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Aernsprecher Ar. 11.

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Wr. 48.

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1904.

Tagespolitik.

(Ein deutsch-englischer Schiedsgerichtsvertrag in Aus­sicht?) Bon verantwortlicher Seite in London hat man bereits im Januar d. I. der Reichsregiernng die Anregung unterbreitet, beiderseits vorbereitende Schritte zum Abschluß eines deutsch-englischen Schiedsgerichts-Vertrages zu treffen, der in erster Linie die kolonialen Interessen der beide» Länder berühren und auf den bereits früher schriftlich fixierten Abmachungen über Südafrika und das Aangtsetal basiert sein würde. Der Ausbruch des Krieges iu Ostafien hat dem entsprechenden Meinungsaustausch zwischen London und Berlin, wie dies kaum anders zu erwarten war, zeit­weilig einige Zurückhaltung auferlegt. Doch zeigt der gute Fortschritt in den englisch-französischen Verhandlungen zwecks Erweiterung des vor mehreren Wochen ratifizierten Schiedsgerichtsvertrages zwischen Großbritannien und dem Verbündete» Rußlands, sowie auch die bereits erfolgte An­näherung der Dreibundmacht Italien an diese projektierte Bereinigung, daß ein dauerndes Hindernis für eine gegen­seitige kolonialpolitische Verständigung zwischen zwei immer­hin befreundeten Nationen nicht besteht. Weder auf britischer noch auf deutscher Seite liegt, wie dies gleichzeitig zur Ver­meidung vielleicht nahe liegender Folgerungen hervorgehobeu werden muß, gegenwärtig die Absicht vor, die maritimen Rüstungen bei Verwirklichung des auch von König Eduard kürzlich privatim ernstlich befürwortete» Arrangements ein­zuschränken, obgleich ein dahinzielender Vorschlag zu wieder­holten Malen von liberaler Seite im britischen Parlament zur Sprache gebracht wurde. Allerdings ist es iu der Wilhelmstraße ein offenes Geheimnis, daß die sozialdemo­kratische Partei bei nächster Gelegenheit im Reichstag einen Antrag einbringen will, der sich zu Gunsten der Eröffnung von Unterhandlungen zwischen der deutschen und britischen Regierung ausspricht und gemeinsame Schritte vorschlägt, um der jetzigen Rivalität auf dem Gebiet der maritimen Rüstungen und Neuforderungen für die Flotte ein Ende zu machen. Man hält aber demgegenüber an maßgebender Stelle, wie dies auch der Reichskanzler verschiedentlich be­tont hat, nach wie vor daran fest, daß der Ausbau der deutschen Flotte absolut keine Spitze gegen England in sich schließt, sondern einzig und allein der wachsenden Bedeutung

des deutschen überseeischen Handels gerecht werden will.

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Reichskanzler Graf Bülow wollte nicht nur den ß 2 des Jesuitengesetzes aufheben, sondern das ganze Jesuilen- gesetz überhaupt. Es wurde im Bundesrat tatsächlich zu­erst über das ganze Gesetz abgestimml, doch ergab sich da keine Mehrheit für die Aufhebung. Nur die Aufhebung des tz 2 ging mit knapper Not durch. So ist soeben im

Hamburger Senat der Bürgerschaft mitgeteilt worden.

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Der Krieg ist in Japan volkstümlich, und zwar auch bis in die untersten Schichten des Volkes hinein. Tagtäglich bringen die Zeitungen Nachrichten über Zeichen des Pa­triotismus des Volkes. Diener und Mädchen lassen sich bereitwillig von ihren Monatslöhnen bestimmte Summen abzieheu für den Krieg. Nach dem Eintreffen der ersten Siegesnachrichten machten Tausende von Leuten einen Fackelzug mit Laternen um den kaiserlichen Palast, der in der größte» Ordnung verlief. Eine besondere Klasse bilden in Japan die Ringer, die nicht weniger als 500 in Tokio zählen. Sie habe« sich alle ohne weiteres zum Eintritt in das Heer gemeldet. Biele Reservisten verkauften vor dem Eintritt »hr Hab und Gut, trennten sich auch von ihren Frauen, die sie zu ihre» Eltern zurückschickten. Die öffent­liche Wohlfahrtsgesellschaft in Tokio hat beschlösse», armen Leuten, deren Söhne eingezoge» sind, 2 Dollars zu zahlen, und wenn sie fallen 20 Dollars. Die Gesellschaft der Apotheker verorduete, solchen armen Leuten billiger die Arzneien abzugeben, die der Hausbesitzer, die Mieten herab­zusetzen. Diese wenigen Beispiele zeigen, daß die Opfer­willigkeit eine allgemeine ist und daß in gewisser Weise von einer Erhebung des Volkes geredet werden kann. Der gegenwärtig in London weilende japanische Staatsmann Sojemotsu hat sich einem englischen Tagesschriftsteller gegen­über ausgesprochen: »In gewissen Kreisen scheint der heim­liche Verdacht vorzuliege», daß ein kleiner Staat wie Japan niemals einen Kampf mit einer Großmacht, wie Rußland es ist, gewagt haben würde, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, die moralische Unterstützung und die Armee und Flotte Englands hinter sich zu haben. Wir find stolz auf das Bündnis, und wir schätzen die moralische Unter­stützung seitens unseres Verbündeten hoch, aber es ist durch­aus unwahr, daß wir auch im Geringsten daran gedacht hätten, von irgend einer Seite bewaffnete Hilfe zu finde». Der augenblickliche Kampf ist für uns ein Kampf auf Leben

und Tod, aber Leben und Tod standen auch dann auf dem Spiel, wenn wir nicht zum Kriege übergingen, da Rußlands Politik unsere nationale Existenz bedrohte. Es würde einem Manne übel bekommen, wenn er in einem Duell bis zum Tode sich auf die Hilfe eines anderen Mannes ver­lassen wollte. So fühlen wir. Uebrigens denken wir nicht ganz so über Rußlands Größe wie europäische Politiker, und es wird sich im Verlaufe des Krieges Herausstellen, daß Japan Rußlands schwache Punkte sogar besser kennt alS Rußland selbst. Rußlands Schwäche zur See zu beweisen, war keine langwierige Arbeit, und wir sind davon überzeugt, daß in Kürze die Welt wissen wird, daß Rußland auch zu Land schwach ist."

-n. HAHanft«, 25. März. Der sechswöchige Kochkurs, der seit Anfang des vorigen Monats im Gasthaus z. Wald­horn hier untergebracht ist, geht mit dieser Woche zu Ende. An dem mit der Prüfung verbundenen Schlußessen beteilig­ten sich 60 hiesige und auswärtige Gäste, darunter auch mehrere Frauen. Allgemein wurde das von den Kursteil­nehmerinnen zubereitete und aufgetrageue Essen gerühmt. Nach dem Essen nahm Frl. Härtner von Tübingen, die Leiterin des Kurses, die mündliche Prüfung mit den bei demselben beteiligten Mädchen vor. Ueber den Nährwert unserer Nahrungsmittel, die Zubereitung angemessener Kost für Gesunde befragt, konnten die Mädchen schnell und sicher Auskunft geben. Am Schluß wurde darum auch dem Koch­kurs vom Ortsgeistlichen das verdiente Lob gespendet und auf die Leiterin Frl. Härtner ein Hoch ausgebracht. Schult­heiß Dengle', gedachte anerkennend des Schwäbischen Frauenvcreins, der das Institut der zweckmäßigen ländlichen Kochkurse ins Leben gerufen habe und stets tatkräftig unter­stütze. Der Redner toaftierte am Schluß auf die deutschen Hausfrauen.

ff Hechingea, 25. März. Um die Mitternachtsftunde stürzte in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag ohne äußeren Anlaß die große Scheune des Bauern Niethammer zusammen und bildet nun einen wirren Trümmerhaufen. Der Schaden ist bedeutend.

* (Güöinger Schwurgericht vom 23. März.) Vom 2. bis 4. Januar wurden in Reutlingen sechs, aus Zinu- komposttion hergestellte Zweimarkstücke ausgegeben. Als Ausgeber wurde der Agent und Kommissionär Johann Georg Kemmler dort ermittelt. Kemmler bestritt dies auch nicht, wandte aber ein, von der Unechtheit der Geldstücke keine Kenntnis gehabt zu haben. Wie er in den Besitz des ge­fälschten Geldes gekommen sei, behauptete Kemmler nicht zu wissen, er sprach die Vermutung aus, daß er über die Weihnachtsfeiertage beim Wechseln eines Zwanzigmarkftückes getäuscht worden sei. Die Ausflüchte nützte» dem Kemmler nichts; er erhielt 10 Monate Gefängnis.

* Auf der Bahnstrecke RotteuburgRiedernau hat der ledige Hammerschmied Johannes Walz, gebürtig aus Wald­dorf, Oberamts Nagold, am 31. Januar d. I. abends zwischen 7 und 8 Uhr, 17 Stück bis zu 25 Kilo schwere Kalksteine auf das Geleise gelegt. Angeblich wollte er da­mit den Bahnwärter ärgern. Da das Hindernis zeitig ent­

deckt wurde, geschah kein Unglück. Der Attentäter erhielt ein Jahr Gefängnis.

* Stuttgart. (Strafkammer.) Bo» traurigen Folgen begleitet waren Zwistigkeiten, die am Weihuachtsfeiertag den 26. Dez. v. I. in einer hiesigen Wirtschaft zwischen dem 35jährigeu Glaser Konrad Burrer von hier, gebürtig von Ensingen, OA. Vaihingen, und anderen Gästen ausbracheu, weil von irgend einer Seite die Aeußerung gefallen war, er spinne. Um der Ruhestörung ein Ende zu machen, ver­suchte der Wirt mehrmals, doch vergeblich, Burrer zu« Fortgehen zu bewegen, weshalb er diesen schließlich am Arm faßte, um ihn hinauszugeleiten. Burrer versetzte ihm aber unversehens einen solch wuchtigen Faustschlag auf das rechte Auge, daß eine Blutunterlaufung entstand und aus dieser sich eine starke Entzündung entwickelte, welche nach Darlegung des Sachverständigen, Dr. Neunhöffer, den voll­ständigen Verlust der Sehkraft zur Folge hatte. Mit Rücksicht darauf, daß der Angeklagte vorher gereizt war, verurteilte ihn die Strafkammer zu drei Monaten Gefäng­nis, außerdem aber zu einer an den Wirt, eine» 45 Jahre alten Mann, dessen Erwerbsfähigkeit als um 40 Prozent gemindert angesehen wurde, entsprechend dem von dem Nebenkläger gestellten Anträge, zu zahlenden Buße von 5000 Mark und sämtliche Kosten.

* Stuttgart. Ein Meteor wurde am Montag abend an verschiedenen Orten Württembergs beobachtet; es liegen darüber Meldungen von hier, von Bentelsbach und Freu­denstadt vor, die alle die wunderbare Farbenpracht des grün-rot-blau schillernden Meteors betonen. Etwa ein viertel 8 Uhr zog es in weitem Bogen am nächtlichen Himmel von Süden gegen Norden, nach Größe und Form anzusehen wie eine Herbstrakete, die ihre Bahn mit einem rotfeurigen, lange», kettengliederartigeu Schweif beschrieb.

* Schafhause« a. d. Würm, 24. März. Mühleverstei­gerung. Seit Jahrzehnte» wurde die hiesige Kundeumühle von 2 Müllern iu wöa-entlichem Wechsel betrieben und es hatte sich dabei ein Anstand nicht ergebe». Heuer wurde das anders. Einer der Inhaber glaubte sich verkürzt, indem der andere eine größere Kundschaft besaß, weil dessen Ber- wandtenkreis ein sehr ausgedehnter ist, was bei elfterem sicht der Fall ist. Nus wurde auf den heutigen, 24. März, Zwangsversteigerung behufs Aufhebung des gemeinschaft­lichen Betriebs anberaumt. Die Mühle verblieb nun dem Müller Necker um 46 300 Mk., der gemeinderätliche Anschlag hatte auf 35 100 Mk. gelautet.

* Göppingen, 24. März. Der Gemeinderat lehnte ent­sprechend dem Anträge der Schlachthauskommission mit 13 gegen 2 Stimmen das Gesuch des hiesigen Konsumvereins um Aufhebung des Schlachthauszwauges ab.

* Mverach, 24. März. Als gestern eiue größere An­zahl von Schülerinnen der Frauenarbeitsschule im Bügel­zimmer der städtischen Waschanstalt Unterricht erhielt, wurde von ruchloser Hand eine Anzahl scharfer Schüsse in das Zimmer abgefeuert. Dir Kugel« flogen dicht an den Mäd­chen vorbei und schlüge» in die Wand. Der Schrecken der Bedrohten war kein geringer. Die herbeigerufene Schutz­mannschaft konnte bisher den Täter nicht entdecken.

* Gettnang, 24. März. Die bürgerlichen Kollegie« find mit der Architekteufirma Eisenlohr und Weigle in Stutt­gart in Unterhandlung getreten zum Zweck der Lieferung von Plänen und Kostesvorauschlägen für den Umbau des alte» Schlosses, des einstigen Sitzes der Grafen von Mout- fort, in ein städtisches Rathaus.

ff Alm, 25. März. Inmitten der Stadt Neu-Ulm liegen, den Verkehr bedeutend hindernd, die weitausgedehnten Gartenanlagen der iu ganz Deutschland beka»»ten Kunst­gärtnerei Gebr. Neubronner. Das ganze Areal ist nun au einen Münchener Geldmann verkauft worden, der auf dem­selben lauter große moderne Herrschaftshäuser erbaueu wird.

* (Perschiedenes.) Ein Fabrikant vou Rottenburg sandte seinen Dienstknecht Häberle nach Wurmlingen, um eine Fuhr Gipssteiue für den Preis von 20 Mark zu holen. Dort stellte er sein Fuhrwerk vor eine Wirtschaft und nach­dem er sich gehörig gestärkt hatte, suchte er mit den 20 M., die er von seinem Herrn erhielt, das Weite, Fuhrwerk nebst Pferden im Stiche lassend. In Tübingen wurde der Durch­brenner verhaftet; von den unterschlagenen 20 Mk. hatte er noch 6 Mk. im Besitz. Der größte Teil der Metzger in Fellbach hat einen Abschlag des Schweinefleischpreises eintreteu lassen, und zwar von 70 Pfg. auf 56 Pfg. per Pfund; zwei weitere, die zu diesem Beschluß nicht beigezogen wurden, gaben dann sofort bekannt, daß sie das Pfund um 50 Pfg. abgeben.

* Ein trauriges Bild menschlicher Verrohung und Hart­herzigkeit entrollte die Verhandlung gegen den Fabrikarbeiter