Jernsprecher Nr. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst.. Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

Bestellpreis für das Merteljahr im Bezirk ü- Nachbarortsverkehr Mk. 1.1K, außerhalb Mk. 1.LK.

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Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.

Donnerstag. 31. März.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Einrücknngs- Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 8 Ptg. auswärts je 8 Pfg. die ein­spaltige Zeile oder deren Raum.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

1904.

Amtliches

Ernannt wurde Postpraktikant I. Klasse Henßler (in Alten- steig) zum Postassistenten in Waiblingen.

Uebertragen wurde eine Finanzamtmannstelle bei dem Kameral amt Altenstetg dem Finanzrefrendär I. Klass e Kraft in Ulm.

Verliehen wurde den Kanzleibeamten beim K. Oberamt Calw und Nagold und zwar Rauser in Calw und Vollmer in Nagold der Titel Oberamtssekrctär.

Im kommenden Sommer kurz nach der Heuernte wird, unter der Voraussetzung genügender Beteiligung, für die Besucher früherer Unterrichtskurse über Obstbaumzucht am Kgl. Institut in Hohenheim ein Wiederholungskurs abgehalten werden, in welchem die Teilnehmer Gelegenheit zur Befestigung und Erweiterung der erworbenen Kennt­nisse, sowie zum Austausch ihrer Erfahrungen erhalten sollen. Die Dauer dieses Wiederholungskurses ist aus eine Woche festgesetzt. Gesuche um Zulassung zu dem Wiederholungskurs sind spätestens bis 36. Mai d. I. an dasSekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden.

Der Beitrag zur landw. Berufsgenossenschaft für den Schwarz­waldkreis für das Jahr 1903 ist auf 3 Mk. 18 Pfg. pro 100 Mk. Steuerkapital festgesetzt worden-

Tagespolitik.

Die Flinten, mit denen die Hereros des Häuptlings Tjetjo die 7 Offiziere und 19 Soldaten erschossen, hat ihnen Deutschland selbst geliefert. Es find Mausergewehre von 1871. Vor einigen Jahren hätte man sie ihnen wieder abnehmen können. Doch war der Gouverneur zu gut­mütig. Im Jahre 1900 wurden die Tjetjo-Hereros aufge- forderl, ihre Gewehre stempeln zu lassen. Das war aber nicht nach dem Geschmacke der Tjetjo. Sie weigerten sich, und erst als nach dreimaliger vergeblicher Aufforderung Oberst Leutwein eine Abteilung der Schutztruppe mit vier Geschützen anrücken und die Wohnsitze der Widerspenstigen umzingeln ließ, als die Kanonen drohend ihre Mündungen auf sie richteten, gaben sie klein bei. Sie brachten ihre Ge­wehre herbei, die gestempelt und dann den Tjetjo zurück­gegeben wurden, ein Fehler, der sich jetzt bitter gerächt hat. Statt die Gewehre wegen der widerspenstigen Haltung des Stammes zu konfiszieren, begnügte sich die Regierung ein­fach damit, den Kapitän der Tjetjo, Traugott, in eine andere Gegend des Landes zu versetzen. Nach Ausbruch des Aufstandes wird Traugott nicht gezögert haben, wieder zu seinen StammeLgenossen zu stoßen, um sie zum Kampfe gegen die Weißen anzufeuern. Daß die Verluste bei dem Ueberfall so schwer sind, ist darauf zurückzuführen, daß die Tjetjo, wie schon gesagt, Gewehre des Modells 71, mit 11 Millimeter Kaliber haben und nicht die kleiukalibrigen Ge­wehre der deutschen Armee mit ihrer starken Durchschlags­kraft. Die großkalibrigen Geschosse der alten Gewehre bleiben im Körper des Getroffenen stecken, so daß er, wenn nicht schnelle Hilfe zur Stelle ist, verblutet. Die kleinen Geschosse der jetzigen deutschen Gewehre durchschlagen den Körper und hinterlassen nicht die furchtbaren Verletzungen der alten Geschosse, so daß, wenn das Geschoß nicht gerade Herz oder Kopf durchschlägt, in den meisten Fällen auf

eine Wiederherstellung der Verwundeten gerechnet werden kann.

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Der antisemitischeDreschflegelgraf" Pückler tritt jetzt nach Verbüßung seiner Strafe wieder in öffent­lichen Versammlungen auf. Aus seiner letzten Rede geben wir zur Erheiterung unserer Leser einige Stellen wieder: Bebel gehört zu den wenigen Leuten, die Schneid haben und der Regierung die Wahrheit sagen und das ist not­wendig. Wie die Herren heute regieren, das ist Wurstelei. (Sehr richtig.), vor der kein Mensch Respekt haben kann. (Großer Beifall.) Wenn Bebel national wäre und auf christlichem, monarchischem Boden stände, daun könnte er ein famoser Mann werden mit dem man in manchen Punk­ten Zusammengehen könnte. (Großer Beifall bei den Sozial­demokraten.) Wenn ich iu den Reichstag käme, würde ich unter diesen Umständen auch mit Bebel Fühlung nehmen und wir würden den Herren von der Regierung die Wahr­heit zeigen, daß sie die Kränke kriegen und daß sie alle ausreißeu. (Stürmischer Beifall.) Die mauschelnden Juden würden dann schleunigst aus dem Reichstage verduften. (Großer Beifall.) Wir brauchen starke Charakteure, Män­ner und Helden . . . Sozialdemokraten sind dumme Kerle, die sich nicht belehren lasfen, die den Juden Singer, Stadt- Hagen, und wie die Kerle alle heißen, nachlaufen wie toll und verrückt, das sind d . . . L . . . (Stürmischer Beifall). Wir Antisemiten werden die Sozialdemokraten, die zurück­kehren zu ihrem Könige, gern aufnehmen. Voraussetzung ist, daß sie anständige, patriotische Leute sind, die den Ju­den ganz gehörig ans das Leder rücken. (Stürmischer Bei- fall, großer Lärm bei den Sozialdemokraten.) Der Vor­sitzende vertagt die Versammlung auf einige Minuten und küßt die Ruhestörer zum Saale hinausbefördern.

(Die Trinksprüche von Neapel.) DerKöln. Ztg." geht aus Paris folgende Mitteilung zu: Die nationa­listische Patrte läßt sich aus Rom melden: Ja den hie­sigen französischen und den Franzosen freundlichen Kreisen hat die Verherrlichung des Dreibunds durch den Trink­spruch König Viktor Emanuels ein Gefühl der Verblüffung hervorgerufeu. Nach allgemeiner Ansicht ist damit die Reise des Präsidenten Loubet zu einem bloßen Höflichkeitsbesuch herabgeschraubt worden, der keine politische Tragweite mehr haben kann. Man fügt hinzu, daß im Palazze Farnese (der französischen Botschaft) offenbare Verlegenheit herrscht, denn anscheinend hat niemand einen Austausch von Trink­sprüchen erwartet, der so unzweideutig die Festigkeit des Dreibundes und den Wunsch Italiens kundgeben würde, recht laut seine noch verstärkte Anhänglichkeit an den ge­schlossenen Vertrag trotz des nahen Besuches Loubets aus­zusprechen.

Lcmdesnachrichren.

* Atteusteig. (Zur Berufswahl.) Den Angehörigen solcher jungen Leute, die sich demnächst mit der Frage zu befassen haben, welchen Lebensberuf sie für diese letzteren wählen sollen, dürfte es von großem Werte sein, wenn sie darauf hingewiesen werden, daß wie schon seit längerer Zeit für den Eintritt in den Notariats-, Finanz-, mittlerer Post- und Elsenbahndienst so auch durch Kgl. Verord­nung vom 1. Dezember 1900 für die Zulassung zur Ver­waltungsprüfung der Besitz des Nachweises über die wissen­schaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militär­dienst vorgeschrieben ist. Gesuche von jungen Leuten, die trotz ihrer unzureichenden Schulbildung in das Verwaltungs­fach eiuzutreten beabsichtigten, bezw. Gesuche von Angehö­rigen derselben, um Inaussichtstellung der Dispensation von der Erbringung des erwähnten Nachweises sind bisher rund­weg abgelehvt worden uud werden zweifellos auch für die Folge keine Aussicht auf Genehmigung haben. Daß aber ohne die Erstehung der Dienstprüfung an eine befriedigende Stellung im Verwaltungsfach nicht zu denken ist, liegt auf der Hand. Es können deshalb die Angehörigen solcher jungen Leute, die nicht im Besitze des Zeugnisses über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährigen-freiwilligen Militärdienst sind, nicht eindringlich genug vor dem Ein­tritt ihrer Söhne rc. in das Verwaltungsfach gewarnt wer­den, wenn sie dieselben nicht einer zweifelhaften Zukunft, die ihnen dann keine gesicherte Existenz zu bieten vermag, entgegengehen lassen wollen.

* SAHarrse«, 29. März. Behufs Hebung des hiesigen Gewerbebetriebs beabsichtigt die Gemeinde, die dem Staat gehörige Mohnhardter Wasserftube zu erwerben, um daraus eine Wasserkraft, die bei richtiger Anlage ca. 150 Pferde­kräfte beträgt, zu gewinnen. Zu der gestrigen Gemeinde- ratsfitzung war Professor Bauer vom K. Polytechnikum in Stuttgart beigezogen und ist dieser Herr mit der Aus­arbeitung eines Plans bezüglich Ankaufskosten und Renta­bilität beauftragt worden.

* Nagold» 28. März. Bei dem hiesigen Küfer und Weinhändler Wilhelm Harr wurde vom kgl. Amtsgericht hier eine Haussuchung vorgenommen, wobei ein größeres Quantum chemischer Stoffe, welche er zur Bereitung von Wein von einer Stuttgarter Firma bezogen hatte, mit Beschlag belegt wurde. Auch das sehr bedeutende Weinlager wurde konfisziert. Der Frau des Weiuhändlers gelang es, während der Durchsuchung eine Flasche solcher verbotenen Stoffe auf die Straße zu Wersen, es wurde je­doch von dem Inhalt der Flasche eine Probe entnommen.

(Gr.)

* Schwarzenberg, 27. März. Unter ungewöhnlich großer

Beteiligung von nah und fern wurde heute mittag 2 Uhr der in der Morgenfrühe des letzten Freitags im Alter von 65 Jahren unerwartet schnell an Herzlähmung verstorbene Sägmühlebesttzer G. Braun von Schönmünzach zu Grabe getragen. Ja Schönmünzach geboren und kaufmännisch ausgebildet, wurde er anfangs der sechziger Jahre zum Ver­walter der Glashütte berufen und hat dieselbe lauge Jahre mit Umsicht und Geschick geleitet und zu schöner Blüte ge­bracht. Mitte der neunziger Jahre trat er von seinem Po­sten zurück und als Teilhaber iu das Sägewerk Braun und Möhrle ein, das früher dem Schultheißen Karl Frey gehört hatte. Seiner Heimatgemeinde diente er Jahrzehnte hin­durch als Gemeinderat und genoß wegen seines ehrenhaften Charakters und seiner Herzensgüte großes Vertrauen und allgemeine Beliebtheit. (Gr.)

* Stuttgart, 28. März. Der Bericht des Abg. v. Geß über die Revision der württembergischen Verfassung hält eine durchgreifende Reform der ganzen Verfassung gegen­

wärtig nicht für angezeigt, will sie vielmehr nach dem Muster des vor sieben Jahren in den Kammern behandelten Entwurfs auf eine Neuordnung der Zusammensetzung der Ständeversammlungen beschränken. Den Kernpunkt des Berichts bildet die Umgestaltung der Zweiten Kammer in eine reine aus direkten Wahlen hervorgegangene Volks­kammer durch Entfernung der 23 Privilegierten. Die Zahl der 93 Abgeordneten der Zweiten Kammer soll beibehalten werden. Die Stadt Stuttgart soll statt eines Abgeordneten drei erhalten. Das Privilegium derguten" Stadt Ell- wangeu, welche mit kaum 800 Wählern bisher einen be­sonderen Abgeordneten wählen durfte, befürwortet der Be­richt aufzuheben. Das besondere Wahlrecht der anderen fünfguten" Städte soll beibehalten werden. Als Ersatz der Privilegierten sollen iu den vier Kreisen des Landes 22 Abgeordnete durch allgemeine direkte Wahl im Wege der Verhältniswahl gewählt werden, die hiermit also der Führer der deutschen Partei und damit auch wohl seine Fraktion gutheißt. Dafür soll aber bei den Mehrheits­wahlen in den Bezirken undguten" Städten die relative Mehrheit entscheidend sein, und die Stichwahlen sollen weg­fallen. Ja die erste Kammer sollen sieben Mitglieder des ritterschaftlichen Adels gegenüber sechs in den früheren Ent­würfen, vier Vertreter der evangelischen, zwei der katholi­schen Kirche und je ein Vertreter der Universität Tübingen und der technischen Hochschule Stuttgart neu eintreten. Das Recht der Krone zur Ernennung erblicher Mitglieder soll nicht beschränkt werden, dagegen soll für die lebens­länglichen Mitglieder der Ersten Kammer die Höchstzahl 9, unter diesen für die ernannten Staatsbeamten die Höchst­zahl 7 festgestellt werden. Die Frage einer Erweiterung des Budgetrechts der Ersten Kammer sieht der Referent als durch die Steuerreform erledigt an. Es sei begrün­dete Hoffnung, so führt er aus, daß die Erste Kammer, welche durch die Vermehrung ihrer Mitgliederzahl einen Gewinn Hai, weitergehende Ansprüche nicht erheben wird.

* Keilbrou«, 27. März. Im Prozeß gegen Otto und Kaiser beantragte der Staatsanwalt gegen jeden der Ange­klagten neben dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 3 Jahren je eine Gefängnisstrafe von 1 Jahr. Nach den Plaidoyers des Staatsanwalts und der Ver­teidiger baten die beiden Angeklagten in einer ersichtlich eindrucksvollen Weise um ihre Freisprechung. Das Urteil wird Montag abend verkündigt.

* Keilbrou«, 28. März. Im Prozeß gegen Kaiser und Otto, Nahrungsmittelfabrik, wurde heute nachmittag 5 Uhr das Urteil verkündet. Kaiser wurde zu 8 Monaten 3 Tagen, Otto zu 8 Monaten Gefängnis und beide zu je 2 Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Bei Kaiser gehen 2 Monate 15 Tage Untersuchungshaft ab. Außerdem wurden beide Angeklagte wegen unlauteren Wettbewerbs zu je 1200 Mk. Geldstrafe und die Firma Otto und Kaiser zu einer zu zahlenden Buße von 2000 Mk. verurteilt.

* Das Befinden des Großherzogs von Aase« erfüllt nach der Börsen-Zeitung in den letzten Tagen die Umgebung des Fürsten mit Besorgnissen.

* Wiesbaden, 28. Marz. Ja Stangenrod und audereu Orten des Oberwesterwaldkreises, der zum Wahlkreis des christlich-sozialen Reichstagsabzeordneteu Stöckerscher Richt­ung Dr. Burckhardt gehört, hatte sich einEvangelisations"-- Berein gegründet zwecksVerbreitung des Evangeliums als Pflicht aller Kinder Gottes," womit der Vorstandbeson­ders geeignete Brüder" beauftragen wollte. Der Laudrat versagte auf Grund des tz 62 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Genehmigung.

* Der Rekrut Ludwig Gillot im Hessische« Feldartillerie­regiment Nr. 61 zu AaVenhauseu war erst sechs Tage lang Soldat, als er des Morgens früh mit anderen Kano­nieren auf dem Futterboden Häcksel schneiden mußte. Auf den Ruf: Antreten! gingen die anderen hinunter, Gillot kam erst einige Minuten später, und zwar mit blutender Hand. Der rechte Zeigefinger fehlte und fand sich nachher hinter dem Messer der Häckselmaschine. Der Rekrut, der sofort ins Lazarett kam, sagte, er habe an der Maschine noch etwas iu Ordnung bringen wollen, machte jedoch über den Hergang wechselnde Angaben und verstärkte so den Verdacht, daß er sich den Finger absichtlich abgeschnitten habe, um vom Heeresdienst loszukommeu. Das in Baben­hausen zusammengetretene Kriegsgericht hielt denn auch eine Selbstverstümmelung für erwiesen und verurteilte den Re­kruten zu einem Jahr Gefängnis und zum Verlust der Ko­karde. Gillot aber beteuerte, daß nur ein Unglücksfall vor- liege, und legte Berufung ei». Das Oberkriegsgericht hatte

AM" Das nächste Blatt erscheint am Samstag nachmittag. EMU