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Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag »nd Sonntag «tt der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast«.

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Dienstag. 21. Juni.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

! Verwendbare Be,- ! träge werden dankbar ! angenommen.

! 1904

Ärmliches

Ueberiragen wurde eine neuerrichtete Schulstelle in Tail­fingen, Bez. Truchtelfingen, dem Unterlehrer Karl Wenzelburger in Nagold.

Tagespolitik.

Auf dem internationalen Frauenkongreß wurde neben manchem verfehlten auch manches treffende Wort gesprochen. Einige dieser Kernsätze seien herausgchoben: Die männ­liche Unterhaltungspflicht findet in der Hausarbeit der Frau ihre vollwertige Gegenleistung. (Beifall.) Der Gesetzgeber, der die Hausarbeit der Frau nicht bewertet, drückt fie zur Froknarbeit herab. Ob ein pensionierter Beamter wieder heiratet, kümmert den Staat nicht. Heiratet aber eine Witwe eines Beamten wieder, so zahlt der Staat die Pen­sion nicht weiter. Daraus ergibt sich, daß d>e Ansicht völlig falsch ist, daß die Ehe der beste Beruf und die beste Ver­sorgung der Frau sei. (Stürmischer Beifall.) In Preußen kann auch keine verheiratete Frau Lehrerin bleiben. Wir müssen erstreben, daß die Erfüllung der Pflicht der Fort­pflanzung als ebenso heilig betrachtet werde, wie die Pflicht des Mannes zur Baterlandsverteidigung. (Minutenlanger tosender Beifall.) Nicht die Frau gehört ins Haus, son­dern der Frau gehört das Haus. (Erneuter endloser Bei­fall.) Wenn ein Mann seine Haushälterin heiratet, das gilt als eine Mißheirat, macht er aber feine Ehefrau zu seiner Haushälterin, so ist das etwas ganz Selbstverständ­liches. (Stürmischer Beifall und Heiterkeit.)

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Die Damen haben sich ausgesprochen! Die Verhand­lungen des Berliner interuationaieu Krauen-KongresseL siud zu Ende, die zahlreichen Redncrinnen haben viel Feuer und viel Talent entwickelt, aber leider ! wenig praktische Gründlichkeit, wenig logische Folgemugeu. Eine genaue Kenntnis der Lebens-Verhältnisse in Deutschland ist über­haupt nicht zu Tage getreten, nicht einmal in den Groß­städten und dicht bevölkerten Bezirke« find den Damen die Zustände wirklich genau bekannt gewesen. Es wird geur­teilt nach den krassen Aeußerlichkeiten sowohl auf der Seile des Luxus, wie auf der der Armut, die natürlich am meisten in die Augen fallen, aber ungeachtet dessen doch immer Ausnahmen bleiben. So sind dies Jahr aus Berlin schon so viele schauderhaften Dinge berichtet worden, daß wirklich Jemand die Hände über dem Kopf zusammenschlageu könnte. Darüber wirb dann an die Tausenöe von ruhig und fried­liebender! Menschen überhaupt nicht gedacht, sie werden bei einer Kennzeichnung unserer Zeit-Verhältnisse einfach ausgcschaltet, obwohl sie einen gewichtigen Faktor darin bilden. Und steht es nun schon so in großen Städten, wo ist denn das Bedürfnis nach diesen umstürzenden Reformen für die Frauenwelt in Mittel-, Klein-Städten und Dörfern? Die Bevölkerung lacht einfach über diese Reden, sie steht in diesen Forderungen kernen Fortschritt, sondern einen Rück­schritt, weil die Ucbergescheidtheit in der Familie dieser daS häusliche Behagen verleiden muß. Eine Rednerin auf dem Kongresse äußerte sich, die Frau müßte für chre häusliche Tätigkeit auch vom Manne honoriert werden! Gewiß, die Frau ist rechtschaffen tätig, aber wenn man deutschen Frauen so etwas zumutete, sie würden mit dem Zeigefinger auf die Stirn deuten. Wo bliebe dann das roeale Verhältnis? Heute wird schon davon gesprochen, daß die Liebesheiraten abnehmen, die Geldheiraten wachsen. Soll nun noch ein Extra-Geld-Berhältnis in der Ehe geschaffen werden, dann freilich ist's mit der Heiratslust überhaupt vorder. Der Mann soll mehr Geld hergeben, der Mann soll in seiner Frau eine werktätige Gehilfin schätzen, der Mann soll seinen Egoismus aufgeben, kurzum der Mann soll sich umbilden. Nun sage aber Einer, woher er das Geld nehmen, wie viel Domestiken er für Kinder haben soll, woher er überhaupt die Zeit für geregelte Tätigkeit nehmen soll, wenn er um die Frau herumzuziehen hat, wie der Mond um die Sonne? Nach jeder großen Gescheitheit fängt die Ungescheidtheit an, und hieher gehört es auch, weun Damen nur nach oberflächlicher Beurteilung über sehr schwere Dinge sprechen, ohne sich selbst darin erprobt zu haben. In den Frauen­kongreß hätte mal eine glückliche deutsche Mutter mit einem halben Dutzend Rangen kommen sollen. Das wäre ein Bild

zum Malen gewesen.

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Die Amerikaner wollen von der Türkei mehr als eine bloße Entschädigung für ihre verwüsteten Missionen, sie verlangen die gleichen Rechte, die die bevorzugten euro­päischen Nationen genießen. Da die Regierung der Ver­einigten Staaten keinen gesetzlichen Anspruch auf solche Vor­zugsrechte nachzuweisen vermag, so versucht sie es mit der Einschüchterung, die amerikanischen Kriegsschiffe, die bisher

! vor Lissabon lagen, gehen nach Griechenland und Oester- ^ reich in See, vereinigen sich mit dem sogen, europäischen ! Geschwader der Union und begeben sich dann in die tür­kischen Gewässer, um dort ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Gleichzeitig wird der amerikanische Gesandte rn Konstautiuopel auf die türkische Regierung in demselben Sinne einwirken. '

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(Der deutsche Schützeuadler in Amerika.) Aus New- Aork unrü gemelvet: Bei dem aus Anlaß des Deutschen Kciegerrages veranstalteten Schützenfest hielt der deutsche Botschafter Frh. Speck v. Sternburg eine Rede, in der er ausführte, der Anblick der Veteranen rufe mächtige Er- inuerungen wach und die hehren Gestalten des großen Kaisers und seines großen Paladins Bismarck, deren Taten den Geist der Zusammengehörigkeit aller Deutschen wach- gerufen hätten. Kaiser Wilhelm I. ruhe jetzt unter dem HeldenlorLeer, aber Gott habe Deutschland ein neues Rüst­zeug gegeben. Kaiser Wilhelm II. habe das Erde seiner Väter streng gewahrt. Der Redner bemerkte dann, der Kaiser habe ihn beauftragt, dem nationalen Schützen­bunde einen deutschen Schützeuadler zu überreichen, der die Brust des Präsidenten schmücken scll. Auf Befehl seines kaiserlichen Herrn lege er dem Präsidenten Kröger dieses Symbol au. Präsident Kröger ersuchte hierauf den Bot­schafter, dem Kaiser den tiefgefühlten Dank der deutsch­amerikanischen Schützen zu übermitteln und vrachte eiu begeistert aufgmommeues dreifaches Hoch auf deu Kaiser aus.

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Kammer der Abgeordneten.

* SLattgart, 17. Juni. Die Eingaben des evavg. und kathol. Volksschullchrer-Vereins wurden erledigt, soweit die­selben nicht schon bei der Beratung der Volksschulnovclle zur Behandlung gekommen unren. Im Gegensatz zu der gestrigen Tagung verliefen die Verhandlungen ruhig und verschiedene, das Vvlksschulweseu in seiner Wurzel berüh­rende Fragen, die bei einer anderen Geschäftslage des Hau­ses längere Debatten hervorgerufen hätten, wurden in ver­hältnismäßig kurzer Zeit abgetan. Eine längere Erörte­rung knüpfte sich an die vom evang. Volksschullerer-Verein geforderte Wiedereinführung des 8. Schuljahres, das zwar schon durch das Volksschulgesetz von 1836 gesetzlich festgc- legt, durch eine im Jahre 1858 verabschiedete Novelle aber wieder abgeschafft worden war. Der Berichterstatter Dr. Hieber (D. P.) berichtet zunächst über die Verhandlungen der VolkLschulkommisfion zu der Forderung öes württ. VolkLschullehrer-Verews. Nach dem Gesetz von 1836 dauerte die Schulzeit vom 6. bis 14. Lebensjahr, die im Jahre 1858 auf 7 Jahre (7. bis 14.) herabgesetzt wurde. Die Einführung der 8jährigen Schulzen erforderte im Jahre 1836 lange, heiße Kämpfe zwischen den beiden Häusern des Landtags, die sich im Jahre 1858 wiederholten. In Praxi werde der Unterschied zwischen der württ. Schulzeit und der in Baden, Hessen und Sachsen eiugeführten achtjährigen Schulzeit ein ganz minimaler. Der Hinausoerlegung der Schulzeit bis zum 15. Jahr, so erwünscht sie vom päda­gogischen Standpunkt aus wäre, würden bei unserer länd­lichen, aber auch bei der stäoüschcu Bevölkerung unüber- ! steigllche Hindernisse entgegenfteheu (Sehr richtig!) und j gegen einen Schulbeginn im 6. Lebensjahr spreche» schwer- ! wiegende medizinische Grunde. Die Kommission habe da- i her mit 10 gegen 2 StimmenKenntnisnahme« beschlossen. ! Prälat v. Dem ml er möchte die Frage der 8jährigen Schulzeit nicht in der Versenkung einer bloßenKenntnis­nahme" verschwinden lassen. Er sei ein warmer Freund der 8jährigen Schulzeit; lediglich von prinzipiellem Stand­punkt aus betrachtet, würde er eine Schulzeit vom 7. bis 15. Lebensjahr für einen gewaltigen Fortschritt halten, namentlich un Hinblick auf die Erziehung und die gründ­lichere Vorbildung der Knaben für das praktische Leben. Im Ernst können wir aber an eiue Einführung der acht­jährigen Schulzeit nicht denken. In der Stadt hätte die Sache schließlich keine so großen Schwierigkeiten wie auf dem Lande. Schon mit dem Gedanken an eine 8jährige Schulzeit würde man unsere ganze Bauernbevölkerung gegen unsere Schulgesetzgebung mobil machen. Uebrigens käme es auch hier sehr aus die Modalitäten an, unter welchen eine solche Neuerung eingeführt würde. Jedenfalls wäre der Widerstand viel geringer, wenn die obligatorischen Fort­bildungsschulen, die so gut wie gar keine» Wert haben, abgeschafft und dafür als Kompensation ein achtes Schul­jahr mit Halbtags-Unterricht eingeführt würde. Ohne Aenderung der Zwangsfortdildungsschule wäre an die Ein­führung eines 8. Schuljahres gar nicht zu denken, und ehe die Frage der Uebernahme der Schullaften aus den Staat

nicht geregelt und der z. Zt. herrschende Lehrermangel nicht beseitigt sei, könne von einem achten Schuljahr überhaupt ui! t die Rede sein. Aus diesen Erwägungen heraus werde auch er für den Kommissionsantrag stimmen. Minister v. Weizsäcker erklärte, die Regierung werde sich bei der Beratung der vorliegenden Petitionen einer gewissen Zurückhaltung befleißigen, um so mehr als ihr für ihre Entschließungen andere Wege offen stehen. Die Unterrichts- Verwaltung werde aber die Beratungen durch Mitteilung von Material zu fördern suchen. Von de» im Jahr 1896 geborenen Kindern seien auf evang. Seite 11 Prozent im 6. und die übrigen 89 Prozent im 7. Jahr, auf kathol. Seite 2,5 Proz. im 6. und 97,5 Prozent im 7. Jahr, durchschnittlich 8 Prozent im 6. und 92 Proz. im 7. Jahr zur Schule gebracht worden. Das evang. Konsistorium berichte, daß die Kinder mehr und mehr erst im 7., statt im 6. Lebensjahr in die Schule geschickt werden. Die wei­tere Entwicklung dieser Bewegung müssen wir also vorläufig abwarten, umsomehr als eiue gesetzliche Regelung des Schulbeginns auch ihre Schwierigkeiten habe, namentlich in den Gemeinden, die keine Kinderschule haben. Die Frage der Einführung eines 8. Schuljahrs halte er z. Zt. noch nicht für spruchreif. Die Sache habe übrigens auch eiue nicht zu unterschätzende finanzielle Seite: Die Kosten des 8. Schuljahres würden auf ca. 1 400 000 Mark zu veran­schlagen teiu. Für heute könne er nur erklären, daß die Regierung nicht daran denke, den Stände» in absehbarer Zeit eine Vorlage wegen Einführung des achten Schul­jahres vorzulegen. Auch alle anderen Redner, die sich als Freuude dieser Forderung bekannten, konnten sich der Tat­sache nicht verschließen, daß der überwiegende Teil der Be­völkerung für eine gesetzliche Ausdehnung der Schulzeit unter den heutigen Verhältnissen nicht zu haben wäre. Es wurde daher, namentlich als der Kultminister mitgeteilt hatte, daß die Einführung eines 8. Schuljahres einen Mehraufwand von nahezu 1500 000 Mk. erfordert würde, dem Kommissions-Antrag entsprechend lediglichKenntnis­nahme" beschlossen. Eine Debatte größeren Umfangs ent­spann sich auch noch über die Frage der Zulassung der Volksschullehrer zum Hochschulstudium. Die württ. Lehrer gehen in dieser Hinsicht nicht so weit, wie der allgemeine deutsche Lehrertag in Königsberg, auf dem vor Kurzem akademische Bildung für alle Volksschullehrer verlangt wurde, sie würden sich damit begnügen, wenn den tüchtigeren Volksschullehrern die Absolvierung öes Hochschulstudiums erleichtert und an der Universität Tübingen oder an der Technischen Hochschule in Stuttgart ein Lehrstuhl für Pä­dagogik und ein pädagogisches Seminar errichtet würde. Aber auch diese Forderung stieß im Landtage auf Bedenken, namentlich beim Zentrum unö bei der freren Vereinigung, und so wurde ein Antrag aufErwägung" nur mit knapper Majorität angenommen. Im Uebrigen wäre ans den Ver­handlungen noch hervorzuheben, daß ein von der Deutschen Partei eingebrachrer Antrag, wonach sämtliche Gehaltsbe­züge der Volksschullehrer künftighin nicht mehr durch die Gemeindepstegen, sondern durch die Kameralämter ausbe­zahlt werden sollen, mit großer Mehrheit die gesamte Linke stimmte geschlossen dafür der Regierung zurBe­rücksichtigung" überwiesen wurde.

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Bei der Beratung der Eingaben des evang. und kathol. Volksschullehrer-Bereins hat unser Landtagsabg. Schaible sich der Seminaristen angenommen, die noch im Alter von 1920 Jahren der Seminar-Hausordnung unterstehen, also nicht diejenige Bewegungsfreiheit haben, wie ihre Altersgenossen anderer Stände. Hr. Schaible meinte, es sollte ihnen Gelegenheit gegeben werden, sich in den bürgerlichen Kreisen, in welche fie bald darauf versetzt werden, wenn sie das erste Dienstexamen erstanden haben, zu verkehren und bekannt zu werden.

LomdesnacHricHten. *

* Altensteig, 20. Juni. Wir stehen noch mitten in der Heuernte. Die Sonne hat es in den jüngsten Tagen über­raschend gut gemeint, namentlich am Freitag wo es für die fleißigenHeuer" hieß:Bon der Stirne heiß rinnen muß der Schweiß." Bei solch' günstiger Witter­

ung macht die Heuernte raschen Fortschritt. Kaum hat eine Abkühlung eingesetzt, wo der Mensch sich wieder wohler fühlt, macht Frau Sonne alle Anstrengungen uns mit ihren glühenden Strahlen wieder zu bedenken und die Temperatur von neuem steigen zu lassen. Morgen schon hat die Ssnne ihren höchsten Stand erreicht, wir haben den längsten Tag und die kürzeste Nacht. Nur zu bald wird man leider wieder zu spüren bekommen, daß die Tage kürzer werden.