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Erscheint DienStag T oirnersu, Samstag und Sonntag «tt der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

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Donnerstag. 21. Zuti.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

! 1904

«mttiches

Die Aufnahmeprüfung in das evang. Seminar in Schönthal haben u. a. bestanden Otto Lenz, S. d. Stadtpflegers in Nagold und Wolfgan g Wei zs äcker, S. d. Rektors in Calw. _

Telegraphenanstalten mit Fernsprechbetrieb sind errichtet worden in Röthenbach und Schmieh OA. Calw.

Sctz - ed sv ? r träge.

(Nachdruck verboten.)

Die kleinen Diebe hängt man, die großen läßt man laufen. An dieses Sprichwort erinnern unwillkürlich die modernen Schiedsvcrträge, die Bagatellen schiedsgerichtlich regeln, bezüglich der großen und wichtigen Fragen aber alles beim Alien lassen. Wir befinden «ns jetzt gleich Frank­reich, Italien und einigen anderen Staaten in dem glück­lichen Besitze eines Schiedsabkommens mit England, dessen Wortlaut im deutschen Reichsanzeiger amtlich publiziert worden ist. Durch die amtliche Publikation haben wir erst genau und bestimmt erfahren, was wir gewonnen haben. Wir haben, zunächst allerdings nur auf 's Jahre, jedoch mit dem stillschweigenden Vorbehalt der Prolongation im Falle seiner Bewährung, ein Schiedsabkommen mit Eng­land erhalten, wonach streitige Rechtsfragen und Streit­fragen, die sich auf die Auslegung der zwischen den beiden vertragschließenden Teilen bestehenden Verträge beziehen, so­fern sie nicht auf diplomatischem Wege haben erledigt wer­den können, dem ständigen Schiedshofe in Haag überwiesen werden sollen. Sobald es sich jedoch um wichtige Streit­fragen handelt, die wesentliche Interessen, die Ehre oder die Unabhängigkeit eines der beiden vertragschließenden Staaten betreffen, dann soll von der Anrufung des Schiedsgerichts abgesehen und die Entscheidung auf die Schärfe des Schwer­tes gesetzt werden. Der Effekt des ganzen läuft also auf eine Erleichterung der diplomatischen Arbeit hinaus. Wo man sich über irgend eine kleine Grenzstreitfrage in den Kolonien, über einen untergeordneten Grenzzwischenfall und dergleichen auf diplomatischem Wege nicht sofort einigen kann, wird man in Zukunft das Haager Schiedsgericht an- rufcu. Dagegen wird mau z. B. die hochwichtige und von England in unerhörter Weise verschleppte Entschädigungs- frage der durch den südafrikanischen Krieg um Hab und Gut gekommenen deutschen Reichsaugehörigen, in der die Diplomatie vollständig zu versagen scheint, auck nach dem neuen Abkommen nicht schiedsgerichtlich lösen lassen können, da über diese Frage ja kein förmlicher Vertrag zwischen England und dem deutschen Reiche besteht.

So unendlich gering demnach die praktische Bedeu­tung unseres Schiedsgerichtsvertrages mit England auch ist, der übrigens mit den zwischen England einer- und Frankreich, Italien, Spanien, Holland und Schweden-Nor­wegen andrerseits abgeschlossenen Verträgen wörtlich über- eiustimmt, so könnten Optimisten immerhin die Hoffnung daraus entnehmen, daß er wenigstens einen kleinen Schritt auf dem Wege der Einschränkung des Krieges und seiner Schrecken bedeute, wenn nur nicht der gegenwärtige furcht- bare Krieg in Oftafien dieser Beziehung alle Illusionen grausam zerstörte. Wenn es einen Freund und Förderer des Friedeus- gedaukevs gibt, so ist es der Kaiser von Rußland, dessen Anregung die Errichtung des Haager Schiedsgerichtshofs im Juli 1899 zu danken ist. Hst aber der mächtigste Herrscher der Erde vermocht, seinem Volke den Frieden zu erhalten? Trotz Schiedsgerichts und Abrüstungsvorschlägen, trotz offenkundigster Friedfertigkeit und jeglicher Bemühung, ohne Blutvergießen die ostastatische Frage zu lösen, ent­brannte der russisch-japanische Krieg, dessen Ausgang und Ende sich auch heute noch nicht annähernd übersehen läßt. Bedenkt mau dieses Fiasko einer großen Anregung und Einrichtung, der gegenüber die gegenwärtigen Schiedsver- träge doch nur als etwas Kleines und Epigonenhaftes er­scheinen, dann wird man es aufgeben, allzu hochgespannte Erwartungen an die neuen Errungenschaften zu knüpfen, wird ein Mittel gefunden, den Krieg überflüssig zu machen und zu beseitigen, so würde es von allen Kulturvölkern der Erde und von jedem Einzelnen unter ihnen als etwas un­endlich Segensvolles und Dankenswertes willkommen ge­heißen werde». Und auch dann, wenn die neuen Schieds- verträge sich als kleiner, aber nur bemerkbarer Schritt zur Erreichung dieses Mittels bewähren sollten, wollen wir sie mit Freude begrüßen. Ihre Wirkungen müssen wir aber erst abwarten, ein bestimmtes Urteil wäre doch gar zu sehr der Gefahr ausgesetzt, sich schon in allerkürzester Zeit eine Revision gefallen lassen zu müssen.

HclgsspoMik-

Die Einführung der direkten Landtagswahl und die Umgestaltung der beiden badischen Kammern, welche seit Freitag gesichert ist, bedeutet einen großen Fortschritt in

der politisch-freiheitlichen Entwickelung. Die Badner find mit dem direkten allgemeinen geheimen Wahlrecht nun so ziemlich allen andern deutschen Bundesstaaten voran. Die beschlossene Wahlreform hebt das Gewicht jeder Stimme und fördert und erleichtert die Mitarbeit jedes einzelnen Mannes bei der Wahl der Mitglieder zur Zweiten Kammer, die ihren Charakter als Volkskammer sich rein erhalten hat. Auf der andern Seite schafft die Reform der Ersten Kammer durch das Hinzutrrten einer Reihe von Intelligenzen aus dem gesamten Wirtschaftsleben des Landes eia Gewicht von außerordentlicher moralischer und praktischer Bedeutung. Das läßt dieses Haus, das bisher im politischen Leben den Interessen und Sympathien der Einzelnen vielfach fern stand, nun mit einem Male mitten in allen Fragen des TageS lebendig wurzeln und als ein bedeutsamer Faktor

der kulturellen und wirtschaftlichen Fortentwickelung erscheinen.

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In Deutsch-Südwestasrika haben die Herero nach der neuesten Meldung des Generals von Trotha die Flußlinie zwar aufgegeben, sie stehen aber immer noch in derWater- berg-Gegend. Der Feind wird als stark bezeichnet. Der vor einigen Tagen gemeldete Abmarsch der Herero nach Norde», n,s Ovamboland scheint also ansgehört zu haben. Möglicherweise haben sie einstweilen nur ihr Vieh dorthin in Sicherheit gebracht, während sie selbst später nachzu- ziehen gedenke», jedenfalls bevor unsere Truppen zum An­griff übergehen. Es scheint, als ob die Angaben, die He­rero wollten hartnäckigen Widerstand leisten, nur Gerede sind. Die deutschen Truppen sind im Anmarsch, ob es

aber zum Kampfe kommen wird, das ist fraglich.

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Das junge Königreich Italien versucht alles, um seine volkswirtschaftlichen Verhältnisse zu heben. EL ist ihm auch schon viel auf diesem Gebiet geglückt, der Handel ist im Aufschwung, die Industrie macht Fortschritte, die Staats­finanzen verbessern sich und Italien hat jetzt entschieden mehr Kredit als vor 4 Jahrzehnten, wo das zerrissene Land noch unter der Mißregierung litt. Um Fabriken erstehen zu las­se«, werden diesen in Italien alle möglichen Erleichterungen gewährt, nicht nur vom Staat, sondern auch von Städten. So schreibt zum Beispiel die Stadtgemeinde Catania auf Sizilien gegenwärtig 40000 Mark Belohnung aus für einen Unterncymcr, welcher dort eine neue Industrie einführt, die wenigstens hundert Arbeiter täglich beschäftigt. Für je 50 Arbeiter über die ersten hundert hinaus werden 20 000 Mk. Prämie gewährt. Wir Deutsche sollen daraus eine Nutz­anwendung ziehen. Man hat schon oft gehört, daß in Deutschland Stadtgemeinden sehr große Opfer bringen, um eine Garnison zu erlangen, die oft nicht einmal etwas ein­trägt ; daß aber deutsche Städte Prämien für Einführung von Fabriken ausschreiben, davon hat m an noch kaum etwas gehört; höchstens find Bauplätze billig abgegeben oder Um­lagen erlassen Worhen. Wir müssen mit der Konkurrenz Italiens auf industriellem Gebiet überhaupt jetzt ernstlich zu rechnen anfangen, denn Italic» hat eine fleißige, äußerst ge­nügsame, bei der Billigkeit der dortigen Bodeaerzeugnisse leicht zu ernährende Bevölkerung, und es hat damit begonnen, seine zahlreichen Wasserkräfte in mustergültiger Weise dem Gewerbefleiß dienstbar zu machen. Mehr und mehr schwinden die Reste der Armut und Unwissenheit, in welche cs jahrhundertelange Kleinstaaterei, sowie der Klerikalismus gestürzt haben, und es ist auf dem Weg einer der reg­samsten modernen Staaten zu werden.

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* Warum geht die russische Kirchenbehörde nicht weiter, als bis zur Exkommamzierung Leo Tolstois? Warum v«.r- barmen sie ihn nicht nach Sibirien? Tausende sind in Ketten dahin gebracht worden, die weniger als er getan haben. Aber der Zar unv die Metropoliten wissen nur zu gut, daß, wenn sie Hand an Leo Tolstoi legen oder nur ei« Haar auf seinem Kopfe krümmen würden, tausende von maßgebenden Leuten in Rußland sich erheben würden. Ich wohnte einst einer Gerichtsverhandlung bei, schreibt der Engländer Joubert indem soeben erschienenen Buche:Ruß­land, wie es wirklich ist," als ein junger Mann vor den Richter gebracht wurde wegen einer Sache, die den Be­hörden nicht gefiel. Die Verhandlung fiel ungünstig für ihn aus und es war augenscheinlich, daß er verurteilt wer­den würde. Zn diesem kritischen Augenblick kam Leo Tol­stoi, der die roteRubaschka" und die langen Stiefel eines Bauern trug, in das Gerichtsgebäude und trat vor den Richter.Diesen Mann müssen Sie freigeben," sagte er zu den Richtern,als er das Vergehen, dessen er angeklagt ist, beging, handelte er nach meinen Anweisungen. Ich bin hier, um die Verantwortung zu übernehmen. Sie können mich verurteilen, aber kein anderer soll die Strafe« für

, meine Taten tragen." Der Richter sah den würdigen alten Mann mit dem langen grauen Barte kalt an."Ich höre,

! was Ew. Exzellenz sagt. Der Fall gegen den Angeklagten wird vertagt. Ich werde die Angelegenheit meinem Vor­gesetzten in St. Petersburg vorlegen."Wenn man mich haben will, so wissen Sie, wo ich zu finden bin," sagte Tolstoi und setzte die Mütze auf. Damit wandte er sich und verließ das Gerichtsgebäude.

LandesnachrichLen.

* ßakiv, 18. Juli. Eine große Menschenmenge eilte gestern mittag den Ufern der Nagold zu. Es galt, der Floßfahrt des hies. Schwarzwaldvereins zuznschanen, die - von Calw bis Liebenzell ansgeführt wurde und einen sehr gelungenen Verlauf nahm.

* Kallrvattge«, 16. Juli. Schon zum wiederholten

Male weilte Herr Baron Haas von Versöhner, der Direktor der Barytwerke in Wolfuch, hier, um die Versuchsarbeiten, welche vor etwa 6 Woche« in dem schon vor 1000 Jahren bekannten Silberbergwerk behufs Gewinnung von Schwer­spat in Angriff genommen wurden, zu prüfen. Das Resul­tat ist günstig ausgefallen und es kam nun gestern zum end­gültigen Abschluß mit der Gemeinde. Der Herr Baron be­kommt von der Gemeinde gegen mäßige Entschädigung die Erlaubnis den Schwerspat zu gewinnen und den erforder­lichen Platz zum Ab- und Ausladen desselben. Der Ver­trag ist auf 20 Jahre abgeschlossen und es sollen in dem nun wieder frisch aufblühenden Bergwerk etwa 100 Arbeiter Beschäftigung finden. (Gr.)

-n. Aom IK«rgth«k, 19. Juli. Die Walzensägmühle in Schwarzenberg brannte in letzter Nacht aus bis noch nicht aufgeklärter Ursache bis auf den Grund nieder. Die Bewohner konnten nur unter großer Gefahr das Leben retten; der Sägmüller zog sich nicht unerhebliche Brand­wunden im Gesicht zu. Bom Mobilar konnte fast gar nichts ' in Sicherheit gebracht werden.

* Atkttgart, 19. Juli. Auf Einladung des Jung­deutschen Bundes sprach im Bürgermuseum vor einer zahl­reichen Versammlung der österreichische Reichsrats- und Landtagsabgcordnete Berger überOesterreichs Zusammen­bruch." Der Redner führte einleitend aus, er wolle keinen Vortrag halten, sondern nur einen schlichten, unparteiischen und wahrheitsgetreuen Bericht vom österreichischen Kriegs­schauplatz und von der Lage der Deutschen in der Ostmark geben. Schon vor Jahren habe ein bekannter österreichischer Staatsmann gesagt, Oesterreich befinde sich im Zustand der Verlassenschaftsabhavdlung. Wenn die Deutschen in Oester­reich heute dasselbe sage», so heiße man sie Hochverräter und uur mit Zähneknirschen werde man in Oesterreich, wenn er (Redner) nach seiner kurzen Reise durch Deutsch­land demnächst österreichischen Boden wieder betrete, im Hinblick auf die Jmunität, die er als Abgeordneter genieße von seiner Verhaftung abseheu wollen. Die Deutschen in Oesterreich seien Patrioten, allerdings nicht in dem schäbigen Sinne, daß sie das Wort Patriotismus in Byzantinismus übersetzen, sondern mit Vaterlandsliebe. Wir Deutsche in Oesterreich kämpfen nicht darum, wie etwa das österreichische Staatsweseu in der Zukunft gestaltet werden soll, sondern einzig und allein darum, daß das deutsche Volk in der Ostmark sich ausleben kann und darf, denn ohne Entwick­lung kann ein deutscher Volksstamm niemals bestehen. Ist es nicht deutsche Art, deutscher Fleiß, deutsche Gesittung, deutsches Vermögen, was deu österreichischen Staat ge­schaffen hat, ist nicht das Deutsche die Grundlage der einstigen Weltmacht Oesterreichs gewesen, und war es nicht deutsches Blut, deutsche Treue und Hingebung, die oft und oft die einzelnen Teile dieses Landes zusammengekittet und den wankenden Thron gestützt haben. Das österreichische Parlament von heute ist das Muster eines Parlaments, wie cs nicht sein soll (Heiterkeit); nicht mit Unrecht wird es verglichen mit einem Spital oder einem kranken Körper. Es wäre aber Täuschung, wenn man den österreichischen Parlamentarismus als den eigentlich Kranken betrachten wollte; nicht der Parlamentarismus ist krank, sondern der Staat. Während es früher in Oesterreich Tradition war, deutsch zu regieren, hat man von den Zeiten des Grafen Taffe an dem System des Fortwurstelns gehuldigt und nicht mehr deutsch, sondern slavisch-klenkal regiert. Auf Kosten der Deutschen hat man Konzessionen auf Konzessionen an andere Völker und Völkchen gemacht, nur damit diese sich willig zeigten, und das derzeitige Ministerium Körber ist keineswegs besser als seine Vorgänger. Was Badeni in seiner polnischen Brutalität dem deutschen Volke zumuten wollte, dasselbe versucht jetzt Körber in Teil- Verordnungen dem deutschen Volke zu geben. Unter der falschen Flagge eines angeblich neutralen und unparteiischen