Aerusprecher Ar. 11.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast",
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Wr. 35.
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Samstag. Marz.
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1904
-r,ntliche<§
In Alrhcngstett, Möttlingen, Monakam. Neuhcngstett, Ostelsheim, Ottenbronn, Simmozheim und Unterhaugstett, OA. Calw, wurden am 10. März öffentliche Telegraphcnanstalten mit Telephonbetrieb dem Verkehr übergeben.
Aufhebung des 8 2 des Jefuitengefetzes.
Drr Bundrsrat har dem vom Reichstag heschlossenen Gesetzentwurf betreffend die Aufhebung des tz 2 des Jesuiteu- gcsctzes zugestimmt. Dieser Paragraph gab der Regierung die Befugnis, den Jesuiten, auch wenn sie Inländer sind, den Aufenthalt an bestimmten Orten zu versagen — ein Ausnabmerecht, das sonst nur für entlassene Sträflinge besteht. Mit der Aufhebung dieses Paragraphen wird den Ultramontanen eines der wirksamsten Agitationsmittel entzogen, das sie seit 30 Jahren — das Jesuitengesetz besteht seit 1872 — weidlich benutzt haben. Freilich ist damit noch nicht das ganze Jesuitengesetz aufgehoben. Sein tz 1 bleibt bestehen, wonach die Ordenrtätigkeit der Jesuiten untersagt bleibt. Es scheint, daß für eine gänzliche Beseitigung des Jesuitengesetzes die kleineren Bundesstaaten vorläufig absolut nicht zu haben sind, und es mag schon manchen Kampf gekostet haben, daß sie der Aufhebung des ß 2 zustimmten. Im vorigen Jahre waren sie noch nicht soweit, und wenn sie heute umgestimmt sind, so wird eben Preußen sein ganzes Gewicht ihnen gegenüber in die Wagschale geworfen haben. Preußen-Deutschland Weiß, warum es das tut!
Zur Aufhebung des Jesuiten Paragraphen schreibt die Germania: Wern uns auch die Aufhebung des ganzen Jesuitengesetzcs als eines Ausnahmegesetzes noch verweigert wird, so gereicht es uns doch zu großer Befriedigung, daß endlich wenigstens der häßlichste Auswuchs dieses Gesetzes, der die einzelnen Mitglieder des Jesuitenordens für vogelfrei erklärte, aufgehoben worden ist. Der Bundesrat hat damit nicht an letzter Stelle sich selbst einen guten Dienst erwiesen. — Die Voss. Ztg. schreibt in derselben Sache: Was Windt- horst, dem klugen Parteiführer, nicht gelang, das haben seine unbedeutenden Nachfolger erreicht; was Fürst Bismarck, Graf Caprivi, Fürst Hohenlohe verweigerten, das hat Graf Bülow, der höflichste aller Reichskanzler, zugestanden. Die Haltung des Grafen Bülow kann nicht überrasche«, er hat sich in die Brust geworfen und seine konstitutionelle Gestnn- ung betätigt, hat er doch getan, was der Reichstag wollte. Aus welchen Gründen aber hat der Bundesrat seine Haltung geändert? Mit einer Abschlagszahlung begnügt sich das Zentrum wohl nur für den Augenblick und nicht für die Dauer. Muß man in der Tat glauben, daß mit dem jetzigen Beschluß des Bundesrats die Stimmung des in Militär-, Marine- und Kolonialfragen augenblicklich unbequem tuenden Zentrums verbessert werden soll? — Auch das Berl. Tagedl. glaubt, daß Graf Bülow das Zentrum für neue Gegengeschenke willfährig machen will, besonders auf dem Gebiet der Marinebewilliguugen, da bereits auf die gestrige Sitzung der Budgetkommisfion die kommende Flottenvorlage einen Schatten geworfen habe. —- DieNat.- Ztg. schreibt: Die Zustimmung des Bundesrats zur Aufhebung des tz 2 ist ohne Frage erfolgt in der Voraussetzung, daß hiedurch dem konfessionellen Frieden genützt und die vorbehaltlose Mitarbeit des Zentrums an der Lösung der großen vaterländischen Aufgaben und der gesetzgeberischen Arbeiten auf allen Gebieten erlangt werde. Die große Frage ist nur, ob diese Voraussetzung zutrifft. Leider muß die Aussicht hieiür als so schwach wie nur möglich bezeichnet werden; das Zentrum wird nicht aufhören, de» Rest des Jesuitengesetzes weiter zu bekämpfen, es wird nicht weniger als zuvor bei jeder positiven Mitarbeit auf Politischem Gebiet bestrebt sein, als Gegenleistung neue Maßnahmen zur Förderung des klerikalen Einflusses herauszuschlagen.
Tagespolitik.
Es werden immer mehr Stimmen laut, welche Bedenken gegen die Aufhäufung von staatlichen Versicherungs- Reservefonds erheben. Die Jnvaliden-Berstcherungsanstalten haben gegenwärtig bereits 1100 Millionen Mark an Vermögen aufgespeichert, die Krankenkassen nahezu zweihundert Millionen Mark. In den Reservefonds der Berufsgenossev- schaften lagerten vor Erlaß der neuen Bestimmungen 130 bis 140 Millionen Mark. Jetzt sollen im Verlauf von etwa 20 Jahren noch etwa 250 Millionen Mark hivzukommen. Wenn die Witwen- und Waisenversicherung eingeführt werden wird, wird sicherlich auch eine Reserve bereitgesteüt werden sollen. Wo soll das hin! Die Jnvalidenverfiche- rungsanstalten entziehen der gewerblichen Tätigkeit gegenwärtig bereits Jahr für Jahr 80 Millionen Mark. Ist es da gut, noch weitere 10 oder 12 Millionen Mark für die Fonds der Berussgenosfenschaften jährlich lahm zu legen.
Gewiß hat das deutsche Gewerbe bisher die ihm auferlegte Belastung ertragen, eines Tages aber könnte es damit zu Ende sein, und die ersten und hauptsächlichsten Leidtragenden würden dann die Arbeiter sein, in deren Interesse alle
diese finanzielle» Operationen vorgcnommen werden.
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Tie Militär-Debatten im Deutschen Reichstage gewinnen, wie sich voraussehe» ließ, in diesem Jahr eine ungewöhnliche Länge, an verschiedenen Armee-Einrichtungen wird eine so scharfe Kritik geübt, daß einem mit der tatsächlichen Wirklichkeit nicht vertrauten Ausländer, der diese von deutschfeindlichen Zeitungen Mit Vorliebe gebrachten Reden liest, die Haare zu Berge steigen müssen. Solche Leute müssen sich wirklich fragen, wie in Deutschland so etwas möglich sei, wie der deutsche Kaiser so etwas dulden, wie das deutsche Volk sich so etwas gefallen lassen könne? Wenn man damit vergleicht, wie die Engländer sich verhielten, als deren Soldaten und ihre Brutalität im Boern- kriege in der Presse aller Länder einer wirklich gerechten Kritik unterzogen wurden — sie stritten bekanntlich alles ab —, so versteht man schon, wie doch im Reichstage so maßlos übertrieben werden kann. Soldaten sind keine Engel, weder bei uns, noch irgendwo, aber wenn alles in Wahrheit so stände, wie im Reichstage behauptet wird, wie wäre es dann möglich, daß Millionen ehemaliger deutscher Soldaten sich auch im Bürgerstaude noch gern der Jahre erinnerten, in welchen sie den bunten Rock getragen, und zum Zeichen dessen sich zu Krieger-Vereinen zusammentun! Das ist doch alles kein Lug und Trug, und es müßte das sein, wenn es in unserer Armee so wäre, wie manche Herren im Reichstage eS darzustellen belieben. Nein, Deutschland kann noch immer stolz sein auf sein Volk in Waffen, und wenn unerquickliche Dinge vorgekommen sind, haben wir daran zu denken, daß wir in einer Zeit leben, welche allenthalben Unerwünschtes zeitigt. Auf den verschiedenen militärischen Expeditionen haben unsere Soldaten eine ganz ausgezeichnete Leistungsfähigkeit bewiesen, die uns sicher sein läßt, daß sie auch in einer dem Vaterlande drohenden Gefahr nicht versagen, sondern mit ihrem Leben den hehren Ruf der
Armee betätigen werden.
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Die Zustände, wie sie in Böhmen, und besonders in Prag bestehen, find eine Schande für die österreichische Regierung mit ihrem Kaiser deutschen Stammes an der Spitze. Diese ganze deutsche Regierung läßt es zu, daß in Böhmen die Tschechen alles Deutsche anfeinden, verunglimpfen und zum Lande hinauswerfen. Am tollsten geht es gegenwärtig in Prag zu. Dort ist es so weit gekommen, daß die Tschechen sogar die deutschen Studenten mit Totschlag bedrohen, die mit ihren bunten Kappen und Bändern sich auf der Straße sehen lassen. Die Krawalle sind noch nicht abgeschlossen, denn in den Zeitungen, in Versammlungen und selbst in den tschechischen Kirchen wird der tschechische Pöbel za Gewalttaten gegen die Deutschen fortgesetzt aufgehetzt. — Im Hause Oesterreich kracht es in allen Fugen, die Regierung ist zu schwach, um Schäden zu bessern und Ordnung zu halten; wie die Maulwürfe unterwühlen der sla- vische und magyarische Pöbel die Gruudvesten des Hauses, die Zeit läßt sich jetzt schon absehen, in der das einst so stolze Gefüge zusammenbrechen wird.
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Wenn der schlimme Fall eintreten sollte, daß der Krieg nicht auf Japan und Rußland beschränkt bliebe, sondern England und Frankreich hereingezogen würden, so wäre Frankreich übel daran. Es könnte selbstverständlich Soldaten nur unter dem Schutz einer schlagfertigen Flotte über den Ozean verschiffen. An dieser schlagfertigen Flotte fehlt es aber ganz und gar. So daß eigentlich Frankreich als Bundesgenosse Rußlands in Ostasien oder als Gegner Enalands gar nicht ernsthaft in Rechnung kommt. Ja einer großen Debatte wurde diese Tatsache von der französischen
Abgeordnetenkammer unverhüllt zugegeben.
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Die Nachrichten aus Spanien künden selten Gutes, jetzt aber lauten sie besonders schlimm. Die Getreide- und Mehlpreise sind derart gestiegen, daß eine Hungersnot befürchtet wird. Ein Gesetzentwurf soll nun den Zoll auf ausländisches Getreide herabsetzen. In der Zwischenzeit haben an verschiedenen Orten Notstandskrawalle stattgefunden. Am ärgsten ging es in Valladolid her, wo es mehrere Zusammenstöße mit der Polizei gab. Mehr als ein Dutzend Personen wurden dabei verwundet. Drr Stadtrat hat sich entschlossen, Brot billig an die ärmeren Klassen abzugebeu. Das hat etwas beruhigend gewirkt, aber der Funke der Empörung glimmt weiter. Und ist hier mit allen Machtmitteln Ruhe geschafft worden, dann geht es in einer anderen Stadt
los. Solange die sozialen Reformen fehlen, wird Spanien
ein unruhiges Land sein.
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Die „Köln. Ztg." zeichnet das gegenwärtige Situ- ationsbild im fernen Osten folgendermaßen: Anfang März beginnt der Eisgürtel, der die Küste von Nordwest-Korea und die Halbinsel Liaotung umgibt, sich langsam zu lösen, und erst dadurch wird die Möglichkeit für die Japaner geboten, ihre Bewegungsfreiheit auf See voll auszunützen. Voraussichtlich wird zunächst Tschinampo in Nordwest-Korea z» einem Etappenhafen benutzt werden, da von dort auS den um Phönyaug stehenden Truppen schneller und leichter Verstärkungen und aller Bedarf nachgeführt werden können als von der Linie Tschemulpo-Söul. Der Zeitgewinn beträgt mindestens 5 Tage bei gutem Wetter; jetzt aber, wo Tauwetter eingetreteu ist und die an und für sich schlechten Wege tief aufgeweicht find, noch erheblich mehr, ganz abgesehen von der Schonung der Truppen. Die Russen haben indessen kein Interesse, sich einer Niederlage in Korea auszusetzen, sie werden sich langsam zurückziehen, durch ihre überlegene Kavallerie aber dem Feinde an der Klinge bleiben und suchen, möglichst viel Truppen des Gegners zu beschäftigen. Anscheinend wird die Entscheidung von Japanern an der ostchinesischen Bahn gesucht. Dazu wäre die Einschließung von Port Arthur zu Lande nötig und ein Vormarsch an der Strecke gegen die südlich von Charbin stehende russische Hauptmacht. Die Russen befestigen nun eine Stellung bei Haitscheng östlich der Bahn gegenüber der Marschlinie nach Charbin. Die Japaner können in absehbarer Zeit Niutschwang, wo die ostsibirische Bahn an das Meer tritt, und Pitzewo an der Ostküste der Halbinsel von Liaotung als Landungspunkte benützen. Am letzteren Orte sind sie 1894 gelandet, als sie gegen Port Arthur vorgingen. Das gemeinsame Ziel der beiden Hreresteile würde dann Haitscheng sein, während ein drittes Korps nach Süden ginge, um die Festung von jeder Verbindung abzuschneiden.
Lcmdesnachrichten.
* Aeavnkach. 7. März. Heute ist in Liebelsberg dem dortigen Schultheißen Hanselmann die ihm am 25. Febr. verliehene Verdienstmedaille des Friedrichsordens durch Regierungsrat Völler von Calw übergeben worden. Diese Auszeichnung gab Aulaß zu einem Fest, das die dankbare Gemeinde ihrem verdienten Ortsvorsteher bereitete. An demselben nahmen auch viele Freunde und Amtsgenosfen des Dekorierten aus dem ganzen Oberamt teil. Reg.-Rat Völter zählte die Verdienste auf, die Schultheiß Haaselmanu in 33jähr. Amtszeit sich um seine Gemeinde erworben hat. Es war erstaunlich, zu hören, wie vielfach derselbe Schritt für Schritt seine Gemeinde gefördert hat. Die zuvor durch Parteien zerklüftete Gemeinde, deren Land- und Waldwirtschaft wenig rationellen Betrieb aufweisen konnte, ist jetzt eine Mastergemeinde geworden. Bei dem folgenden Essen wurde hcrvorgehoben, daß sich Hr. Hanselmann «m den ganzen Bezirk verdient gemacht habe.
* Stuttgart, 9. März. Heute wurden zwischen hier und Königsberg i. Pr., Entfernung 1341,10 Klm. die ersten telephonischen Gespräche mit Erfolg geführt.
ff Den Klagen über zu leichte Verwechselung der Fünfzig- Pfennigstücke mit den Zehnpfermigftücken will die soeben dem Reichstage zugegangene Ergänzung zum Münzgesetz abhelfen. Durch vermehrte Beimischung von Kupfer solle« die Fünfzig- Pfennigstücke schwerer und dicker werden. Zugleich ist geplant, ihren Durchmesser etwas zu verkleinern, ferner, statt der jetzigen Wertbezeichnuug 50 Pfg. die Wertangabe „Vs Mark" zu wählen. Vielleicht machen sich die neuen Fünfzig- Pfennigstücke bei dem Publikum beliebter, als die Fünfmark- stücke, an die man sich aber auch im Laufe der Zeit gewöhnen wird.
* Höppiuge», 9. März. Heute vormittag 11 Uhr wurde über das Vermögen des Bauwerksmeifters Alben Schönhut das Konkursverfahren eröffnet. Konkursverwalter ist Bezirksnotar Huber von hier. Schönhut besitzt hier außerdem eine Rollladenfabrik und eine Sägefabrik. Biele dem Mittelstand angehörige Bürger, namentlich Handwerksleute werden schwer in Mitleidenschaft gezogen und weitere Konkurse dürften deshalb folgen.
* (Verschiedenes.) „Wenn die Schwalben wiederkommen, die Wer n schauen", unter dieser Devise erschoß sich ein 28- jähriqer Mann in Lauffen a. N. in einem Weinberg.— Der flüchtige Postexpeditor von Donzdorf ist verhaftet. — In Tübingen wurde der 53jähr. Flaschner Holoch und in Cannstatt der Postunterbedienstete Model je vom Zug überfahren. Beide verloren ihr Leben. — Die Villa Gutmann in Göppingen wurde von der dortigen OA - Pflege um 62,000 M. angekauft.