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S rscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «tt der wLch. Beilage »Der Sonntags- Gast».
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Dienstag. 9. August.
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* Aktensteig, 8. August. Nach längerer Pause hat sich heute für unsere lechzende Vegetation eiu erquickender Regen eingestellt. Der allgemeine Wunsch geht dahin, der gütige Himmel möchte endlich das so notwendige kostbare Naß in einer Menge spenden, daß endlich der Boden wieder gehörig durchfeuchtet wird.
Hrömvach, 7. August. (Fahnenweihe des Veteranen- und Militärvereins.) Das war ein Rüste» und Ordnen zum Feste in letzter Woche, um die Gäste würdig zu empfangen und allenthalben eine bange Sorge, Laß doch alles wohl gelingen möge. Und es gelang. Viele fleißige Hände wetteiferten darin, die Häuser und Straßen zu schmücken, Ehrenpforten zu errichten, den Festplatz so angenehm als möglich zu gestalten und mit einer reichgeschmückten Tribüne zu versehen. Kein Hans entbehrte des Festschmucks, manche waren wirklich 'geschmackvoll dekoriert. Es kam heute der Festtag. Böllersalven verkündeten ihn beim Morgengrauen, das Firmament zeigte eine Verschleierung, „reguets oder regnets nicht?" fragten sich die Leute. Günstiges Festwetter stellte sich ein. Beim Vormittagsgottesdienst, zu welchem der Veteranen- und Militärverein in geschlossenem Zuge schritt, erhielt die Fahne die kirchliche Weihe. Das Festessen gmg bei zahlreicher Beteiligung vor sich, patriotische Tischreden belebten die Stimmung. Um 2 Uhr ordnete sich der Festzug. Derselbe ging von der benachbarten Gemeinde Garrweiler aus ; dröhnende Böllersalven verkündeten, daß er sich in Bewegung gesetzt. Der überaus stattliche Zug war wie folgt arrangiert: vorauf 4 Vorreiter in altwürttembergischer Ulanenuuiform dann die Kapelle der Tübinger Militärmnfik, ein Kranz weißgekleideter Festdamen mit der zu enthüllenden Fahne, die Veteranen von Grömbach und Garrweiler in einer von 2 Pferden gezogenen, prächtig mit Blumen und Kränzen geschmückten Chaise, der festgebende Verein, alsdanu die Veteranen-, Krieger- und Militärverriue, sowie Gesang- und Schützenvereine in alphabetischer Ordnung. Es waren vertreten: Altensteig, Aichelberg. Aach, Berneck, Besenfeld, Beihingen. Bösingen, Dornstetten, Erzgrube, Enzthal-Euzklösterle, Egenhausen, Fünfbronn (Gesang-Verein), Göttelfingen, Huzenbach, Jgelsberg, Lützenhardt, Martinsmoos, Nenweiler, Obertyal, Pfalzgrafenweiler, (Gesang-, Schützen- und Radfahrerverein Pfalzgrafenweiler), Röth, Simmersfeld, Spielöerg, Sprollenhaus, Thumlingen und Warth, zusammen 34 Vereine mit 21 Fahnen. Bei Ankunft auf dem Festplatz nahmen die Fahnenträger im Kreise unmittelbar vor der Tribüne Aufstellung, wo die bunten, flatternden Banner ein ebenso schönes Prunk- als Schaustück boten. Dicht hinter den Fahnen gruppierten sich die Vereine und das massenhaft herzugeströmte Publikum. Der Bereinsvorstond, Hr. Klenk, sprach das Willkommen aus in gewählten Worten und dankte den fröhlichen Gebern, durch deren Freigiebigkeit die Anschaffung des köstlichen, längst erwünschten Kleinods ermöglicht worden sei. Er schloß mit einem dreimaligen Hoch auf Se. Majestät unfern König. Anschließend wurde die Königs- Hymne mit Musikbegleitung gemeinsam gesungen. Hierauf hielt Herr Schullehrer Roller die Festrede. Einleitend erinnerte er daran, daß schon nach den Befreiungskriegen (1813) sich Reservevereiue gebildet hätten, entsprungen aus dem Bedürfnis kameradschaftlichen Zusammenschlusses, einen neuen und mächtigen Aufschwung hätten diese Vererniguugen nach dem Kriege 1870/71 genommen durch Gründung der Veteranen-, Krieger- und Militärvereine. Auch ehrbare Glieder der Gemeinden Grömbach und Garrweiler hätten sich zur Bildung eines Veteranen- und Militär-Vereins zu- sammengeschaort, lange Hobe man eine Fahne ersehnt, endlich sei der Lieblingswunsch in Erfüllung gegangen. Ihr Sympo! bedeute: Treue, Festhalten am alten Gottesglauben, mannhaftes Eintreten für König, Kaiser und Vaterland, Pflege der kameradschaftlichen Einigkeit, von Zucht und Sitte, guter Ordnung und echter Soldatentreue. Dem Vaterland und dem Kaiser brachte Redner eiu dreimaliges Hoch dar. Der gediegenen Festrede schloß stch der gemeinsame Gesang an: »Deutschland, Deutschland über alles!" Nun folgte die Enthüllung der Fahne unter poetischer Ansprache einer Festdame, eine zweite Festdame überreichte ebenfalls in gebundener Ansprache, in der sie dem Verein ein dauernd .Heil" wünschte ein prächtiges Fahnenband als Stiftung der Frauen und Jungfrauen vom Grömbach u. Garrweiler. Dankbar wurde die Spende begrüßt und die Fahne vom Fahnenträger übernommen. Dem Beteranen- und Militärverein Grömbach-Garrweiler wurde sodann ein donnernd .Lebehoch" dargebracht. Se. Exzellenz Herr General von Dettinger war im Aufträge des Bundes- Prästdiums erschienen. Der Herr General betonte, daß er in seiner 48jährigen Dienstzeit die Schwarzwälder als beson
ders tüchtige Soldaten kennen.gelernt habe. Er überbringe die allerherzlichsteu kameradschaftlichen Grüße des Bundes- prästdiums und dessen herzliche Glückwünsche. Redner schloß: Möchten es nur Wege der Ehre sein, auf dem die neue Fahne dem Veteranen- und Militärverein voranwehe und. möge der Verein sein und bleiben eine Pflegstätte echter Vaterlandsliebe, eckter Treue zu König, Kaiser und Vaterland. Herr Professor Haug, Obmann der Kriegervereiue des Oberamts-Bezirks Freudenstadt dankte den Vereinen für ihr zahlreiches Erscheinen, erinnerte au die schöne Pflicht der gegenseitigen kameradschaftlichen Unterstützung, wenn die Not Einkehr hält, wie z. B. in dem von einer furchtbaren Brandkatastrophe betroffenen Jlsfeld, wo Fürsorge für die Bedrängten geboten sei und brachte schließlich ein mit donnerndem Beifall aufgenommenes Hoch auf Se. Excellenz den Herrn General und das Präsidium des württember- gischen Kriegerbundes ans. Se. Excellenz Herr General von Dettinger nahm nochmals das Wort um dem Bezirks- obmaun für die anerkennenden Worte und seine ersprießliche Arbeit (früher in Calw jetzt im Bezirk Freudenstadt) als Bezirksobmann der Kriegerverrine zu danken und bat ihn fortzufahren in dieser Arbeit zum Heil und Nutzen unseres Vaterlandes. Damit war der offizielle Festakt beendet, es trat der gemütliche m sein Recht. Für Unterhaltung und Belustigung, für leibliche Stärkung und Erfrischung war wirklich gut gesorgt. Nicht nur auf dem Festplatz entwickelte stch ein buutbewegtes Leben, auch auf den Ortsftraßen war ein Gewoge, wie in unserem Orte Grömbach noch keines gesehen wurde. Aber alles Schöne währt ja (leider nur eine kurze Weile, die Zeit rollt schnell dahiu und so verflog denn das schöne Fest zu rasch, aber zweifelsohne eine schöne Erinnerung zurücklassend für alle Gemeiudeeiuwohuer und für alle Gäste aus nah und fern, welche es stch nicht nehmen ließen, dem Ehreutag des Veteranen- und Militärvereins anzuwohnen. Eiu Festball am Abend beschloß die schöne Feier.
* Aus der Kteinkach, 5. Aug. Ein etwa 40jähriger Mann aus einem Dorfe unserer Gegend bekam so das Festfieber, daß er in der vergangenen Montagnacht, ohne daß seine Frau es bemerkte, sich mit dem von ihm benützte« Ausfteuerbett auf den Weg nach Reutlingen machte, es dort ins Leihhaus trug, um Geld zu bekommen, damit er die letzten Tage des Turnfestes mitmachen konnte. Die bedauernswerte Frau hatte am andern Tag nicht nur keinen Pfennig Geld, sondern auch keine Nahrungsmittel mehr im Hause. Mitleidige Nachbarsleute gaben ihr und den 3 Kindern Milch, Mehl und Brot, damit sie wenigstens ihren Hunger stillen konnten.
* Ikskekd, 5. August. Noch immer — Freitag nachm. 4 Uhr, 26 Stunden nach dem Ausbruch des verheerenden Brandes — qualmen dichte Rarchwolkeu empor aus 310 Ruinen, die mehr als 1000 obdachlose Menschen umstehen. Ein Bild grenzenlosen Elends, ein Unglück von düsterer Tragik! Hervorgerufen durch zwei unvernünftige Kinder des Seifensieders Wilhelm Sieber, einen 7jährigen Knaben und ein lOjähriges Mädchen. Die alte Geschichte! Die Eltern, so erzählt man stch, waren, wie der größte Teil der Einwohnerschaft, auf dem Felde und die beiden Kinder wollten von den schönen Aepfeln naschen, die der Vater auf Stroh gelagert in einer Kammer aufbewahrt hatte. Aepfel- braten war die Abficht der beiden Kleinen, und hiezu nahmen sie den Spirituskocher, entzündeten ihn und legten die Früchte in das Feuerchen hinein, das Lämpchen fiel jedoch zum Schrecken der jungen Missetäter um und in wenigen Augenblicken loderte eine mächtige Flamme auf. Ehe noch die erste Hilfe kam, standen 3 Häuser in Flammen und eine Stunde später hatte das verheerende Element schon 30 Gebäude ergriffen. Ein scharfer Südostwind peitfchte die Flammen mitten ins Dorf hinein, wo stch auf einer etwa 10 Meter hohen Anhöhe die Kirche erhob. Bald brannte das ehrwürdige Gotteshaus, ein Zeuge der Baukunst früyerer Jahrhunderte, lichterloh, und heute ragen nur noch die rauchgeschwärzten Grundmauern aus dem ausgedehnten Trümmerfeld empor. Der überfüllte Nachmittagszug Heilbronn-Marbach bringt uns nach dem inmitten fruchtbaren Saatfeldern gelegenen Jlsfeld. Zunächst bietet sich beim Verlassen des Bahnhofs dem Auge nichts dar. was «A die Schreckensnacht erinnern könnte. Rur die Weidenbäume entlang dem Bach, der das Dorf umkreist, lassen ihre völlig verdorrten Zweige hängen — ei« Opfer der Gluthitze. Aber nur wenige Schritte weiter, dann wechselt das Bild seinen Charakter. Am Straßenrand kauern Männer und Frauen, die schützenden Arme um ihre Kinder gelegt, stumpf und gleichgültig gegen alles, was um sie her geschieht, auf den Gesichtern die deutlichen Spuren der erlebten Schrecknisse. Um sie her liegt in buntem Chaos
halbverbranntes Gerümpel, ein zerschlagenes Klavier, unbrauchbar gewordene Bettstücke rc. Roch eine Strecke von 50 Meter weiter und wir find an der Kreuzung der Straßen nach Beckstein, Heilbronu und Besigheim augelaugt, im Zentrum des Brandgebietes. Dieser Anblick spottet jeder Beschreibung! Auf einer Fläche von einem halben Quadratkilometer ein rauchendes Trümmerfeld, durch das wir uns über glühende Balken, die in Massen über die Straßen gestürzt find, den Weg bahnen müssen. Zu Hunderten liegen neben den Glutmasseu umgekommeue Tiere, Schweine, mit aufgeschlitzten Leibern, Hühner uud Enten, völlig gebraten, denen das Feuer den Weg verlegt hatte. Da war es wahrhaft rührend anzusehe», wie ein Kind aus dem Keller seines abgebrannten Vaterhauses einen Gockel heil und gesund hervorbrachte, dem es noch im letzten Augenblicke gelungen war, einen Schlupfwinkel zu erreichen. An all diesem Jammer ziehen wir vorüber, die Anhöhe hinaus zur Kirche, von der nur noch die gotischen Bogen der Chorfenster und die ausgebrannten Turmmauern an ihr früheres Dasein erinnern. Neben der Kirche liegt, von einer meterhohen Mauer umgeben, der Friedhof. Darüber hinweg hat stch das verheerende Element seinen Weg gesucht, alles vernichtend — Gräberschmuck, Holzkreuze und Inschriften. Herumliegender Hausrat läßt erkennen, daß die Bewohner zu den Toten geflüchtet waren, um sich dort ein karges Nachtlager zu bereiten. Hinter einem Grabstein liegt, eng aneinaudergeschmiegt eine Anzahl toter, junger Schweinchen. Zurück führt uns unser Weg nach der Hauptstraße des Dorfes, die, wenige Häuser am Ende des Ortes ausgenommen, völlig abgebrannt ist. Au einer in die Hauptstraße einmündenden Seitengasse steht ein dichter Meuschenkoäuel, und jeder versucht einen Blick in de» Keller eines des vom Feuer vernichteten Gebäudes zu wer-- fen. Dort graben und schaufeln seit Stunden zahlreiche Männer nach dem Leichnam des Gemeiuderats Gemmrich, der vermutlich den Erstickungstod erlitt. Der Unglückliche wollte wertwolle Papiere im Keller uuterbringeu — nach einem anderen Gerücht wollte er eine größere Summe Geldes, die er im Keller aufbewahrt hatte, bergen. Dabei wurde ihm anscheinend durch eine einstürzeude Decke der Rückweg abgeschnitten. Das gleiche Hilfsmittel hatten zahlreiche andere Einwohner ergriffen. Wertsachen, bessere Möbelstücke wurden in die tiefen Keller gebracht, um gerettet zu werden. Vergebens! Auch sechs Meter unter der Erde setzte die sengende Flamme ihr Veruichtuugswerk fort, sprengte die Fässer und richtete alles zu Grunde, was nicht von Stein und Eisen war. Um ermessen zu können, mit welch furchtbarer Schnelligkeit das Feuer seinen Weg nahm, möge eine Mitteilung Erwähnung finden, die uns ein völlig gebrochener Mann, der Hab uud Gut verloren hat, machte. „Ich war gerade daran," so erzählte er unter Tränen, „den Hausrat eines mir durch fünf Gebäude von meinem Haus getrennten Rachbars bei mir unterzudringen. Als ich nach kaum drei Minuten mit einem Möbelstück zurückkam, standen dies« sämtlichen fünf Anwesen samt meinem eigenen in Flammen!" Ein anderes Bild. Vor dem zweiten Schulgebäude, das erhalten blieb, stehen einige Oefev. Die Nährmittelfabrik Otto uud Kaiser in Heilbronn läßt hier während des ganze« Tages kräftige Suppe kochen und an die Unglücklichen verteilen. Innerhalb des Schulgebäudes drängt sich die Menge der Obdachlosen, um etwas von den Lebensmitteln zu erhaschen, die von den umliegenden größeren Gemeinden hilfsbereit herbeigebracht worden waren. Lauffen a. N. hat allein vier Wagen voll Proviant zur Verfügung gestellt. Allmählich ist es spät geworden. Abseits von der Brandstätte find die Leute damit beschäftigt, die vom Militär zur Verfügung gestellten Zelte auf den Feldern inmitten der reifenden Frucht aufzuschlagen, die sie während der nächsten Tage als Ovdach benützen wollen. Wir begeben uns auf de« Rückweg, durchschreiten nochmals die Braudstätte, des atemversazenden Qualmes nicht achtend, um uns dann einen Platz im Zage nach Heilbronu zu erkämpfen. Möchten doch alle, die heute Zeuge des unsagbaren Unglücks waren, zu Hause und im Freundeskreise, erzählen von der großen Not, die rascher Hilfe bedarf! Jetzt ist die Not am größten, bis die Versicherungsanstalten helfend eingreifen, und daun noch wird die Anzahl derer groß sein, die der privaten Mildtätigkeit bedürfen, wen» sie nicht verzweifeln sollen ob ihrer bedürftigen Lage.
(Stuttg. Nr. Tagbl.)
* Alsbald nach dem Bekanntwerden des Iksfekder Brand- uuglücks find vom König zur Linderung der größten Not vorläufig 1000 Mk. und von der Königin 500 Mk. dem hiesigen Hilfskomitee überwiesen worden. — Am Freitag kam Se. Majestät in einem Extrazug nach Jlsfeld, nahm von dem Braudplatz Einsicht uud stellte seine Fürsorge in Aussicht.