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Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «tt der wöch. Beilage .Der Sonntags- Gast«.

vestellprek« für das Ltertcljahr im Bezirk u- Rachbarortsverkehr Mk. 1.18, außerhalb Mk. 1L8.

Wr. 91.

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SanrsLag. 18. Juni.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904

Amtliches

Befördert wurde Postasststent Beckert in Nagold zum Post- sckretär in Schwenningen.

Tagespolitik.

(Was jetzt?) Der Ruf nach der Versassungsrevi'on hält in allen Lagern (mit Ausnahme des Zentrums natürlich) an. Man darf auch erwarten, daß die Einmütigkeit und Nachhaltigkeit des Verlangens nue Wirkung erzielt, lieber die Frage des Wie werden lebhaft Erörterungen angestellt. Der sich zunächst darbietende Weg einer Verständigung der Regierung mit beiden Kammern ist vergeblich beschritten worden; es ist geradezu tragisch, daß die Verfassungsreform nur mit Hilfe derjenigen Kammer zu stände kommen könnte, die eben reformier:, bezw. ganz abgeschafft werden soll. In dieser Verquickung liegt ein gut Stück Aussichtslosigkeit. Immerhin sind bereits neue Beratungen und Verhandlungen an maßgebender Stelle im Gang. Eine andere Möglichkeit ist, daß der König den tz 89 der Verfassuugsurkunde an-' wendet. Der tz 89 lautet: Der König hat aber das Recht, ohne die Mitwirkung der Stände die zur Vollstreckung und Handhabung der Gesetze erforderlichen Verordnungen und Anstalten zu treffen, und irr dringenden Fällen zur Sicher­heit des Staates das Nötige vorzukehren. Also auch diese Möglichkeit besteht gegenüber der Kammer der Standes­herren. Doch das liegt ganz und gar beim König, bei seiner Energie und Initiative. Politische Kreise rechnen mit dieser Hoffnung. Im Grunde würde damit nichts mehr und nichts weniger geschehen, als daß die erste Kammer auf die gleiche Art wieder verschwinde, mit der sie im Jahre 1850 eingeführt worden ist.

*

(Reichstags Abschied.) Es ist ein Jahr her, seitdem die Neuwahlen zum deutschen Reichstag stattfanden, tu wel­chen zwar prinzipiell keine Machtverschiebung innerhalb der deutschen Volksvertretung herbeigeführt wurde, aber doch der Umfang der sozialdemokratischen Partei sich auf über achtzig Abgeordnete erhöhte. Die letztere Tatsache gab viel zu reden und zu schreiben, noch mehr zu denken, und nicht gerade erfreulich wurde empfunden, daß die radikalste Par­tei des Reichstags eine so große Anzahl vonMitläufern" aufweist, die mit ihrem Votum sich gewissermaßen ins eigene Fleisch geschnitten hatten. Recht düstere Anschauungen wur­den damals laut, so bedenkliche, daß so ziemlich Alles zu erwarten und nicht Geringes zu befürchten war. Diesen Neuwahlen zum Reichstag ist die erste Session der gewählten Vertretung der deutschen Nation gefolgt. Wir können nicht gerade sagen, daß die verflossene Tagung eine besonders erbauliche war, unendlich viel gesprochen, aber erheblich weniger geleistet; die Bedeutung der Session lag nicht da­rin, was während derselben im Reichstag geschah, sondern darin, was trotz der Session außerhalb des Reichstages Passierte. Kaum jemals ist die gesamte deutsche Reichs- Politik von den Führern der sozialdemokratischen Partei so in Grund und Boden hinunter verurteilt, so für die Wähler außerbalb des Reichstages gesprochen worden, wie in den verflossenen Monaten, und trotzdem brachte jede neue Wahl der sozialdemokratischen Armee Niederlage auf Niederlage. Diese in einer Reihe von Reichstags-Ersatzwahlen erwiesenen Schlappen haben ihre Vervollständigung in der ersten Landtags-Neuwahl gefunden, die seit dem Beginn dieses Jahres in einem deutschen Bundesstaate erfolgte. Wie be­kannt, verloren die Sozialisten bei den Landes-Wahlen in dem thüringischen Koburg-Gotha, das zahlreiche gering bemittelte Bewohner hat, verschiedene Mandate, ungeachtet diese Wahlen gerade so geheim, wie die zum Reichstage stattfanden. Die geheime Wahl bedeutet also gerade für die Partei, welche sie am eifrigsten verfocht, ein zweischneidiges Schwert.

Deutscher- Weichstag.

* Aerkin, 15. Juni. Der Nachtragsetat, welcher auf Grund des Togo-Anleihe-Gesetzes zunächst 3 Millionen als Darlehen zum Bau der Bahn von Palime nach Lome zur Verfügung stellt, wurde ohne erst an die Budgetkommisfion ver­wiesen zu werden, in erster und sofort nachfolgenderzweiter Lesung genehmigt. Die Interpellation Auer und Genossen betr. die preußische GesetzeS-Borlage über Erschwerung des Kontraktbruches ländlicher Arbeiter wird morgen vom Staatssekretär Nieoerding beantwortet werden. Es folgt die Beratung der Garantie-Anleihe für die ostafrikanische l-üenbahn von Dares-Salam nach Mrozoro. Hierzu liegt neveu dem Kommisstonsautrag ein Kompromis-Antrag von Normann und Genossen vor, die Vorlage gemäß dem Kommisfionsbeschluß dahin zu ändern, daß die Spurweite

statt dreiviertel Meter auf einen Meter und dementsprechend auch die Garantiesumme von 1^> auf 2 Millionen erhöht wird. Aba. Richter (frs. Vp.) bekämpft die Vorlage und zugleich auch den Kompromisantrag. Redner wieder­holt seine Einwendungen gegen den Bau der Bahn auf Risiko des.Reiches und übt Kritik an den Hoffnungen, die auf die Rentabilität der Bahn und die durch dieselbe herbei- zusührende Ausschließung des ostafrikonischen Schutzgebietes gesetzt werden. Abg. Schräder (frs. Bg.) bestätigt dem Abg. Richter gegenüber, daß seine Freunde früher, als die Kolonialpolitik begann, Gegner derselben waren, aber jetzt habe man nun einmal die Kolonien. Der Kompromis- Antrag Normann wird gegen die Stimmen der Sozial­demokraten und Freisinnigen Volkspartei angenommen und das so modifizierte Gesetz sodann in namentlicher Abstimmung mit 149 gegen 83 Stimmen. Zweite Beratung der Vor­lage betr. Aendcrvng des Servistarifes und der Klassen­einteilung der Orte. Die Kommission beantragt die Vor­lage im wesentlichen unverändert anzunehmen mit der Maß­gabe, die nächste Revision schon bis zum April 1906 folgen zu lassen. Außerdem beantragt die Kommission eine Resolution, die Regierung zu ersuchen, baldmöglichst einen besonderen Gesetzentwurf über die Bewilligung von Wohnungs- qeldznschuß vorznlegen. Ein Antrag Eickhoff (frs. Vp.) bezweckt, daß ebenso wie kür den neuen Servistarif auch für die Mohnungsgeldzuschüsse die neue Klasseneinteilung der Orte rückwirkende Kraft bis zum 1. April des laufenden Jahres haben soll. Staatssekretär Posadowsky spricht gegen eine neue Revision des Servistarifes. Schatzsekcetär Stengel: Die Regierung verhehle sich nicht, daß es ein dringender Wunsch des Reichstages sei, die Lage namentlich der Unterbeamten hinsichtlich des Wohnungsgeldzuschusses zu besser», aber die Regelung habe Schwierigkeiten. Die zu einer Reform des Wohrmnqsgeldzuschusses erforderlichen Unterlagen müßten erst beschafft werden durch die Volks­zählung ; auch solle man doch die Finanzlage berücksichtigen. Abq. Patzig (natl.) ist mit der Erklärung der Negierung nicht zufrieden und verlangt, daß man an der Regelung der Verhältnisse bis zum Jahre 1906 festhalten müsse. Das Gesetz wird in der Fassung der Kommission nur mit dem von Eickhoff beantragten Ergänzungen angenommen.

LandesncrchvichLen.

* Kkteusteig, 17. Jnni. Am 3. Juli d. I. findet in Teinach die Hauptversammlung deS Württemberqischen Schwarzwaldvereins statt. Die neuste Nummer der Bereins- zeitschriftAus dem Schwarzwald« enthält das Programm für , die Feier, sowie treffliche Beschreibungen und bildliche Dar- i stellungen des Festortes.

- Kal«, 15. Juni. Zur Erbauung von einfachen und ? billigen Wohnhäusern hat sich hier eine Baugesellschaft des EiscubchllcrverbLrices gebildet. Die Zahl der Mitglieder be­tragt bis jetzt 55. Jedes Mitglied hat als Stammantcil eine Einzahlung von 100 Mk. zu machen. Ein auswärtiger Architekt hat bereits verschiedene Bauplätze sich angesehen. Als geeignetes Gelände soll besonders die Steinrinne und der Teuchelweg in Betracht kommen, auch andere Plätze werden noch genannt; doch ist eine definitive Entsbeidung noch nicht getroffen, da das ganze Unternehmen noch ver­schiedene Stadien durchzumachen hat, ehe es überhaupt zur Ausführung kommen kann.

* Die Hinterbliebenen des Ende Februar verstorbenen Kommerzienrats Karl Commerell in Köfe« haben der Ge­meinde Höfen zum ehrenden Andenken an den Verstorbenen 10 000 Mk. zur Errichtung einer Heizanlage in der neuen Kirche, 5 000 Mk. zur. Verschönerung des neu zu erbauenden Schulhauses, 3 000 Mk. für die Armen- und Krankenpflege und 2 000 Mk. für den Schulsonds der Gemeinde über­wiesen.

* Der Bäckermeister Ullmann von Mrkeufekd hat ein Auge für weibliche Reize. Der Bäckersfrau Glauner dort legte er die Hand um den Hals und Nacken und sprach:Sind Sie eine schöne Frau.« Allein dieses Kompliment sollte ihm schlecht bekommen. Er wurde wegen Beleidigung ver­klagt und erhielt vom Schöffengericht Neuenbürg 14 Tage Gefängnis. Ullmann legte Berufung an die Tübinger Straf­kammer ein, wurde aber abzewiesen. Darauf legte er Revision ein. Das Oberlandesgericht verwies die Angelegen­heit an die Strafkammer zurück und diese hat nun soeben den galanten Bäcker freigesprochen. Die Richter in Tü­bingen erblickten im Gegensatz zu den Richtern in Neuen­bürg keine Beleidigung in der Handlungsweise des Ullmann.

^ An der Universität Mötrrge« befinden stch'im laufen­den Sommersemester 1581 Studierende, Worunter885 Württem- berger und 696 Nichrwürttemberger. Die Zahl der Stu­

dierenden hat hienach gegenüber dem Besuch im Sommer­halbjahr 1903 mit 1506 um 75 zugenommen.

* Ghailfinge«, 15. Juni. Eine mutige Tat kann von hier berichtet werden. Als gestern nachmittag 4 Uhr 42 Minuten der Bahnzug die hiesige Station passierte, wurde plötzlich hinter dem Gasthaus zumRößle" beim Einschnitt wahrgenommen, daß sich ein Kind ans dem Bahngeleise be­fand. Bei der kurzen Entfernung war an ein Halten des Zuges nicht mehr zu denken. Schnell entschlossen sprang der Heizer von der Maschine und riß, seines eigenen Lebens nicht achtend, das zweijährige Kind :m letzten Moment noch beiseite, wodurch ein gräßliches Unglück verhütet wurde. Ehre dem wackeren Mann!

* Stuttgart, 9. Juni. Die am Sonntag eröffnet? Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten nimmt die ganze Vorhalle des Laudesgewerbemuseums ein. Die Ausstellung enthält vieles, was schon ein beachtenswertes Können ver­rät. Besonders sind die kunstvollen Schlosserarbeiten zu erwähnen, sowie die Arbeiten der Lehrlinge der Eisenbahn- Werkstätten, bestehend in Maschinenteilen, Werkzeugen, Prä­zisionsarbeiten, die zeigen, wie sehr man hier darauf bedacht ist, einen tüchtigen Stamm von Arbeitern heravzubilden.

* Stuttgart, 15. Juni. In der gestrigen Sitzung der Finanzkommission über die Hoftheatervorlage vertraten der Finauzminister sowie der Ministerpräsident und die meisten Mitglieder der Kommission wiederholt den Standpunkt, daß das Krondotationsedikt, demzufolge der Staat zum Bau des Theaters verpflichtet ist, Gültigkeit habe. Ministerpräsident v. Breitling bemerkte, die Auffassung der Krone gehe dahin, daß ein allen Kunstgattungen dienendes Theater gebaut werden müsse. Diesem Zweck entspreche nur ein Doppel­haus. Die Abgeordneten Galler und Kloß bestritten die Beitragspflicht der Stadt Stuttgart. Wenn Stuttgart mit- zablen solle, wolle es auch über den Platz mitreden dürfen. Nach längerer Debatte nahm die Kommission schließlich mit elf gegen drei Stimmen einen Antrag des Abg. Liesching an, demzufolge die Kommission anerkennt: 1. daß der Staat für das abgebrannte Theatergebände Ersatz zu leisten hat, 2. daß die Ersatzpflicht sich auf die Herstellung eines nach Größe und Umfang dem bisherigen Gebäude entsprechenden Theaters beschränkt. Ein Antrag Remboldt-Gmünd vor Feststellung der Rechtsfrage von Stuttgart eine Erklärung darüber zu verlangen, in welcher Weise sie zu den Kosten des Theaterbaues beitragen wolle, wurde abgelehnt.

ff Stttttgart, 16. Juni. Die Abgeordnetenkammer nahm in ihrer heutigen Sitzung nach einer lebhaften Debatte über die derzeitige politische Lage mit 62 gegen 17 Stimmen folgenden von den Abgeordneten Haußmann-Balingen, Hieber, von Geß, Freiherr von Gemmingen und von Sandberger eingebrachten Antrag an: Die Kammer der Abgeordneten übergibt, nachdem die Kammer der Standesherren den Ge­setzentwurf über das Volksschulwesen zu Falle gebracht hat, den in den Eingaben des württcmbergischen Volksschullehrer­vereins und des katholischen Volksschullehrervereins ver­tretenen Wunsch einer zeitgemäßen Gestaltung der staatlichen Aufsicht über die Volksschule der kgl. Regierung zur Berück­sichtigung und spricht die Erwartung aus, daß es der Re­gierung gelingen werde, diese Reform geboteneufalls durch eine nnverweilte Einleitung der Verfassungsrevision zur Durchführung zu bringen. Gegen den Antrag stimmten nur das Zentrum und zwei Mitglieder der Ritterbank.

* Göppingen, 11. Juni. Bei der gestrigen letzten Ver­steigerung der zum Konkurs des Werkmeisters und Fabrikanten Schönhut gehörigen Gebäude und Grundstücke ergab sich weder für die Jalousiefabrik Schönhuts noch für dessen aufs vornehmste eingerichtete Villa an der östlichen Ring­straße ein Angebot, durch welches wenigstens die Hppotheken- schulden gedeckt worden wären. Einzelne Bauplätze mit halbfertigen Gebäuden konnten veräußert werden, die Mehr­zahl der Grundstücke blieb jedoch unverkäuflich, so daß jetzt Zwangsversteigerung zu erfolgen hat. Hierbei wird eine Reihe von Hypothekengläubigern mit namhaften Forderungen ausfallen.

* Göppingen, 14. Juni. (8 Uhr-Ladenschluß.) In den Kreisen der hiesigen Detaillisten macht sich schon seit einigen Jahren eine auf den 8 Uhr-Ladenschluß abzielende Strömung bemerkbar. Allerdings war es bisher nicht möglich, die Mehrheit der Ladenbesttzer für diesen Plan zu gewinnen, so daß behördlicherseits dem Verlangen nach Erlassung eines bezüglichen Ortsstatuts bis heute nicht entsprochen werden konnte. Die Frage des 8 Uhr-Ladenschlusses soll nun aber wiederholt in Behandlung genommen werden.

* Ilenffe», 13. Jnni. Die Kirschen gehen dank der warmen Witterung rasch der Reife entgegen, so daß nach den Frühkirschen in nächster Zeit die Hauptkirschenernte er­folgen wird. Kernobst, namentlich Aepfel, giebt es hier und