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Ar. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «it der wöch. Beilage »Der Sonntags-

vestellprets für das Lterteljahr im Bezirk u- Nachbarortsverkehr Mk. 1.15, außerhalb Mk. I.R.

Wr. 113. !

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AiensLerg. 26. Juli

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werben dankbar angenommen.

1904

Tagespolitik.

Die preußische Regierung hat Rußland erneu schlech­ten Treust erwiesen, als sie dem Antrag uachgab, dre So­zialisten vor Gericht zu stellen, welcheaufreizende" Schrif­ten nach Rußland geschmuggelt haben. Der Prozeß, als Köaigsberger Hochverrats-Prozeß bekannt, hat ergeben, daß furchtbare Mißstände in Rußland herrschen; die schlimmsten Beispiele von Beamtenwillkür wurden festgestellt, und es ist kein Zweifel, daß die russische Regierung blosgeftellt aus den Verhandlungen hervorgehen wird, die angeblichenHoch­verräter" aber vielleicht freigesprocheu werden.

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Die von der Mehrheit des Reichstags geforderte Ein­führung von Dreimarkstücken ist an dem Widerstand des Buvdesrats gescheitert. Jetzt bringen bayerische Blätter die Nachricht, das Finanzministerium in München prüfe die Frage, sb und aus welchen Gründen die Prägung von Dreimarkstücken als ein allgemeines, dringendes Bedürfnis zu erachten sei. Es werden auch die Kasscnstcllen zur Be­richterstattung aufgefordert werden. Zugleich sollen diese sich darüber äußern, ob und wie die Unhandlichkeit des Füus- markstöcks durch Umgestaltung behoben oder doch erheblich gemindert werden könne. Den Fm.fmarkstückeu eine hand­lichere Form zu gebe», dazu Hot sich der Reichsschatzsekretär schon im Reichstage bereit erklärt. Etwas anderes wird schließlich auck nicht geschehen und die Anhänger des Drei­markstücks werden sich Lobl bescheiden müsse» !

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DiePrinz-Heinrich"- und dieMalacca"-A«gelegeu- heit dürfen nicht in einen Topf geworfen werden, so schreibt dieStaatsb.-Ztg." Bei der Belästigung des deutschen Reichspostdampfers handelte es sich um eine offenbare Ver­letzung des Völkerrechts. Bezüglich derMalacca" sei das »och keineswegs erwiesen. Aus den vorliegende« Tatsachen folgert das genannte Blatt, daß die an Bord derMalacca" befindliche Munition nicht für das britische Geschwader be­stimmt war, sonder« für andere Zwecke. Solch ein Zweck könne möglicherweise dir Ablieferung an eine britische Firma in Uokohama sein; denn man liefert natürlich nicht direkt an Japan das wäre gegen alle Neutralität, sondern indirekt, was im Grunde allerdings dasselbe ist. Jeden­falls steht die englische Regierung vor einer schwerwiegenden Frage. Entweder die Regierung erklärt,die Munition auf derMalacca" ist Regiemngsmunition für Aokohama". Dann wird zugestanden, daß der Transport mit einem der­art grenzenlosen Leichtsinn erfolgt ist, daß mau alle Welt warnen muß. auf englische» Dampfern zu reisen! Oder aber die Regierung erklärt die Munition uichl für ihr Eigentum, dar.» ist sie Kontrcbar-.de und der russische Kreuzer befindet sich im Recht. Deutschland hat also allen Grund, sich dagegen zu verwahre«, daß das Verfahre» gegen seinen Postdampfer mit dem gegen dieMalacca" auf eine Linie gestellt wird.

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* Die BeschlognahmederScandia",diesezweiteRücksichts­losigkeit Rußlands, so schreibt die frcikonservativePost", wird von Neuem in Deutschland viel böses Blut machen und die ohne­hin nicht besonders günstige Lage der russischen Diplomatie weiterhin verchlechtem. Es ist beim besten Willen nicht emzu- sehen, welche Gründe russischerseits vorliegeu, um sich die noch vorhandenen Sympathien gründlich zu zerstören. Dieses l ganze Verfahren bedeutet entweder eine grobe Mißachtung ^ des gesamten neutralen Auslandes, die sich bitter rächen i kann oder eine Direktions- und Jnstruktionslosigkeit, für die außerhalb Rußlands jedes Verständnis mangelt. Es ist die höchste Zeit, daß von oben herab diesem Treiben Ein­halt geboten wird, wenn man russischerseits nicht einen ähnlichen Sturm in der öffentlichen Meinung Deutsch­lands heraufbeschwören will, wie in England. Die not­wendige Folge einer derartigen Volksfiimmuug würde eine merkbar veränderte Stellung der deutschen Diplomatie sein. Die Regelung der Dardauellenfrage will England ernst­lich in Angriff nehmen. Der Regierung in London würde dabei eine Unterstützung Deutschlands sichtlich willkommen sein. Einige englische Blätter bekämpfen diesen Gedanken jedoch unter heftigen Angriffen auf Deutschland in entschie­dener Weise. Die Guten erregen sich vorzeitig. Deutsch­land wird auch Rußland gegenüber sein Recht allein und selbständig suchen und finde«.

Forndesnachmchtsn.

* Atterrsteig, 25. Juli. (Versäumt das Baden nicht!) Man schreibt uns: Daß das Baden auf das Allgemeinbefinden günstig cinwirkt und bei vielen krankhaften Zuständen lindernd und nicht selten heilend wirkt, ist schon oft als erprobte Tatsache in Wort und Schrift bekundet worden. Zu keiner Jahres­

zeit sollte mau das Baden versäume«, am wenigsten zur Sommerszeit. Ganz besonders empfelenswert sind Fluß­bäder. Das Schwimme:: gehört zu den zuträglichste»Leibes­übungen. Wie viele Mensche« würdeu solche Gelegenheit, wie sie in Altensteig geboten ist, gerne benützen, wenn ein Fluß da wäre. Versäume es also Niemand jetzt täglich wo möglich za bade».

* AichelZerg, 24. Juli. Der hiesige Kriegerverein feierte beute seine Fahnenweihe. Aus diesem Anlaß war der Ort festlich geschmückt; jedes Haus zierten Kränze oder Guirlanden, Tannenbäumchen waren entlang derOrtsstratze zu beiden Seiten gesetzt und Ebrenpforten an den Ein­gängen zum Ort errichtet. In der Frühe verkündeten Böller­salven und Tagwache de» festlichen Tag, in derSonne" fand mittags ein Festessen statt bei zahlreicher Beteiligung und um 2 Uhr bewegte sich ein stattlicher Fcstzua durch den Ort. Dem Zug voraus ritten 4 Festreiter in Militär- Uniform, dann folgte eine Musikkapelle, ein Kranz von Feftdame« mit der zu euthüüenden Fahne, und die Ve­teranen-, Krieger- oder Mllitärvereiue in beträchtlicher Anzahl. Folgende Vereine waren vertreten: Kriegerverein Altensteig, Militärverein Breitenberg, Kriegerverein Enztal-Enzkösterle mit eigener Musik, Militärverein Ebershardt, Gesangverein Füüfdrvun, Veteranen- und Militürverem Grömbach, Mili- tärverein Göttelfiugen, Kricgerverein Martinsmoos, Krieger­und Militäroerem Neuweiler, Kriegerverein Ooerhaugstett, Kriegerverem Sprollenhaus, Militärverein Simmersfeld, Kriegerverem Warth und Kriegerverein Zavelstein. Auf dem Festplatz angekommen gruppierten sich dir Vereine um die Tribüne, wo der Akt der Fahnenweihe mit Gesang einge­leilet wurde. Der Vrreiusvorstaud, Herr Forstwart Jlg hieß die Gäste willkommen und flocht iu seine Begrüßunns- worte den Wunsch, daß die Kameraden einige schöne Stun­den verleben mögen. Herr Jlg schloß mit einem Zfachen Hoch auf Seine Majestät unseren König. Die formvoll­endete Festrede hielt Herr Schullehrer Friz. Er verbrei­tete sich über die symbolische Bedeutung der Fahne, über die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der bürgerlichen Elemente, über die Pflege echten Kameradengeistes, über die Vaterlandsliebe uvd die Treue zu König, Kaiser' und Reich. Redner machte zum Schluß den Vorschlag das Lied: Deutschland, Deutschland über Alles," gemeinsam zu singen. Alsbald stimmte die Versammlung das Lied an. Hierauf fand die Enthüllung der Fahne statt, die mit finniger ge­bundener Ansprache einer Feftdame dem Verein übergeben und mit einem lebhaftenBravo" begrüßt wurde. Eine zweite Fcstdame überreichte ein kunstvoll gefertigtes Fahnen­band. Für die schöne Gabe wurde den Festdamen Dank und Amrkermrwg ausgesprochen und ihnen ein dreifaches Hoch dargsbracht. Der Obmcum der Kriegervereine für den Bezirk Calw, Herr Stadrschulcheiß Conz von Calw überbrachte die Glückwünsche des BuudespräfidiumS und feierte in einem Zfachen Hoch das deusche Vatcrlaad. Herr Fabrikant Wagner von Ernstmühl toastete auf den sest- gebeadeu Kricgerverein. Damit war der offizielle Akt be­endigt und es trat die Gemütlichkeit iu ihr Recht. Für Lelbcs Nahrung und Erfrischung war gut gesorgt und der mit leichtem Gewölk überzogene Himmel sorgte dafür, daß die Sonnenstrahlen nicht zu sehr auf den Rücken brannten. Zu früh verstrichen die wenigeu Stunden, zu bald zogen die Vereine wieder vor- daunen, weg von dem Kreise froher Menschen, der. Tag auf den sich Alt und Jung in der Gemeinde schon lauge gefreut hatte, wich der Dämmerung. Mit einem Festball in derSonne" wurde er beschlossen. Die Witterung war dem Feste, das einen recht schöne» Ver­lauf nahm, besonders hold. Der Donner rollte Wohl, aber es blieb beim Grollen. Montag schließt sich der Fahnen­weihe noch ein Kinderfest an. Zu seiner schönen neue« Fahne darf dem Kriegerverein Aichelberg bestens gratuliert werden.

* Wegen einer Ohrfeige stritten sich am 21. Juli d. I. der Holzhändler und Ochsenwirt Mickael Rentschler von Conweiler und der Bäcker Friedrich Rühle jung von da vor der GüSinger Strafkammer. Diese Nachbarn sind infolge Bürgschaften mit einander verfeindet. Am letzten Feldrennacher Markt trafen sich beide zufällg in der Kronen­wirtschaft daselbst. Rühle, der etwas stottert, begegnete dem Rentschler im Flur der Wirtschaft und soll nach der Behauptung des Rentschler zu diesem gesagt habe«,was tust denn du auf dem Markt, du hast ja doch kein Geld!" Rentschler will ihm entgegnet haben,was, was sagst du?" Rühle aber fand in den Worten wa wa eine Nachahmung seines Stotterns und infolgedessen eine Ver­höhnung seiner Person und schlug deshalb dem Rentschler eins tüchtig an die Ohren. Rentschler verklagte ihn beim Amtsgericht Neuenbürg, Beklagter wurde aber freigesprochen. Aus die Berufung des Rentschler wurde Rühle wegen leich- §

ter Körperverletzung zu 5 Mk. Geldstrafe, im Unvermögens­falle zu 1 Tag Gefängnis verurteilt. Die Sache wird für Rühle teuer, er muß alle Kosten bezahlen, in beiden In­stanzen waren 4 Rechtsanwälte tätig. Der Geldbrief­träger Georg Schäfer in Tübingen wurde wegen Urkunden­fälschung und Unterschlagung im Amt zu der Gefängnis­strafe von 3 Monaten und 15 Tagen verurte SEäfer hatte an einen Studierenden eine Postemzahluag . Mark zu bestellen, er traf den Adressaten im Hause nicht an, hierauf trennte er den Abschnitt der Posteinzahlungs­karte ab, bescheinigte mit dem Namen des Studenten die Einzahluagskarte, steckte das Geld zu sich und verbrauchte das Geld auf der Jagd. Auf Reklamation des Studenten kamen Urkundenfälschung und Unterschlagung an den Tag. Der Schaden ist ersetzt.

* Stnttgart, 20. Juli. (Kriegsgericht der 56. Division.) Wegen Verletzung der militärischen Unterordnung wurde der Grenadier Karl Kaiser von der 11. Kompagnie des Jnfanterie- Regts. Nr. 119 zu 2 Mouaten und 15 Tagen Gefängnis verurteilt, abzüglich 4 Wochen Untersuchungshaft. Der An­geklagte kam einem Befehl eines Unteroffiziers nicht gleich nach und äußerte mürrisch:Wenn ich nicht gehen will, daun gehe ich nicht." Er befolgte den Befehl widerwillig und sagte im Fcrtgehen:Sie habeu mir überhaupt nichts zu sagen."

* Stuttgart, 22. Juli. Da in neuerer Zeit die Dieb­stähle und Eiubruchsversuche in Stationsgebäuden und Güter­schuppen sich iu auffallender Weise gemehrt haben, sieht die Generaldirektion der Staatsbahnen sich veranlaßt, die tun­lichste Sicherung dieser Gebäude und der darin verwahrten Gelder und geldwerte« Gegenstände den iu Befracht kommen­den Dienststellen besonders zur Pflicht zu machen. Wenn iu den baulichen Einrichtungen Aeuderungen und Ver­besserungen angezeigt stad, ist sofort entsprechender Antrag zu stelle».

* Stuttgart, 22. Juli. Die Amtsversammlung des Amtsoberamts Stuttgart har den Antrag der Gememde Degerloch: Die Amtsversammluug möge dem Austritt Deger­lochs aus dem Amtsverband zwecks Eingemeindung mit Stuttgart zustimmen, abgelehyt. Auch ein Antrag von einem Vertreter Degerlochs, die Amtsversammlung möge die Ge­neigtheit aussprechen, in Verhandlungen einzutrelen, falls die Stadt Stuttgart ihren ablehnenden Standpunkt in der Entschädigungsfrage ändere, wurde mit 16 gegen 10 Stimmen abgelehnt.

* (Feuerbestattung in Stuttgart.) Die wiederholten Bit­ten des Vereins für fakultative Feuerbestattung, in Stutt­gart ein Krematorium errichten zu dürfen, gehen ihrer Er­füllung entgegen. Wie demN. Tgbl." von einwandfreier Seite mitgeteilt wird, hat die Regierung die Stadtverwalt­ung zur Äeußerrmg darüber-aufgefordert, ob sie das vom Feuerbestattungsvereil', zu erstehende Krematorium iu städtischen Betrieb übernehmen wolle. Bon der Erfüllung dieser For­derung wird die Bauerlaubnis abhängig gemacht. Die bürgerlichen Kollegien werde« sich demnächst darüber schlüssig zu machen haben. Der Feuerbcstattungsverein beabsichtigt, das Krematorium sofort gleichzeitig mit dem schon im Bau be­griffenen Kolumbarium nach dem bekannten Projekt zu er- . richten. Die Fertigstellung der ganzen Anlage würde noch im Laufe des nächsten Jahres erfolgen und deren Betrieb nach badischem Muster vor sich gehen.

ff Großingersheim, 23. Juli. Vorgestern abend stürzte der 62 Jahre alte Schuhmachermeister Gairing in der Sckeuer durch das Garbenloch auf einen Wagen herab, dessen Deichsel ihm tief in den Rücken drang, so daß er kaum mit dem Leben davonkommen dürfte.

* Alm, 21. Juli. Um dem Mangel an Schullokalen vorerst abzuhelsen, wurde heute von deu bürgerl. Kolleme» die Erstellung von zwei je dreizimmrigen Schulbaracken b.- schlossen und zwar die eine für die höhere Mädchenschule und die zweite für das Realgymnasium. Die Kosten find auf 50000 Mk. veranschlagt.

* Möerach. Am Hause Marktplatz Nr.'38 hat der Altertumsvereia eine Gedenktafel anbriugen lassen mit der Inschrift:Stammhaus der Familie Wieland". 1622 war des Dichters llrurgroßvater, Sebastian Wieland, auf diesem Hause Gastgeber der Herberge zumSchwarzen Beereu." Eine weitere Gedenktafel befindet sich neben dem Rathaus, wo Wieland 10 Jahre Kanzleisekretär der freien Reichsstadt war. Ein Denkmal Christoph Martin Wielands ist in den Anlagen neben dem Stadttheater. Auch Wielands Garten­haus ist noch vorhanden.

* (Verschiedenes.) Ein Stuttgarter Hefenhändler, der, ohne Konzession hiezu zu haben, das aus seiner Hefe noch gewonnene minderwertige Bier unberechtigterweise zu verkaufen Pflegte, warf einen älteren Mann, der bei ihm