Aer« spreche»

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «tt der wöch. Vellage > »Der Sonntags- Gast".

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Dienstag. 19 . Suti.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904

Amtliches

Ernannt wurde Oberamtmann Schwaderer in Freudenstadt zum Regierungsrat bei der Regierung des Neckarkreises.

Tagespolitik.

Die badische Verfassungsänderung ist nuumehr zu- standegekommen, am Mittwoch wird der Landtag geschlossen. Beide Kammern haben sich nicht auf einen starren Stand­punkt gestellt, sondern sind sich in den strittigen Punkten entgegengekommen. So hat das große Werk alle Klippen glücklich passiert. Möge es dem Laude zum Segen gereichen.

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He

Der Oberbürgermeister Schnetzler von Karlsruhe hat bei der neulichrn Einweihung des Bismarckdenkmals bekanntlich unsere heutige Diplomatie nicht gerade günstig beurteilt und die Verdienste des Altreichskanzlers hervorge­hoben, der nicht ein Vollstrecker jeder Wunschesregung sein wollte, sondern ein offener Berater, der auch mit der er- wünschtep bitteren Wahrheit nicht zurückhielt. Er hat nun­mehr vom Grozherzog folgendes Handschreiben erhalten: Ich fühle mich gedrungen, Ihnen auszusprecheu, wie sehr ich mich an dem treu geschilderten Verlaufe der Enthüllnugs- feier des Bismarck-Denkmals erfreut habe. Wie gern hätte ick dieser Feier angewohvt, um das schöne Werk unseres talentvollen Professors Morst kennen zu lernen und die beiden Reden zu hören, welche zu lesen mich so sehr er­freute und bewegte. Nachdem dies nicht möglich war, liegt es mir am Herzen, Ihnen zu sagen, daß die nationalen und patriotischen Gesinnungen, welche die Stadt Karlsruhe durch die Errichtung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals und Bismarck-Denkmals betätigt hat, mich zu den dankbarsten Empfindungen erheben. Die Stadt hat eine Tat vollendet, welche nicht nur den dankbarsten Gefühlen der Gegenwart, sondern auch vorzüglich den künftigen Generationen eine wertvolle Gabe bietet. Der stets sicy erneuernde Blick auf den Gründer des Deutschen Reiches und auf seinen großen Kanzler kann nur dazu beitragen, in alle Zukunft dem na­tionalen Gedanken in den Gemütern der Bewohner unserer Vaterstadt lebbaften Eingang zu verschaffen. Das ist die verdienstvolle Tat der Stadt Karlsruhe, welcher Sie mit Ihrer Rede einen sehr schönen Ausdruck verliehen haben.

Sie dafür zu beglückwünschen, find diese Zeilen bestimmt.

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Sehr trübe Bilder entwirft ein Brief aus Swakop- mund in der Nationalzeitung. Es heißt u. a.:Die Ein­geborenen hier am Platze bezeigen große Furcht vor den kommenden Ereignissen. Sie erwarten von den Deutschen strenge Maßregeln gegen alle Schwarzen, sobald der Herero­krieg beendet ist, und flüchten in Masse nach dem uahege- legeuen englischen Walfischbayzebiet. Hier treibt ein gewisser Gibbon, ein englischer Agent, seit Wochen sein Unwesen, indem er die geflüchteten Leute für die Minendistrikte Trans­vaals unter hohen Löhnen anwirbt und mit Dampfern fort­schafft. Die Regierung hat bereits Schritte zur Unterbind­ung dieses Handels getan. Für Swakopmuud bedeutet das Weglaufen der eingeborenen Arbeiter eine große Kalamität, da viele notwendigen Arbeiten zum Teil ruhen müssen. Die Lage unserer, ihrer Farmen und Anwesen beraubten An­siedler ist äußerst traurig; alte graubärtigs Männer dienen in der Schntztruppe, da ihnen zum Lebensunterhalte auf andere Weise nichts übrig blieb; ihre Familien werden als Obdachlose von Regierungswegen mit Kost und Kleidung unterstützt, so gut es geht. Viele verlassen das Land, um nie mehr zurückzukehren, andere Leute wollen ausharreu, um mit der erhofften Unterstützung oder Entschädigung des Reiches von neuem anzufangen. Ihnen muß in vollem Umfange geholfen werden, und im Interesse des Landes kann man nur dringend wünschen, daß ihre Hoffnung auf

Hilfe des Vaterlaudes keine eitle ist."

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(Schweizerische Militärorganisation.) Das Militärde­partement veröffentlicht den Entwurf der neuen Militär­organisation. Nach diesem Entwurf umfaßt der Auszug in Zukunft die diensttaugliche Mannschaft vom 20. bis zum 33. Jahr, die Landwehr diejenige vom 34. bis zum 39. Jahr, der Landsturm diejenige vom 40. bis zum 50. Jahre. Es wird eine Gebirgsinfanterie bestehend aus sechs Regi­mentern Alpenjäger zu zwei bis drei Bataillonen geschaffen. Im Frieden wird von der Bildung von Armeekorps Ab­stand genommen. Die Kriegsgliederung des Heeres wird vom General festgesetzt. Im Frieden werden bloß zwei bis drei Armeekorps-Kommandos gebildet. Es werden 6 Divi­sionen gebildet, bestehend aus drei Jufauteriebrigadeu zu drei Regimentern zu drei Bataillonen und aus einer Ka­vallerie- und einer Artillcriebrigade. Eingeführt werden jährlich mindestens 60 Unterrichtsstunden. Die Dauer der

Rekrutenschulen wird auf 80 Tage für Kavallerie und 60 Tage für die übrigen Waffengattungen festgesetzt. Für die Infanterie bedeutet dies eine Verlängerung um 15 Tage. Die ersten acht Jahrgänge des Auszuges haben einen jähr­lichen Wiederholungsknrs von 11 Tagen zu bestehe»; daran schließt sich ein weiterer Wiederholuvgskursns von 11 Tagen in der Landwehr. Die Verwaltung wird möglichst in Di­visionskreise dezentralisiert.

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Zum Tode Krügers sprechen sich die meisten eng­lischen Blätter in ruhiger nnd dem Augenblicke angemessener Weise aus. Sie widmen dem ehemaligen Oberhaupt der Transvaal-Republik sympathische Leitartikel und erkennen au, daß er persönlich eia lauterer Charakter war und ein großer Patriot, dem Südafrika unendlich viel verdankt. Die Westminster-Gazettc" sagt: Krüger ist zwar gestorben, sein Geist aber wird fortleben und durchdrmgt immer die Bu­ren. Wenn wir uns weigern, ein freies Transvaal zu schaffen, in welchem die Buren wie früher leben können, jo gehen wir einer Katastrophe entgegen.Globe" dagegen ergeht sich in gehässigen Bemerkungen gegen Krüger.

Lomdesnachrichten.

* Alteasteig, 18. Juli. Bei der herrschenden großen Hitze dürfen wir es auch in diesem Jahre nicht unterlassen, auf die schweren Folgen von Diätfehlern aufmerksam zu machen. Die Hitze setzt erfahrungsgemäß unsere Verdau­ungs-Organe ganz besonderen Gefahren ans. Eiskalte Ge­tränke sind jetzt erst recht beliebt, und doch kann ihr Ge­nuß den Tod auf der Stelle, schweres Siechtum oder zum mindesten doch recht empfindliche Störungen der Gesundheit herbeiführeu. Erhitzt darf man nur laue Getränke genießen. Den Genuß alkoholhaltiger sollte man auf den Abend ver­schieben. Wo nicht ganz etnwaudsfreies Wasser zur Ver­fügung steht, da koche man es gehörig ab, kühle es und nehme es mit irgend einem Fruchtsaftzusatz, Zucker oder Brausepulver zu sich. Ist es gehörig abzekühlt, schmeckt es auch ohne jeden weiteren Zusatz. Rohes Obst ist mög­lichst zu meiden, dagegen geschmort in jeder Quantität zu­träglich. Auch die neuen Kartoffeln erfordern eine gewisse Vorsicht. Gegenwärtig ist die Verhütung einer Magen­verstimmung besonders geboten, ist sie einmal da, so ist sie schwer zu vertreiben.

* Kttensteig, 18. Juli. Die Entrüstungsbewegung gegen die Erste Kammer hat auch hier wie in zahlreichen Städten und Orten des Landes zu einer Kundgebung ge­führt. Die Ausschüsse der deutschen und der demokratischen Partei ließen eine gemeinsame Einladung zu einer Ver­sammlung ergehen, welche am Samttag abend imSchwanen" stattfand und sehr zahlreich besuch: war. Den Vorsitz der Versammlung führte Herr Oberförster Pfister. Als Redner traten auf Hr. Dr. Fctzer, Geschäftsführer der deutschen Partei in Stuttgart und Hr. Keeule, Sekretär der Volks- Partei. Beide Redner legten überzeugend dar, daß die Erste Kammer reformbedürftig sei, ihre Zusammensetzung gebe keine Garantie für einen gesunden Fortschritt. Sie bestehe aus 30 Mitgliedern, von denen nur 6 in dem zu ^/z protestantischen Lande der evaug. Kirche angehören ; zum Teil seien sie Ausländer, die wnrttemb. Verhältnisse nicht kennen. Beider abgelehntenBolksschuluovelle Handeltees sich blos um eine minimale Acnderung des Volksschulgesetzes. Die Re­gierung sollte das Recht erhalten die Bezrrksschulaufstcht auch an tüchtige Fachleute, also Nichtgeistliche, übertragen zu können. Der treibende Punkt in der ganzen Angelegen­heit sei nun der, ob der Staat oder die Kirche und nach der jetzigen Zusammensetzung der Stäudekammer, die katholische Kirche die Aufsicht über die Volksschule zu führen habe. Tatsache sei, daß sowohl 1866 wie 1870 die tüchtige Ausbildung des Volkes zu den Siegen ver- holfen habe, auch der japanisch-russische Krieg zeige zur Genüge, was ein aufstrebendes Volk gegenüber einem ver- knöcherdeu jedem Fortschritt abholden Volke zu leisten vermöge. Wir wollen nicht, daß alle Bildung und Er­ziehung blos Sache der Kirche sei, sondern Sache des Staates, der ein Anrecht darauf habe, daß ein tüchtiger gesunder Bürgcrstand Herauwachse. Die Erste Kammer zeige sich als ein Organ ultramontauer Herrschgelüste, als ein Hemmschuh für jeden gesunden Fortschritt. In der Jetztzeit habe die Erste Kammer ihre Existenzberechtigung vollständig verloren. Mit Nachdruck wurde betont, daß es . ratsam sei, bei Zeiten energisch für eine Verfassungsrevision ^ einzutreten, und zu nehmen, was zu bekommen sei, denn im , umgekehrten Fall sei zu riskieren, daß wir unter einem kath. König eine Revision nicht mehr erleben. Heute heiße es : Wer regiert, der Staat oder die katholische Kirche'? Zu wünschen sei, daß jeder Einzelne seine Religion als Heilig­

tum Hochhalte, aber geradezu notwendig sei, daß die Jugend in deutschemG ei sie herangebildet werde. Niemand sehne sich darnach, daß durch die ultramontane Anmaßung wieder ein Bruderkrieg entstehe, denn absolut geboten sei, daß wir werden ein einig Volk vouBrüdern. Der deutsche Geist habe nicht nach Canossa zu gehen, es sei dafür zu sorgen, daß eine kräftiger Dämpfer auf das Schlagwort falle:Zentrum ist Trumpf!" Speziell wir Württemberger brauchten keinen rottenburgischen, keinen römischen, sondern einen württem- bergischen König, ebenso brauchten wir kein römisches, son­dern ein deutsches Reich. Unter dem Gesamteindruck des Gehörten stimmte die Versammlung einmütig für die be­kannte, im Samstagsblatt enthaltene gemeinsame Resolution der deutschen und der demokratischen Partei. Auf die Auf­forderung, sich zum Worte zu melden, entspann sich noch eine kürzere klärende Debatte, worauf mit einem kräftige» Hoch auf Se. Majestät den König die Versammlung ge­schlossen wurde. Die Vorträge zeigten, was wir von ultra- montaner Seite zn erwarten haben, wenn es im seit­herigen Geleise der Gleichgiltigkeit weiter geht. Tue des­halb jeder in seinem Teil das möglichste, ultramontaner Anmaßung mit Ernst zu begegnen. Die gestern nach­mittag imHirsch" in Simmersfeld in gleicher Angelegen­heit abgehaltene Versammlung war ebenfalls sehr zahlreich besucht nnd gelaugte die gleichlautende Resolution einstimmig zur Annahme.

* In Wirkenfeld haben die letzten heißen Tage eine wahre Selbstmordsncht erzeugt. Donnerstag schoß sich ein Taglöhner in den Mund ohne tödlichen Erfolg, Freitag jagte sich ein Presser eine Kugel in den Bauch, ebenfalls ohne dadurch sein Ende herbeizuführeu, und am Mittwoch har sich ein anderer Einwohner den Hals abzuschneiden versucht. Auch dieser lebt noch. Alle drei liegen im Pforzheimer Krankenhaus.

* Werrtlingerr. Von der Handwerkskammer erhalten wir folgende Auszüge aus de« Protokollen zweier Sitzungen (vom 11. und 12. Juli.) 1) Der Müllerverband für Württemberg und Hoheuzollern hat an den Landtag eine Bitte umEinführung einer verschiedenen Tarifierung von Getrnde und Mehl" (d. h. »m eine Versetzung des Ge­treides in eine niedrigere, des Mehls in eine höhere Fracht­klasse) gerichtet und die Kammer ersucht, dieses Vorgehen zu unterstützen. Dem Gesuch wurde entsprochen, in der Er­wägung, daß unter dem Rückgang der binnenländischen Müller wenigstens mittelbar auch das Handwerk, besonders die Bauhandwerker zu leiden haben. 2) Auf Grund eines Schriftwechsels mit der neu organisierten Gerber- qenossenschaft in Altensteig und nach den münd­lichen Darlegungen eines dieser Genossenschaft angehörenden Kammermitglieds wurde beschlossen, das K. Bekleiduugsamt in Ludwigsburg zn ersuchen: es möchte künftighin seinen Bedarf an Sohlleder vorzugsweise in Alteusteig decken, in der Absicht, die kleinen und mittleren einheimischen Gerber, im besonder« die wirtschaftsgenossenschaftliche Organisation dieser Gerber verhältnismäßig in weil höherem Maße als Großbetriebe und auswärtige Lieferanten zu berücksichtigen.

3) Der Antrag des Tuttlinger Kammermitglieds: die selbständigen Hausgewerbetreibenden derjTutt- linger Jnstrumentenmacherei, auch wenn sie nur Teilarbeiter öder Stückwerker find, als Handwerker zu er­klären, wurde einstimmig angenommen. 4) Als Vertreter der Kammer beim Kammertag in Lübeck (September ds. Is.) wurde Flaschuermeister W. Braun-Reutlingen ge­wählt. 5) Der vom Vorstand aufgestellte Haushalt­plan für 1904/05 fand ohne Aenderung Annahme. Der Gesamtbedarf ist ans 18 749 Mark geschätzt, d. h. um eine Kleinigkeit niedriger als für das Vorjahr. Nen ausgenom­men sind : Beiträge an Vereine, welche für Meister und Ge­sellen Kurse in Gesetzeskuude veranstalten wollen, nnd ein größerer Beitrag (500 Mark) zn den Berwaltnngskoften des nen gegründeten Verbands der eingetragenen Handwerker­genossenschaften (Einkaufs-, Verkaufs-, Werkgenossenschafteu.)

Der Kammersitzung am 12. Juli wohnte der Vorstand der K. Zentralstelle f. G. n. H., Ministerialdirektor von Mssthaf bei, der dann auch mit dem Kommissar an einem Ausflng nach dem Lichtenstein teilnahm.

* Stuttgart, 16. Juli. Die von der Stuttgarter Stu­dentenschaft ans dem Gehkopf errichtete Bismarcksäule wurde heute Vormittag -'«geweiht. Staatsminisier Frhr. v. Sodem überbrachte die Gu ße des Königs und der Königin. Der Protektor der >. eichen Hochschule Prof. Dr. Wehrauch hielt eine Feftre Oberbürgermeister Gauß übernahm im Namen der Sta'iX das Denkmal als ein Geschenk der aka­demischen Ingen-, -m die Stadt Stuttgart.

* Infolge der anhaltenden Trockenheit steht Stuttgart vor einer Wasst o« Höher gelegene Stadtteile sind jetzt