handeln, der schon vor 3 Wochen das Feuer angelegt hatte.

* (verschiedenes.) In Eßlingen wurde die in der Mitte der 40er Jahre stehende Ehefrau des ft Fahndungs- Wachtmeisters I. Bühler dadurch von einem schweren Un­fall betroffen, daß ihr Kleid durch einen Spirituskocher, der umgefallen war. in Brand geriet und sie bedeutende Brand­wunden im Gesicht, auf der Brust nnd an den Armen er­litt, so daß sie mittelst Sanitätswagen ins Krankenhaus verbracht werden mußte. In Aalen ertrank im Mühl­kanal ein 3jähriger Knabe, welchrr schon einigemal in den Kocher gefallen, der jedesmal gerettet worden war. Bei einer in der Fremdeuherberge in Waldsee vorgeuommenen Durchsuchung wurde rin Stromer, der sich seit einigen Tagen durch großen Geldverbrauch verdächtig gemacht hat, festgenommen. Er hatte noch 50 Mk. im Besitz, über dessen rechtmäßigen Erwerb er sich nicht ansznweisen vermag.

* Innerhalb der letzten 40 Jahre ist in Baden die Jahresziffer der konfessionell gemischten Ehen von 11628 auf 32 930 gestiegen.

* Zlegensönrg, 21. Aug. Aus Anlaß des Katholiken­tages ist die Stadt festlich geschmückt. Eingetroffen sind u. a.: der Erzbischof von Stein aus München, Reichstags- Präsident Graf Ballestrem. An dem Feftzng der katholischen Arbeitervereine nahmen 8000 Arbeiter mit Musikkapellen und 300 Fahnen teil. Die Festversammlung fand unter dem Vorsitz des Dr. Schädler statt.

* Bei einem Weinpanscher in Iköesheim bei Landau ließ die Behörde gegen 14 000 LiterWein" in die Dohlen laufen.

* Zlterki«, 22. August. General v. Trotha meldet: Der Feind ist mit starken Teilen auf dem Rückmarsch über die Linie Omeihei-Okahitua-Okossngo (am Omuramba-Oma- tako) nach Südosten auf Otjekongo und Otjomasu begriffen. Estorff folgt von Ombujo-Ratanga her und Mühlenfels, der am 19. August Vley-Erindi-Edenka nördlich von Oko- songoho nahm, über Orutwija. Deimling geht in zwei