Mrssprechee Nr. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

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Wr. 42.

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Donnerstag. 17. März.

^ Klar z«w Gefecht

(Nachdruck verboten.)

Auf dem ostafiatischen Kriegsschauplätze hat ein leb­hafter Zusammenstoß zwischen Russen und Japanern zur See staltgefvnden. Vielleicht darf man daraus die Folgerung ziehen, daß > auf beiden Seiten die Notwendigkeit erkannt wird, doch etwaS Ernst zu machen, wenigstens zur See, da es auf dem Laude für beide Teile noch sehr erheblich hapert, und die Natur ein Uebrigcs tut, die militärischen Bewegungen zu erschweren. Ein Kriegszustand ist ein leidiges Ding, aber am aüerleidigsten wird er, wenn diebeiderseitige Unternehmungslust versumpft. Strapazen und Klima er­fordern ohnehin Opfer genug, mehr, wie ein ernster Zu­sammenstoß herbeiführen würde, und die wirtschaftlichen Verhältnisse gestalten sich schlimm.

Im fernsten Osten stellt es sich ganz unzweideutig heraus, daß die bisherige Schlaffheit der Kriegführung keinen Nutzen gehabt hat Die Russen können abwarten, sie können es auf lange Zeit hinaus, aber einen Vorteil davon haben sie nicht. Die Stimmung im Zarenreiche ist alles Andere eher, denn eine enthusiastische, sie war es, genau genommen, auch nicht, Handel und Wandel leiden schwer, die Finanzen find nicht so bestellt, wie die Peters­burger Regierung es glauben machen wollte. Immerhin Rußland war nicht fertig zum Kriege, wenigstens nicht zum Angriff, höchstens zur Verteidigung, und ein Schelm tut mehr, als er kann. Japan konnte, da es über seine Kriegspläne im Klaren war, längst mit seinen Rüstungen zum Abschluß gelangt sein, es konnte durch Taten be­weisen, daß es eines internationalen Vertrauens würdig war. Indessen, bisher waren die japanischen Leistungen wenig geeignet, an eine wirklich großmachtsmäßige Stellung des Jnselreiches glauben zu machen. Die Japaner gleichen mehr einer Katze, die im Sprunge zufaßt, als einem ernster Gefahr gewachsenen Manne.

Draufgehen bringt moralischen Erfolg, auch wen» es nicht in All' und Jedem klappt. Das hat sich immer ge­zeigt, das kann sich auch in der Mandschurei und in Korea von neuem zeigen. Am meisten schadet natürlich die Lang­samkeit, vorerst wenigstens, den Japanern, den» je länger sie warten, um so geringer werden ihre Chancen. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß sie dem russischen Bären auf die Tatzen klopfen müssen, wenn er selbst nicht ganz gehörig zuhaum soll. Und der russische Generalissimus, der General Kuropatkin, der nun seine Reise nach dem fernen Osten angetreten hat, ist kein Mann, der das Zu­schlägen länger verschiebt, als nötig ist. Der Stratege sagt, ganz gewiß, es ist für Rußland am besten, die Dinge so viel, wie nur irgend möglich, an sich herankommen zu lassen. Indessen muß auch damit gerechnet werden, daß die Stimmung unter den Soldaten eine solche erbitterte ge­worden ist, daß die Führer ihr Rechnung tragen müssen, wenn nicht der beste Teil der Kampflust ihr in den Taten der Untätigkeit zum Opfer fallen soll.

Es ist gerade keine erfreuliche Aussicht, daß voraus­sichtlich das Osterfest schon den Termin für vorbereitende ernstere Kämpfe bilden wird, aber man wird damit rechnen müssen. Und weil nun gerade vom christlichen Osterfest die Rede ist, das besonders den Russen hoch steht, haben wir doch die Seltsamkeit dieses Krieges zu überoeukeo, der zwischen einem christlichen Staate und einer heidnischen Großmacht entbrannt ist. Denn Japan ist trotz aller .modernen Kulturhaut" doch ein durchaus heidnischer Staat, mit seiner Anzahl von Götzen, auf die ja die Leiter der Re­gierungpfeifen" mögen, die aber doch für das Volk den Inhalt aller Ehrfurcht darstellen.

Die Aufhebung von ß 2 des Jefuitengefetzes.

Aus den Kreisen des evangelischen Bundes erhält die »Neck.-Ztg." folgende Zuschrift:In den seither eingelaufenen Nachrichten tritt der Punkt in volles Licht, der in der ganzen Sache der wichtigste ist: Preußen hat seinen Antrag im Bundesrat nur im Widerspruch gegen einebedeutende Minorität kleinerer Staaten durchgesetzt. Es galt bis­her in der ganzen noch so jungen Geschichte des deutschen Reichs als ein Grundsatz ersten Rangs, daß Preußen eine Ueberstimmung der kleineren Bundesstaaten nur in wirklichen Lebensfragen der Nation ins Werk setzen dürfe. War die Aufhebung von § 2 des Jesuitengesetzes eine solche Lebens­frage?

Und noch ein Punkt: Am 18. und 19. Februar d. I. tagte in Dresden der deutsch-evangelische Kircheuausschuß unter dem Vorsitz des Präsidenten des preußischen Ober­kirchenrats. Er hat einstimmig ausgesprochen,daß in der Aufhebung des tz 2 des Jesuitengesetzes eine drohende Ge­fahr für die evangelische Kirche und ihre Interessen zu er­

blicken sei." Ist es wirklich politisch klug, wenn die Ver­tretung sämtlicher evangelischer Kirchenregierungen den An­sprüchen des Zentrums zulieb einfach ignoriert wird?

Man liebt es manchmal, den ganzen Widerstand gegen Aufhebung von tz 2 des Jesuitengesetzes als eine Mache des Evangelischen Bundes darzustellen. Eine komische Behaupt­ung ! Die Staatsregierungen von Württemberg, Sachsen u. s. w. Pflegen ihre Entschließungen nicht vom Evangelischen Bund abhängig zu machen, ebenso wenig die evangelischen Kirchenrezierungen sämtlicher deutscher Staaten. Aber das ist richtig, daß der Evangelische Bund mit seinem Protest gegen die Jesuiten das Empfinden des deutschen evangelischen Volkes in weiten Kreisen hinter sich hat und diesem einen zutreffenderen Ausdruck verleiht, als die Abstimmung der evangelischen Abgeordneten des deutschen Reichstags. Was der Jesuitenorden in Jahrhunderte» an der evangelischen Kirche gesündigt hat, das ist zu tief in das Bewußtsein des evangelischen Volkes gedrungen, als daß es durch die Be­merkung, das Jesuiteugesetz sei einAusnahmegesetz", so leicht überwunden werden könnte.

Wenn es dem Evangelischen Bund nur auf sein eigenes Wachstum ankäme, so müßte er dem Grafen v. Bülow dank­bar sein. So gut als 1902 die Nachricht von dem Antrag Preußens, wird jetzt die Entschließung des Bundesrats dem Evangelischen Bund viele neue Freunde gewinnen. Schließ­lich hat der Evangelische Bund einen höheren Gesichtspunkt: ihm liegt die friedliche Entwicklung der ganzen evangelischen Kirche, ihm liegt das Gedeihen des ganzen Vaterlands am Herzen und darum bedauert er die Entscheidung der Majo­rität des deutschen Bundesrates."

Tagespolitik.

Seit jener Kriegsreit, d'e mit dem Sturmjahr 1811 einsetzte und mit dem deutsch-französischen Kriege ihren Ab­schluß fand, ist der politische Horizont überall in der Welt nicht so umdüstert gewesen wie jetzt. Rußland und Japan fuhren bereits Krieg; ein Konflikt zwischen England und Rußland ist angesichts der in Großbritannien herrschenden feindseligen Stimmung gegen das Zarenreich durchaus nicht unwahrscheinlich; Unruhen und Kämpfe auf der Balkan­halbinsel sind nahezu mrt Sicherheit zu erwarten. Zu alle­dem ist nun noch in der Südwestecke Europas, in Spanien, eine Stimmung vorhanden, die befürchten läßt, daß dem­nächst eine Periode jener endlosen Wirrnisse eintrete« kann, die Spanien vom Beginne des vorigen Jahrhunderts bis zum Regierungsantritte des Königs Alfons XII. verheert haben. Die Börse ist ein ziemlich guter Barometer für die politischen und wirtschaftlichen Zustände eines Landes. Wie aber die Börse die Situation in Spanien auffaßt, ergibt sich daraus, daß die spanischen Staatspapiere im letzten Vierteljahre stärker zurückgegangen sind, als die russischen. Die ausgesprochene kirchenfeindliche republikanische Partei hat im letzten Jahre überraschend an Anhang in der Bevölkerung gewonnen. Das Ziel der Republikaner ist naturgemäß die Beseitigung der Dynastie. Zu diesem Zweck richten sie ihre Angriffe in erster Reihe gegen die Königin- Mutter, der sie unterstellen, daß sie die eigentliche Förderin und Gönnen» der klerikalen Richtung sei. So ist die Königin-Mutter heute die bestgehaßte Person in Spanien. Die Zahl ihrer Gegner ist unendlich viel größer, als die Zahl derer, die es zu würdigen verstehen, wie die Klugheit der Königin während der 17 Jahre ihrer Regentschaft Spanien mehr als einmal vor dem Zusammenbruch ge­rettet hat.Fällt der Mantel, so muß der Herzog nach," denken die Republikaner. Gelingt es, die Königin-Regentin aus dem Lande zu schaffen, so wird es nicht schwer sein, auch den 18jährigen König vom Throne zu stoßen.

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Der russische Botschafter, Graf Cassini, hat mit dem Staatssekretär Hay eine längere Konferenz gehabt, in welcher es sich um die rusfophobe Strömung in den Bereinigten Staaten handelte. Es wurde später im Staats-Departement eine Darlegung ausgegeben, nach welcher Rußland es gar nicht begreifen kann, warum die Amerikaner eher auf die Sette Japans »eigen, als aus die Rußlands. Der russische Botschafter weist namentlich auf die alte Freundschaft zwi­schen beiden Völkern hin und fragt verwundert, was denn geschehen sei, das dieses Verhältnis bedrohen könnte. Die Zeitungen sind ihm nun die Antwort nicht schuldig ge­blieben. Sie erwähnen die vielen Religionsverfolgungen im Zarenreiche, namentlich aber die Kischinew-Greuel. Bei diesen sei es nahezu erwiesen, daß die Regierung darum gewußt habe. Amerika könne überhaupt wenig Sympathien mit einem Lande haben, in welchem jede freiere Regung auf religiösem wie jedem anderen Gebiete, unterdrückt werde. Es muß indessen bemerkt werden, daß in letzter Zeit die

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

rusfophobe Strömung etwas abgeflaut ist. Im Großen und Ganzen wird ja die Sympathie des amerikanischen Volkes auf der Seite der Japaner bleibe», indessen machen sich schon Stimmen vernehmlich, welche sich für Rußland aussprechen. Zum Teil mag da die Befürchtung mit­spielen, die angestrebte Vorherrschaft der Bereinigten Staa­ten im Stillen Ozean werde in Frage gestellt, sofern Ja­pan siegreich aus dem Kriege hervorgehe. Man sieht im Geiste schon die schlafenden und bewegungslosen Legionen Chinas durch den Weckruf Japans zu einer riesigen gelben Armee aufgerüttelt, deren Ziel es sein würde, die Weißen aus Oftafien auch aus den Philippinen zu ver­treiben.

Deutscher Weichstag.

* Werkk«, 14. März. Kolonialdirektor von Stübel erklärt, laut einem Telegramm des Gouverneurs Leutwein stehen 5000 Hereros unter den Waffen immer noch in guter Stellung. Er halte deshalb eine weitere Verstärkung der Schutztruppe um 800 Mann und 2 reitende Batterien für unerläßlich. Die verbündeten Regierungen meinen, daß zur Wahrung der Würde des Reichs, zur Vermeidung lang­wieriger Kämpfe und unnötigen Blutvergießens und zur Verhinderung der Rückwirkung der Ruhestörungen auf an­dere Kolonien rasch gehandelt werden muß. Sie glauben, daß der Reichstag einverstanden ist, wenn unverzüglich die erforderlichen Maßnahme» getroffen werden. Die Kosten seien noch nicht übersehbar. Sobald dies der Fall sei, werde dem Reichstag eine Vorlage zugeheu, worin die nach­trägliche Genehmigung des Reichstags erbeten werde. Graf Balle st rem bemerkt, daß der Reichskanzler auf die Sache zurückkommen werde, sobald die Vorlage eingegaugea sei. Der AntragOri ol a aufWiederherstellung der Regierungs- forderung bezüglich der Zahl der Unterofffziere wird mit 104 gegen 104 Stimmen abgelehut. (Große Heiterkeit.) Hierauf der Antrag Spahn auf Bewilligung von 719 Unteroffizieren, mehr als die Budgetkommission bewilligt hatte, mit großer Mehrheit angenommen. Die Resolution betr. die Vermeidung der Einberufung von Reservisten während der Erntezeit wird fast einstimmig angenommen. Dröscher (kons.) wünscht bei Titel Bekleidung und Aus­rüstung, daß die Lieferungen an ortsansässige Handwerker und Handwerkergenossenschaften vergeben werde». Zubeil (Soz.) tritt diesem Vorschlag entgegen. Generalleutnant v. Gallwitz legt auf eine Klage Zubeils eingehend die Verhältnisse der staatlichen Bekleidungsämter dar, die sich durchaus bewährt hätten, und rechtfertigt die Vergebung von Arbeiten an Strafanstalten. Er betont gegenüber Zu­beil, daß sich die Arbeiter der Bekleidungsämter vou Um­sturzbestrebungen fern halten müssen. Erzberger (Ztr.) bittet den Kciegsminister, nochmals die Frage zu prüfe:;, indem er auf die Verhältnisse in Frankreich hinweist und anführt, daß in Württemberg ein umfangreicher Handel mit Militärstiefeln getrieben werde, wodurch den Zivilhandwerkern Konkurrenz gemacht werde. Gamp (Rp.) bittet ebenfalls, den Zivilhandwerkerstand mehr zu berücksichtigen. General­leutnant v. Gallwitz: Eine einseitige Betonung der Hand­werkerinteressen sei nicht angängig.- Ju Württemberg habe es sich um Stiefel gehandelt, die von der Militärverwaltung verkauft wurden, da sie nicht verwendet werden konnten. Das Kapitel wird in der KommisfionSfasfung genehmigt. Bei Kapitel Garnisonverwaltung und ServiSwesen wünscht Gersdorff (Kons.), daß Städte mit überwiegend deutscher Bevölkerung in Ser Provinz Posen bei der Einrichtung von Garnisonen berücksichtigt werden. Generalleutnant Gall- Witz hält die Forderung betr. den Bau einer Mietskaserne in Saarbrücken aufrecht. Das Haus beschließt jedoch dem Kommisstonsantrag gemäß die Streichung dieser Position. Die Resolution, wonach Kaserneuneubauten künftig nicht durch die städtische Verwaltung, sondern durch das Reich errichtet werden sollen, wird angenommen.

* ISerti«, 15. März. Der Militäretat wird bei Kapitel: Pferdebeschaffung" fortgesetzt. Rogalla von Bieber­stein (kons.) begründet seine Resolution, eine Erhöhung der Remonteankaufspreise erneut zu erwägen im Interesse der Aufrechterhaltung der äußerst tu Frage gestellten Zucht geeigneter Remontepferde. von Trenenfels (kons.) be­dauert die Vernachlässigung der Zucht von Kaltblütern. Für Südwestafrika hätte man deutsche Pferde statt argen­tinischen ankaufen sollen. Graf Kanitz (kons.) bedauert den bisher ungenügenden Zollschutz der Pferdezucht und führt das Beispiel Frankreichs an, das den Pferdezoll er­höht habe und dadurch seine Pferdezucht hob. General­leutnant Sixt von Armin erklärt, er stehe den heute ge­gebenen Anregungen sympathisch gegenüber und hoffe, bei den diesjährigen Remonteeinkäufen weitere Erfahrungen zu