Jervlprecher Hk. LI.

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Donnerstag. 2. Juni.

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1904.

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Tagespolitik.

Es ist den Japauem nicht unbekannt, daß wir Euro­päer uns vor der »Gelben Gefahr" fürchten. Den gebil­deten Japanern, welche etwas auf die Wertschätzung seitens Europas geben und Japan stets als eine den westlichen Völkern würdige Kulturnation hinstellen wollen, ist das nicht angenehm; besonders wollen sie nicht mit den Chi­nesen in einen Topf geworfen werden. Dieser Tage ver­suchte der japanische Gesandte in Wien, Makino Nobuaki, eine» Mitarbeiter der »Reuen Freien Presse" mit folgenden Worten über dieGelbe Gefahr" zu beruhigen: Vor 300 Jahren kam zu uns nach Japan der große Missionar Franz Xaver, ein berühmter Jesuit und christlicher Märtyrer. Ec arbeitete mit viel Erfolg, insbesondere im Süden Japans. Viele Japaner wurden Christen, darunter auch manche Fürsten, manche Daimios. Der häufige Uebertritt zum Christentum beunruhigte unsere Regierenden. Der Schogun ließ durch Sachverständige prüfen, ob der christliche Ein­fluß ein rein religiöser oder auch politischer wäre. Das Ergebnis der Ermittelungen war, daß die Bekehrungen auch als etwas Politisches anzusehen seien. Da wurde denn ein Edikt gegeben, Japan solle fortan den Fremden verschlossen bleiben. Man proklamierte also sozusagen bei uus die weiße Gefahr." Durch 3 Jahrhunderte hielt man von Japan die »Weiße Gefahr" fern, und dies war unser Un­glück. Durch ein Edikt ward fortan der Bau großer Schiffe untersagt. Japan harre früher einen häufigen Verkehr mit den Philippinen, auch mit Siam und Sumatra unterhalten. Dem war nun ein Ende gemacht. Freilich, wenn auch die christliche Propaganda cingedämmt war, so erlosch darum das Christentum selbst nicht. Ganze Ortschaften blieben christlich. Und christliche und weiße Forscher und Gelehrte fanden zeitweilig unter Todesgefahr den Weg nach Japan. Der heimische Despotismus war wohl imstande gewesen, den abendländischen Zivilisationskreis sehr einzuengen, aber er vermochte doch nicht, die einmal augezündete Flamme ganz auszulöschen. Unter der Gewaltherrschaft glomm ein Funke der Gesittung fort. Als nach 300 Jahren ein neuer Geist erstand und wieder frische Luft in das lange abgesperrte Haus hereinblies, da wurde jener Funken zu einem großen Feuer. Japan wäre unmöglich in wenigen Jahrzehnten der Kulturftaat geworden, der es heute ist, hätte nicht wäh­rend jener finsteren drei Jahrhunderte ein Stück Licht der Kultur im Verborgenen weiter geleuchtet. Die neue Zeit fand uns also keineswegs ganz unvorbereitet. Mit vollen Lungen nahmen wir nun unter dem neuen Regime Kultur in uns auf. Als im Jahr 1868 nach Abschaffung des Schogunats der alte Feudalismus zusammengebrochen war, versammelte der Kaiser, der noch heute am Ruder befind­liche Mikado Mutsuhito, alle Fürsten und Minister um sich, und er leistete den Eid, nach freien Grundsätzen zu regieren. Hunderte von Japanern werden alljährlich an die Schulen von Europa und Amerika geschickt, um sich alles Wissens­werte anzueignen. So habe» wir selbstverständlich die Chinesen überflügelt. Unser Verhältnis zu den Chinesen ist dasselbe wie das der Völker Europas zu den alten Griechen und Römern. Die altklasflsche Kultur Chinas war die Grundlage unserer Bildung. Aber wie Griechenland und Rom von der Höhe herniederstiegen, so auch China. Heute haben wir den Ehrgeiz, beizutragen, das große chinesische Reich mit seiner ungeheuren Bevölkerung zu reorganisieren, verfeinerte Bedürfnisse im gegenseitigen Interesse unseres Handels und unserer Industrie daselbst hervorzurufen, auf die Gefahr hin, uns in den Chinesen Nebenbuhler zu er­ziehen, die uus einmal gefährlich werden könnten. Sie sehen also: Auch uns droht einegelbe Gefahr" .... Die Staaten Europas haben sich durch ihre Vertreter iu Japan im letzten Menscheualter überzeugen können, ob Ja­pan eine Gefahr für die Kultur sei. Die Fremden waren früher in Japan exterritorial sie standen unter der Ge­richtsbarkeit ihrer eigenen Konsuln. So gering war das Vertrauen in unsere Justiz. Seit Abschluß der letzten Handelsverträge sind jene alten Kapitulationen abgeschafft denn die gesittete Welt setzte Vertrauen darein, daß in Japan das Recht gegenüber Fremden, ebenso streng gehand- habt würde wie für die Einheimischen. Haben wir diese Erwartung getäuscht? Ist der Christ in Japan nicht durch­aus gleich berechtigt mit dem Buddhisten? Der frühere Kammerpräsident war ein Christ. Ich selbst habe einen

nahen Verwandten, der als Christ Präsident des obersten Gerichtshofes geworden. In derselben Familie sind zuweilen die einen Christen, die anderen Buddhisten. Dies stört nicht ein inniges Einvernehmen. Ich hatte im Hause christliche Diener wir schenkten ihnen das gleiche Vertrauen wie unseren Glaubensgenossen. Bei uns in Japan können Buddhisten und Christen mit noch geringerer Schwierigkeit eine Ehe mit einander eingehen, als bei Ihnen zu Lavde Katholiken und Protestanten. Die Religion wird bei uns als eine Sache des Gefühls und der privaten Neigung an­gesehen. Innerhalb der gegenwärtigen Ordnung der Dinge ist die reinlichste Scheidung zwischen Kirche und Staat voll­zogen. Hat die Kultur wirklich von einem Volk, das so

organisiert ist, etwas zu besorgen?"

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Die große Frage, welche sich gegenwärtig jedermann auf die Lippen drängt, oder den Dinge» aufmerksam folgt, ist die: weshalb läßt General Kuropatki« es ruhig ge­schehen, daß General Stöffel aus seiner Stellung bei Kintschou herausgeworfen und nach Port Arthur hineingedrängt wird? Weshalb versucht er nicht mit aller Kraft, den 30 000 Mann, welche denStützpunkt Rußlands am gelben Meer" schirmen sollen, Hilfe zu bringen? Die Antwort ist einfach: weil er nicht kann aber damit ist nichts erklärt; das Problem ist nur weiter zurückgeschoben : weshalb kann er nicht? Bon Anfang an ist doch als feste Tatsache behauptet worden, daß er über 110 000 Mann zu Fuß, 20000 Reiter, 900 Artilleristen und 340 Kanonen verfüge, das ist über 140 000 Mann, während Japan höchstens 197 000 Mann sollte auf das Festland Wersen können. Da mit dem Vor­marsch jedes Heer erfahrungsgemäß geschwächt wird, weil es Etappenlinien zu decken hat, so sollte es Kuropatki» nicht mehr unmöglich sein, von Mukden aus endlich einen erfolgreichen Vorstoß gegen die vor seine Klinge gelangten Japaner zu machen wenn er nämlich sicher wäre, es bloß mit den Japanern zu zu haben. Hier liegr der springende Punkt: Kuropatkin hat diese Sicherheit eben nicht. Wiederholt hat verlautet, daß der russische Gesandte in Peking die chinesische Regierung schon in verschiedenem Tonfall, höflich und bestimmt ermahnt habe, ander amtlich angekündigten Neutralität festzuhalten. Seit der Niederlage am Aalu haben seine Mahnungen kein rechtes Gewicht mehr: die russischen BlätterRußkija Wjedomostia" und Nowoja Wremja" melden soeben, daß die chinesische Re­gierung unter dem Vorwand, ihre Neutralität aus eigener Kraft sicher zu stellen, dem Vizekönig von Petschili, Auan- schisai (dem Nachfolger Lihungtschangs) Weisung gegeben habe, seine Truppen die große Mauer überschreiten zu lassen und sich längs der mandschurischen Grenze anfzu- stellen. Das Recht dazu kann man China nicht bestreiten; aber man begreift, daß der Aufmarsch von 60 000 Mann, welche von 40 japanischen Lehrmeistern modern geschult, gut bewaffnet und in 3 Divisionen eingeteilt find, für die Russen unter den jetzigen Umständen eiue schwere Drohung bedeutet. Sobald Kuropatki» von Mukden aus südwärts vorgeht, läuft er Gefahr, von dem Obergeneral dieser Grenz­wacht, dem Feldherrn Ma, in der rechten Flanke gefaßt und zwischen zwei oder gar drei Feuer gebracht zu werden; denn die Landung der dritten japanischen Armee unter General Nouzu bei Niutschwang scheint unmittelbar bevor­zustehen. Mit andern Worten: Die Lage ist jetzt die, daß das erste japanische Heer unter Kuroki bereit ist, Mukden anzugreifen oder doch die Russen dort festzuhalten; daß das zweite, inzwischen das abgeschnittene, von einem ge­schlagenen und entmutigten Heer besetzte Port Arthur er­obert, und daß diese Siege dem Zweikampf Rußlands und Japans leicht dadurch ein sehr unerwartetes Ende machen, daß der bisher durch Angst zurückgehaltene chinesische Haß gegen Rußland schäumend hervorbricht und eine dritte Macht auf dem Kampfplatz erscheint! Die Lage ist mili­tärisch schlimm und politisch noch schlimmer.

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Der Köln. Ztg. meldet man aus Petersburg: Der Kenner Sibiriens, Noffiloff, teilt auf Grund ihm aus Kobds zugegangenem Berichte mit, daß die unter den Mongolen bemerkte Bewegung ganz irrig den Umtrieben der Japaner oder dem russisch-japanischen Kriege zugeschrieben werde. Die Anhänger Buddhas seien nicht durch die Vorgänge in der Mandschurei in Erregung versetzt, sondern durch dir Nachrichten aus der heiligen Stadt Lhassa; über die eng­lische Tibet-Expedition wüßten die Mongolen mehr als die Europäer, und ihr Haß gegen England wachse. Unter den Buddhisten in der Mongolei und Wohl auch unter den buddhistischen Burjäten und Kalmücken würden Geldspenden gesammelt. Lamas zögen umher und reizten das Volk auf. Sie sagen, China sei bereit, zum Schutze des Heiligtums im Falle des Eindringens der Engländer in Lhassa den

heiligen Krieg zu erklären. Alle Buddhisten würden sich dem Krieg auschließen.

wärtteiirbeirsrfeherr

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 28. Mai. Die Abgeordueten-Kammer be­gann heute mit der Beratung der eine Ausgestaltung der Gewerbeaufficht anstrebenden Anträge des Zentrums und der Sozialdemokratie. Als Kern dieser Anträge hatte die Kommission für Gegenstände der inneren Verwaltung zwei Gesichtspunkte herausgegriffen und dieselben der Abge- ordneten-Kammer zur Annahme empfohlen, nämlich eine Vermehrung der Gewerbeanfstchtsbeamten iu der Weise, daß alle Betriebe in jedem Jahre durchschnittlich einmal revi­diert werden könnten, ferner eine Neueinteiluug und Ver­mehrung der bestehenden Auffichtsbezirke. Bei Beratung dieser Anträge in der heutigen Plenarsitzung trat eiue weit­gehende Uebereinstimmung zu Tage; auch der Wortführer der Sozialdemokratie, der Abgeordnete Keil, betonte, daß er von diesen Vorschlägen befriedigt sei, wenn er auch damit die Entwicklung der Gewerbeaufficht noch nicht als abge­schlossen betrachte. Das Zentrum hatte diese Anträge der Kommission durch einen Zusatzantrag zu ergänzen versucht, in welchem die Zuziehung von ärztlichen und technischen Kräften zur Gewerbeaufsicht, sowie auch die Schaffung einer unmittelbar unter dem Ministerium stehenden Kollegial­behörde verlangt wurde, an deren Beratungen und Be­schlußfassungen auch Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, welche in gleicher Zahl aus diesen Berufs- kretsen zu wählen wären, teilnehmea sollen. Diese Anträge fanden jedoch weder bei der Regierung, noch bei den Par­teien des Hauses, die heute zu der Sache Stellung nahmen, eiue günstige Aufnahme und es zeigte sich während des Verlaufs der heutigen Debatte schon zur Genüge, daß die­selbe» bei der Abstimmung gegen die Stimmen des Zen­trums abgelehut, die Anträge der Kommission dagegen gegen die auch vom Regierungs-Tisch keine erheblichen Einwend­ungen gemacht wurden, mit großer Mehrheit angenommen werden dürften. Gegen die vorgeschlagene Schaffung einer Kollegialbehörde wurde vom Minister des Innern von Pi- schek und auch von eiriigen anderen Rednern ins Feld ge­führt, daß man in der kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, deren sozialpolitische Tätigkeit auch außerhalb Württembergs schon Anerkennung gefunden hat, eine Zen­trale für die Gewerbeaufficht habe, da die Gcwerbeiuspektoren vollberechtigte Mitglieder derselben seien und die Zentral­stelle nach ihrer ganzen Tätigkeit und Zusammensetzung jetzt schon ein Kollegium sei, das den Interessen der Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer in unparteiischer Weise gerecht werden könne. Durch die Errichtung einer Kollegialbehörde für die Gewerbeaufficht und durch die in Aussicht stehende Gründung eines Landesarbeitsamts würde, wie der Minister noch ausdrücklich hervorhob, die Zahl der Kollegialämter in einer Weise vermehrt, daß es für ein so kleines Land wie Württemberg, fast des Gute» zu viel wäre. Im kleb­rigen stellte der Minister die Einstellung einer Exigenz in den nächsten Etat zur Vermehrung der Gewerbeaufsichtsge­hilfen, namentlich aus dem Arbeiterstand, io Aussicht, und auch gegenüber der geforderten Vermehrung der Aufstchts- bezirke, sowie der Zuziehung eines ärztlichen Sachver­ständige» zur Gewerbeaufficht, dessen Hauptaufgabe auf dem Gebiet der Gewerbehygieue liegen würde, verhielt sich der Minister nicht ablehnend. Dagegen bezeichnet er die Zuziehung weiterer technischer Sachverständiger als über­flüssig mit dem Hinweis, daß jetzt schon die Gewerbe­inspektoren aus Technikerkreisen genommen werden. Von der arbeiterfreundlicheu Stimmung, die sich durch die heutigen Debatten hindnrchzog, stachen die Ausführungen des konser­vativen Abgeordneten Schaible nnd des volksparteilichen Abgeordneten Henning ab, die Ansichten vertraten, daß mit der jetzigen Gewerbeaufficht allen Anforderungen des Arbeiterschutzes entsprochen werden könne. Die Ausführ­ungen Hennings fielen um so mehr auf, als zwei andere volksparteiliche Abgeordnete, die ebenfalls den Unternehmer- kreisen angehören, sich auf einen wesentlich arbeiterfreund­licheren Standpunkt stellten.

LanbesnachrichLen.

* Altettkeig, 1. Juni. Wie uns der Bezirksverein Psalzgrafcnweiler des Schwarzwaldvereins mitteilt, findet am Sonntag den 5. Juni eine Floßpartie auf dem Zinsbach (von der Zinsbachmühle aus) nach Alrensteig statt. Um ^1 Uhr ist ein gemeinschaftliches einfaches Mittagessen im Schwanen zu Pfalzgrafenweiler, Uhr Abgang zur Zins­bachstube und 2 Vi- Uhr Abfahrt des FloßeS. Anmeldungen mit Angabe der Beteiligung oder Nichtbeteiligung beim Mittag-