Jervspttcher Nr. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «it der wöch. Beilage »Der SonntagS-

vestellpretS für das Vierteljahr im Bezirk v- Nachbarortsverkebr Mk. 1.18, außerhalb Mk. 1L5.

Wr. 120 . j

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Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904 .

Amtliches.

veka»«tmach«ng des Medizinalkollegiurns, Tier­ärztliche Abteilung, betreffend die Abhaltung von Uutcrrrchtskursen für Fleischbeschauer.

Im Falle genügender Beteiligung werden an den Schlachthäusern zu Ravensburg, Heilbronn und Stuttgart demnächst vierwöchige Uvterrichtskurse für Fleischbeschauer abgehalten werden. Der Beginn des Kurses ist für Ravensburg auf 22. August,

. Heilbronu 23.

Stuttgart . 29.

in Aussicht genommen.

Die Gesuche um Zulassung sind alsbald an Oberamts­tierarzt Deutler in Ravensburg bezw. Stadttierarzt Hohl in Heilbronn und Stadtdireklions- und I. Stadttierarzt

Kösler in Stuttgart eiuzureicheu. Bemerkt wird, daß zu der im Anschluß an die Ausbilduugskurse stattfiadenden Prüfung nach den Prüfungsvorschrifteu für Fleischbeschauer (Bundesratsbcstimmungen L vom 30. Mai 1902) nur solche Bewerber zugelassen werden, welche

1) das 23. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr

noch nicht überschritten haben,

2) körperlich tauglich, insbcsoudere im Vollbesitz ihrer

Sinne find,

und bezüglich deren keine Tatsachen vorlicgen, welche die Unzuverlässigkeit deS Nachsuchenden in Bezug auf die Aus­übung des Berufs als Fleischbeschauer darin».

Die Einberufung der Gesuchsteller wird durch den Leiter des Unterrichts schriftlich erfolgen.

Stuttgart, den 1. August 1904.

Nestle.

Tagespolitik.

(Zum Frieden unter den Konfessionen.) Eine für die konfessionelle Lage sehr beachtenswerte Kundgebung hat der Altmeister der katholischen Kirchengeschichtsforschung Prof. Dr. vou Funk-Tübingen, der auch in protestantischen Ge- lehrtenkreise» ein großes Ansehen genießt, soeben erlassen. Bei einer Besprechung der Sckrift des Breslauer Dom­herr» Dr. Seltmanu über die Wiedervereinigung der ge­trennten Christen sagt er :Ich vermag die Hoffnung nicht zu teilen, sondern bin der Ansicht, daß etwaige künftige Unionsversuche so wenig wie die früheren zu einer Einig­ung führen werden. . . . Kommt eine kirchliche Einigung auch nicht mehr, jedenfalls nicht sobald zu Stande, so müssen es sich doch alle, denen die Religion nicht ein gleichgiltiges Ding ist, angelegen sein lassen, den gegenseitigen Streit und Hader aufzuheben oder möglichst einzuschränken und auch in der Trennung mit einander in Frieden zu leben." Gol­dene Worte!

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(Die erste Kammer in Bayern im Zwist mit der Ab­geordnetenkammer.) Die Kammer der Abgeordneten hielt eine Abendsttzung ab, iu welcher der Zwist zwischen der Reichsratskammer und der Abgeordnetenkammer zur Sprache gebracht wurde. Abg. v. Volkmar (Soz.) wandte sich scharf gegen die Auffassung der Reichsräte in ihrer Kritik der Abgeordnetenkammer und äußerte weiter, in der Reichsratskammer sei von einem Mitglied derselben eine Auffassung über die Stellung der Beamten als Abgeord­nete kuudgegeben worden, welche die größte Unkenntnis mit den elementarsten Begriffen von den Rechten des Land­tags gezeigt habe. Wenn die Herren ia der Reichsrats­kammer in dieser Weise fortfabren, werde auch schließlich das bayerische Volk sich für die Frage der Existenzberechtigung der Herrenhäuser interessieren. Hierauf sprach der Vorstand der Zentrumsfraktion, Dr. Daller, welcher sich in der Haupt­sache den Ausführungen des Vorredners anschloß und schließlich sagte:Die Vorzüge des Reichtums und der Geburt, für welche einer nichts kann, müssen mit Noblesse benützt werden. Wenn jene Herren den Zwist wollen, s« werden wir nicht unterliegen."

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(Der Generalstreik als Waffe.) In einer von zirka 3000 Personen besuchten sozialdemokratischen Versammlung in Berlin kritisierte Dr. Friedberg die Taktik der sozial­demokratischen Parteileitung. Er bemerke, daß das Prole­tariat trotz der 3 Millionen Stimmen bei den letzten Reichs­tagswahle» der Beseitigung des bestehenden Klassenstaates noch nicht näher gerückt sei. Auch de» Bemühungen, das allgemeine gleiche und geheime Wahlrecht abzuschaffen, stehe das deutsche Proletariat vollständig ohnmächtig gegenüber. Er werde auch demselben keine Thräue nachweiuen. Die Ausführungen Friedbergs gipfelten darin, daß die sozial­demokratische Partei ihre bisherige Taktik ändern, kein Ge­wicht mehr auf den Parlamentarismus legen, dagegen mk

aller Macht die Idee des Generalstreiks in die Massen tragen solle, In der Diskussion sprachen sich sämtliche Red­ner im Sinne des Referenten aus. Schließlich wurde eine

in diesem Sinne gehaltene Resolution angenommen.

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Graf de Man erläßt in derCroix" folgenden Auf­ruf:Die Minister sind nicht Frankreich, sie sind nur die Gebieter eines Tages. Die Mehrheit, die sie unterstützt, ist nicht Frankreich, sie ist nur eine Politische Koterie. Gegenüber diesem offiziellen Frankreich bleibt das katholische Frankreich mit allen seinen Rechten und allen seinen Pflichte» fortbestehen. Ihm steht es jetzt zu, die Stimme zu erheben. Mögen alle, die berufen sind, im Nameu ihrer Landsleute zu sprechen, Senatoren, Abgeordnete, General­räte, katholische Vereine und Unternehmungen, ohne Verzug dem Papst die Huldigung ihrer unerschütterlichen Hingeb­ung an den heiligen Stuhl senden und das ganze kathol. Volk auffordern, sich durch öffentliche Proteste dieser feier­lichen Kundgebung des Glaubens, der Achtung und Treue anzuschließen. Später werden Wallfahrten, Abordnungen und Besuche die heute begonnene Bewegung fortsetze». Herr Loubet wird keinen Botschafter mehr beim Vatikan haben, aber Frankreich wird seine beständige Vertretung

bei dem Papste besitzen.

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Schritt um Schritt werden die Russen von ihren kleinen gelben Gegnern zurückgedrängt; eine Schlacht um die andere geht den Soldaten des Zaren verloren. Es hat augenblick­lich sogar den Anschein, als sollten die Russen umzingelt und als würde Mukden ein zweites Sedan werden, iu dem General Kuropatkin die Waffen strecken muß. Trotzdem glaubt der bekannte Hauptmann'Tcmera, ein alter Kämpfer von 1870, noch an den schließlichen Sieg der Russen. Er schreibt: Tie Japaner hätten nur dann Aussichten gehabt, wenn sie im ersten Anlauf Port Arthur erobert, sich dort an der Nordgrenze Koreas festgesetzt und gesagt hätten: So, verehrte Russen, nun jagt uns wieder hinaus." Ihr weiteres Vorgehen halte ich für fehlerhaft, und wahr­scheinlich wird es zu ihrem völligen Ruin führen. Die Russen haben nach meiner Ansicht die Aufgabe, sich lang­sam unter steten Kämpfen immer mehr zurückzuziehen und die kampflüsternen Japaner immer mehr nordwärts sich nach­zulocken. Wenn dabei auch Mukden und noch mehr ver­loren geht, so schadet das garnichts. Mukden kann man mcderbrennen, das ist noch lange kein Moskau, ebenso Tchangtu uud Kiriu. Der Rückzug muß solange dauern, bis genug Streitkräfte in der Mandschurei und bis die Oft­seeflotte und das Geschwader des Roten Meeres vereint mit dem Wladiwostok-Geschwader im Osten angekommen sind und die dann unterlegene japanische Flotte niedergekämpft oder doch die Seeherrschaft erlangt haben. Dauu kann die nun überlegene russische Landarmer, vielleicht von Charbin aus, den Vormarsch beginnen, uud hierauf folgt für die Japaner ein schrecklicher Rückzug und ein Uebergaug über die Beresina, will sagen da-Meer, und zwar im Winter und Frühjahr 1904/1905. Dann ist Japan vernichtet." Taneras Ansicht hat in der Tat viel für sich. Sollten durch das Erscheinen neuer russischer Seestreitkräfte die Ja­paner die Seeherrschaft verlieren, so könnte es nicht nur den Belagerern von Port Arthur, sondern auch den japanischen Heeren in der Mandschurei recht übel ergehen. Die Zu­fuhren würden jedenfalls sofort abgeschnitte» werden; die Belagerer von Port Arthur kämen unter das Feuer der russischen Schiffe, ja, sie wären davor nicht einmal sicher, daß nicht unter dem Schutze russischer Kriegsschiffe Land­ungen auf der Kwantunghalbinsel in ihrem Rücken statt- fäuden. Die japanische Stellung bei Kintschou, au der schmalen Enge, welche die Kwantunghalbinsel mit der Liau- tunghalbinsel verbindet, würde sofort unhaltbar sein. Es könnte ein wahres Kesseltreiben gegen die Japaner veran­staltet werden. Borausbedingung ist freilick, daß ein neues starkes russisches Geschwader rechtzeitig vor Port Arthur eiutrifft, bevor die Widerstandskraft der Belagerten gebrochen ist. Nun wird ja neuerdings gemeldet, das Geschwader würde erst im September abgeheu können. Sollte das richtig sein, dann kämen die Russen erst Anfang November nach Ostasten, wenn Wladiwostok vereist, Port Arthur womöglich gefallen wäre. Doch hält mau die neueren russischen Meld­ungen, daß das Oftseegeschwader erst im September nach Ostaste« abgeheu werde, für eine russische Kriegslist und nimmt an, daß russische Schiffe bereits unterwegs find.

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Ein sehr absprechendes Urteil über die St. Louiser Weltausstellung fällt der Ingenieur Dr. Kollmaun iu der Franks. Ztg." Er kommt dabei zu der auch bei uns viel­fach verfochtenen Meinung, daß die Beteiligung der deut­

schen Industrie an der Ausstellung keinen praktischen Zweck hatte. Kollmaun sagt u. a.: . Aus der kritischen Be­

leuchtung der einzelnen Gruppen ergibt sich mit ziemlicher Sicherheit, daß der Ausstellung von St. Louis eine inter­nationale Bedeutung nicht zukommt und daß die berechtigten Erwartungen, welche man einer Reklame größten Stiles gegenüber hegen durste, bei weitem nicht erfüllt worden find. So glänzend die äußerliche bauliche Anlage auf den ersten Blick auch erscheint, sie kann die vielfachen sachlichen Mängel des Inhalts nicht ausgleicheu und ebensowenig dem Milieu von St. Louis einen internationalen Zug ver­leihen. Ich würde deshalb nicht die Verantwortung dafür übernehmen, jemanden zu einer Reise von Europa nach St. Louis bloß der Ausstellung wegen zu veranlassen, da er ganz gewiß bitter enttäuscht zurückkehreu würde. Mit dem zu einer solchen Reise nötigen Aufwand von Zeit und Geld kann man anderwärts erheblich mehr lernen als iu St. Louis, soweit es den eigentlichen Inhalt der Ausstcllung im Vergleich zu den älteren gleichartigen Unternehmungen angeht. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, daß man aus dem Gesamtbilde nicht sehr wertvolle Lehren für die Zukunft ziehen könne, vielmehr bin ich im Gegenteil der Meinung, daß Leute mit wirtschaftlicher und sozialpolitischer Einsicht und Erfahrung nur sehr selten aus einer Aus­stellung so viel lernen können, wie aus derjenigen von St. Louis. Ob diese Lehren positiver oder negativer Natur sind, ist am Ende gleichgültig; diesmal sind die Amerikaner diejenigen, welche die für alle Nationen wichtigen wirt­schaftlichen Lehren zu zahlen haben. Mit der Geschichte und den Schwierigkeiten des Ausstellungswesens vertraute Sachkundige haben schon vor der letzten Pariser Weltaus­stellung von 1900 ihre Bedenken ausgesprochen, und wenn man sich, nachdem man dieses glänzende Unternehmen sach­lich studiert hatte, fragte, was denn nun an positiven Ergebnissen in technischer und wirtschaftlicher Beziehung vorliege, so mußte man ehrlich antworten, daß einige Speztalausstellungen aus den Hauptgebieten des internationalen Austausches viel mehr Nutzen als diese Weltausstellung gebracht haken würde uud daß für die weitaus meisten Besucher der Reiz der Weltstadt Paris ausschlaggebend war. Nun kommt vier Jahre später das entlegene St. Louis mit einer neuen Weltausstellung uud zwar unter unendlich viel schwierigeren Verhältnissen! Der amerikanische Westen wollte hier in Anlehnung an ein historisches Ereignis seine urwüchsige Kraft zeigen in der Ueberbietung an Größe und Umfang, an äußerem Glanz der Bauwerke und an der Höhe der aufgewendeten Anlagekosten, und gerade in diesem Streben nach gigantischen Dimensionen in jeder Richtung liegt einer der erste» Gründe für den zweifellosen Mißerfolg. Denn zur erfolgreichen Durchführung eines solchen Riesen-Unter- uehmens hätte es vor allem einer Reibe von Männern mit gründlichster technischer und wirtschaftlicher Bildung und mit weitgehender Erfahrung im Ausstellungsweseu bedurft. Die Kritik hat hier mehr als Reden und hochtönende Phrasen zu verlangen, sie fordert eine der an alle Kultur­völker ergangenen Einladung entsprechende Leistung. Diese ist man schuldig geblieben. Es kann meinerseits nicht ent­schieden werden, ob diejenigen an Zahl nicht geringen Amerikaner daS Recht haben, welche die Ausstellung in der Hauptsache als eine Politische Mache bezeichnen uud darüber lächeln, daß wir Europäer mit unserer Beteiligung an der Ausstellung mit einer nicht mehr zu übertreffeuden Reklame hineingefallen sind. Der äußere Glanz hat die überlebte Idee der Weltausstellungen nicht wieder lebensfähig machen können, und nun kommt es nur darauf an, daß die übrigen Nationen, insbesondere auch das deutsche Reich, die richtige Lehre hieraus ziehen und bei der nächsten Einladung zu einer Weltausstellung sich bestimmt ablehnend verhalten.

Lan-esnacHricHten.

* ßakw. Bei W. Kohlhammer in Stuttgart ist in diesen Tagen ein Merkchen über die Schwarzwaldwasser­versorgung in den Oberämtern Calw, Nagold uud Neuen­bürg erschienen, auf das auch au dieser Stelle aufmerksam gemacht werden soll. Es enthält an erster Stelle eine von Oberbaurat von Ehmann ausgeführte Ueberfichtskarte, die sowohl die Höheuverhältuisse als auch die Verteilungs­leitung iu ihrer Gliederung nach Hauptsträugen uud Ver­zweigungen zu anschaulicher Darstellung bringt, femer ein Verzeichnis der beteiligten Gemeinden, geordnet nach Ober­ämtern und mit Angabe der Einwohnerzahlen, und endlich einen erläuternden Text, der sich iu klarer, anregender Form über die Entstehung des Werkes, seine Vorgeschichte und Ausführung, seine Einrichtung, die Betriebskraft, Pump­station, Druckleitung, Verteilungsleitung verbreitet. Die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung des Werkes ergibt sich schon aus der Ausdehnung des Netzes in einer Länge von