Aerusprecher

M. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «tt der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gafi".

Bestellpreis für das Bierteljahr im Bezirk u- Nachbarortsverkehr Mk. 1.18, außerhalb Mk. 1LS.

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Eiinückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 6 Psg. auswärts je 8 Pfg. die ein­spaltige Zeile oder deren Raum.

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Amtliches.

Ucbertragen wurde die zweite Schulstelle in Roigheim, Bez. Neckarsulm, dem Unterlehrer Karl Graser in Altburg, B.-z. Calw.

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 20. Mai. Die Kammer der Abgeord­neten hat beute zunächst den Nachtragsetat über 364 000 Mark zur Durchführung der Steuerreform und der dadurch notwendig gewordenen Aenderung der Organisation der Kameralämter genehmigt, wobei dem Kommisfionsantrage entsprechend von der Forderung der Regierung 35 000Mk. abgHtrichen wurden. Hierauf ging man über zu der Be­ratung eines von der Kommission für Gegenstände der inneren Verwaltung dem Hause unterbreiteten Antrages, die Regierung möge eine teilweise Uebcrnahme der Kosten des Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetzes auf den Staat unter Wahrung des ortspolizeilichen Charakters der Fleischbeschau in Erwägung ziehen. Ueber diesen Antrag, sowie einige vom Zentrum und der Bolkspartei eingebrachte Abänderungs- bezw. Erweiterungs-Anträge entspann sich eine nahezu Mündige Debatte, wobei von verschiedenen Seiten wieder die bekannten Klagen und Beschwerden über die Ausführung des Fleischbeschaugesetzes vorgebracht wurden, die jedoch das Interesse des Hauses nicht gerade in besonderem Maße zu fesseln vermochten, zumal zu der gleichen Zeit drüben io der Kammer der Standesherren die Volksschulnovelle beraten wurde. Da eine größere Anzahl von Abgeordneten von diesen letzteren Verhandlungen einen persönlichen Ein­druck gewinnen wollte, so wies der Halbmondsaal eine zeitlang recht bedenkliche Lücken auf. Der Minister des Innern sagte den zahlreichen zum Ausdruck gebrachten Wünschen eine wohlwollende Behandlung zu, wies zugleich aber auch darauf hin, daß das Fleischbeschangesetz nun ein­mal da sei und auch ausgeführt werden müsse; solange ihm der Nachweis nicht erbracht werden könne, daß in irgend einem deutschen Bundesstaat das Gesetz milder ge- bandhabt werde, als in Württemberg, könne sich die württ. Regierung auch nicht zu einer Abänderung und Abschwächung ihrer Ausführungsbestimmungen entschließen. Bei der Ab­stimmung wurde der Kommissionsantrag auf teilweise Ueber- nahme der Schlachtvieh- und Fleischbeschaukosten auf den Staat angenommen und außerdem auf Antrag des Zentrums beschlossen, die Regierung möge im Bundesrat auf eine Verminderung der Stempel (bei Großvieh 4, bei Kleinvieh 2 Stempel, während nach den bisherigen Bestimmungen bei Großvieh bis zu 14 Stempeln erforderlich sind) hin­wirken und ebenso wurde auf Antrag des Zentrums an die Regierung das Ersuchen gerichtet, dafür Sorge zu tragen, daß von den Gemeinden nicht mehr Feischbeschaugeböhren erhoben werden dürfen, als die Selbstkosten der Gemeinden betragen; dagegen fand ein weiterer Zentrumsantrag, daß die amtlichen Kosten der Fleischbeschau ganz auf den Staat übernommen werden sollen, keine Mehrheit. Einem Antrag der Volkspartei entsprechend wurde sodann noch an die Regierung das Ersuchen gerichtet, die Gebühren für die Fleischbeschaukurse auf die Staatskasse zu übernehmen.

* Stuttgart, 21. Mai. Rembold-Gmünd (Z.) berichtet über die Eingabe des Vereins für pharmazeutische Großindustrie und Hilfserwerb betr. den Verkehr mit Ge­heimmitteln. In dieser Eingabe wird entgegen einer solchen des Vereins deutscher Zeitungsverleger, die die Interessenten allein für Geheimmittelannoncen verantwortlich machen wollte, darin gebeten, im Sinne der reichsgesetzlichen Regelung des Geheimmittelwesens unter Sistierung der beabsichtigten landespolizeilichen Verordnung auf die Regierung ver­fassungsmäßig einwirken zu wollen. Der Berichterstatter beantragt Uebergang zur Tagesordnung. Nach eingehender Debatte wird dieser Antrag angenommen. Rembold- Gmünd (Z.) berichtet ferner über die Eingabe des Allge­meinen Deutschen Frauenvereins, betr. Erlaß von Vor­schriften für weibliche Gewerbeauffichtsbeamte. Sein, namens der Kommission gestellter Antrag auf Ueberweisung der Eingabe an die Kgl. Regierung zur Kenntnisnahme wird angenommen. Schick (Z.) berichtet über die Bitte des Friedrich Scheuffele von Ulm u. Gen. um Entfernung des Art. 15 der allgemeinen neuen Bauordnung oder Abänderung desselben zu Gunsten der an die Straße angrenzenden Grund- und Gebäudebesttzer. Die Kommission beantrage Uebergabe der Petition an die Kgl. Regierung zur Kenntnis­nahme. Kloß (Soz.) hält die Petition nicht für gerecht­fertigt, will aber dem Kommissions-Antrag beistimmen. Freiherr v. Wöllwarth (Fr. Bgg.) dankt dem Minister des Innern für die Veröffentlichung der neuen Bauordnung, die alle Erwartungen übertreffe und dem Hause in Bälde vorgelegt werden sollte. Rembold-Gmünd (Z.) betont,

Donnerstag. 26. Mai.

daß man sich die Stellungnahme zum Entwurf der Bau­ordnung in dieser Richtung Vorbehalte. Der Kommissious- antrag wird hierauf angenommen. Prälat v. Braun be­richtet über die Eingabe des Hermann Müller u. Genossen in Buchau betr. den Betrieb von Warengeschäften durch Lehrer, sowie deren Frauen und minderjährigen Angehörigen. Der Antrag auf Kenntnisnahme seitens der Regierung wird angenommen. Vizepräsident Dr. v. Kiene (Z.) berichtet sodann über den Rechenschaftsbericht des Ständischen Aus­schusses. Sein Antrag, die vorgelegte Nachweisung der Finanzkommission zur Prüfung zu übergeben, wird ange­nommen, ebenso ein Antrag H a u ß m a n n-Balingen (Vp.) die Geheimmittelfrage der staatsrechtlichen Kommission zur Prüfung zu übergeben.

LomdesnachvichLen.

* Aktensteig, 25. Mai. Das liebliche Pfingstfest liegt hinter uns. Der erste Tag erfüllte die Erwartung auf gut Wetter in vollem Maße und der Fremdenverkehr war ein enormer, dagegen hat der zweite Tag einen bösen Strich durch die Rechnung manches Ausflüglers gemacht, denn vom frühen Morgen bis zum späten Abend regnete es fast ununterbrochen. Mit Geduld mußte man sich in dieses Schicksal finden und das konnte man um so leichter, weil das ausgiebige Naß der Vegetation trefflich zn statten kam. Manche Veranstaltungen, die nicht stattfinden konnten, können übrigens uachgeholt werden, undaufgcschoben ist nicht aufgehoben". Der Sommer wird uns schon noch mit einer Reihe schöner Tage aufwarten, so daß jedmänniglich auf seine Rechnung kommen kann.

-n. KAershardt, 24. Mai. Das Fest der Fahnen­weihe verbunden mit dem Bezirkskriegertag, nahm gestern seinen programmmäßigen Verlauf: Morgens früh 5 Uhr Böllerschüsse, 6 Uhr Tagwache durch die Altensteiger Musik­kapelle, Offs Kirchgang. Beim Festgottesdienst legte Pf. Riedinger von Warth seiner Predigt die Worte zu Grunde: .Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist." Um 10^ Uhr einigte man sich zum Frühschoppen im Gasthaus zur Krone, wo auch mittags der festgebende Verein sein gemeinschaftliches Essen hatte, während für die Ehrengäste und das Festkomite der Tisch im Lamm gedeckt war. Bis mittags 12 Uhr, wo der Em­pfang der auswärtigen Vereine begann, hatte der Himmel zwar ein trübes Gesicht, aber doch fiel wenig Regen; es war zu hoffen, daß es sich nachmittags aushelle. Leider aber wurde die Hoffnung zu Wasser, und während des ganzen Festaktes ergoß sich der Regen in Strömen herab auf die Festjungfrauen in ihren Weißen Kleidern so erbarmungslos wie über die sturmerprobten Krieger, die in großer Zahl er­schienen waren. Folgende Orte waren mit Vereinen ver­treten: Altensteia, Aichelberg, Berneck, Ebhausen, Emmingen, Martinsmoos, Mindersbach, Nagold, Neuweiler, Oberhaug- stett, Oberschwandorf, Pfrondorf, Rohrdorf, Nothfelden, Schönbronn, Walddorf und Warch. Nach der Begrüßung der Gäste durch den Vereinsvorstand Kübler, sang der Männerchor ein Lied, worauf Schullehrer Breit­ling, Ehrenvorstand des Vereins, die Festrede hielt. Fräulein Marie Rothfuß trug ein passendes Gedicht vor und überreichte die Fahne dem Fähnrich Broß, der dieselbe mit einem Wahlspruch enthüllte. Der Obmann des Bezirkskciegervereins, Landtagsabgeordneter Schaible be­glückwünschte den Verein im Auftrag des Präsidiums des W. Kriegerbundes und brachte ein mit Begeisterung auf- genommencsHoch" auf Se. Majestät König Wil­helm II. aus. Herr Oberförster Weith toastierte auf den Militärverein Ebershardt. Leider war ein Ver­weilen auf dem Festplatz des strömenden Regens wegen nicht möglich, so flüchtete sich alles ins Trockene: in die Wirtslokäle, in Privathäuser und Scheunen und wo sich Schutz vor dem Regen bot. Doch fügte man sich in das Unvermeidliche und bald begann trotz des unfreundlichen Wetters ein heiteres geselliges Leben im ganzen Dorf, bis es sich abends etwas aufhellte und die fremden Gäste sich zur Heimreise anfmachten. Schade war es, daß das Wetter so gar nicht programmmäßig verliest wie man wünschte. Das ganze Dorf hatte sich schön geschmückt mit Tannen­bäumchen, Guirlanden und Kränzen, und der Festplatz unter blühenden Bäumen war so recht geschaffen zu eine« fröh­lichen Fest im Freien.

* Msplinge», 21. Mai. Der heutige Pfingst-Samstag war für die hiesige Gemeinde ein Tag der Angst und des Schreckens. Der Waldhüter Deker ging morgens mit etwa 30 Personen, Knaben und Mädchen von 14 Jahren an in den etwa ^ Stunden entfernten WaldteilKirchbichl", um zu Pflanzen. Nachmittags um halb 5 Uhr nahte ein Ge­witter und die ganze Schaar suchte unter einem nahen

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904

Tanuengebüsch Schutz vor dem strömenden Regen. Bloß 6 Personen, darunter Deker selbst, stunden etwas seitwärts. Da zuckte ein Blitzstrahl in die ganze Schaar, so daß sich alle wie an einem Knäuel auf dem Bodeu wälzten unter furchtbarem Jammergeschrei. Biele lagen wie leblos da und konnten erst nach langem Reiben und dgl. wieder zum Leben gebracht werden. Etwa die Hälfte hatten Verwundungen. Am Kopf wurden Hüte uud Kappen total zerrissen und auch von den anderen Kleidungsstücken Fetzen weggerisseu. Nach längerer Zeit, bis Hilfe vom Ort kam, hatten sich die meisten wieder erholt und konnten mit Hilfe anderer wieder laufen. Bloß zwei Knaben und ein Mädchen mußten heim- getragen werden, befinden sich aber den Umständen nach Wohl uud hofft mau, daß keine nachteiligen Folgen mehr entstehen.

* Stuttgart, 20. Mai. In der Kammer der Standes­herren kam heute der vielumstrittene Art. 4 der Volksschul­novelle, der die Bezirksschulaufsicht zum Gegenstand hat, zur Behandlung. Nachdem Berichterstatter Erbprinz Löwen- stein-Rosenberg die Ablehnung des Entwurfs uud Präsident v. Geßler die Annahme desselben beantragt hatte, nahm Minister von Weizsäcker zu einer längeren Rede das Wort. In derselben erörterte er insbesondere die Ueberlastung der geistlichen Schulaufseher und betonte den losen Zusammen­hang der Aufgaben des Schulaufsehers im geistlichen Amt. Wenn man nicht anerkennen wolle, daß der württ. Staat auf dem Standpunkt der christlichen Moral stehe, so möge man die öffentlichen Schulen ganz verwerfe» und für die geistlichen Schulen eintreteu. Aus der langen Debatte muß namentlich hervorgehoben werden, daß auch der reformierte Graf Bentinck und Graf Waldeck-Limpurg sich schroff gegen den Entwurf wandte und auch Graf Pückler seinen Bedenken dagegen Ausdruck gab. Fürst Quadt schlug in seiner tem­peramentvollen Weise gegen den Art. 4 einen ziemlich kräf­tigen Ton an uud verteidigte die geistliche Schulaufsicht, während Fürst Löwensteiu - Freudenberg darauf erwiderte,

, man könnte nach diesen Ausführungen glauben die Religion

j sei in Württemberg in Gefahr. Uebrigens wurde trotz dieser laugen Erörterungen heute das Schicksal des Art. 4 »och nicht entschieden. Vielmehr wurde mit 20 gegeu 4 Stimmen beschlossen, zwei Anträge des Fürsten Quad uud des Grafen Pückler auf Reservierung des Hauptamts des Bezirksschul- inspektors für Geistliche resp. Ernennung der Bezirksschul- iuspektoren durch die Oberkirchenbehörden an die Kommission zurückgewiesen. Man darf jetzt gespannt sein, wie die Sache sich weiter entwickelt.

* Stuttgart, 21. Mai. Der als Feuilletonist und poetischer Erzähler bekanute Schriftsteller Hofrat Professor Adolf Müller-Palm ist heute Morgen im Alter von 64 Jahren gestorben. Müller-Palm war eine Reihe von Jah­ren Chefredakteur des hiesigenNeuen Tageblatt", in dessen Redaktion er 28 Jahre lang bis zum vorigen Jahre tätig war. Auch die Redaktion der illustrierten Zeitschriften Buch für Alle" undIllustrierte Chronik der Zeit" hat er längere Zeit geleitet.

* Stuttgart, 21. Mai. (Saatenstandbericht.) Der Saatenkand des Statistischen Landesamts für den Monat Mai gibt folgende Uebersicht: Durch die kühle Witterung im zweiten Drittel des Monats April und im ersten Drittel des Monats Mai wurde die Entwicklung sämtlicher Ge­wächse zurückgehalten und verlangsamt. Ein nennenswerter Schaden ist aber nicht entstanden. Die Winterfrüchte haben sich gut entwickelt. Winterdinkel weist sogar eine bessere Note auf als im vorigen Monat. In einige» Bezirken namentlich des Donaukreises hat der Winterdinkel durch Mäusefraß zum Teil stark gelitten. Die Sommerfrüchte sind überall gesät, sie zeigen bis jetzt einen befriedigenden Stand, doch find bei manchen Beständen Lücken zu beob­achten, welche durch Engerlinge und Grasdrahtwürmer verursacht wurden. Der Hopfen hat gut angesetzt, doch leiden manche Hopfenfelder durch Erdflöhe. Der Klee steht im allgemeinen befriedigend, zeigt aber infolge der Fröste im Monat März mancherorts leere Stellen. Strichweise kommen in einigen Bezirken immer noch Kleefelder zumUm- pflügeu. Auf den Wiesen steht ein guter erster Schnitt in Aussicht. Sehr günstig lautet allenthalben der Bericht über den Stand der Obstbäume. In den milderen Gegenden, wo die Blüte bereits vorüber ist, haben Aepfel- uud Birn­bäume reichlich angesetzt und in den rauheren Laodesteilen stehen die Obstbäume derzeit in schönster Blüte. Zwar ist der 'gefürchtete Kaiwurm (Apfelblütenstecher) auch hier auf­getreten, scheint aber bis jetzt nur in wenigen Bezirken Scha­den verursacht zu haben. Auch die Weinberge haben sich bei der warmen Witterung der letzten Tage schön entwickelt und zeigen reicheren Ansatz von Gescheinen. Durch die kalten Nächte im Monat Mai ist an den Reben nur ver­einzelt in niederen Lagen Schaden entstanden.