Aer"lprecher Ar. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «tt der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

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Ar. 122.

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1904

Amtliches

Die Abiturienten-Prüfung an den Gymnasien des Landes haben u. a. mit Erfolg bestanden: Richard Vogel, Sohn des Stadtwund­arztes in Altensteig, Albrecht Wünsch, Sohn des Oberamtspflegers in Freudenstadt, Paul Weitbrecht, Sohn des Stadtpfarrers in Ltebenzell.

^ Kin Halbes Jahr.

(Nachdruck verboten.)

Ein halbes Jahr ist in dieser. Tagen vergangen, seit­dem durch den Abbruch der diplomatischen Beziehungen und durch den Angriff der japanischen Torpedostotte auf die im Hafen von Port Arthur liegenden russischen Kriegs­schiffe der ostasiatische Kamps eröffnet wurde, dessen Ende auch heute nicht abzusehen ist. Als der demsch-fran- zösische Krieg von 1870/71 ein halbes Jahr gedauert hatte, war er im Wesentlichen vorbei. Erklärt Mitte Juli 1870 fand das erste größere Treffen, bei Weißenburg, am 4. August statt; Ende Januar 1871 kapitulierte Paris, und es dauerten nur noch die Kämpfe um Belfort und mit der Bourbaki'schen Armee fort, die schließlich nach der neutralen Schweiz übertrat. Somit waren in rund 7 Monaten da­mals die eigeutlichen kriegerischen Auseinandersetzungen er­ledigt, wenn anch der eigentliche Friedensschluß bekanntlich erst am 10. Mai 1871 in Frankfurt am Main erfolgte. Der Streit zwischen Rußland und Japan kann unter Um­ständen das Doppelte des deutsch-französischen Krieges an­dauern, wenn dies auch uicht gerade wahrscheinlich ist. Denn weder Japan, noch Rußland verfügen über die finan­ziellen Mittel, welche ihnen ein leichtes Üeberstehen der sehr schweren Kriegs-Ausgaben gestatten, und demzufolge ist beiden Staaten nicht die erforderliche Elastizität gegeben, sich von den erlittenen Einbußen schnellstens wieder zu erholen.

Wie aus den Tagesnachrichteu bekannt ist, wird eine große Scklacht jeden Augenblick erwartet. Ob diese Er­wartung sich erfüllen wird, haben wir abzuwarten, beide Armeeleitungen haben so viel Dunkel über ihre Truppen­zahl. über ihre Stellungen und Absichren zu verbreiten ge­wußt, daß jede Möglichkeit für eine bestimmte Beurteilung aufhört. Die schlechte Bauart der sibirischen Eisenbahn, welche nur eme sehr mäßige Benützung resp. Fahrgeschwindig­keit gestattet, hat dem russischen Oberfeldherrn Kuropatkin reichlichen Verdruß bereitet. Der General ist einer der we­nigen russischen Militärs, der seine persönliche Draufgänger- Lust der Besonnenheit uuterordnet, und das müßte ihm hoch angerechnet werden, wenn einst die beglaubigte Ge­schichte dieses Feldzuges geschrieben wird. In der russischen Presse, die zum Kriegsbeginn nicht weniger chauvinistisch war. als die französische 1870, sind die Japaner nurdie gelben Affen" genannt, und ein energisches Vorgehen ist gegen sie ungestüm gefordert; wenn der russische Oberfeld­herr sie nicht besser gewürdigt hatte, sondern ihnen mit seinen viel schwächeren Truppen ohne weiteres entgegengegange» wäre, er würde dasselbe Schicksal eiuer schweren Niederlage erlitten haben, wie seine Unter Generale am Dalu, bei Kint- schou und Wafangu. Seine Absicht, Zeit zu gewinnen, ist General Kuropatkin gelungen; er wird auch in Zukunft nicht Alles auf eine einzige Karte setzen, dazu steht er auf einem viel zu exponierten Posten. So stehen wir nach halbjähriger Kriegsdauer vielleicht vor einer großen, kaum vor einer entscheidenden Schlacht.

Wir haben aus dem verwichenen halben Kriegsjahr die hauptsächlichsten Tatsachen nochmals znsammengestellt. Das größte Ereignis von und vor Port Arthur, wo der Krieg begann, ist immer noch die furchtbare Explosion des PanzerschiffesPetropaulowsk",dasmitdem tapferen Admiral Makarow und anderen höheren Offizieren, sowie dem be­kannten Schlachtenmaler Wereschtschegin, in die Luft flog. Die Japaner haben zu Wasser, wie zu Lande, mehrfache, oft wohl hartnäckige Angriffs-Versuche unternommen, aber im Hinblick auf das oben erwähnte Finanz-Defizit haben sie doch wohl nicht vermocht, durch rücksichtsloses Nach- saffen den Dreiviertel-Sieg zu einem vollen und ganzen zu gestalten, und so ist's im Wesentlichen dort beim Alten ge­blieben, daß eine ernste Gefahr für die russische Seefestung erst kommen muß. Das russische Wladiwostok-Geschwader hat seit der Uebernahme des Oberbefehls durch den Admi­ral Skrydlow mehr als eine erfolgreiche Kreuzertour ausqe- siihrt, sogar die Hafenstadt der japanischen Residenz Tokio, Yokohama, bedroht. Freilich haben diese Fahrten, sowie die Beschlagnahmen neutraler Schiffe durch das russische Ge­schwader der Freiwilligen Schwarzen-Meer-Flotte tür den Kriegs-Verlauf keinen praktischen Erfolgt gehabt, sondern nur Erörterungen über das internationale Seerecht veran­laßt. Besonders in England war man eine Zeit lang Feuer und Flamme und wollte vom Leder frischweg ziehen, aber auch diese Aufregung hat sich gelegt. Wenn nicht etwas

ganz Unerwartetes noch eintreten sollte, wird in dieser Sache in absehbarer Zeit zur Tagesordnung übergegangen werden.

Die Erfolge der Japaner zu Lande im verflossenen halben Jahre sind bekannt. Ihre Generale, besonders Ku- roki und Oku, haben sich als ganz ausgezeichnete Strategen bewährt, die manchem hohen europäischen Offizier zu lernen geben könnten, und die Truppen gehen in einer Art und Weise, aus nationalem Fanatismus gegen den Feind, der nicht Wohl übertroffen werden kann. Ja einer ganzen Reihe von größeren und kleineren Gefechten haben die kleinen Japaner die langen Russen aus dem Felde geschlagen, sie haben dadurch wieder bewiesen, daß nicht die Körperlänge den Schmied macht. Sie sind nun so weit gekommen, die russische Haupt-Armee bei Liaujang festzunageln, falls nicht ihr Oberkommando eine große Schlacht annimmt oder noch sehr viel weiter zurückgehen will Was aber die Haupt­sache in den Kriegs-Erfahrungen dieses halben Jahres ist, ein Staat, der noch vor einem Menschenalter als unkulti­viert galt, zeigt sich heute eiuer der allerbesten europäischen Militärmächte in mancher praktischen Beziehung über­legen. Das gibt für die Zukunft zu denken, bedeutet für die Entwicklung Ostastens eigentlich Alles.

LandSSnacHrnchten.

* Altensteig, 10. Aug. Für die Abgebrannten in Jls- feld hat der Gemeinderat Mk. 100 aus der Stadtkasse der Zentralleitung des Wohltätigkeits-Vereins in Stuttgart überweisen lassen.

* Altettstekg 10. Aug. Aus dem Grubeuplatz des Phil. Buob, Gerber, gerieten letzte Nacht 2 Marder in eine Grube und konnten trotz aller Bemühungen ihre Freiheit nicht wieder erlangen. Ein dritter Marder umkreiste die Grube, gleich als ob er den Gefangenen Hilfe leisten wollte, flüchtete sich aber, als in der Frühe 2 Männer nahten. Den Mardern wurde der Garaus gemacht; sie hängen jetzt an Stricken beim Grubeuplatz zur Schau. Bekanntlich sind die Marder den Hühner» sehr gefährlich ; unter dem Volke derer vonKikeriki" soll nun eitel Freude herrschen über den Tod der blutgierigen Feinde.

* Klteasteig, 10. August. Unangenehm überrascht war am Sonntag eine Frau aus Götte l fingen, welche die Grömbacher Fahnenweihe besucht hatte. Sie vermißte plötz­lich ihr Portemonnaie mit Mark 400 Inhalt und konnte nicht bestimmt angeben, ob es ihr aus der Tasche gestohlen wurde oder ob sie es verloren habe. In Edelweiler wurde dieser Tage Christian St oll zu Grabe getragen. Der Mann hatte sich durch ein Messer an der Hand eine leichte Verletzung zugezogen, die er nicht weiter beachtete. Es stellte sich Blutvergiftung ein, welcher der biedere Bür­ger trotz ärztlicher Hilfe erlag. Am Montag kam auf der Straße nach Spielberg Hirschwirt Klenk von Pfalz­grafe »Weiler unter sein Gefährt und brach einen Arm. Anfänglich schien es, der Mann habe anch schwere innere Verletzungen davongetragen, doch ist dem glücklicherweise nicht so.

* Der Bauer Jakob Kaiser von Mstngea, O. A. Na­gold, verkaufte im Juni ds. I. an den Metzger Steeb in Böfingen ein Schwein zum Schlachten. Steeb ließ das Schwein durch den Fleischbeschauer Bolz vor dem Schlachten untersuchen und es wurde nur ein etwas trübes Auge ge­funden. Bei der zweiten Untersuchung, nach der Tötung, aber zeigte sich, daß Lunge, Leber und Milz ganz mit Tuber­keln durchsetzt waren. Infolgedessen mußte der Bauer das Schwein wieder zurücknebmen. Bolz teilte ihm mit, daß er von dem Fleisch selbst essen könne und au andere Leute ab- geben dürfe und das Fett zu Schuh- und Wagenschmiere gebrauchen könne. Nachdem aber dann dem Schwein der Kopf angeschnitten war, sah Bolz, daß Eiter herausfloß und nun erklärte er dem Angeklagten, er dürfe von dem Fleisch weder selbst esse» noch an andere Leute davon abgeben, sondern müsse das Schwein verlachen, nur das Fett dürfe er zu Schmiere auslassen. Der Angeklagte versprach dies zu tun. Da Bolz nur Zettel mit Minderwertigkeitsvermerk bei sich hatte, klebte er zwei solche auf das Schwein, drückte aber den Untauglichkeitsstempel daneben. Trotz der Anweisung des Fleischbeschauers verkaufte der Angeklagte nun von dem kranken Fleisch an Verwandte und Bekannte, bis ihm dies von dem Ortspolizeidiener untersagt wurde. Dafür kam Kaiser vor die Tübinger Strafkammer. Er redete sich damit aus, Bolz habe ihpr nur gesagt, diesen Teil, d. h. den Kopf, auS dem Eiter floß, dürfe er nicht essen, sondern müsse er verlochen, was er dann auch getan habe, das übrige Fleisch habe er teils dann verwendet. Der vor Gericht als Sach­verständiger vernommene Oberamtstierarzt Kieß in Tübingen

erklärte jenes Fleisch wohl für minderwertig, aber nicht not­wendig für gesundheitsschädlich. Demzufolge wurde der An­geklagte freigesprocheu.

* Gnktktngen, 8. Aug. In letzter Nacht brannten hier 3 Wohnhäuser und 2 Scheunen gänzlich nieder.

* Akiöurg bei Calw, 8 August. Heute früh 5'/? Uhr ist im Gebäude des Ulrich Roller, welches zwischen dem Rathaus und der Wirtschaft zum Ochsen gelegen ist, ein Brand ausgebroche», welcher das ganze Gebäude in Asche legte. Mit Hilfe der neu eingerichteten Wasserleitung ist es den Anstrengungen der Feuerwehr gelungen, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Der Gebäudeschaden be­trägt 5000 Mk, der Mobiliarschaden 3 000 Mk.

* Stuttgart. Im Aufträge des Ministeriums des Innern haben sich Oberbaurat Leibbrand, Bauinspektor Euting und der Landestechniker für das landwirtschaftliche Bauwesen, Inspektor Friz, heute nach Jlsfeld begeben, um die Gemeinde wegen des Wiederaufbaus der abgebrannten Gebäude zu beraten.

* Stuttgart, 7. Aug. (Der Bischof und das deutsche Lied.) Ans der Plenarversammlung der Cäcilienvereine der Diöcöse Rottenburg hat Bischof Dr. v. Keppler in einer längeren Ansprache den anwesenden Cäcilienvrreinsmitgliederu und Leitern die Pflege des deutschen Kirchenliedes ans Herz gelegt. Er führte hierzu nach dem deutschen Volks­blatt aus : Es ist ein Extrem, den deutschen Gesang so zu pflegen, daß man den lateinischen ganz vernachlässigt und so in unvermeidlichen Konflikt kommt mit dem Geiste unserer Lithurgie und mit den kirchlichen Vorschriften. Es ist ein Extrem, den lateinischen Gesang so zu Pflege», daß der deutsche dadurch zum Aussterben verurteilt wird. Ex­treme sind unvernünftig und schädlich. Wir wollen die rechte Mitte halten, das eine tun, das andere nicht lasten. Lassen Sie sich die Pflege des deutschen Kirchenliedes inner­halb der richtigen Grenzen, auf der Grundlage des neuen Notengesangbuchs für das Volk anempfohlen sein. Es liegt viel daran, und es liegt ein großer Segen darin. Wir kom­men damit einem teilweise berechtigten Verlange» des Volkes entgegen. Wir helfen mit, daß das religiöse Lied aus der Kirche auch in das Haus seinen Weg wieder findet, die Luft des Hauses reinigt, die Arbeit begleitet, die Erholung versüßt, das Leiden erleichtert.Das Volk in Deutschland fingt nicht mehr, o weh" klagt ein Lied. Das Volkslied im guten, edlen Sinn ist ausgestorben. Ein Volk, das nicht mehr fingt, oder nur schlechtes fingt, ist ein krankes und unglückliches Volk. Es ist ein gutes Werk, in das ge­dankenarme und sreudenarme Volksleben das Quellwasser des religiösen Volksliedes hineinzuleiten.

* Eine Frau begab sich in AutertürLheim am Wasch­tag in erhitztem Zustand in den Keller und holte Most. Dabei stillte sie am Faste ihren ersten Durst. Sofort stellten sich heftige Leibschmerzeu ein rw.d unter schweren Qualen starb die Frau nach 2 Tagen.

* Göppingen, 6. August. Heute nacht kurz nach 1 Uhr wurde Großfeuer gemeldet. Es brannte in der Brauerei zum goldenen Rad. Bis die Feuerwehr kam, schlugen die Flammen lichterloh in die Höhe. Das Verbrennen eiuer großen Menge Malzes verursachte feurige Säulen, welche die ganze Gegend taghell beleuchteten. Der Feuerwehr gelang die schwere Arbeit, die eng augebauten Häuser zu retten. Wasser war dank der neuen Leitung genügend vorhanden, aus 8 Hydranten ergossen 16 Schläuche eine Unmenge Wasser in die Flammenglut. Die Brauerei brannte großen­teils nieder, auch wurde der angebaute Stall mit Scheune ein Opfer der Flammen. Die Feuerwehr ist mit Zimmer­leuten heute den ganzen Tag beschäftigt, die augedrannten Balken zu entfernen. Der Schaden beträgt ca. 100 000 Mk.

* Mnnigheim OA. Besigheim, 6. August. Dir Zahl der Bewerber um die durch den Tod des seitherigen In­habers Bruder erledigte Stadtschultheißenstelle ist ein ziem­lich großer. Nach Ablauf des Meldetermins haben die Gemeindevertreter den fixen Jahresgehalt, der seither 2400 Mark betrug, auf 1800 Mark herabgesetzt, das hatte sofort zur Folge, daß der älteste Bewerber um die Stelle, Stadt­pfleger Besserer aus Kirchheim u. T., früher Schultheiß in der Nachbargemeinde Hohenhaßlach, OA. Vaihingen, seine eingereichte Bewerbung zurückzog

* Keilöron«. 7. Aug. Die Feuergluten auf der Trümmerstätte in Jlsfeld sind verglommen. In die Ge­müter der Betroffenen beginnt wieder Zuverficht und Be­sonnenheit einzuziehen, dank der rasch und planmäßig ein­geleiteten Hilfsaktion. Aus allen Landesteilen werden der schwer getroffenen Gemeinde Geld, Kleidungsstücke und Nahrungsmittel zugeführt. Wenn auch die Wohnungsfrage nicht mit der gleichen Schleunigkeit ihre Lösung finden kann, so haben doch die obdachlosen Familien, obschon