Jeritspre-er M. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage Der Sonntags- Gast".

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Wr. 38.

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Donnerstags 10. März.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­tragreichste Verbreitung.

1S04.U

Amtliches

Die Ortsschulbehörden werden ersucht, ««fehlbar bi«»e» 14 Tage» hieher mitzuteilen, ob in ihren Gemeinden im abgelaufenen Winter­halbjahr 1903/1904 freiwillige landwirtschaftliche Fortbild­ungsschulen bezw. landwirtschaftl. Abendversammlungen be­standen haben und dringend gebeten, Gesuche»« Staats - beitrüge spätestens bis 2V. d. Mts. hierher ei«- zrrreiche«.

Die Gesuche müssen enthalten: u) bezüglich der freiwilligen landwirtschaftl. Fortbildungs­schulen : Kurze Bezeichnung der abgchandelten Unter­richtsgegenstände, Zahl der erteilten Unterrichtsstunden, Zahl der Schüler, Beginn und Schluß der Schule, Namen der Lehrer und Angabe, ob eine Visitation der Schule stattgefunden hat; b) bezüglich der landwiciscyaftlichen Abendversammlungen: Kurze Bezeichnung der behandelten Gegenstände, Zahl der abgebaltenen Versammlungen, Zahl der Teil­nehmer, Namen der Leiter oder derjenigen Personen, welche sich derselben besonders angenommen haben. Nagold, ». März 1904.

Der Vorstand des landw. Bezirksvereins: Oberamtmann Ritter.

Hebe rt ragen wurde die Forstamtmannstelle in Calmbach

dem Forstreferendär 1. Kl. Locher in Weingarten; diejenige in Obcr- thal dem Forstreferendär I. Kl. Plieninger daselbst;^ diejenige in Schön- münzach dem Forstreferendär 1. Kl. Straub in Nürtingen.

Versetzt wurde auf Ansuchen Stationsmeister Abele in Teinach

»ach Schemmerberg.

^ Unsere Armee.

(Nachdruck verboten.)

Im deutschen Reichstag spielt sich jetzt das alljährliche Redetournier zwischen den Leitern der Heeresverwaltung und den Führern der sozialistischen Partei ab. Es ist selbstver­ständlich, daß unsere Armee nicht aus Engeln besteht, aber wenn wir vergleichen, was in ihren Reihen geschieht, und was sich im zivilen Leben abspielt, zu dem dost) auch die radikalen politischen Gruppen ihren Beitrag liefern, dann erkennen wir, daß manche an sich beklagenswerte Dinge ihren Ursprung nicht ausschließlich in dem militärischen Wesen haben. Die Prozesse vor den Kriegsgerichten haben Dinge aufgedeckt, über welche Vieles gesagt worden ist; dasselbe haben aber auch Schwurgerichts- und Strafkammer-Verhand­lungen erbracht, und die Lektüre dieser Gerichts-Referate ist für alle anderen Kreise nur zu oft mehr geeignet gewesen, als für Familienkreise. Der Zug der Rohheit und Gewalt­samkeit, welcher sein charakteristisches Merkmal vielen Vor­kommnissen aufprägt, rührt schon aus jüngeren Jahren her, in welchen ihm eine gerechte Erziehung nicht genügend wehrte; Personen, die sich, wenn sie den Jünglingsschuhen entwachsen waren, Brutalitäten zu Schulden kommen ließen, haben den Keim dazu schon lange in sich getragen. Wir müssen das betonen, um von vornherein allen Unterstellungen die Spitze abzubrechen, als sei es die Armee, aus deren Ge­bühren sich solche Dinge erst entwickelten. Soldatenhand­werk kann kein weichliches Tun vertragen, das ist selbstver­ständlich. Daß die Militär-Verwaltungen, und erst recht der oberste Kriegsherr jede Soldaten-Mißhandlung auf das Entschiedenste mißbilligen, ist so bekannt, daß es nicht erst groß noch bewiesen zu werden braucht. Es kann auch nicht ein jeder Unteroffizier oder Offizier, der z. B. mit Rekruten zu tun hat, für alles, was sich da ereignet, verantwortlich in dem Sinne gemacht werden, als hätte er von vornherein seine Freude an einer harten Behandlung der Leute gehabt. Mancher Aerger wird den Vorgesetzten auch absichtlich be­reitet; das entschuldigt natürlich nicht Dinge, die nicht sein sollen, aber es erklärt sie.

Das Leidige bei diesen langen Militär-Debatten im deutschen Reichstage ist, daß es bei vielen einfachen Leuten im Volke die Annahme zu erwecken geeignet ist, solche Dinge, wie bei uns, kämen in anderen Ländern überhaupt nicht in dem Berhältnismaße vor. Das ist selbstredend ein ganz gewaltiger Irrtum, die militärischen Verhältnisse liegen bei uns in keiner Weise schlechter, als anderSwo, jeder, der im deutschen Heere gedient hat, weiß, daß nicht auf Kosten der Disziplin alles erkauft werden kann. Unsere ehemaligen Soldaten haben, ob sie Sozialdemokraten geworden waren oder nicht, die Köpfe geschüttelt, wenn sie z. B. in den Zeit­ungen lasen, daß englische Artilleristen die Pferde-Geschirre zerschnitten, um vom Dienst befreit zu werden. Das wird kein deutscher Mann, der die Waffe getragen, billigen. Sol­daten müssen etwas leisten, um im Ernstfälle nicht zu ver­sagen. Darüber besteht kein Zweifel; nur wer sich der Ehre, die es bedeutet, des Kaisers Rock zn tragen, voll bewußt

ist, der wird im Ernstfälle und in harter Zeit so den An­forderungen des Vaterlandes entsprechen, wie dieS eS wün­schen muß. Wir dürfen ja Wohl hoffen, daß wir so leicht keinen Feldzug erhalten werden. Aber deshalb die Hände in den Schoß zu legen und die Ausbildung der Rekruten zu vernachlässigen, das wäre das gerade Gegenteil derjenigen Methode, die geeignet erscheint, uns den Frieden zu erhalten.

Frankreich ist eine Republik, es fehlt dort die monarchische Spitze, welche auf die Erhaltung des strengen, für die Armee nun einmal unentbehrlichen Ehrbegriffes sieht. Es ist aber bekannt, wie schon mehr als ein französischer Offizier, der gewiß kein Freund Deutschlands gewesen ist, offen angesichts der bekannten, mitunter recht unerquicklichen Zwistigkeiten zwischen Armee und Zivilgewalt geäußert hat, es sei schade, daß man nicht einen Mann, wie den deutschen Kaiser Wil­helm II. an der Spitze der französischen Armee habe. Das ist bezeichnend für die Anschauungen unserer erbittertsten Gegner über die Kritik, welche extreme deutsche Politiker an der deutschen Armee üben. Unsere Armee gilt manchem Ausländer mehr, als sie den deutschen LandSgenossen gilt. Erfreulich ist es nicht, aber eine charakteristische Tatsache für mancherlei Verhältnisse im 20. Jahrhundert.

Bei uns ist während des Boern-Krieges so manches harte Wort über den damaligen englischen Kolonialminister Chamberlain und seine Parlamentsmehrheit mit vollstem Recht gesprochen, aber eins mußten wir, von ihrem Standpunkt aus natürlich betrachtet, anerkennen. Als bei uns aus der deutschen China-Expedition verschiedene, noch dazu meist ent­stellte Einzelheiten gemeldet wurden, da fanden sich Politiker, die ohne weiteres alle fremden, zum Teil direkt erlogenen Behauptungen als vollständig wahr annahmen und ein un­heimliches Sünden-Register unserer Ostastaten aufstellten. Und manche treuherzige Leute aus dem Volke schüttelten be­denklich über die ihnen da erzählten Schauer-Mären die Köpfe. Was geschah statt dessen in England, als völlig glaubwürdige und tatsächliche Berichte über Gewalttaten britischer Soldaten in den früheren Boern-Staaten gemeldet wurden. Chamberlain und seine Freunde wiesen das kurzer Hand und unbedingt ab mit der Erklärung, wenn überhaupt etwas geschehen sei, so sei das Kriegsgebrauch gewesen. Ja, der Minister verflieg sich zur Entschuldigung noch zu der Behauptung, die Deutschen hätten es 1870/71 nicht anders gemacht, eine Kühnheit, die ihm allerdings sofort die ver­dienten Antworten aus Deutschland einbrachte.

So ist es bedauerlich, daß bei uns Politiker, die für alle Mißstände im Auslände irgend eine Erklärung haben, für die eigenen deutschen Zustände und ihre Kritik stets die Brille der schwärzesten Voreingenommenheit aufsetzeu, »nd ohne Gnade und Erbarmen alles mit Stumpf und Stiel in , den Boden zu treten suchen. Und was wird mit diesen ' weitgehenden Uebertreibungen erreicht? Gar nichts anderes, als diesem und jenem Deutschen die Lust und die Freude an der Heimat vergällt, de» auf uns neidischen Ausländern aber ein Hochgenuß bereitet wird. Das ist alles und leider herzlich wenig!

Deutscher Weichstag.

* Berlin, 7. März. (Militäretat.) Dasbach (Ztr.) beschwert sich darüber, daß in einem Thorner Liebhaver- theater, dem auch Offiziere augehören, das Sakrament der Berichte verhöhnt worden sei. Bebel (Soz.) bekämpft die neulich? Aeußerung des Kriegsministers, es seienolle Kamellen", die er vorgebracht habe. Seine Ausführungen über die Mißhandlung des Generals Büssing gegen seinen Burschen halte er aufrecht. Daß die Militärverwaltung gegen Soldatenwißhandlungen vorgehe, habe er nicht be­stritten, aber die Mißhandlungen hätten nicht abgenommen. Der Vorwurf, daß die Sozialdemokraten die Harmonie in der Armee stören und Aufhetzung treiben, sei unberechtigt. Was die Sozialdemokraten an Tatsachen in den letzten Jahren gegen die Zustände in der Armee vorgebracht hätte», sei aus Schriften und Broschüren entnommen, die fast alle Angehörige der Armee verfaßt hätten. Die Sozial­demokratie und der Zukunftsstaat nehmen heute dieselbe Stellung ei», wie seinerzeit der Liberalismus. Wenn einmal Krieg ausbreche, worin es sich um die Existenz Deutschlands handle, dann sei auch die Sozialdemokratie bereit, bis zum letzten Manu die Flinte auf die Schulter nehmen und zu kämpfen. Bis zum letzten Atemzug würde sie das Vater­land verteidigen, wenn es jemand wagen sollte, ein Stück von ihm loszureißen. (Rufe rechts : Das ist ja sehr schön!) Liebermann v. Sonnenberg (Arktis.) hält Bebels Rede für eine Diversion, um der Niederlage zu entgehen, die der Kriegsminister ihm beigebracht habe. Bebel habe wie ein Bourgeois vom Baterlande gesprochen. Demgegen­

über führt Redner Aeußerungen von Sozialdemokraten in Wort und Schrift an, die das Gegenteil beweisen. Die Sozialdemokraten seien bewußt antimonarchisch und deshalb in der Armee nicht zu gebrauchen. Redner fordert dann schleunige Revision der gesetzlichen Bestimmungen über die Invaliden- und Beteranenpension und über den Ehrensold. Seine Parteifreunde würden den Anträge» zustimmen, die von den Abgg. Nißler und Oriola eingebracht seien, wo­durch die Bedingungen für den Bezug von Pension er­leichtert werden. Kriegsmioister v. Einem führt aus: Wenn sich der von Dasbach erwähnte Fall einer Berhöh. nung der kath. Religionsgebräuche bestätigen sollte, so werde sofort Remedur eiutreteu. Gegen die Duelle gehe die Militärverwaltung energisch vor. Die Andeutung Bebels, daß sich in Posen der neulich erwähnte angebliche Allen- steiner Vorfall ereignet habe, sei unberechtigt. Infolge der Ausführungen Bebels über die Mißhandlungen seitens des Generals v. Büssing habe der letztere die Akten eingesandt, aus denen sich die völlige Grundlosigkeit der Borwürfe gegen ihn ergebe. Redner weist die Bemerkung zurück, daß der Fall Arenberg für die Militärverwaltung systemathisch und typisch sei. Bezüglich des Eintretens Bebels für das Vaterland falle ihm das Wort ein: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glauben. Man könne einerseits nicht das Vaterland diskreditieren und andererseits von den Leuten verlangen, daß sie ihr Blut und Lebeu in die Schanze schlagen für das verlästerte Vaterland. Die An­sicht sei ganz falsch, daß die Armee nicht so sehr zur Unter­stützung der Politik da sei, sondern mehr zur Abwehr des inneren Feindes. Die sozialdemokratische Behauptung sei falsch trotz Ihrer (zu den Sozialdemokraten) Ueberintelligenz. Nach den heutigen Worten Bebels über die Disziplin sei er versucht, vielleicht einmal eine Truppe zu organisieren aus Genossen, deren Offiziere ebenfalls Genossen seien,

I (Bebel ruft: famos!) dann könnte man wohl beobachten, wie bald die Disziplin in die Brüche ginge. Bayrischer Generalmajor End res: Gradnauer zitiene die Aeußerung des bayerischen Kriegsministers, daß er in der Kraft er­lahmt sei, gegen die Soldatenmißhandlungen anzukämpfen. Er sei in der Lage, den Minister gegen sich selbst verteidigen zu können. Der Minister setzte sich ein hohes Ziel und empfand jedenfalls das Gefühl der Resignation und des Pessimismus bei dem Rücktritt, daß seine Anregungen auf Beseitigung der Mißhandlungen nicht auf fruchtbaren Boden gefallen seien. ES sei im Gegenteil sehr viel auf diesem Gebiete geschehen und erreicht worden. Vogt -Hall tritt für Beseitigung der Ungerechtigkeiten gegenüber der Kavallerie und insbesondere für Einführung der zweijährigen Dienst­zeit ein.

* Berlin, 8. März. Auf der Tagesordnung steht zu­nächst der Gesetzentwurf betr. die Rechtsstellung des herzog­lich-holsteinischen Fürstenhauses. Der Entwurf wird in erster und zweiter Lesung angenommen. In der fortge­setzten Beratung des Militäretats bedauert Sattler (nlb.), daß es nicht gelungen sei, eine Vermehrung der Unteroffi­ziere in der Budgetkommisfion durchzusetzen. Die Aeußerung Bebels, daß die Sozialdemokraten das Vaterland bis zum letzten Atemzug zu verteidigen bereit seien, sei sehr erfreu­lich ; er glaube aber, daß Bebel sich und seinen Freunden die Entschließung Vorbehalten werde, ob es auch ein ge­rechter Verteidigungskrieg sei. Ledebour (soz.) meint, durch die abgöttische Verehrung der Disziplin in der Armee sei dem Vorgesetzten eine Machtvollkommenheit gegeben, die niemals sonst in irgend welcher Bevölkerungsklasse vor­komme. Sehr viele Beschwerde» gelangen gar nicht au die Oeffentlichkeit. Redner bespricht dann den Erlaß des Erbprinzen von Sachsen-Meiningen, welcher bestimmt, daß Beschwerdeführer zu anderen Truppeteilen versetzt werden sollen. Die Anordnung könne doch nnr dann einen Sinn haben, wenn der Prinz angenommen habe, daß der Be­schwerdeführer beim Verbleibe» in seinem Truppenteil nun erst recht gemißhandelt werde. Ledebour spricht dann vom Patriotismus der Sozialdemokraten. Müller-Meiningen (frs. Vp.) wendet sich gegen die Erklärung des Kriegsmi­nisters, daß der Erbprinz von Sachsen-Meiningen wegen des bekannten Erlasses nicht verabschiedet worden sei, da er ja zum Generalinspekteur ernannt wurde. Es sei bedauer­lich, daß nicht eine Beschwerdepflicht, sondern ein Be­schwerderecht bestehe. Kriegsmiuister von Einem führt aus: Die Bemerkung des Vorredners, der Erbprinz vo« Sachsen-Meiningen sei wegen Bekämpfung von Soldateu- mißhandlungeu verabschiedet worden, bedeute eine Insi­nuation gegen den Kaiser, als ob er nichts gegen die Miß-