Jerslprecher Ar. l l.
Erscheint Dienstag Domlerst., Samstag und Sonntag «it der wöch. Beilage »Der SonntagS- Gast".
Bestellprets für das Bterteljahr im Bezirk o- Nachbarortsverkehr Mk. 1.15, außerhalb Mk. 1.25.
Nr. 87.
(ÄttenML,M
MdMlerhaltungFblatt
MM»
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Man abonniert auswärts auf dicies Blatt bet den K. Postämtern und Postboten.
Samstag. 11. Juni.
Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung be einmal- Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal je 6 Pfg. auswärts je 8 Pfg. die einspaltige Zeile oder deren Raum-
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
1904.
Amtliches
Uebertragen wurde die Pfarrei Hochdorf, Dekanats Kirchheim, dem Pfarrer Hölzle in Wringen, die Pfarrei Thalheim, Dekanats Tübingen, dem Stadtpfarrverweser Dr. Julius Speer in Freudenstadt.
Kort Arthur.
(Nachdruck verboten.)
Unmittelbar nach der Kriegserklärung Japan'S an Rußland, also nach der Abberufung des japanischen Gesandten aus Petersburg, erzählte in London ein Diplomat des Jnselreiches einem Zeitungs-Menschen, daß das Vorgehen seines Staates berechtigt sei, und die Russen schon anders sprechen würden, wenn Port Arthur nur erst in japanischen Händen sei. Vierundzwauzig Stunden später erfolgte der Torpedo-Angriff auf das auf der Rhede von Port Arthur ankernde russische Geschwader, bei welchem 3 Kriegsschiffe des Zaren erheblich beschädigt wurden, und wo es nur von einem Zufalle adhing, daß nicht die ganze dort vereinigte russische Flottille vernichtet wurde. Seil diesem Tage hat die japanische Kriegsflotte unter Admiral Togo die russische Seefestung wie ihren Augapfel gehütet, ziemlich eiu Dutzend Torpedo- und Brander-Angriffe sind im Ganzen unternommen worden, ohne daß ein wirklicher Erfolg gegen die Festung selbst erzielt worden wäre. Der Untergang des großen Panzerschiffes „Petropalowsk" und andere Schiffs Katastrophen schwächten allerdings die russische Seestreitkraft, verminderten aber doch noch nicht die Widerstandsfähigkeit von Port Arthur. In den letzten Wochen erst ist dann mit der wirklichen Berennung von Port Arthur Ernst gemacht worden; die Japaner erhoffen eine Ueberwältigung dieses See-Bollwerks, die Russen denken, daß sich die Festung so lange halten wird, bis in der Mandschurei die Entscheidungsschlacht geschlagen ist, womit die Belagerung von Port Arthur von selbst ihr Ende findeu würde. Beiden kriegführenden Parteien liegt Port Arthur am Herzen, am Meisten aber den Japanern. Ja, für das Jnselvolk bedeutet die russische Seefestung, wie sich immer deutlicher herausstellt, den Krieg selbst, das heißt den Kriegspreis. Damit wird auch die ganze japanische Kriegführung, die zuweilen voller Widersprüche erschien, erklärlich. Eine Seemacht mit starker Flotte, die Port Arthur in Händen hat, behauptet auch die Vorherrschaft zur See in Ostasien. Wenn die Japaner Port Arthur erobern, wird es kaum möglich sein, es ihnen wieder zu entreißen, mag der Landkrieg für sie auch ungünstig enden. Port Arthur, ohne eine aktiousfähige und aktiousfreie starke Flotte, in der Lage befinden sich heute die Russen dort, ist ein ziemlich mißliches Ding. Umgekehrt ist die Schwierigkeit der Behauptung des Platzes nicht allzu groß. Und in dem letzteren Falle würden sich die Japaner befinden, wenn ihnen die Eroberung gelingen sollte.
Um ganz Korea und gar noch die Mandschurei besetze zu halten, wenn die Japaner siegen sollten, fehlen ihnen die Mittel. Die Unkosten, die Menschen-Anforderungen dafür würden so groß sein, daß der Nutzen den Aufwand nicht mehr lohnte. Mit der einzigen Festung Port Arthur haben die Javaner den Schlüssel zur Mandschurei und die Herrschaft zur See, eine Tatsache, die auch die Russen erkannten. Umsonst haben sie nicht die Port Arthur-Spitze der Halbinsel Liautung von China gepachtet, die Verwaltung der Mandschurei selbst aber deu Chinesen belassen. Sobald die Japaner Port Arthur eingenommen haben, haben sie deu Siegespreis, und damit wird sich auch ihre Kriegführung ändern. Das Letztere ist sogar gegenwärtig schon geschehen, nach den Siegen amAalufluß ist dasBor- rücken der ersten japanischen Armee sofort eingestellt. Das schreibt sich nicht, wie nun klar wird, aus übergroßen Witterungs- und Terrain-Schwierigkeiten her, der Grund dafür ist wiederum die Rücksichtnahme auf Port Arthur. So widerspruchsvoll das klingt, so einfach ist es doch.
Wenn die erste japanische Armee die russische Hauptarmee, die in sehr festen Stellungen steht, angriffe, so könnte sie vielleicht einen Erfolg erringen, wie sie am Dalu und bei Kintschou errungen hat. Aber die Verluste würden sehr schwere sein, so schwere, daß die Bewegungsfreiheit der japanischen Armee für eine ganze Zeit lahmgelegt würde. Und das ist natürlich das Allererste, was man auf dieser Seite verhindern und verhüten will. So lange die erste japanische Armee bei Föngwangtscheng in starker Position sich verhält, kann der russische Oberbefehlshaber General Kuropatkin keine bedeutende Entsatz-Armee nach Port Arthur senden, er würde sich dadurch zu sehrschwächen, dem Gegner also Gelegenheit zu einem leichteren Schlage geben. Damit ist Alles gesagt I Die Japaner haben bei Port Arthur genug Truppen gelandet, um ihrer Auffassung nach, mit der Seefestung, die sie so heiß begehren, fertig zu werden. Ihre übrigen Truppenkorps haben die Aufgabe, die
rückwärts stehenden Russen im Schach zu halten, damit die Letzteren nicht dem bedrängten Port Arthur zu Hilfe eilen können. Der Plan ist ganz entschieden gut, er ist der beste und der Kriegslage gemäß einzig richtige so lange, als der russische Oberbefehlshaber nicht über derartige Srreilkräfte verfügt, daß er seine Armee ohne Weiteres teilea kann. Und bei den sibirischen Transport-Verhältnissen wird das kaum bald so weit sein. Einen Ausweg, wenn sie anders Port Arthur nicht sich selbst überlassen wollen, behalten allerdings auch die Russen: Ein baldiger und gewichtiger Schlag gegen die in der Südoft-Mandschurei stehenden Japaner öffnet ihnen die Bewegungsfreiheit nach Süden, vorausgesetzt, daß dieser mögliche Schlag auch gelingt.
Deutscher MeichsLag.
* Werlin. 8. Juni. Das Münzgesetz mit dem Kommissions- Antrag auf Prägung von Dreimarkstücken wurde angenommen. — Gesetzentwurf über die Errichtung von Kaufmanns- grichten. Der Z 1 des Gesetzes wird unter Ablehnung des Antrags Auer, der die Errichtung obligatorisch macht, angenommen. In der Debatte wurde hervorgehoben, daß in vielen Gegenden ein Bedürfnis nach der Errichtung von Kaufmannsgerichten nicht bestehe. Angenommen wurden ferner K 2—4. Im elfteren Paragraphen sieht die Vorlage der Kommission Kaufmannsgerichte vor für Städte mit mehr als 20 000 Einwohner, gegen 50 000 Einwohner der Regierungsvorlage.
wüirttem-eirKischerr L«ritdt«s
Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 7. Juni. Die Abgeordnetenkammer fuhr heute in der Beratung verschiedener Bahnpetitionen fort und übergab die Bitte um Erbauung einer normalspurigeu Nebenbahn von Tettnang nach Waugru, also um Fortführung der in Meckenbeuren von der Hauptbahn abzweigenden, elektrisch betriebenen Nebenbahn nach Tettnang, der Regierung zur Erwägung, lieber eine Bahn von Jsny nach Wangen, die von der Stadt Jsny gewünscht wird, und die sich als eine Fortsetzung der Bahn Tettnang—Wangen darftellt, ging mau zur Tagesordnung über. Nachdem eine Eingabe um die z. Z. völlig aussichtslose Weiterführung der Nebenbahn Rüningen—Neuffen nach dem Münstnger Truppenübungsplatz ohne weiteres der Regierung zur Kenntnisnahme überwiesen worden war, entspann sich eine längere Erörterung über die verschiedenen Projekte der Erschließung des Schönbuchs durch eine Eisenbahn. Zur Beratung gelangt nämlich die Bitte der Gemeindevertreter von Waldenbuch, Vaihingen a. F., Rohr, Oberaichen, Musberg sowie der Gemeinden Weil i. Sch., Dettenhausen, Bebenhausen und Lustnau um Ausführung einer staatlichen Bollbahn von Vaihingen a. F. nach Tübingen, mit Berührung der betr. Gemeinden. Der Antrag der Kommission geht dahin: die Regierung zu ersuchen, vor Ausführung der von ihr am 17. Mai 1900 zur Berücksichtigung empfohlenen Bahn Böblingen- Weil l. Sch. die Petition um Erbauung einer Bahn Vaihingen a. F.—Tübingen einer Prüfung zu unterziehen und das Ergebnis derselbe» den Ständen mitzuteilen. Berichterstatter Henning (Vp.) hebt hervor, daß zahlreiche wichtige Umstände darauf Hinweisen, daß man der Erschließung des Schönbuchs endlich näher treten müsse. Dr. Hartrauft (Vp.): Mit Recht habe der Berichterstatter darauf hinge- wicsen, daß das Schönbuchprojekt eines der ältesten des Landes sei. Schon 1864 sei die Bahn Böblingen—Tübingen mit Zustimmung der Stände in das Bauprogramm der Regierung aufzenommrn worden. Wenn jetzt auf einmal das Projekt Vaihingen—Tübingen in deu Vordergrund gerückt werde, so dürfe man doch auch nach den Gründen der Beiseiteschiebung des älteren Projektes fragen. Vor allem müsse darauf hingewiesen werden, daß die Strecke Vaihingen —Bebenhausen eine der schwierigsten und teuersten Kunstbahnen mit kilometerlangen Tunnels und großen Viadukten werden würde. Der Viadukt über das Aichtal allein würde einen Aufwand von über 1 Mill. Mark erfordern. Das Verkehrsgebiet der Strecke Vaihingen—Tübingen sei viel kleiner nod demgemäß die Rentabilität viel geringer, als bei der Linie Böblingen—Tübingen Wenn eine spätere Verbindung nach Pforzheim gesucht werden soll, so wäre Böblingen der beste und natürlichste Ausgangspunkt derselben. Wenn man einmal solch große Summen ausgeben wolle, so sollte mit diesem Geld etwas Besseres geschaffen werden; vor allem sollte durch die Stuttgarter Ringbahn, die doch einmal kommen werde und die linksufrige Neckarbahn in Verbindung mit dem Projekt der Durchquerung des Schön- bnchs geprüft werden. Die Wünsche der Schönbuchbevölkerung nach möglichst rascher Erschließung des Schönbuchs durch die Bahn werden jedoch durch das neue Projekt
Vaihingen—Tübingen ihrer Erfüllung nicht näher gebracht. Der Abg. Nieder (Z.) u. Gen. haben den Aatraz eingebracht, die Regierung zu ersuchen, vor Ausführung der ihr zur Berücksichtigung überwiesenen Bahn Böblingen—Weil i. Sch. die Erbauung einer Bahn Vaihingen—Tübingen in Erwägung zu ziehen und das Ergebnis derselben den Ständen zur Prüfung mitzuteilen. Minister v. Soden: Darüber kann kein Zweifel sein, daß nur eine der beiden Linie» gebaut werden kann. Für die eine Linie liegt ein Projekt bereits vor; die andere Linie wird erst za prüfen sein. Daß die Regierung an eine Bahn, die heute als eine der teuerste« Kunstbahnen bezeichnet worden sei, nur schwer herantreteu werde, sei ihr nicht übel zu nehmen, namentlich im Hinblick auf die Finanzlage nicht. Gegen eine gesetzliche Festlegung der Schönbuchbahn, um die von den Petenten gebeten werde, habe er Bedenken; der Verlauf der heutigen Debatte und das Auftauchen der verschiedenen Schönbuchbahnprojekte habe deutlich gezeigt, daß eine gesetzliche Festlegung später zu Verlegenheiten führen könnte. Nachdem noch Berichterstatter Henning (Vp.), Dr. Hartranft (Vp.) und Hildenbrand (Soz.) gesprochen, wird der Antrag Nieder angenommen, nachdem der Antrag der Kommission zugunsten dieses Antrags zurückgezogen worden war.
* Stuttgart, 8. Juni. Die Abgeordnetenkammer begann heute mit der Beratung des sozialdemokratischen Antrages betr. Abschaffung oder Einschränkung der Akkordarbeit und Einführung des Neunftundentages in den StaatS- werkftätten. Die volkswirtschaftliche Kommission, der dieser Antrag zur Beratung überwiesen worden war, hat dem Plenum einen neuen Antrag unterbreitet, durch welchen die Regierung ersucht werden soll, auf weitere Verbesserungen bei dem Akkordsystem in den staatlichen Werkstätten hinzu- wirken unter besonderer Berücksichtigung der älteren, im Stücklohn beschäftigten Arbeiter, und durch welchen der Regierung gegenüber dem Vertrauen Ausdruck verliehen wird, daß sie die Frage einer weiteren Arbeitsverkürzung in deu Staatsbetrieben im Auge behalten und in wohlwollende Erwägung ziehen werde. Der sozialdemokratische Abgeordnete Hildenbrand vertrat heute als Berichterstatter die Ansicht, daß die Akkordarbeit in den staatlichen Werkstätten, in erster Lmie in denjenigen der Staatsbahnen abgeschafft werden sollte, und zwar schon aus dem Grund, weil es bei der jetzt üblichen Art der Entlohnung der Arbeiter nicht um reines Stücklohnsystem handle, von welchem die Arbeiter und auch die Verwaltung greifbare Vorteile hätten, sondern um eine Art von gemischtem System, bei welchem die Arbeiter höchstens den üblichen Taglohn nebst einem Zuschlag von bis zu 25 Proz. verdienen könnten. Nach der Ansicht der Arbeiter gewähre dieses System der Willkür und Laune der Werkführcr allzugroßen Spielraum. Der Mitberichterstatter Henning, trat den Ausführungen des Berichterstatters entgegen mit dem Hinweis, daß in dem sozialdemokratischen Antrag ein Vorstoß gegen das Akkordshstem überhaupt zu erblicken sei; in dieser Ansicht werde man wenigstens durch die sozialdemokratische Agitation außerhalb des Hauses, wobei nicht selten das Verlangen nach vollständiger Abschaffung der Akkordarbeit gestellt werde, bestärkt. Die Akkordarbeit allgemein übzuschaffen, sei nicht angängig. Namens der Regierung erklärte der Generaldirektor der Staatseisenbahnen v. Balz, daß die Regierung gegen die Annahme der Kommisftonsanträge nichts einzuwenden habe, zumal sie sich schon seit langem auf diesen Standpunkt gestellt habe. Zwischen den Vorgesetzten und den Arbeitern der staatlichen Betriebe habe sich denn auch ein recht erfreuliches Vertrauensverhältnis herausgebildet. Die vom Berichterstatter bemängelte Form des Akkordsystems in den staatlichen Werkstätten bilde die Ausnahmsfälle, mit denen sich übrigens die Arbeiterausschüsse seiner Zeit einverstanden erklärt hätten. Der geforderten Herabsetzung der Arbeitszeit stehe die Verwaltung sympathisch gegenüber, sie könne aber vorläufig nicht allgemein dazu übergehen, einmal mit Rücksicht auf die Privatiudustrie, dann aber auch aus geschäftlichen Gründen, weil der gegenwärtige Stand der Betriebsmittel und Werkstätteneinrichtuugeu eine Einschränkung der Arbeitszeit für jetzt nicht gestatte. Sobald die diesbezüglichen Verbesserungen durchgeführt seien, werde auch einer Reduktion der Arbeitszeit näher getreten werden können.
Landesnachrichten.
* Altettsteig, 10. Juni. Wie wir noch im größeren Teil der letzten Nr. melden konnten, hat die Kammer der Standesherren den Artikel 4 der Volksschulnovelle, betreffend die Schulaufsicht, püt 13 gegen 11 Stimmen abgelehnt und die Regierung hat daraufhin die ganze Vorlage zurückgezogen. Hiezu läßt sich das „St. N. Tagbl." folgendermaßen aus: „Die Mehrheit des Hauses, die das Scheitern