Jerrrspttcher Kr. 11.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «tt der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast«.
Bestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk »- Nachbarortsverkehr Mk. 1.18, außerhalb Mk. 1L5.
Nr. 77. j
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Amtsblatt für
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Sonntag. 22. Mai.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
> 1904.
Amtliches.
Bekanntmachung, betreffe«- dieLandesauSftellung vo« Lehrlingsardeite« im Jahre 1904.
Unter Bezugnahme auf unsere Bekanntmachung vom 16. März 1904 bringen wir zur Kenntnis der Beteiligten, daß die Ausstellungsgegenstände, soweit deren Verfertiger nicht bis dahin von der Nichtzulassung benachrichtigt wurden, in der Zeit vom 2V. bis 26. VS. Mts. an die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel einzusenden find.
Bei der Einsendung find folgende Vorschriften genau z« beachten:
1) Die Einseud ung erfolgt »ich t d urch jeden Ausstellers; e sondert. Letzte re habenvielmehr ihre Arbeiten derjenigen gewerblichen Bereinigung, durch deren Vermittlung die Anmeldung zur Beteiligung au der Ausstellung erfolgt ist, behufs Weitergabe abzuliefern.
Nur wenn sich die Nächstliegende gewerbliche Vereinigung weigern sollte, eine Arbeit weiter zu geben, kann diese unmittelbar an die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel eingesandt werden.
2) Die gewerbliche« Bereinigungen befördern sämtliche bei ihnen eingelaufenen Ausstellungsstücke in einer Sammelseuduug.
3) Zeder Lieferung ist ei« Verzeichnis der Ausstellungsgegenstände a u z usch I ieß en, das die Namen der Aussteller und eine Aufführung der sämtlichen, von jedem Aussteller gefertigten Arbeiten enthält.
Die zweiten Fertigungen der Anmeldungen für die Beteiligung au der Ausstellung sind diesem Verzeichnis als Beilagen anzuschließen.
4) Die Ausstellungsgegenstände sind vor der Ablieferung je mit der Angabe des Namens des betreffenden Lehrlings, sowie seines Wohnorts zu versehen.
5) Bäcker, Konditoren und Gärtner, welche Arbeiten ausstellen, werden je besonders benachrichtigt, an welchem Tage sie die Arbeiten hierher eiuzusenden haben.
Die Eiulieferung dieser Arbeiten erfolgt durch die Aussteller unmittelbar hierher. Im übrigen find jedoch auch von ihm die allgemeinen Vorschriften zu beachten.
6) Die Eiulieferung der sämtlichen Ausstellungsgegenstände. erfolgt entweder durch die Post (als portopflichtige Dienstsache) oder mit der Bahn unfrankiert. Besondere Fuhrwerke dürfen nur insoweit verwendet werden, als der hiedurch verursachte Aufwand die Kosten der Beförderung mit der Bahn nicht erheblich übersteigt.
Angesichts der großen Zahl ganz gleichmäßiger Gegenstände, die bei der Ausstellung zusammenkommen, ist die genaueste Einhaltung vorstehender Vorschriften unumgänglich notwendig.
Ausstellungsstücke, welche erst nach Schluß der Ein- lieferungsfrist bei der Zentralstelle für Gewerbe und Handel einkommeu oder welche nicht zuvor für die Teilnahme an der Ausstellung angemeldet worden sind, können bei der Zuerkennung von Preisen nicht berücksichtigt werden.
Die Eröffnung der Ausstellung' wird zu Beginn des Monats Juni erfolgen. Näheres hierüber, namentlich auch über die den.Ausstelluugsbesnchern gewährten Fahrpreisermäßigungen auf den württembergischen Staatseisenbahnen, wird noch bekannt gemacht werden.
Stuttgart, den 11. Mai 1904.
K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel.
M o st h a f.
N f i n g st e n.
(Nachdruck verboten.)
Die Erde prangt im hellsten, lichtesten Blütenschmuck, im Singen und Klingen, ein Jauchzen und Schmettern, ein Blühen und Duften umfängt uns, es ist eine Freude, der Natur ins farbenprächtige Antlitz zu schauen, eine Lust zu wandern über Berg und Tal dahin, fort aus den Mauern der Häuser und ans dem Ring der Städte. Im grünen Schimmer froher Hoffnung liegt unsere Heimat, das Hasten und Mühen des Tages verschwindet für sonnige Stunden und all die Schöpferpracht rings umher lehrt uns, .daß es Schöneres und Edleres gibt, als das nimmer ruhende Begehren nach den flüchtigen Zerstreuungen der Zeit. Der Durst nach Geld und Gut, nach mehr und immer mehr wird gelöscht in der holden Pfingstzeit, das lieblichste Fest im Jahr zeigt uns, wie reich und freigibig Allen zugeteilt wird, was wahre Befriedigung erregen kann. Von all den Wundern, die uns Pfingsten bietet, hat Niemand mehr, Niemand weniger, Allen werden seine Herrlichkeiten gleich zugemeffen, für Geld und Geldeswert ist keine größere Feiertagsfreude zu kaufe»; Derjenige hat am meisten von Pfingsten, der leichtbeschwingte» Fußes, frohen Gemütes, mit heiterem Sang durch die Aue» zieht, in den Wäldern rastet. Es ist ein großes, staunenswertes Wandern in die schöne Gotteswelt hinaus. Und wenn wir sehen, wie nufer Volk seine Herzensstimmung zu Pfingsten so offenbart, dann dürfen wir Diejenigen Lügen strafen, diemeinen, das deutsche Gemüt verfalle, welche die im Vergleich zu den ewig schö
nen Wundern der Natur doch nur winzigen Genüsse der modernen Tagesneiguugen Preisen. Es liegt über Manchem Wohl wie ein Flor, aber solche Feiertagsseligkeit, wie sie Pfingsten bringt, vertritt diese Schatten. Zum frohe» Maudern in die weite Welt heiteren Pfiugstgruß wünschen sich all' die Tausende, die nach den Wochen der Arbeit einen vollen Trunk tun wollen aus dem ewig-unerschöpflichen Brunnen der Poesie, der im pfingstlichen Maieuglanz am allerreichste» quillt, am herrlichsten labt.
Es ist so schön zu Pfingsten, es ist eine Lust zu atmen und zu leben I Ungern wenden wir in diesen Tagen den Blick zu ernsteren Gedanken, nicht aus Sorglosigkeit, sondern weil wir mit Recht sagen, daß jede Zeit das haben muß, was ihr zukommt. Und für Pfingsten passen keine Grübeleien, keine verzehrenden Streitigkeiten, da sollen nur die Freude, das heitere Lachen Geltung haben. Doch in unserer Freude drängt sich das Besinnen und Denken daran auf, wie nichtig doch so mancher Tageszwist ist, wie verfehlt, um Dinge zu kämpfen, die in solcher Feiertagszeit zum Glück uur zu schnell vergessen werden. Das Pfingstfest weist es uns, daß dauernd und für alle Ewigkeit nur wirkt, was mächtiger ist, als irdische Vergänglichkeit. Wir haben wieder die Feier des Geburtstages der christlichen Kirche uud der Ausgießung des heiligen Geistes, uud wenn wir es heute erleben, daß sich allerlei Irrungen und Wirrungen erheben, dann mögen wir auf die gewaltige, durch nichts zu überbietende Kultur-Entwicklung weisen, die sich im Zeichen des Christentums vollzogen hat. Es ist das Wunder aller Wunder, es wäre nie möglich gewesen ohne die göttliche Kraft, es wäre nie vollendet ohne göttlichen Schutz!
Wir feiern Pfingsten im Frieden, der für die Entwicklung «useres Vaterlandes so wertvoll, der uns Deutschen gleichsam zur zweiten Natur geworden ist. Weil wir vo« so hoher Friedensliebe beseelt find, können wir mit Gleichmut auf all' die entgegengesetzten Strömungen blicken, die sich immer von Neuem geltend machen. Im fernen Ost- afien tobt ein schwerer Krieg; Wohl nehmen wir an seinem Verlauf ein natürlich-menschliches Juteresse, im Uebrigen können seine Erscheinungen unsere Tätigkeit und unseren Eifer, die nationale Wohlfahrt zu fördern, nicht beeinflussen. Das deutsche Reich arbeitet unermüdlich au der Hebung des Natioualwohlstandes, der seinen Bürgern zu gute kommt. Wir denken, wenn es mehr und immer mehr gelingt, allen billigen Wünschen gerecht zu werden, dann können wir auch getrost an das deutsche Gemüt appellieren,
Pfingsten.
Von Glanz umflossen alle Höhen,
Verschneit von Blüten jedes Tal,
Sein maigrün Pfingstpanier läßt wehen Der junge Wald im Morgenstrahl.
Wie Weihrauch zieh'n des Fliders Düste Mt Blüten ist der Weg bestreut,
Voll Lerchenjubel alle Lüfte —
Von allen Türmen Festgeläut.
O Pfingsten, füll' mit deiner Sonne Auch jedes Herz, das gramvoll schlägt Zu dieser Zeit — da voller Wonne Der Dornstrauch selber Rosen trägt.
ff Unter m Goldregen.
Eine Pfingstgeschichre. Von Hans Wald.
Der Goldregen blühte zu Pfingsten. Es war kein Busch mehr, sondern fast ein stattlicher Baum, von dessen Zweigen die langen, goldenen Blüten-Dolden herabhingen. Wenn die Pfingstsovne darauf schien, glänzte der Goldregen- Baum in feuriger Pracht, und die Leute, welche von der Straße her herübersahen, blieben stehen, das Bild zu bewundern. Der Goldregen in der Gartenecke war eine Berühmtheit geworden, und gerade so die blonde Else, die so oft träumerisch unter seinen Zweigen saß. Man sagte ihr, der Goldregen sei giftig, der Aufenthalt da nicht recht gesund. Aber sie lächelte nur, und die blühenden Wangen des jungen Mädchens zeugten vom Gegenteil.
An dem Goldregen hing das meiste „Gold,« das auf dem kleinen, schönen Besitztum vorhanden war. Else's Vater war Ingenieur in einer großen Hütte gewesen, er war bei dem Versuche, gefährdete Arbeiter zu retten, selbst ums Leben gekommen. Seine Witwe hatte dies kleine Haus mit dem Garten von ihren Eltern geerbt, eine knappe Pension gestattete ihr und ihrer Tochter, ein zwar sorgloses, aber doch nur bescheidenes Leben zu führen. Stille Glückselig- keit lag über dem reizvollen Anwesen, das besonders zur
Pfingstzeit in seinem Blütenschmuck deu Anblick eines kleine» Feenschlößchens bot; aber in dem sonnigen Köpfchen seiner jungen Bewohnerin rankten sich begehrende Gedanken aneinander, wie die Schlingpflanzen am Hause. Der Goldregen war daran Schuld! Warum hatten die Eine» so viel von dem glänzenden Metall, die Anderen so wenig? Die goldenen Dolden erinnerten die Neunzehnjährige immer wie schön, wie wunderschön es doch sein müsse, viel Geld, so recht viel zu haben . . .
Und ein Pfingst-Abend, zur beginnenden Nachtzeit, war's, als eine aufgeregte Stimme in ihr Ohr flüsterte: „Else, meine Braut, meine Einzige, Süße! Auf Händen will ich Dich tragen, wenn Du mein Weib bist, Gold soll über Dich herfallen, so viel, so viel, wie über uns der Goldregenbaum trägt.« Und sie lauschte entzückt deu glühenden Worten, die ihr solche glänzende, himmlische Zukunft vor Augen rückten. Und was sie dachte, das bestätigten ihr die neidischen Gesichter der Bekannten, sie war die Braut des reichsten Mannes in der Gegend. Immer war der junge Arnold als ein leichtes Blut, ein Stürmer durch s Leben bekannt, aber solche Worte, wie er gesprochen, konnten kein Falsch sein, meinte seine Braut, solche Blicke keine Lüge.
Fest und stolz sah das junge Mädchen allen ins Auge, die von ihrer Zukunft sprachen, nur einen Blick mied sie. Darin war kein Neid, nur stille Trauer. Der Blick kam von dem in sich gekehrten, nur unverdrossener Arbeit lebenden Georg Eberhard, einem entfernten jungen Verwandten, der Mutter, der öfters das lauschige Haus der Witwe ausgesucht. Und eines Tages hatte er unterm Goldregen der anmutigen Mädchengestalt von seinem Ringen gesprochen, wie er erwarten könne, sich emporzuarbeiten, Else hatte ihm teilnahmsvoll gelauscht, ihm herzlich zum Abschied die Hand gedrückt. Kein bindendes Wort war gefallen, aber be- . deutungslos waren Blick und Händedruck nicht gewesen, das wußten sie damals beide; ihm war die Erinnerung treu geblieben, sie schalt sich selbst, wenn sie an das Einstmals denken mußte, das sie nun Kinderei nannte, das aber doch keine Kinderei gewesen war.
Lachendem Sommer folgt verheerender Winter ! Auch das himmelhohe, goldige Glück, das unter dem Goldregeu- baum entsprossen war, verblaßte. Der wilde Arnold genoß in der großen Stadt sein Leben in vollen Zügen, man ist uur einmal jung, hatte er jauchzend der zagenden Braut geschrieben, deren Bangen doch immer wieder die zuversichtliche Hoffnung überwand. Aber dann kamen die Briefe seltener, immer seltener, und eines Tages stand in den Zeitungen der großen Stadt zu lesen, ein junger Krösus, der sich für eine Schönheit von Brettern, welche die Welt bedeuten, zumeist ruiniert, sei tnit dem Rest seines Geldes und Hinterlassung vieler Schulden mit der Abenteurerin über deu Ozean entflohen. Die Braut daheim erhielt nicht einmal eine letzte Abschiedszeile.
Nun hatten wirklich all' die Neunmalklugen recht gehabt, nun kamen sie, ihre Teilnahme auszusprechen, die Unwürdigen zu verurteilen und — die liebe Meuschenart — die geröteten Augen, die blassen Wangen der Verlassenen zu schauen. Aber sie schwiegen still mit ihrem Reden, so traurig, so sterbensmüde schaute die Aermste drein. Schnee flatterte, und weiß wie Schnee wurden die blühenden, vollen Wangen.
Einen schöneren Lenz, als den, welcher folgte, hatte es nie gegeben, trotzdem Pfingsten früh ins Land kam, schimmerte alles in blühender Pracht. Und der Goldregen mußte wieder zum Fest sein leuchtendes Gold zeige», gelb schimmerte es bereits, als eine späte Frostnacht die Blüte- Hoffnung vernichtete. Traurig hing die zerstörte Blütenwelt herab, und mit zitternden Lippen schaute Else hinauf: „Ja, das war das äußere Bild alles dessen, was ihr von der Hoffnung auf Glück geblieben war.«
„Liebe Else!« Seine Stimme, die des abgewiesenen Eberhard war es. Das Mädchen zuckte zusammen, beschämt schlug sie die Hände vor s Gesicht. Aber leise entfernte er die Finger und flüsterte: „Das Truggold verschwand, aber das Gold der Treue im Herzen blieb. Willst Du dem trauen?" Da sank sie schluchzend in seine Arme, und unter den Tränen sproß neuer Frühling.
UW" Das nächste Blatt erscheint am Mittwoch nachm. "HW