Ier»sprecher Ar. 11.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag!
und Sonntag mit der wöch. Beilage! »Der Sonntags- Gast".
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Wr. 71.
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Dienstag. 10. Mai.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Verträge werden dankbe- angenommen.
1904.
Amtliches
Zur Bewerbung ist ausgeschrieben die Stelle des Oberpräzeptors an der Lateins chule in Altensteig.
Uebertragen wurde die Schulstelle in Grüntal dem Schullehrer Wolfs in Bürg, Bez. Neckarsulin.
Der Termin zur Anmeldung zum Besuch der Welt-Ausstellung in St. Louis (s. die bezügl. Bekanntmachung in Nr. 69 d. Bl.) ist nicht der 1. Juli, sondern der 1. Juni d. I.
i l Das erste Kriegs-Vierteljahr.
(Nachdruck verboten.)
Das erste Vierteljahr des russisch-japanischen Krieges ist jetzt vorüber.
Es war am Sonntag, den siebenten Februar, daß die japanische Regierung in Petersburg offiziell den Abbruch der diplomatischen Beziehungen ankündigen ließ, nachdem dis in die allerletzten Tage vor diesem Schritt die Hoff- uuug in Europa nicht erloschen war, der Streit um die Mandschurei, diese von den Russen besetzte chinesische Provinz, in welcher Japan seinen Gegner nicht dulden wollte, werde friedlich erledigt werden. Die Regierung des Zaren erwiderte Gleiches mit Gleichem, und damit galt der Kriegszustand als proklamiert. Hinterher ward bekannt, daß Japan deshalb zur Aktion übergegangen war, um die unterwegs befindliche, sehr entgegenkommende russische Note, die freilich erst nach langem Zögern von der Newa abgesandt war, nicht mehr berücksichtigen zu müssen. Ja der Nacht vom achten auf den neunten Februar erfolgte sodaun der japanische Torpedo-Angriff auf die russische Port Arthur- Flotte, welche drei große Kriegsfahrzeuge beschädigte. Das war der erste Streich und das erste Malheur der Moskowiter, dem in Folge der japanischen Rührigkeit und eigenen Pech s noch manches andere folgen sollte. Am nächsten Tage griff ein japanisches Geschwader in großer Ueber- macht die beiden im koreanischen Hafen Tschemulpo liegenden russischen Kriegsschiffe an, deren Mannschaft heldenmütigsten Widerstand leistete, aber die Vernichtung der Fahrzeuge doch nicht verhindern konnte. In dem reichlich ein Dutzend folgenden Angriffen auf Port Arthur wurden noch verschiedene russische Torpedofahrzenge, freilick auch mehrere japanische, zerstört, ein russischer Minenleger rannte auf eine eigene Mine und flog mir hundert Mann in die Luft, und das große Panzerschiff „Petropaulowsk" mit dem Admiral Makarow an Bord wurde durch gleiche Ursache vernichtet. Der Eindruck, welchen diese schwere Katastrophe hervorrief, konnte nicht durch die Versenkung verschiedener japanischer Transportfahrzeuge wett gemacht werden, welche dem russischen Wladiwostok-Geschwader gelang.
Der russische Statthalter der Mandschurei, Admiral Alexejew, welcher den Oberbefehl zu Wasser und zu Lande anfänglich hatte, zeigte sich seinen Aufgaben nicht gewachsen, wie denn die russischen Kriegs-Vorbereitungen viel mehr, als man gedacht, im Rückstand waren. Wären auch die Japaner schneller bereit gewesen und nicht durch die überaus schwierigen Wege-Verhättuisse behindert worden, so hätten sie ihre heute noch bestehende, damals aber überwältigend große Uebermacht zur Geltung bringen können und sie ständen bereits in Mukden, der Hauptstadt der Mandschurei. Für den unfähigen Alexejew, der sich hauptsächlich mit dem Abfassen der Kriegsberichte nach Petersburg befaßt, ward General Kuropatkiv, früher Kriegsminister, zum Oberbefehlshaber zu Lande, der inzwischen getötete Makarow zum ersten Admiral ernannt. Sein Nachfolger Admiral Skrydlow, ist unterwegs.
Bei seinen noch nicht genügenden Streitkräfteu hat General Kuropatkin bisher vorsichtig die Reserve bewahrt, bis vor acht Tagen der Divifions-Geueral Sassulitsch das Gefecht gegen 5 bis 6fach überlegene Japaner am Ualu- fluß annabm, das nach beiderseitigen schweren Verlusten mit dem Rückzuge der Russen endete. Der Vormarsch der Japaner in diesem Teil der Mandschurei hat mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen, und um diese zu vermindern, sowie zum Angriff auf Port Arthur sind nun auch auf der Halbinsel Liautong Truppen gelandet. Die dritte > japanische Attacke gilt Niatschwang, von welchem auch auf ebener Straße ein schneller Vorstoß ins Herz der Mandschurei möglich ist. Wie bald große Ereignisse eintreten werden, hängt davon ab, wann der russische Oberbefehlshaber durch genügende Truppen-Nachschübe seine Aktionsfreiheit für gekommen erachten wird.
Abgesehen von dem Pech der Russen zur See und der Unvorsichtigkeit des Generals Sassulitsch am Jalu ist der Verlauf des Krieges so gewesen, wie man bei KriegS- beginn annahm. Man wußte, daß die Russen erheblich in der Minderzahl waren, zu Wasser sowohl, wie zu Lande, daß also japanische Laadungs- und Vormarschversuche >
schließlich Erfolg haben mußten. Die eigentliche Entscheidung lag und liegt heute noch im Herzen der Mandschurei, und es handelt sich nur darum, leicht möglichen japanischen Ueberrumpelungs-Versuchen auf Seiten der Rassen zu entgehen. Anzunehmeu ist, daß eine wirklich große Schlacht auch eine entscheidende Bedeutung haben wird.
Bleibt in einem Kriege am Ende Alles mehr oder weniger unsicher, so steht so viel fest, daß der Krieg für beide Teile eine ganz gehörige finanzielle Erschütterung bedeutet, daß schwere Opfer nötig sind, um die militärischen Schäden zu heilen, die wirtschaftlichen Kalamitäten wieder gut zu machen. Die stolzen Worte, welche in Petersburg und Tokio laut werden, wollen wenig besagen, beide Staaten fitze» tief in der Tinte, und es wird sich am Ende fragen, ob selbst für den Sieger der Erfolg auch nur einigermaßen lohnt. Für den Weltfrieden wird diese Ermattung nützlich, für andere kriegslustige Staaten wird sie im höchsten Grade lehrreich sein.
Die bei Kriegs-Ausbruch geäußerten Befürchtungen, die Verbündeten von Rußland und Japan, Frankreich und England, könnten mit m den Konflikt hineingezogen werden, haben sich nicht verwirklicht. Franzosen und Briten haben sich im Gegenteil zu einem Jnteressen-Vertrag über die Mittelmeer-Küsten geeinigt und find von dem ganzen ostastatischeu Wirrwarr so wenig erbaut, daß sie heute noch lieber als morgen zwischen den Krieg-Führenden vermittelt hätten, wenn Letzteren eine solche Vermittlung angenehm gewesen wäre. Fest steht jedenfalls, daß man in Paris, wie in London von dem Lauf der Dinge nicht erbaut ist und einen baldigen Abschluß des ganzen Kriegs-Abenteuers wünscht.
Erkannt haben aber auch nicht zünftige Diplomaten, daß selbst eine recht große Macht nicht immer das bedeutet, was sie zu bedeuten scheint.
Tagespolitik.
Zur Frage der Verkehrsumleitungeu wird gemeldet, daß eine Verständigung zwischen Württemberg, Baden und Bayern als sehr wahrscheinlich gelte und daß Bayern und Baden Zugeständnisse zu Gunsten Württembergs machen werden. Eine Verständigung über diejenigen Gesichtspunkte, die für das ganze Reich maßgebend sind, soll in einer im Juli abzuhaltenden weiteren Konferenz angestrebt werden, da die vor einigen Monaten in Berlin gepflogenen Verhandlungen zu positiven Ergebnissen nicht geführt haben. * *
-sc
Seit dem Abschluß des englisch-französischen Vertrags ist der Plan eines Tunnels zwischen Frankreich und England wieder aufgetaucht. Die französische Handelskammer in London hat sich von neuem der Sache sehr angenommen, ebenso der französische Botschafter in London. Der Tunnel ist früher einmal von beiden Seiten bereits begonnen und etwa 1000 Meter an der französischen ebenso wie an der englischen Küste ausgegraben worden. Dann wurde aber die Arbeit plötzlich unterbrochen, weil die englische Regierung
ihre Politik änderte.
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Die englischen Zeitungen befassen sich natürlich auch mit dem Hereroaufstand. „Morning Post" meint, er könne England nicht gleichgültig sein, da er sich auf englisches Gebiet hinüberzuziehen drohe. Man denke nicht daran, sich über die deutschen Schlappen zu freuen, sondern wünsche, daß der Friede bald hergestellt werde. Deutschland habe einen Fehler gemacht, weil es nicht Militär- und Zivilver- waltuug trennte. Die Erfahrungen des Obersten Dürr bei seiner Ankunft in Swakopmund zeige gerade recht deutlich den schlimmsten Fehler, den das deutsche Reich in seiner Kolonialpolitik mache, nämlich den, daß der deutsche Beamte seine Ideen und den Bureaukratismus, die er in der Heimat gelernt, auch auf die Kolonien anwende. In Deutschland seien vielleicht solche eiserne Regel» und Gesetze vernünftig, obwohl sich ja auch viele einsichtige Deutsche darüber beschwerten, aber in Afrika seien sie außerordentlich gefährlich. Oberst Dürr habe diese Verhältnisse unerträglich gefunden, und die Hereros eben auch. Der gegenwärtige Aufstand sei nichts anderes als die natürliche Folge dieser deutschen Verwaltung.
Deutscher Weichstag.
ss Aerlt«, 7. Mai. Zunächst werden /verschiedene Rechnungssachen in dritter Beratung debattelös erledigt. Bei der Ueberficht über die Einnahmen und Ausgaben der Schutzgebiete für 1900,01 kommt Sattler (nlb.) auf die Frage zurück, wer die formelle Verantwortung für dieUeber- schreitungen des Etats der Schutzgebiete trägt. Man müsse die Stellung des Reichsschatzsekretärs in dieser Beziehung stärken. Am besten wäre die Schaffung eines Reichsfinanz
ministeriums. Gröber (Ztr.) bemerkt, ein verantwortlicher Fiuanzminister Passe nur für de» Einheitsstaat. Das Zentrum protestiere entschieden gegen ein solches Projekt. Singer stimmt der Ansicht Sattlers zu, besonders mit Rücksicht auf die eigenartigen Etatserscheiuungen im Kolo- nial-Amt. Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs betr. Aenderungeu im Finanzwesen des Reiches (lex Stengel.) Die Kommission, über deren Verhandlungen Speck (Ztr.) referiert, hat im Z 1 entgegen der Vorlage die Beibehaltung der Stempelabgaben als Ueberweisungs- steuer au die Einzelstaaten und die Aufrechterhaltung der Franckensteinscheu Klausel beschlossen, wonach die Mehr-Erträge der Reichs-Einnahmen und Ueberweisungssteuern zur Schuldentilgung verwendet werden. Hiuzugefügt hat die Kommission die Bestimmung, daß der Reinertrag der Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer den einzelnen Bundes- staateu überwiesen werden soll. Schatzsekretär Stengel legt das Ziel der Vorlage dar. Die Ueberweisungen sollen auf ein vernünftiges Maß reduziert und der Reichsetat dadurch wieder durchsichtiger und klarer gestaltet werden. Ferner soll der Entwurf der Reichsschatzverwaltung wieder die erforderliche Bewegungsfreiheit geben und den Einzelstaaten eine verläßliche Etatsaufstellung ermöglichen und auf die Verminderung der Reichsschuld hiawirken. Der Staatssekretär spricht dann seine Verwunderung über die Haltung der Freisinnigen und Sozialdemokraten i» der Kommission aus, die dort für die Aufrechterhaltung der Francken- stein'schen Klausel wie eine Löwin um ihr Junges gekämpft hätten, während sie jetzt Mann für Mann gegen die Einführung der Klausel gestimmt hätten. Der Staatssekretär erklärt schließlich, er glaube, die Zustimmung des Bundesrats zu der Kommisfionssassung in Aussicht stellen zu können. Richter (fr. Vp.) führt aus: Wir stimmten seinerzeit für die Franckenstein'sche Klausel, weil sie eine Brücke zur Annahme des damaligen Zolltarifs schlagen wollte. Der Schatzsekretär sagte, wir hätten in der Kommission um die Aufrechterhaltung der Klausel wie eine Löwin um ihr Junges gekämpft. So afrikanisch sind wir nicht; das einzige dramatische Moment in der Kommission war, als der Schatzsekretär mit bewegter Stimme erklärte, die Frage ob die Zölle aus den Ueberweisungssteuern herausgenommen werden sollen oder nicht, entschied über Sein oder Nichtsein seines Ministeriums. Er stellte also die Kabinettsfrage, und die Kommission beschloß, die Zölle aus den Ueberweisungssteuern herauszunehmen. Wir sind nicht gegen eine Verminderung der Ueberweisungssteuern an sich, halten es aber gegenwärtig für falsch, die Zölle aus den Ueberweisungssteuern herauszunehmeu, weil noch nicht zu übersehen ist, was überhaupt die Zölle in der nächsten Zeit einbringen. Der gegenwärtige Moment ist der allerungeeignetste, um in den Finanzverhältnissen der Einzelstaaten eine so grundlegende Aenderuug herbeizuführen, wie es nach der jetzigen Gestaltung des tz 1 der Fall ist. Daher stimmen wir gegen den tz 1. Frhr. von Richthofen (kons.) spricht die Zustimmung der Konservativen zu tz 1 aus. Südekum (soz.) erklärt sich namens der Sozialdemokraten gegen den Regierungsevtwurf, wie auch gegen die Kommisstonsfassung, da beide das Etatsrecht des Reichstags schmälern. F r i tz e n - Düsseldorf (Ztr.) erklärt, die überwiegende Mehrzahl des Zentrums stimme für das Gesetz. Sie halte aber damit die Finanzreform selbst nicht für erledigt. Sattler (nlb.), Arendt (Rp.), Pachnike (frs. Vp.) und Wolfs (W. Vg.) befürworten den tz 1. Dieser wird hierauf in der Kommisstousfassung angenommen, tz 2 ändert den Art. 70 der Verfassung dahin ab, daß er eine Bestimmung einfügt: Matrikularbeiträge, soweit sie in den Ueberweisungen keine Deckung finden, sind den Bundesstaaten am Jahresschluß in dem Maß zu erstatten, als die übrigen ordentlichen Einnahmen des Reiches, dessen Bedarf übersteigen. Staatssekretär Stengel begründet die Notwendigkeit der neuen Bestimmung. Gegen die Fassung der Kommission liegen keine Bedenken vor. Richter (Frs. Vp.) spricht sich gegen di.' neue Bestimmung aus, die einseitig partikularistisch sei; sie erteile den Einzelstaate» gewissermaßen eine erste Hypothek auf Ueberschüsse aus Reichseinnahmen. Staatssekretär Stengel betont den subsidiären Charakter der Matrikularbeiträge, der durch den Entwurf auf die ungedeckten Matrikularbeiträge beschränkt werden solle; darin liege nicht etwa eine Dotation der Einzelstaateu, sondern eine Einschränkung. Südekum (soz.) schließt sich den Ausführungen Richters an. Nach weiterer Debatte, worau Sattler (nlb.), Gröber (Ztr.) und Schräder (frs.) teilnehmen, wird tz 2 in der Kommisstons- fassuug angenommen, tz 3 des Regierungsentwurks lautet: „Der budgetmäßige Betrag der von den Bundesstaaten aufzubringenden Matrikularbeiträge soll in der Regel den