zestneymen, als sie tm Begriff waren, den Zug zu besteigen. Sie fitzen jetzt hier in Haft. Man fand noch weiteres Gepäck bei ihnen, dessen Herkunft noch nicht zweifelsfrei feststeht.

Zigeunerkünste. Gegenwärtig macht eine Bande von Zigeunern das Land unsicher, die behaupten, im Besitz eines Eeheimmittels zu sein, das sie be­fähige, ohne weitere Bindemittel Kupfer mit Kupfer zu verbinden. Die Leute scheinen im Besitze großer Mittel zu sein, denn sie hinterlegen, wenn ihnen «in kleiner Gegenstand zur Ausbesserung übergeben wird, auf Verlangen einen größeren Betrag. Die Reparatur an dem kleinen Stück stellen die Schwind­ler gewissermaßen als Probestück dar. Die Repa­ratur erfolgt auch für den Besteller sehr zu­friedenstellend, von einer Lötstelle ist nichts zu sehen. Die klugen Kupferschmiede ziehen es nämlich vor, die beschädigten Gegenstände überhaupt nicht zu re­parieren, sondern völlig neu ihren Auftraggebern als vermeintlich reparierte zurllckzugeben. Dadurch wer­den die Besteller sicher gemacht und geben größere Aufträge, für die ein entsprechender Vorschuß für Kupfer verlangt wird. Das verwendete Kupfer wird mit unverhältnismäßig hohen Preisen in Rech­nung gestellt, auch werden die umfangreichen Re- araturen ganz unsachgemäß ausgeführt. Durch das Treiben der Zigeuner sind in ganz Deutschland zahl­reiche Personen geschädigt worden. Wenn sich ein Betrogener an die Polizei wendet, sind sie meist längst über alle Berge. Ausweisen kann man die Gesellschaft nicht, da ihre Pässe in Ordnung sind. Die Betrüger sollen es verstanden haben, in einer einzigen größeren Stadt ein paar Tausend Mark zu erbeuten. Das Geheimnisvolle, mit dem das Volk noch heute die Zigeuner umgibt, scheint demnach seine Anziehungskraft, auf die, die nicht alle wer­den, noch nicht verloren zu haben.

Neuenbürg, 14. Jan. In Feldrennach ist in dem Wohngebäude des Fabrikarbeiters Gottlieb Ochs Feuer ausgebrochen, dem das ganze Anwesen zum Opfer fiel. Der Schaden betrügt ungefähr 4000 Mk., ist aber durch Versicherung gedeckt. Die Entstehungs­ursache des Brandes ist noch nicht ermittelt.

Conweiler OA. Neuenbürg, 14. Jan. Im Dach des Eemeindearmenhauses brach Feuer aus, das den ganzen Dachstuhl zerstörte. Der weiteren Ausbrei­rung konnte von der Feuerwehr Einhalt getan wer­den. Die Entstehungsursache ist unbekannt.

Freudenstadt, 11. Jan. Der Bezirksrat hat ein­stimmig beschlossen, die Anfechtung der Eemeinde- ratswahl als unbegründet zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft hatte es schon vor einiger Zeit abgelehnt, bezüglich des Vorwurfs des Stimmen­kaufs Klage zu erheben.

Leonberg, 14. Jan. Vorgestern nacht halb zwei Uhr brach rn der mit Futtervorräten dicht gefüllten Scheuer des Bauern Fleinfelder Feuer aus, dem das ganze Gebäude mitsamt seinem Inhalt vollständig zum Opfer fiel. Brandstiftung wird vermutet.

Horb, 14. Jan. Der erst 19 Jahre alte Flasch nergeselle Eugen Roll von Vierlingen war am Er­scheinungsfest in Vierlingen durch ein Stallfenster in das Karl Löffnersche Wohnhaus eingedrungen. Er hatte zu diesem Zweck den Gottesdienst, wo er sich von der Anwesenheit der Löfflerschen Leute in der Kirche überzeugte, besucht, und war nach der Predigt fortgegangen. In dem Hause fielen ihm 70 Mark in die Hände. Sein Verhalten in der Kirche und einige andere Verdachtsmomente verrieten ihn und er wurde noch am gleichen Tage verhaftet und in den Ortsarrest gesteckt. Dort brach er den Ofen ab und entfloh durch das Ofenloch. Nun wurde er zum zweitenmal gefaßt und hier im Amtsgericht in einen sicheren Arrest gebracht. Er ist geständig, schon 14 Tagevorher bei Löfflers 20 Mark gestohlen zu haben. Das Geld wurde wieder beigebracht.

Oberndorf, 14. Jan. In den städtischen Anlagen bei der Kirche hat sich heute nacht ein Schneider aus Welzheim namens W. Bihlheimer erschossen. Er hinterließ einen Zettel, auf dem stand:Ich scheide freiwillig aus dem Leben!"

Aus Höhen und Tiefen.

Ludwig Ganghofer erzählt in seinemLebens­lauf eines Optimisten", von dem soeben das dritte Bändchen erschienen ist, wie er sich an Weihnachten 1878 von dem von seinen Eltern erhaltenen Weih­nachts-Hundertmarkschein zuerst einen Zylinderhut taufte. Er studierte damals in Berlin und der An­kauf des Zylinderhutes oonseiten des Dreiundzwan- zigfährigen war eineTrotztat".Ich wollte", so berichtet er, die Angströhre als Mutrohr gebrauchen, wollte kulturell wirken, gegen eine Berliner Unsitte ankämpfen. Man hatte mir gesagt, daß man zu Berlin in der Neujahrsnacht auf der Straße keinen Zylinderhut tragen dürfe. Der Hut würde einge­trieben, der Träger des Hutes geprügelt; darum kaufte ich mir den Zylinderhut, sagte:Jetzt bin ich neugierig!" setzte die schwarze Kanone auf und ging um Mitternacht Unter den Linden spazieren. Wer mir begegnete, brüllte:Hut, Hut, Hut, Hut!" Ich wurde aber weder geprügelt, noch wurde mir der schöne Zylinderhut eingetrieben. Freilich, der linke Aermel meines Ueberrockes wurde bedenklich in der Naht gelockert, und schließlich hatte ich eine offene Weste und nur noch einen halben Hosenbund, den der heimatliche Riemen gerade noch ausreichend festzu­halten vermochte. Bis zu meinem neuen Zylinder­hute kamen sie nicht hinauf. Da waren meine Fäuste und mein Hakenstock dazwischen, mit dem ich die Hochquarte der Regenschirme auffing, als wäre der Platz vor dem Brandenburger Tor ein Fecht­boden. Glücklich und ziemlich unversehrt brachte ich denHut, Hut, Hut" gegen 1 Uhr morgens wieder heim. Dieser Sieg wider die Narretei der Jahres­wende machte mir eine so rasende Freude, daß ich daheim den Zylinderhut auf den Lederlehnstuhl legte und mich daraufsetzte, das vertrug er nicht. Er war eine Leiche, und lachend schlief ich ins neue Bahr hinein."

Württemberg.

Stuttgart, 14. Jan. Der Deutsche Luftfahrer­tag in Stuttgart ist vorerst auf den 24.-26. Oktober festgesetzt worden. Die Eordon-Bennet-Wettfahrt der Lüfte findet bestimmt am 27. Oktober in Stutt­gart statt.

Ludwigsburg, 14. Jan. Zu den Zerstörungen durch das Hochwasser an der Walzenwehranlage des Stuttgarter Elektrizitätswerkes in Poppenweiler wird gemeldet: Der Wasserdruck war so stark, daß die 12 Tonnen schwere Walze beim Herablassen immer wieder in die Höhe geworfen wurde. Durch das Aufschlagen auf die im Flußbett angebrachte Schwelle wurde ein solches Geräusch verursacht, daß man dieses noch in dem eine halbe Stunde entfernten Oßweil hören konnte. Da die Kette, an der die Walze angebracht ist, dem kolossalen Druck wider­stand, wurde das Schalthäuschen von seinen Wider­lagern abgeworfen und so schwer beschädigt, daß das Triebwerk nicht mehr in Tätigkeit gesetzt werden konnte. Die Wasserkraft des Elektrizitätswerkes ist lahmgelegt, doch sind die Dammanlagen und die be­tonierten Fundamente unbeschädigt. Um ein völli­ges Umstürzen des Schalthäuschens zu verhüten, wurden gestern verschiedene Vorsichtsmaßregeln ge­troffen. Wenn diese Arbeiten zu Ende geführt sind, muß das Häuschen abmontiert und wieder neu er­richtet werden. Der Betrieb des Elektrizitätswerkes erleidet jedoch keine Störungen, da die nötige Kraft durch die Dampfanlage gewonnen wird.

Göppingen, 14. Jan. In Eruibingen wurde gestern der Postbote unter dem Verdacht, Postanwei­sungsgelder und Briefe unterschlagen zu haben, durch den Postbetriebsinspektor verhört. Nach dem Ver­hör entfernte sich der Postbote und stürzte sich in den zur Zeit hochgehenden Hohlbach, wo er heute früh tot ausgefunden wurde. Der Postbote war schon 10 Jahre im Dienst.

^ Aus den Erinnerungen eines Admirals.

Ba dem Admiral Evans, dessen Tod soeben aus Washington gemeldet wird, ist einer der volkstüm­lichsten Männer Amerikas dahingegangen, der als Fighting Bob" überall bekannt und ein Abgott des Publikums war. Admiral Evans erfreute'sich auch der Freundschaft des Kaisers, der ihm, als er als Kommandant des SchlachtschiffesNew York" an den Feierlichkeiten zur Eröffnung des Nord- Ostseekanals im Jahre 1895 teilnahm, besondere Ehrungen erwies. Die seemännische Laufbahn Evans begann an Bord des SchulschiffesConstitu­tion", und seine Feuertaufe erhielt er im Bürger­kriege, wo er als Befehlshaber einer Yacht in den westindischen Gewässern auf feindliche Kaperschiffe Jagd machen sollte. Beim Sturm auf Fort Fisher vollbrachte er seine erste Waffentat. Nachdem ein erster Angriff abgeschlagen war, wurden zu einem zweiten Angriff Freiwillige aufgerusen; der junge Evans meldete sich als einer der ersten. Der An­griff ging über einen Kilometer weit über ein Sandfeld, über das sich ein Hagel feindlicher Ge­schosse ergoß. Ein Scharfschütze nahm sich den jungen Evans zur Zielscheibe, und als er nahe herange­kommen war an die Palissaden, traf er ihn am linken Unterschenkel. Evans stürmte weiter und führte seine Kompagnie durch eine Bresche. Von neuem gab der Scharfschütze einen Schuß auf ihn ab und traf ihn diesmal am rechten Knie; sieben Mann, die in seiner Nahe waren, sanken unter dem Schüssen der Verteidiger tot zu Boden und Evans' selbst wurde noch ein drittes mal getroffen, wobei! er eine Zehe verlor. Jetzt stand er seinem Feinde Auge inAuge gegenüber und feuerte auf ihn.Meine; Kugel", erzählte der Admiral später,ging ein wenig hoch und traf den armen Kerl an der Kehle,! so daß sie im Nacken wieder herauskam. Er ließ ^ das Gewehr sinken und rollte über die Verschon-;

zung herab, bis er tot dicht bei mir liegen blieb." Im spanisch-amerikanischen Kriege nahm Admiral Evans als Kommandant derIowa" an dem Ver­zweiflungskampf der Spanier bei Santiago teil. Als Kapitän Eulate die brennendeViscaya" auf den Strand laufen ließ und seine Flagge nieder­holte, brach die amerikanische Mannschaft bei einer neuen Explosion auf dem Wrack in ein wildes Triumphgeschrei aus, aber Admiral Evans gebot ihnen Schweigen.Schreit nicht Hurra, Jungens", sagte er,da sterben die armen Teufel". Dann nahm er an der Rettung der Ueberlebenden teil. Es war eine schwere und gefährliche Arbeit, da infolge der Flammen fortwährend geladene Kanonen und Mu­nition explodierten. Kapitän Eulate ergab sich und kam als Gefangener an Bord der Iowa.Es war ein Anblick", erzählte Evans,den ich nicht vergessen werde, so lange ich lebe. In dem kleinen Boot saß der Kapitän, unterstützt von einem Seekadetten, über und über mit Blut bedeckt von den drei Wunden, die er davongetragen hatte, und mit einem blut- durchtränkten Taschentuch auf seinem bloßen Kopf. Um ihn herum saßen oder lagen ein Dutzend ver­wundeter Seeleute. Der Kapitän wurde sanft auf einen Stuhl gesetzt und dann zum Deck emporgetra­gen, wo er mit den seinem Range gebührenden Ehren empfangen wurde. Als der Stuhl auf das Quarterdeck gesetzt wurde, erhob er sich langsam, schnallte sein Degengehänge ab, drückte einen Kuß auf den Griff seiner Waffe und überreichte mir mit einer tiefen Verbeugung das Zeichen seiner Unter­werfung. . Ich habe nie in meinem Leben einen so liefen Schmerz für einen Mann gefühlt. Natür­lich lehnte ich ab, seinen Degen zu nehmen oder viel­mehr ich gab ihn unverzüglich dem Kapitän Eulate zurück, nahm aber die Unterwerfung seiner Offiziere und Mannschaften im Namen des Admirals Samp- son an. Als ich den Kapitän zu meiner Kabine geleitete, blieb er für einen Augenblick stehen, rich­tete sich hoch auf und winkte mit der Rechten hinüber zu seinem Schiff, während er rief:Adios, Viscaya!" Gerade in dem Augenblick, als er diese Worte sprach, explodierte das vordere Magazin, als wenn es so bestellt gewesen wäre, mit einem furchtbaren Knall."

Heiteres.

Aus der Schule. Ein gelungens Stückchen wurde letzter Tage von einem Abc-Schützen in der Algäuer Ortschaft T. geleistet. Der aufgeweckte Knirps hatte von seinem Klassenlehrer für seinen Aufsatz über den Winter ein sogenanntes Fleißbillet erhalten. Als nach Schulschluß der Lehrer im gut­besetzten Restaurant sein Mittagsmahl einnimmt, kommt atemlos der Junge angerückt und legt halb verlegen das Fleißbillet neben den Teller des Lehrers.Na, was soll das heißen? Fritzle?" fragte dieser erstaunt, worauf das Fritzle seinen hohen Aermel auf und abzieht und schließlich mit breitem Grinsen unter dem Gaudium der Gäste her­ausplatzt:'s sind zwei Fleißbillettle zsämmet- pappet gwea, i ho gnuag an oim!" Schrach's, stülpte seine Rodelkappe über den Schopf und ging mit der Miene eines ehrlichen Menschen von dannen._

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

Georgenäum Calw.

Dienstag» den 16. Jan. 1912, abends 8 Uhr,

von Herrn A. v. Oettingen:

Der Naturschutzpark und seine Bedeutung für die Erhaltung der Pflanzen- und Tierwelt". (Mit Lichtbildern.)

Calw, 12. Januar 1912.

Der Georgeniiumsrat.

I. V.: Stadtschultheiß Conz.

Reklameteil.

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