Kern Sprecher M. 1L.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «it der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

Bestellpreis für das Merteljahr im Bezirk n- Nachbarortsverkehr Mk, 1.18, außerhalb Mk. 1.L5.

Mv. 96.

Amtsblatt für

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Sarnskcrg. 25. Juni.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904

Mmdchetz

Die K. Post- und Telegraphenverwaltung beabsichtigt, entlang der Amtskorporationsstraße Simmersfeld-Enzklösterle ein Fernsprech- gestäng zu erstellen. Einsprachen hiegegen sind binnen der Frist von 4 Wochen geltend zu m achen beim K. Postamt Altensteig.

Die niedere Eisenbahndienstprüfung haben u. a. mit Erfolg be- standen: Friedrich Heinzclmann von Hirsau und Rudolf Rumpel von Nagold.

Tagespolitik.

(Der Schulkampf in Württemberg in ultrumontanem Lichte betrachtet.) Wie schrecklich im Unrecht alle die Schwärmer für die Regierungsvorlage der Schulnooclle find und was bei ihnen eigentlrch treibende Ursache ist, wird in ultramontaven Blättern wie folgt illustriert:Wie unsere, in feindseliger Gesinnung gegen uns einigen, wenn auch in den Mitteln und Zielen zum Glück für uns weit auseinander gehenden Gegner es offen bekennen, handelt es fick jetzt nicht mehr um die Schulaufsicht, sondern um einen s Kampf auf Leben und Tod gegennltramontane Herr- ! schaftsgelüste",Priesterherrschaft,"Klerikalismus." Zu- - nächst gilt der Kampf der ersten Kammer, Werl sie zufällig

DieDoroz Shimbun," ein Skrndalblatt allerdings, aber von nicht geringem Einflüsse auf das Volk, erklärt, Kiaut- schon fei weiter nichts als ein russischer Hafe-i, von dem aus Rußland mit allem versorgt werde, was es für den Krieg brauche. Die fortgesetzten Hetzereien scheinen jetzt den leitenden Staatsmännern doch über das Ziel Hi»au8zu- schießen. Die offiziösen Blätter krackten daher Artikel an leitender Stelle, in welchen die Angriffe gegen Deutschland abgeschwächt werden. Das Telegramm des deutschen Kai­sers an den Zaren ans Anlaß des Unterganges desPe- tropalowsk", das von den japanischen Zeitungen in der gehässigsten Weise kritisiert worden war, wird darin als ein einfacher Höflichkeitsakt des deutschen Kaisers betrachtet. Alle diese offiziösen Bemäntelungen vermögen aber nicht den Eindruck zu verwischen, daß Deutschland nach Rußland das gehaßteste Land in Japan draußen ist. Die englischen Zeitungen, an der Spitze die äußerst deutsch-feindlich:Ja­pan Mail" tun darin kräftig mit. Es ist eine eigentüm­liche Tatsache, daß Japaner, die einige Zeit in Europa bezw. Deutschland waren, die Europäer und besonders uns am meisten Haffen. Bei Deutschland mag dabei noch mit­sprechen, daß die Japaner füblen, daß sie uns Dank schul­

in ihrer Mehrzahl katholisch ist; daun den Thron-

^kirid, dann der Zeutrumspartes, ! d^daß^sie ^ns tief verpflichtet sind, ihren Dank aber weil sie nach ihrer Zusammensetzung katholisch ,st und für sjcht ^statten können oder wollen.

Recht und Freiheit auch der katholischen Kirche eintritt. Wohlgemerkr, ein Teil der Gegner, nicht alle, würden den Kamps gegen die erste Kammer und die Thronerben sofort einstellen, wenn diese beiden, entgegen ihrem katholischen Gewissen, so handeln würden, wie die Gegner es wünschen; wenn sie um politischer Vorteile und um der Gunst der Feinde der katholischen Kirche willen den Grundsätzen dieser Kirche, in welcher sie geboren und erzogen sind, untreu würden ; wenn sie aus denselben Gründen wesentliche Rechte ihrer Kirche preisgeben würden. Da sie aber in ihren Grundsätzen und in ihrer Treue nicht wanken, deshalb wird ihnen der Kampf bis aufs Messer angesagt."

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In Baden werden bald Männerttöster errichtet wer­den, das steht nach den Erklärungen des Kultusministers Dusch in der zweiten Kammer vom 21. Juni fest. Hiezu schreibt derSchwäbische Merkur":Die badische Re­gierung gibt sich einer großen Täuschung hin, wenn sie glaubt, durch Zulassung der Männerklöfter den Ultramontanis­mus befriedigen und den religiösen Frieden fördern zu kön­nen. Gerade das Gegertzeil wird eiutreten. Die Gegensätze werden sich verschärfen, wie dies immer der Fall war, so oft die Regierung in irgend einer Frage dem UlLramorttarrrs- mus Konzessionen gemacht hat. Die Erbitterung über die fortwährende Nachgiebigkeit der Regierung hat ohnehin in weiten Kreisen des Volkes einen hohen Grad erreicht, der

England hat längst gewußt, was in Ostasten bevor­stand. Das wird durch das Folgende bewiesen: Gegenüber Port Arthur liegt Weihaiwei, das von den Engländern be­setzt wurde, als die Russen Port Arthur Wegnahmen, und zwar vereinbarte England mit China, Weihaiwei, solle so­lang englisch bleiben, als Port Arthur in russischen Händen sei. China kann also von Großbritannien, wenn Port Ar­thur fällt, die Rückerstattung Weihaiweis fordern und hierin liegt der Schwerpunkt diese Möglichkeit hat man schon vor anderthalb Jahren in London ins Auge gefaßt. Die britische Regierung weigerte sich, die Hafenarbeiter:, für die das Parlament 80 Millionen Mark bewilligt hatte, auszuführeu. Sie wußte also genau was kommen würde, und scheint auch das russische Heer und die russische Flotte richtig beurteilt zu haben.

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart. 22. Juni. Außer kleinen Sachen erledigte die Abgeordnetenkammer den Gesetzentwurf über den Waffen­gebrauch der Landjäger und Grenzaufseher. Zwischen der ersten und zweiten Kammer bestanden Meinungsverschieden­heiten nur noch bezügl. der Anwendung der Schußwaffe.

___ _ , . . ^ Die Kammer der Standesherren hat einen Beschluß gefaßt,

für die gesunde WeiterentwicklungH SlaHwe'sens'höchst ' der sich in der Hauptsache den kiSb:r geltenden Bestim- bedenklich erscheint. Die leitenden Männer sollen sich ja , mungea anschloß, während die Av^o/onetenkammer den

nicht einrcden lassen, daß es der nationalliberalen Partei mit ihrem Widerstand nicht ernst ist. Darüber werden übrigens unskrc Parteifreunde im Landtag, wie wir zuver­sichtlich hoffen, keinen Zweifel lassen. Ihre nächste Aufgabe wird es sein, die Regierung und das Land über dieSeg­nungen" der Klöster aufznklären."

* -i-

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Als Frankreich von England durch Vertrag zum künf­tigen Erben Marokkos ernannt wurde, hieß es, Deutschland werde bei dieser neuesten Teilung wieder leer ausgeheu. Jetzt verlautet, wir würden doch noch irgendwo an der marokkanischen Westküste einen Hasen erhalten. DerTag" meint: hoffentlich ist auch ein tüchtiges Stück Hinterland dabei! Sonst könnte es uns gehen, wie den Spaniern in ^Tetuan, die da wie die Frösche in einem Brunnen leben, dgemieden von den Mohammedanern und abgeschlossen von jedem Verkehr, höchstens daß einmal ein geschlagener Stammes­häuptling seine Zuflucht in Tetuans Mauern sucht. Dann sollte es ein guter Hafen sein, keine Sandbank. Am aus­fichtsvollsten wäre Mogador. Auch da ist gegenwärtig das Anlaufen mißlich und mitunter gefährlich, aber mit sehr ge­ringen Kosten ließe sich dort ein ganz vorzüglicher Hafen Herstellen. Der Stadt Mogador ist nämlich in der Ent­fernung von etwa anderthalb Kilometer eine Insel vorge­lagert, außerdem springen von der Kasba (Festung) aus breite Klippen weit ins Meer vor. Auf diesen Klippen wäre, nach dem Urteil von Sachverständigen, mit verhält­nismäßig leichter Mühe eine Mole aufzuführen und diese bis zu der Insel zu erstrecken, wodurch ein ganz vorzüg­licher und geräumiger Hafen hergestellt würde. An der Westküste find die Eingeborenen auch nicht so sremden-

feindlich wie im Norden.

* * *

Deutschland hält sich gewissenhaft neutral. Und doch wird es nächst Rußland in Japan jetzt am meisten gehaßt.

Gebrauch der Schußwaffe dahin eingeschränkt hat, daß letztere nur gegen festgenommene, flüchtig werdende Personen, gegen welche der Verdacht der Verübung eines Verbrechens oder Vergehens vorliegt, gebraucht Werder: darf. Diese Einschränk­ung wurde vom Minister des Innern lebhaft bekämpft mit dem Hinweis, daß eine derartige Bestimmung notwendig zu einer Vermehrung der Fesselungen führen und zudem die Autorität des Staates und Landjägerkorps beeinträchtigen müßte, die bisherige Handhabung der Kgl. Verordnung über den Waffengebranch habe zu Unzuträglichkeiten, die eine solche Aendernng angezeigt erscheinen ließen, nicht geführt, denn die Zahl der Verwundung oder Tötung Flüchtiger durch Gebrauch der Schußwaffe sei sehr gering, viel geringer als die Zahl der Verwundungen der Landjäger durch Schuß­waffen seitens Verhafteter. Demgegenüber betonte Bericht­erstatter Gröber, daß die moderne Rechtsentwicklung sich durchaus auf den Standpunkt stelle, daß die Schwere der in Aussicht stehenden Ahndung auch in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere des Delikts stehe; ein solches Verhältnis iei aber nicht vorhanden, wenn wegen kleiner Bagatellsachen, Landstreicherei, Bettel usw. der Landjäger einem Flüchtigen gegenüber berechtigt sein soll, zur Schuß­waffe zu greifen. Das Haus trat mit großer Mehrheit dieser Auffassung bei. Ferner sprach sich die Abgeordneten­kammer, abweichend von den Beschlüssen des anderen Hauses, dafür aus, daß die Dienstanweisung über den Waffengebrauch der Organe der Gemeindepolizei an die Zustimmung des Gemeinderats, nicht einer einzelnen Person, gebunden sein soll. Mit diesen Aenderungen gelangte der ganze Gesetz­entwurf mit 76 gegen die Stimme des volksparteilichen Ab­geordneten Betz, der den Gebrauch der Waffe bei einem nur passiven Widerstand vollständig ausgeschlossen wissen wollte, zur Annahme. Man ging über zur Behandlung einer Ein­gabe von 13 an der badischen Grenze gelegenen Gemeinden des Oberamts Neckarsulm, welche um eine einheitliche Ge­

staltung der Hegezeit des Wildes zwischen Württemberg un L Baden nachsucht. Die Kommission für innere Verwaltung verallgemeinerte den Inhalt dieser Eingabe, indem sie den Antrag stellte, daß die württ. Regierung mit sämtlichen be­nachbarten Bundesstaaten in Verhandlung eiutreten und auf eine einheitliche Gestaltung der in Süddeutschland festgesetzten Schonzeiten für Rehwild und Hasen hinwirken soll. Dieser Antrag wurde angenommen, nachdem zwei weitergehende An­träge der ritterschaftlichen Abgeordneten o. Neubronner mch v. Uxkull, welche eine Ausdehnung der waidmännisch durchaus bewährten Hege- und Schußzeitbestimmungen Württembergs auf die Nachbarstaaten befürworteten, abge­lehnt worden waren. Morgen werden noch die Wirteem- gabe bezügl. des Umgelds und einige andere Petitionen zur Behandlung kommen, worauf die diesjährige Sommertaguug geschlossen wird.

-ir. KöhtMse«, 24. Juni. Am Petri-Paulfeiertag findet nachmittags in hiesiger Kirche die Jahresfeier des Bezirks- kirrderrettungsvereins statt. Dem Vernehmen nach werden dabei Pf. Eberbach von hier, Stadtpf. Dieterich von Wildberg und Dekan Römer von Nagold Ansprachen halten.

-n Wom Lande, 24. Juni. In unfern Wäldern trifft man da und dort schon reife Heidelbeeren, deren es Heuer wieder ziemlich viel gibt auf manchen Plätzen, ebenso zeigen die Preiselbeerstäudchen reichlich Fruchtansätze. Bis jetzt sind die Obstausfichten, besonders bezüglich der Aepfel, als günstig zu bezeichnen. Wie überall im Land ist auch bei uns der Heuertraz nach Quantität und Qualität ein aus­gezeichneter. Die Getreidefelder, Kartoffeläcker und Kraut- länder stehen ebenfalls sehr schön und versprechen reichliche Erträge-

* Hlenettöürg, 22. Juni. Stabtbaumeister Klingler, der Bauführer des mangelhaft erbauten hiesigen Elektrizitäts-

! Werkes, hat am Montag abend sein Amt als Stadtbaumeister niedergelegt.

* Stuttgart, 21. Juni. Der Steinbrecher Reich von Darmsheim wurde vom Schwurgericht wegen Kindesaus- srtzung mit ucrchgefolgtem Tode zu 3 Jahren und 1 Monat Zuchthaus verurteilt. Der dem Trunk ergebene Angeklagte kehrte am 25. Januar aus dem Wirtshaus heim, traf aber seine Frau, die davon gelaufen war, nicht an und geriet darüber so in Wut, daß er sein 9 Monate altes krankes Knäbchen aus dem Bette riß, nur notdürftig bekleidet in eine Decke wickelte und auf dem Hof bei 8 Grad Kälte niederlegte, selbst aber dann schlafen ging, bis er am andern Morgen mit dem Ruf aufgeweckt wurde, daß sein Kind tot im Hofe liege. - Das Kind war während der Nacht erfroren.

* Stuttgart, 21. Juni. Das Gesamtkollegium der Zen­tralstelle für Landwirtschaft hat in 6ständiger Sitzung, der auch Minister Dr. v. Pischek anwohnle, den Etat der Zen­tralstelle für 1905/06 beraten. Die schon bei der letzten Etatsberatung in Aussicht gestellten 4 neuen Stellen, eines Sachverständigen für das Molkereiwesen, eines Sachverstän­digen für den Weinbau, eines Kultnrinspektors für den Jagstkreis und eims zweiten Landwirtschaftslehrers in Ulm wurden gutgeheißen. Dagegen berührte, wie demSchwäb. Merkur" berichtet wird, der im Etat verlangte Mehraufwand für das landwirtschaftliche Wochenblatt im Betrag von 9000 Mark für die zweijährige Periode sehr unangenehm; allein dieser Mehraufwand ist nicht zu vermeiden. Bezügl. der Kosten für dasLandw. Wochenblatt" wurde vom Vor­sitzenden Freiherr v. Ow. auf Baden hingewiesen, wo im Jahre 1904 der Staatsbeitrag für dieses Blatt 17000Mk. beträgt, der von 1905 an in Wegfall kommen soll, da bis dahin eine Landwirtschaftskammer, welcher das Recht der Selbstbesteuerrrng zusteht. eingeführt sein wird. Die in der Abgeordneteu-Kammer angeregte und gewünschte Ausbild­ung der Bolksschullehrer im Obstbau konnte im Kollegium keine großen Sympathien erwecken. Dagegen wurde in Be­zug auf die Verbreitung nützlicher Sämereien ein von In­spektor Maier-Heilbronn gestellter Antrag einstimmig ange­nommen, daß in den neuen Etat die für die Errichtung und den Betrieb einer Saatzuchtanstalt in Hohenheim erforder­lichen Mittel eingestellt werden sollen. Abgelehnt wurde ein von Oekonornierat Spieß gestellter Antrag, daß bei Ankauf von Zuchtfarren in der Schweiz nicht unter den landw. Gauver­bänden, sondern auch Einzelvereinen, wenn sie mindestens eine Wagenladung beziehen, ein Beitrag zu den Transport­kosten gewährt werden möge. Die im nächsten Jahre in München von der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft ver­anstaltete Ausstellung soll auch von württ. Viehzüchtern beschickt werden. Die Schweineprämierungen sollen wie im laufenden Jahre belassen werden; jedoch kam bei der ganzen Behänd-