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Jernsprecher Ar. LI.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag «it der wöch. Beilage § „Der Sonntags-
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Samstag. 7. Mai.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1904.
Amtliches
Beka»«t«ach»r»g, betr. Reisekostembeiträge zu« Besuch -er Weltausstellung i« St. Louis.
Nachdem von S. K. Majestät genehmigt wurde, daß zur Gewährung von Staatsbeiträgen an eine beschränkte Anzahl von Maschineningenieuren und Gewerbetreibende», welche die Weltausstellung in St. Louis besuchen, eine Summe vo» 12 000 Mk. aus dem allgemeinen Dispositionsfonds für das Jahr 1904 verwendet werde, werden Bewerber, deren Persönlichkeit dafür bürgt, daß sie von einem längeren und gründlichen Studium der Ausstellung für sich uud Andere Nutzen ziehen werden, aufgefordert, ihre Gesuche mit den erforderl. Belege» und mit einer Darlegung ihrer Bildungslaufbahn längstens bis 1. Juli an die Handels-dezw. Handwerkskammer ihres Bezirks rinzureichen. In den Gesuchen ist auzugebeu, ob die Bewerber etwa auch von anderer Seite Reisekostenbeiträge erhalte» und in welchem Betrage.
Uuter sonst gleichen Umständen erhalten diejenigen Bewerber, welche der englischen Sprache mächtig find, den Vorzug.
Die Unterstützten haben die Verpflichtung, sich mindestens drei Wochen in St. Louis zum Studium der Ausstellung aafzuhalten und nach ihrer Rückkunft einen Bericht über die für ihren Beruf gemachten Wahrnehmungen zu erstatten.
Stuttgart, den 2. Mai 1904.
K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel.
Mosthaf.
Auf 1. Oktober ds. Js. wird eine Anzahl von Zöglingen in die Ackerbauschulen zu Hohenheim, Kirchberg, Ell- wangeu und Ochsenhausen ausgenommen. Es werden daher diejenigen Jünglinge, welche in die eine oder andere Acker- bauschule einzutreten wünschen, aufgefordert, sich spätestens bis zum 15. Juni d. I. je bei dem betreffenden Schulvorstand zu melden. Näheres stehe „St.-Anz." Nco. 51 (Beilage.)
HI ««ruhige Pfingftzeit.
(Nachdruck verboten.)
In zwei Wochen feiern wir Pfingsten. Die sorglose Stille, welche in früheren Jahren diese Wochen erfüllte, hat Heuer einer aufgeregten Stimmung ausweichen müssen, mit erhöhter Spannung wird die Entwicklung des Kriegsdrama's iu Ostasien verfolgt. Und es ist nicht das letztere allein, welches die Welt fesselt, hinzu kommen noch die Rückwirkungen, welche sich in den verschiedenen Staaten schließlich geltend machen müssen. Vor einigen Wochen glaubte man noch in London und Paris die kriegerische Episode durch einen vermittelnden Federstrich aus der Welt schaffen zu können, heute, nach den stattgehabten harten Zusammenstößen ist an einen solchen Kriegsschluß überhaupt nicht mehr zu denken, heute wird der volle Kriegsernst ausgekostet werden müssen. So lange der Feldzug dauert, so lange Russen und Japaner ihre Kräfte an einander messen, besteht Wohl kaum die Gefahr, daß andere Staaten hineingezogen werden mögen; heikel wird die Situation erst, wenn die Neu-Regelung der Gesamt-Verhältnisse in Ostasien erfolgt. Denn daß nunmehr nichts in der Schwebe bleiben kann, daß reine Bahn gemacht werden muß, ist selbstverständlich, sonst ist in wenigen Jahren ein weiterer Kampf da.
Diesen Punkt hat unser Kaiser unzweifelhaft im Auge gehabt, als er in der Vorwoche zu Karlsruhe von einer ernsteren Gestaltung der Dinge im Auslande sprach und daran die Mahnung knüpfte, darüber den inneren Parteistreit zu vergessen. Deutschlands auswärtige und überseeische Politik ist aber bekanntermaßen so friedliebend, daß jeder Reichsbürger darauf bauen kann, daß von unserer Seite aus das Rad nicht ins Rollen gebracht wird. Kaiser Wilhelm II. war einer der Allerersten, welcher auf die »gelbe Gefahr" im fernen Osten aufmerksam machte, lange bevor der Boxer-Aufstand zur Bildung einer internationalen Armee Anlaß gab; geschwunden ist sie auch heute noch nicht, im Gegenteil, denn gewiß ist, daß jeder neue Erfolg der Japaner deren Ueberhebung gegenüber den Europäern, die ohnehin nicht klein ist. bestärkt. Aber wenn dem auch so ist, das deutsche Reich verfolgt in Ostasien, wie Graf Bülow im Reichstage zu wiederholten Malen erklärte, keine abenteuerliche Politik; »unser Platz an der Sonne" kann sich nur auf Kiautschou und die wirtschaftliche Ausschließung des Hinterlandes Shantung und die Sicherung des deutschen Handels in den chinesischen Häfen erstrecken; einen Wettbewerb um die Politische Macht wollen wir mit anderen Mächten in jenen Gebieten nicht aufnehmeu.
England und Frankreich, die guten Freunde, welche soeben den Mittelmeer-Vertrag geschlossen und sich damit über Aegypten und Marokko geeinigt haben, die aber auch zugleich in einem BÜudnisverhältuis zu den beiden krieg
führenden Staaten stehen, betrachten den neuesten Gang der Dinge in der Mandschurei mit schwer verhaltenem Unbehagen. So sehr sich die Londoner Zeitungen über Siege der „kleinen, flinken Japs", wie sie dieselben nennen, früher gefreut haben, so gewunden drücken sie heme sich in der Mehrheit aus. Gewiß, den Russen gönnten die meisten Stimmen der öffentliche» Meinung im Herzen eine gehörige Tracht Prügel, aber man hat auf Frankreich Rücksicht zu nehmen, das doch wieder des Zaren Freund ist. Es ist ein merkwürdiges Verhältnis uuter diesen Staaten, wie es selten bestanden hat und wie es auf die Dauer auch unmöglich bestehen kan».
Auch andere Staaten haben für die Pfingftzeit ihre Sorgen, die uugerufen gekommen sind, und die sich nicht so ohne Weiteres wieder verscheuchen lassen wollen. Zum Glück steht dieser politischen Unruhe keine drückende wirtschaftliche Flauheit gegenüber, ist vielmehr die frischere Regung im geschäftlichen Leben im fortschreitenden Wachstum begriffen. Wir in Deutschland merken das recht gut, die Nachfrage nach Arbeitskräften ist gestiegen, die Baulust rührt sich in vielen Orten wieder mehr und mehr, in neue« Mustern gewerblicher Fabrikate besteht ein reger Absatz. Deutschland merkt von Jahr zu Jahr mehr, was es sich selbst bedeutet, daß es der beste Kunde der nationalen Industrie ist. Das soll den Reichstag, es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, veranlassen, den Nacken steif zu halten für die kommenden Handelsverträge. Wir dürfen uns nur insoweit selbst größere Konkurrenz schaffen, als wir wirkliche Gegenleistungen dabei erzielen. In fremden Staaten besteht heute viel Kapitalschwachheit; viele rühmen sich zwar ihrer großen Kauflust, aber es fehlt ihnen bar Geld zum Bezahlen. Und darauf kommt's an.
Tagespolitik.
(Eine Kaiserrede.) Bei Gelegenheit der Einweihung der neuen Rheinbrücke in Mainz hielt der Kaiser eine Ansprache, die jedoch in dem offiziösen Bericht nicht enthalten war. Sie hat folgenden Wortlaut: „Ich spreche Ihnen meinen herzlichen Glückwunsch aus, daß es Ihnen gelungen ist, ein Werk, welches schon von unserem großen Stratege» im Einverständnis mit meinem Großvater in seiner Bedeutung erkannt wurde, zu erfüllen. Ich freue mich, daß diese neue schöne Blüte der Leistungsfähigkeit deutscher Ingenieur- und Baukunst zu Nutz und Frommen unseres Volkes vollendet und im Verein errichtet wurde mit Sr. kgl. Hoheit dem Herrn Herzog. Ich wünsche, daß diese neue Brücke in jeder Beziehung den gehegten Erwartungen entspreche. Ich wünsche von Herzen, daß der Friede, der notwendig ist, damit Industrie uud Handel sich fortentwickeln, auch fernerhin erhalten bleiben möge. Ich bin aber der Ueberzeugung, daß diese Brücke, wenn sie zu ernstere« Gransporte« benutzt werden sollte, sich vollkommen bewähren wird. Insbesondere aber freue ich mich, daß die Brücke auch in ihrem Aeußeren eine neue Zierde der großen Stadt wurde, in deren Nähe sie errichtet worden ist und daß sie in ihrem Aeußeren den Traditionen der alten deutschen Herrlichkeit Rechnung trägt, mit denen die Geschichte der schönen Stadt verknüpft ist. Möge auch der Stadt Mainz diese Brücke in jeder Beziehung zur Zierde
und zum Segen gereichen.
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(Russische Generale und Soldaten.) Die bitteren Erfahrungen, welche die Truppen des Zaren am Jalufluß gemacht haben, lassen an manche frühere Vorkommnisse erinnern, besonders an den Beginn des letzten russisch-türkischen Krieges von 1878. Damals trat mit geradezu vernichtender Schärfe hervor, daß man den Gegner nicht hoch genug einschätzte, und daß Korps-Generale Fehler über Fehler machten, nur um sich nicht dem Kommando eines älteren Kameraden zu unterstellen. Die wiederholten schweren Niederlagen, welche die russischen Truppen bei Lowtscha und Plewna von dem ausgezeichneten türkischen General Osman Pascha erlitten, waren lediglich darauf zurückzu- führeu, daß die russischen Generale den Gegner nicht „für voll" nahmen und sich nicht zu energischen und einheitlichen Maßnahmen vereinten. Kein Geringerer, als der vor Jahresfrist wegen seines Alters von seinem Posten als General-Gouverneur von Kiew zurückgetretene General Dragonirow, einer der besten uud auch der offenherzigsten russischen Generale, hat in seinen Manöver-Kritiken in den herbsten Worten die Eigenmächtigkeit seiner höheren Offiziere getadelt, er hat festgestellt, daß er Tage lang von ganzen Regimentern nicht gewußt hat, wo sich dieselben befanden. Auch hier am Jalu hat sich der russische Befehlshaber nicht darnach gesehnt, sich einem erfahrenen Führer zu unterstellen, der selbstverständlich bei größerem Verstärkungs- Nachschub mitgekommen wäre, er hat gemeint, de« Posten
halten oder schlimmstenfalls ohne größere Gefahr aufgebeu zu können. Das Rechen-Exempel stimmte nicht, weil die Japaner sich in, wie sich jetzt hrrausgestellt hat, mindestens dreifacher Uebermacht befanden, der Durchbruch durch die Russen an irgend einer Stelle also von ihnen mit mathematischer Bestimmtheit vorher zu sagen war. Diese japanische Uebermacht kann dem russischen General nicht unbekannt geblieben sein, er mußte darauf hin dem Oberkommando die wahrscheinlichen Aussichten eröffnen. Geschehen ist das nicht in der erforderlichen Form, und nun sind die Folgen da, die militärisch vielleicht nicht so wichtig, für sdas Renommee der Russen aber nicht erquicklich find. Die russischen Soldaten habe» ihre alte Fähigkeit bewahrt und ihre» guten Ruf behauptet, vor allem auch die Kosaken, die in diesem Kriege eine ganz unschätzbare Waffe find. Au dem fanatischen Draufgehen der Japaner war nicht zu zweifeln, sie besitzen eine außerordentliche Todes-Verachtung, die nach den gezeigten Proben von den Soldaten keiner Nation überboten werden kann. Wir dürfen auf die beiderseitigen Leistungen in einer wirklich großen Schlacht nun mit Recht gespannt sein.
Deutscher Meichstag.
* Iterki«, 4. Mai. (Totalisator-Gesetz.) Minister P o d- bielski empfiehlt die Vorlage. Das unbefugte Vermitteln von Wetten müsfe verhindert und unter Strafe gestellt werden. Lehne das Haus diese Regelung ab, so bleibe als einzige Waffe, den Totalisator zum Bereinstotalisator zn machen und das wolle die Regierung doch nicht gern. Abg. Rettich (kons.) tritt für die Vorlage ein, um dem schädliche» Treiben der Wetlbureaus ein Ende zu machen. Abg. Singer (Soz.) erklärt sich auS Gründen der öffemliche« Moral dagegen, daß man Spiel und Wetten zu staatlichen Institutionen mache. Wolle man die Landespferdezucht fördern, so müßte man dann eben das Erforderliche aus öffentlichen Mitteln des Reiches bewilligen. Minister Pod- bielski erklärt, ein Zusammenhang zwischen Agrariern und Vollblutzucht liege nicht vor. Man müsse nicht zu viel Moral in den Vordergrund schicken. Abg. Fritzen (Z.) beantragt Verweisung der Vorlage an die Budget-Kommission zur Klarstellung des fiaauzielleu Effektes für den Reichs- fiSkus. Er sei kein besonderer Freund der Wettrennen und des Totalisators und seine Freunde ebensowenig, aber wenn Sachverständige kämen uud sagten, die Landespferdezucht uud die Hebung der Vollblut- und Halbzucht bedürfe der Wettrennen, so würden sich seine Freunde beugen. Abg. Hagemann (natl.) erklärt seine Zustimmung mit der Vorlage. Die Vorlage wird schließlich der Budget-Kommission überwiesen. Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfes betr. die Entschädigung unschuldig Verhafteter. Bei §§ 1 und 2, welche die Voraussetzungen für Gewährung der Entschädigung feststelleu, berichtet als Referent Abg. Bur- lage (Ztr.) darüber, warum die Kommission alle über die Vorlage hinausgehenden Wünsche zurückgestellt habe. Abg. de Witt (Z.) erklärt, bei der Wahl, ob man das Gesetz scheitern lassen oder auf weitergeheude Wünsche verzichten solle, habe das Zentrum sich für die letzte Alternative entscheiden zu sollen geglaubt, denn auch so sei das Gesetz ein großer Fortschritt. Staatssekretär Nieberding sagt, die Regierung hätte, als sie den Gesetzentwurf vorlegte, genau erwogen, bis zu welcher Grenze sie gehen könne. In der Kommission habe er schon gesagt, daß sich ja bei der Revision der Strafprozeß-Ordnung Gelegenheit geben werde, zu prüfen, ob noch weiter gegangen werden könne, als dies jetzt geschehe.
* Nerlin, 5. Mai. Nach Erledigung einiger unbedeutender Gegenstände setzt das Haus die zweite Beratung des Gesetzentwurfs betr. Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft fort. Stadthagen (soz.) begründet die von den Sozialdemokraten eingebrachten, über die Kom- misfionsfassung hinausgehenden Anträge, die darauf abzielen, daß nicht nur diejenigen Entschädigung beanspruchen können, gegen welche Untersuchungshaft verhängt ist, sondern auch diejenigen, die ststiert, vorläufig festgenommen oder vorgeführt sind, wenn sie rechtskräftig freigesprochen oder außer Verfolgung gesetzt werden. Redner führt aus, die Mehrheit sei in der Kommission vor den Unannehmbarkeitserklärungen des Bundesrats zurückgewichen. Dann habe doch eine Kommisstonsberatung keinen Zweck. Storz (D. Vp.) sagt, er sei überzeugt, daß die schwächlichen Gründe des Bundesrats iu der Kommission einer energischen Haltung der Mehrheitsparteien nicht Stand gehalten hätten. Redner äußert verschiedene Bedenken gegen die sozialdemokratischen Anträge. Trotz mancher Bedenke» gegen die Kommissionsfasfung werde seine Partei für dieselbe stimmen, damit wenigstens etwa- zustandekomme. Jtschert (Z.) weist die Borwürfe Stadt-