Jerosprecher Ar. 11.

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ScnnsLcrg. 23. Juli

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904

««tliches

Erledigt die Schulstelle in Effringen.

Tagespolitik.

Der badische Landtag ist am Mittwoch geschlossen worden. In der Thronrede wird besonders des Zustande­kommens der Verfassungsreform gedacht. Dieses neue Ge­setz verwirkliche fruchtbare Gedanken, die eine wesentliche Erweiterung der Bolksrechte bedeuteten, zugleich aber auch eine Gewähr dafür schafften, daß auch die in der Minder­zahl befindlichen, für das Volksleben tätigen Kräfte eine ihrer Bedeutung entsprechende Vertretung im Landtage er­halten. Als der Großherzog nach reiflicher Erwägung zur Aenderun« der Verfassung seine Zustimmung gegeben, habe ihn das Vertrauen erfüllt, daß die neuen Rechte in einem auf das Gesamtwohl gerichteten Geiste ausgeübt werden würden. Wenn in den neuen Formen der alte gute Geist erhalten bleibe, werde es der Regierung auch in Zukunft gelingen, mit einer nach den neuen Grundsätzen gebildeten Volksvertretung erfolgreich zusammen zu wirken.

Der deutsche Aerztevereinshund warnt gegenwärtig durch ein Rundschreiben an 482 Gymnasien und 131 Realgym­nasien vor dem Studium der Medizin, wegen der wirtschaft­lichen Notlage der Aerzte. Für letztere werden als Ur­sachen angeführt die Ueberfüllung des Aerztestandes, das Kurpfnscherwesen und die Kraukenkassengesetzgebung. Hierzu kommt das Ueberhandnehmen der Polikliniken, die Ausartung des Spezialistentums, die Zulassung der Realgymnasiül- abiturieuteu und die Frauen zum medizinischen Studium usw. Als Erwerbsstudium kann daher, so heißt es in der Schrift das medizinische zur Zeit nicht betrachtet werden, und die Verhältnisse werden sich in den nächsten Jahren noch weit ungünstiger gestalten. Wissen aber die Aerzte ein anderes respektables Erwerbsfach, das nicht über­füllt wäre? Nur wenn sie ein solches ««geben könnten,

würde ihre Warnung Aussicht auf Erfolg haben.

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(Zur Lage.) Die schönen Erntehoffnungen, die im Frühjahr und vis zum Anfang des Sommers hin gehegt werden konnten, finö leider zum großen Teil vernichtet worden. In ganzen Provinzen, so namentlich in Schlesien find die Feldfrüchte vollständig verdorrt. Die Kartoffeln könnten in anderen Distrikten noch gerettet werden, wenn recht bald ergiebiger Regen eintreten würde. Darauf ist ja aber kaum noch zu rechnen. Es wird ein teurer Winter, dem wir entgegen gehen, und den Laudmann bedrohen ernste Sorgen. Die Landwirtschaft ist eben doch ganz anderen Gefahren ausgesetzt wie die Industrie, sie kann un­verschuldet dem Ruin ausgesetzt werden, während der In- j dustrielle bei besonnener und fleißiger Leitung seines Be­triebes vor ähnlichen Verlusten geschützt ist. Im Interesse der Landwirtschaft wäre daher auch ein möglichst baldiger Abschluß der Handelsvertragsverhandlungen im hohen Maße erwünscht. Ob die Verhandlungen in Norderney, die un­erwarteter Weise über den ursprünglich ins Auge gefaßten Termin hinaus verlängert wurden, zu dem erstrebenswerten Ziele geführt haben, ist noch in Dunkel gehüllt. Hoffent­lich ist es aber den beiderseitigen redlichen Bemühungen ge­langen, eine Verständigung herbeizuführeo. Die Behand­lung, die Rußland dem von ihm herbeigeführten Zwischen­fall im Roten Meere zu teil werden ließ, hat mit Recht Befremden und Entrüstung erregt. Deutschland hätte wohl erwarten dürfen, daß die auf seinem Postdampfer »Prinz Heinrich" beschlagnahmten Briefschaften auf Grund der Reklamation des Reichskanzlers Grafen Bülow sofort wieder au Bord des Schiffes zurückgebracht worden wären. Auch mit seinen Aufklärungen und seinen Entschuldigungen läßt sich Rußland reichlich Zeit. In einen scharfen Konflikt ist Rußland wegen seiner merkwürdigen Handhabung des See- rechts mit England geraten, das es im Burenkriege aller­dings nicht um ein Haar besser gemacht, jetzt aber plötzlich den Rechtsstandpunkt entdeckt hat. Sonst hat es im Aus­lande nichts besonders Bemerkenswertes gegeben. Auf dem rassisch-japanischen Kriegsschauplätze gehen die Dinge lang­sam aber stetig ihren Gang weiter. Gelingt es den Ja­panern, den General Kuropatkin zu einer großen Schlacht zu zwingen, ehe er im Besitze seiner Verstärkungen ist, dann wird Rußland unterliegen, andernfalls siegen. Die letzte Entscheidung wird diese Schlacht jedoch auf keinen Fall herbeiführen, zu wessen Gunsten sie auch ausgeheu möge.

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Die »Köln. Ztg." schreibt: Es wird der Regierung teilweise der Vorwurf gemacht, daß fie nicht energisch genug vorgegangen und den Russen nicht gleich mit sehr scharfen Forderungen entgegengetreten sei. W ist aber heute noch

nicht bekannt, wie die deutsche Beschwerde in ihren Einzel­heiten abgefaßt war, und es ist nur eine Forderung der Gerechtigkeit, nicht eher über das angeblich unzureichende Maß dieser Forderungen abzuurleuen, bis sie bekannt sein werden. Wir vermuten, daß alles geschehen ist, was nach Lage der Sache und znr Wahrung der Würde des deutschen Reiches und der Sicherung unseres Schiffsverkehrs ge­schehen konnte. Wenn Rußland erklärt, daß es selbst noch ohne jede Nachricht von dem Kommandanten der »Smolensk" sei, so liegt kein Grund vor, in diese Angabe Mißtrauen zu setzen. Im Gegenteil scheint ans allen bisher veröffent­lichten Meldungen hervorzngehen, daß dieSmoleuk", nachdem sie die Beschlagnahme auf demPrinz Heinrich" ausgeführt, noch keinen Hafen angelaufen hat und somit auch noch nicht in der Lage war, der russischen Regierung über das Geschehene Bericht zu erstatten. Es würde aber eine unbillige Forderung sein, wenn mau von der russischen Regierung sofortige Remedur verlangen wollte, ehe sie in den Besitz eines Berichts ihres Schiffskommaudanten gelavgt ist. Eine ruhige Behandlung der Angelegenheit kann nur von Nutzen sein, und wenn man sich dabei vor übereilten Handlungen zurückhält, so braucht das dem Nachdruck und Ernst unserer Reklamation keinen Abbruch zu tun. Von anderer Seite wird zur Angelegenheit der Schiffsbeschlagnahme ein gegeateiliger, schrofferer Standpunkt vertreten und ge­sagt : Die Mächte sind selbst schuld, daß die russischen Frech­heiten im Roten Meer möglich waren. Die Russen haben zu Anfang des Krieges erklärt, daß sie Briefe und Post­sachen au den Feind als Kriegskoutrebande aasehen würden. Bis jetzt hat kein seekriegführender Staat die Hinderung des Verkehrs soweit getrieben, und es wäre deshalb notwendig gewesen, daß die neutralen Mächte sofort gegen die mos- kowitische Unverfrorenheit protestiert hätten. Die schwere Unterlassungssünde rächt sich jetzt. Jedenfalls dürfte es schwerer sein, nachträglich die russische Auslegung der Kriegs- kontrebaude zurückzuweisen als vorher. Die beste Zurück­weisung wäre es, wenn England und Deutschland im Roten Meer einige Kriegsschiffe zum Schutz der Postdamvfer stationierten. Hier wären sie besser angebracht als auf der ' Parade in Kiel oder Plymouth. Die Russen würden sich s Wohl hüten, sich die Finger am Pulver dieser Kriegsschiffe zu verbrennen. Der russische Uebergriff auf den deutschen DampferPrinz Heinrich" wird übrigens den Russen das bißchen Sympathie in Deutschland noch weiter schmälern, das hier nach dem Bekauntiverden der russischen Mißerfolge und Nachlässigkeiten im Japanerkrieg übrig blieb. Nach den neuesten Meldungen aus London wird England ein Ge­schwader von 18 Kriegsschiffen ins Mittelmeer und Rote Meer schicken, um neuen russischen Frechheiten vorzubeugeu.

LanöesnachrichLsn.

* Attenstetg, 22. Juli. Die sonnigen Tage halten an. Das wäre ganz recht und schön, wenn nur die mehr und mehr ausbreunenden Fluren uns nicht zu sehr au das trockene Frühjahr 1893 erinnerten. Es fehlt nicht mehr viel, so sehen Felder und Wiesen genau so aus wie in jenem Schrcckensjahr der Futterarmut. Zum Glück haben wir eine recht ausgiebige Heuernte zu verzeichnen und die Feld- Gewächse sind allenthalben doch so vorgeschritten, daß an einen ausbrechenden Notstand nicht zu denken ist. Die Früchte reifen rasch heran und versprechen nach Qualität und Quan- i tität einen vorzüglichen Ertrag. Bezüglich des Obstes wird es von der Arbeit der Baumbefitzer abhävgen, ob sie durch fleißiges Begießen der Bäume sich den in Aussicht stehen­den Ertrag zu erhalten suchen. Durchdringendes Begießen ist jetzt sehr angezeigt.

ss Altettsteig, 22. Juli. Die Wichtigkeit einer guten Obsternte in Deutschland nicht nur für das Erwerbsleben, sondern auch für die Bolksgesundheit ist bekannt. Eine Schätzung der deutschen Obsternte hat deshalb von vorn­herein das allgemeine Interesse. Der Praktische Ratgeber veröffentlicht auf Grund von 581 Einzelberichten eine Ueber- sicht der Obsternte. Diese ist hiernach in sämtlichen Obst­arten besser, als die vorjährige. Die Apfelernte wird gut sein, während fie im vorigen Jahre unter mittel war. Die Beereuobsternte ist gut bis sehr gut. Pflaumen und Zwetsch­gen bringen eine Mittelernte, hingegen Birnen, Süßkirschen, Sauerkirschen, Pfirsiche und Aprikosen eine gute Mittelernte. Ob aber hiebei schon die Schädigungen durch die Dürre berücksichtigt find? Das zu wissen, ist wichtig, denn nach den Berichten über die Folgen der Hitze und Trockenheit hat auch das Obst vielfach gelitten. Daß die Schäden nicht zu große sein mögen, ist ein Wunsch der Allgemeinheit. Das Obst ist mit Recht ein beliebtes Nahrungs- und Ge­nußmittel, das nicht billig genug sein kann. Bei dieser Gelegenheit sei auch wieder darauf hingewiesen, bei dem

Obstessen die notwendige Vorsicht zu beobachten, vor allem die Früchte zu säubern oder zu schälen, keine Kerne zu ver­schlucken, diese sowie die Schalen aber auch nicht dahin zu werfen, wo sie den Mitmenschen gefährlich werden können. Obstschalen und Kerne bilden das »Glatteis des Sommers". Darum Vorsicht!

* Httmasnsweiker, 20. Juli. Das Hofgut des verst. Ad. Schaible ging heute beim dritten Verkauf in des Besitz der Gemeinde über um die Summe von 81 800 Mk. Die Gemeinde beabsichtigt von den Waldungen soviel Areal zu behalten als zur Arrondierung des Gemeindewalds ge­boten erscheint und wird von der übrigen Liegenschaft zwei kleinere Güter an den Manu zu bringen suchen. Beim Verkauf waren einige israelitische Liebhaber zugegen, die aber unter diesen Umständen einsahen, daß ihr Weizen nicht blühe. Sie drückten sich ohne ein Gebot getan zu haben.

* ZlrendenstLdt, 20. Juli. Am 17. ds. wurde hier das Bezirksmisstonsfest abgehalteu. Der Bezirksagent Pfarrer Sigel von Pfalzgrafenweiler erstattete den Rechenschaftsbe­richt, wonach im letzten Jahr 6500 Mk. für die Mission eingingen. Inspektor Fischer von Schönbühl, früher Mis­sionar an der Goldküste, berichtete von dem Fortschritt der Heideomisstou in Asante, und Missionar Digel, der 33 Jahre in Indien gewirkt hatte, schilderte das Leben in den heiden­christlichen Gemeinden. Nach dem Gottesdienst fand gesellige Bereinigung im »Dreikönig" statt. Am Montag wurde in Buhlbach, Gemeiudebezirks Baiersbron«, ein neues Schul­haus eingeweiht. Bezirksschulinspektor Dekan Zeller-Freuden­stadt sprach das Weihegebet, Pfarrer Reiff-Mittelthal hielt die Festrede.

* Wildöad, 20. Juli. Oberhalb des Windhofs wurde der Straßeuwart Großmann im Wald erhängt aufgefundeu. Die Frau des Großmanu zeigte in letzter Zeit Spuren von Geistesgestörtheit. Wahrscheinlich hat sich der Mann dies so sehr zu Herzen genommen, daß er Selbstmord verübte. Gasmeister Bätzner hier wurde von einem Automobil überfahren, glücklicherweise erlitt er nur leichtere Verletzungen.

* Ein böser Studentenuufug wird aus Füöinge« ge­meldet. Letzten Sonntag zogen etwa 40 bis 50 Studenten von der Schwärzlochergasse zur Hanggasse mit Stangen und Prügeln bewaffnet, um die noch der Ruhe pflegenden Bürger durch Anschlägen an Läden und Türen und durch ohrenbetäubendes Geschrei aus dem Schlafe zu wecken. Der Spektakel dauerte solange, bis alle Anwohner ihre Fenster öffneten und dagegen protestierten. Als nun einige Schutzleute herbeikamen, fielen die Studenten über diese her und schlugen mit ihren Prügeln auf sie ein. Einer von den Schutzmännern erhielt eiuen heftigen Streich auf den Kopf. Erst als die Bürger sich anschickten, zur Hilfe zu eilen, gaben die Studenten nach. Die Schutzleute hatten sich mit ihren Säbeln wehren müssen.

* Mettisweiler, 19. Juli. Ein niedliches Kleinbanhn- idyll ereignete sich kürzlich auf unserer neueröffneten Neben­bahn. Das Zügle hatte offenbar zu schwer geladen und konnte es auf halber Strecke nicht mehr verpusten. Bereit­willigst boten sich herbeieilende Einwohner an, durch »Schie­ben" nachzuhelfeu, doch wurde für diese Freundlichkeit ge­dankt und anstatt dessen durch Abhängen des Hinteren Wa­gens Erleichterung geschafft. Jetzt gings wieder bis gegen Roßberg, woselbst diebessere Hälfte" bereits 10 Minuten seiner harrte und mit Volldampf voraus eine lustige lOköpfige Gesellschaft vom Rohrcrsee aufnahm.

* Stuttgart, 19. Juli. Zn der Protestbewegung gegen die Erste Kammer nimmt nun auch das Organ des Bundes der Landwirte für Württemberg, der »Schwäbische Landmann", in einem besonderen Artikel Stellung. Darin wird die ab­lehnende Haltung der klerikalen Mehrheit der Ersten Kammer zum Volksschulgesetz mit dergrößeren Empfindlichkeit" der Katholiken in Schnlfragen entschuldigt und erklärt, man könne es verstehen, wenn die katholischen Standesherren ge­wissenhalber nicht nachgeben wollen. Die Regierung hätte nicht nötig gehabt, das Gesetz schroff zurückzuziehen. In welcher Weise die Regierung die Verfassnngsrcvision betrei­ben wolle, gehe der Bund der Landwirte, der nur auf wirtschaftspolitischem Gebiet eine bestimmte Marschroute habe, nichts an. Sein Bestreben müsse nur sein, daß durch »solche Streitfragen" die Einigkeit der Mitglieder nicht zerstört und die wichtigeren Fragen des Erwerbslebens, des Schutzes und der Förderung der Landwirtschaft und des Mittelstandes nicht auf Seite geschoben werden". Zum Schluß wird da­vor gewarnt, daß die ganze Protestbewegung dazu benützt werde, mit Hilfe einer liberal-demokratischen Parteipolitik im Trüben zu fischen.

* Die Feuerbestattung ist jetzt auch in Württeurverg zu­gelassen worden. Wie dieFlamme" mitteilt, hat das Mi­nisterium des Innern der Stadt Heilbronn den Bau und