Aernsprecher Kr. 11.
Erschstnt Dimstag Donneret«, Samstag mck Sonntag mit der wöch. Beilage »Der SonntagS-
BestellpoeiS für das Biertehahr im Bezirk »- Rachdarortsverkehr Mk. 1.15, außerhalb Mk. 1.25.
MmhSblatt f
" <^-'2
oberen
UttenMig
MdlllMerhaltMgFblatt
Einrückungs- Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 6 Prg. auswärts je 8 Pfg. die einspaltige Zeile oder deren Raum.
Verwendbare Beiträge werden dankbar Angenommen.
Mr. 35.
Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.
Samstag. 5. März
Bekanntmachungen aller Art finden die er- I 1904 folgreichste Verbreitung. !
Deutschlands Flotte.
(Nachdruck verboten.)
Eifrige Federn sind jetzt, nachdem der ostastatische Krieg noch nicht vier Wochen gedauert hat, und noch keine Seeschlacht wirklich großen Stiles geschlagen worden ist, schon bei der Arbeit, um die Lehren aus den kleineren Seegefechten von Port Arthur und Tschemulpo zu zeigen. Die gute Absicht in alle» Ehren, aber man wird doch noch etwas länger warten müssen, um mit vollster Begründung Schlüsse ziehen zu können, zumal ein Gefecht, wie das von Tschemulpo, zwischen europäischen Nationen nicht möglich ist. Die Handlungsweise der Japaner, die über Nacht den Krieg vom Zaun brachen und sofort ein kleines russisches Geschwader, das sich auf den Kriegsbeginn »och gar nicht hatte einrichten können, augriffen, entspricht dem, was mau Anstand unter Gegnern nennt, nicht. Aber dieser Krieg hat doch etwas so Wichtiges gezeigt, daß nichts Bedeutenderes während des kommende» Feldzuges mehr erbracht werden kann, nämlich, daß eine Auseinandersetzung mit Waffengewalt einen jeden Staat nur so »anfliegen* kaun. Die Nordamerikaner haben mit der an sich in keiner Weise begründeten plötzlichen Kriegs-Erklärung gegen Spanien schon ein Pröbchen der Rücksichtslosigkeit gegeben. — Denn bis heute ist noch nicht erwiesen, daß das amerikanische Kriegsschiff Maine vor dem Hafen von Havannah wirklich von Spaniern in die Luft gesprengt ist, und die Japaner geben nun vom Neuem zu wissen, wie in der modernen Zeit gebildete Großmächte über den Krieg denken. Greift diese Anschauung weiter um sich, dann muß freilich jeder friedliebende Staat sich doppelt Vorsitzen; solche Auffassung bei fremden Regierungen und Völkern begründet viel triftiger jede Erhöhung der Wehrkraft, als lange statistische Ausarbeitungen, Darlegungen und Vergleiche. Bon dem Standpunkt aus betrachtet, mag unsere ReichS- Marine-Verwaltung in nicht zu ferner Zeit sich allerdings in die Lage versitzt sehen, zu fragen : »Wiestehen wir da?* Denn Rußlands und Japans Streit beweist, daß man einen Krieg bekommen kann, ohne ihn zu wollen, wenigstens für die Gegenwart nicht zu wollen, auch in den allerentferntesten Gegenden. Zu Hause haben wir das 1870/71 schon erfahren.
Die Hauptaufgabe unserer deutschen Flotte wird immer die Sicherung der deutschen Küsten, unserer großen Handelsplätze, der Zentralpunkte des deutschen Seeverkehrs bleiben. Allein die Einnahme von Hamburg würde dem deutschen Nationalwohlstande kolossale Wunden schlagen, die m Jahren nicht vernarbten. Aber wenn diese Hauptaufgabe eine natürliche und von vornherein gegebene ist, so ist sie nicht die einzige. Hunderte von Millionen deutschen Geldes stecken in der deutschen Kauffahrtei-Flotte, in den Produkten und Fabrikaten deutscher Arbeit, welche sie über die Weltmeere bis an die fernsten Küsten führen, um von dort die Produkte der Fremde heimzubriugeu. All' dieser Milliardenwert hängt von dem Angenblick an, in welchem Deutschland mit einer Großmacht in Krieg verwickelt wird, in der Luft, denn jede Großmacht, einschließlich der beiden jüngsten der Nordamerikanischen Union und Japans, ist heute Seemacht und weiß, daß sie dem Feinde zu Wasser noch weit mehr Schaden zufügen kann, wie zu Lande. Damit wird der Seekrieg nicht allein kostspieliger, wie der Landkrieg, sondern auch gegebenen Falles, fast noch wichtiger, denn die ganze Lohn und Brot gebende, Kapital schaffende Friedenstäligkeit kann ans lange, lange Zeit hinaus unterbunden werden. Hiergegen einen vollwichtigen, unter keinen Umständen versagenden Schutz herbeizuführeu, wird unter keinen Umständen gelingen, selbst das zur See übermächtige England würde manchen Nadelstich auszuhalten haben, aber die Verluste lassen sich reduzieren durch eine verfügbare Schutzflotte. Wir denken an keine Armada für einen Weltkrieg, nur an eine Versicherung gegen zu große« Schaden. Weiter bedeutet die Schaffung einer ausreichenden Flotte nichts, und auch davon könnte ein gut Teil abgestrichen werden, wenn ein friedfertiges Volk wüßte, daß mau überall so friedfertig dächte. Aber leider beweisen die Tatsachen genug, daß dem nicht so ist.
Das Marine-Kapitel ist ein so schwieriges, sitzt ein solches umfangreiches Spezial-Studium voraus, daß die Beherrschung für einen Laieu unmöglich ist. Bestimmte Vorschläge können erst von einer Stelle gemacht werden, die über alles — offene und geheime Material — verfügt, wenn die umfangreichsten Ergebnisse vorliegen. Damit ist aber auch daun noch nicht gesagt, daß etwas unbedingt geschehen soll, denn über de» allerletzten Punkt, den Geld- Punkt entscheidet der Reichstag.
Deutscher Weichstcrg.
* Merk«, 2. März. (Fortsetzung der Etatsberatuug.) Müller-Meiningen (Frs. Vp.) fordert die Einführrng der
bedingten Verurteilung als Konsequenz der bedingten Begnadigung. Redner beklagt den Mangel an Richtern in den preußischen Landgerichten. In dieser Beziehnag marschiere Preußen keineswegs voran. Redner bespricht die richterliche Auslegung des Paragraphen 166, dieser sei der Totengräber der freien Meinungsäußerung geworden. Redner kritisiert die Beschlagnahme des „Simplizissimus* wegen Beleidigung der katholischen Religio» und fragt auch, wie es mit der reichsgesetzlichen Regelung der Versicherung stehe. Staatssekretär Nieberding bemerkt auf letztere Frage, die Arbeiten hiefür gelangen im nächste» Vierteljahr zum Abschluß. Der Bundesrat werde im Sommer an diese Ge- setzgebungsarbeiten herantreten. Was die bedingte Begnadigung betreffe, so geben die Richter erst in den letzten Jahren auf Drängen der Justizverwaltung ihre Zurückhaltung mehr auf. Nachdem Thiede (Soz.) seinen Fall (Vorführung vor Gericht) zur Sprache gebracht und Staatssekretär Nieberding das Vorgehen des Gerichts als korrekt bezeichnet, bemängelt Bargmann (Frs. Bp.) die Bestimmungen über die Fesselung der Gefangenen, sowie deren Handhabung, wobei häufig die persönliche Freiheit ungenügend respektiert werde. So im Falle des oldenburgischeu Abgeordneten Schmidt (Soz.), den ein Schutzmann brutal behandelte. Der Reichstag sollte darauf halten, daß die Volksvertreter als Respektspersonen zu behandeln seien. Eine Vermehrung des Richterpersouals sollte nach Maßgabe der GeschäftSvermehrung nicht »ach Bevölkerungszunahme erfolgen. Er verlangt schärferes Vorgehen gegen das Duell. Staatssekretär Nieberding: Die Regierung beabsichtige nicht den Erlaß eines besonderen Duellgesetzes vor der Fertigstellung des revidierten Strafgesetzbuchs. Die Behauptung Bargmanns von der Zunahme der Civilduelle entsprechend jener der militärischen Duelle sei unbegründet. Die Zahl der Duelle, sogar die Studentenmensuren zeige eine finkende Tendenz. Seit einigen Monaten werden von den Regierungen vereinbarte Grundsätze angewandt bczügl. der Fesselung von Gefangenen. Der Fall Schmidt gehöre vor den oldenburgischeu Landtag. Stadthagen (Soz.) bringt zahlreiche Eiuzelfälle vor, worin Richter, in politischer Leidenschaft befangen, Urteile gefällt hätten, die das Mißtrauen des Volkes gegen den Richterstand erklärlich erscheinen lassen. Er spricht ferner über die Dienstbotenprügelei, Anstedlungsgesetz, das einen Einbruchsversuch in das Reichsrecht bedeute, usw. Als Redner zum Schluß seiner zweistündigen Rede durch Zwischenrufe der Rechten unterbrochen wird, ruft er dieser zu: »Jedes Wesen macht das Geräusch, wozu es durch seine Veranlagung getrieben wird. (Stürmische Heiterkeit.) De Witt (Z.) fordert Einführung der bedingten Verurteilung durch Gesetz. Jessen (Däne) führt Beschwerde über die Behandlung der Dänen durch Gerichte in Schleswig.
Merlin, 3. März. (Beratung des Jastizetats.) Spahn (Ztr.) verteidigt die Rechtsprechung des Reichsgerichts gegen die im Laufe der Debatte geäußerten Vorwürfe und betont ferner, daß im Falle deS Abg. Thiele die Strafkammer in Halle völlig rechtmäßig vorgegangen sei. Thiele hätte sich beim Zusammentritt des Reichstags an diesen wegen Aussetzung des Verfahrens wenden sollen. Der von Müller- Meiningen beanstandete tz 166 (Gotteslästerung) dürfe nicht fallen. Bernstein (soz.) führte aus: Der § 153 der Gewerbeordnung stellt ein Ausnahmegesetz gegen die Arbeiter hinsichtlich des Koalitiousrechts dar. Die Sozialdemokraten wollen keineswegs alles bei den Arbeitern beschönigen, protestieren aber gegen die ungerechtfertigte Höhe der gegen Arbeiter erkannten Strafen, wie sie gegen Angehörige anderer Stände nie erkannt werden. Der §153 sei überlebt; er wolle die Arbeitswilligen schützen, d. h. jene Arbeiter, welche an allen Vorteile» der Organisationen, aber nicht an deren Lasten teilnehmen und bei den organisierten Arbeitsgenossin daher natürlich als Verräter gelten. Unser Richter- staüd sei verjunkert; das Reserveoffizierstnm und das Korps- studententum machen sich darin breit. Staatssekretär Riede rd in g: Die Behauptung, die Bestimmungen der Gewerbeordnung würden nur gegen die Arbeiter und nicht gegen die Arbeitgeber angewandt, sei unrichtig; bei den letzteren sei nur die Zahl der Fälle proportional kleiner. Den anderen Teil seiner Behauptungen habe Bernstein nicht bewiesen; er messe zu Unrecht alle Schuld den Arbeitgebern zu. Welcher Entrüstuugsschrei würde sich erheben, wenn die Arbeitgeber solche Einschüchterungsmittel anwendeten, wie die Arbeiter gegen ihre Kollegen! Das Wort „Klassenjustiz* sei eine allgemeine Redensart. Die Richterstellen stehen auch Arbeitersöhnen offen. Die sozialdemokratischen Ausführungen seien höchst einseitig. Wenn Richter aus den Kreisen und mit den Anschauungen der Sozialdemokraten Recht sprechen wollten, dann danke er für die Justiz. (Beifall.)
Jagdzewski (Pole) sagt, die preußische Ansiedelungs- Politik in den polnischen Landesteileu, insbesondere das neueste bezügliche Gesetz, widerspreche den Reichsgesetzeu. Reder klagt sodann, daß bei standesamtlichen Eintragungen polnischer Namen die polnischen Wünsche nicht berücksichtigt würden. Staatssekrekär Nieberding erwidert, Preußen wolle bezüglich der Nameu nur des gegenwärtigen Stand der Dinge aufrechterhalten. Gegenüber den Polonisterungs- bestrebuugeu werden die bestehenden Gesetze streng angewandt. ' Vernünftige, berechtigte Anträge von Namensänderungen werden berücksichtigt, wenn sie durch Urkunde» oder Zeugen unterstützt werden. Das neue, preußische An- fiedlungsgesetz widerspreche nicht dem Eiuführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Trimboru (Z.) führt aus: die bürgerlichen Parteien wollen die Koalitionsfreiheit unter allen Umständen gewahrt wissen, auch gegenüber dem zunehmenden Terrorismus der Sozialdemokraten gegen andersgesinnte Arbeiter. Gegen diesen Terrorismus brauchen wir gerichtlichen Schutz. Bömelburg bespricht ein Urteil über einen Wahlkrawall in Dortmund und kritisiert ausführlich die Maßnahmen der dortigen Polizei. Er nennt die Dortmunder Polizeibeamten »Raufbolde". Vizepräsident Paas che ruft den Redner zur Ordnung und vermahnt ihn auf den Justizrtat zurückzukommen. Schließlich wird Titel 1: Gehalt des Staatssekretärs bewilligt und der ganze Justizetat erledigt.
LandesnachritHLen.
* Me«tli«ge», 2. März. In der gestrigen zahlreich besuchten Jahresversammlung der »Deutschen Partei* wurde nach lebhafter Debatte einstimmig beschlossen, den Antrag an den Landesausschuß, den Namen der Partei in »Nationalliberale Partei" umzuwaudeln, zu unterstützen. Gleichzeitig wurde beschlossen, diese Bezeichnung für den bisherigen Ortsverein der »Deutschen Partei* hier sofort anzunehmen.
* Stuttgart, 2. März. In der Sitzung des Beirats der Berkehrsanstalten kam auch das Gesuch der Handwerkskammern um Gewährung einer Vertretung im Beirat zur Beratung. Die Ansichten bezüglich der Berufung von Vertretern der Handwerkskammern in den Beirat waren geteilt; die eine Hälfte der Mitglieder sprach sich dafür, die andere dagegen aus.
* Stuttgart, 2. März. Bon der Verwaltung der württembergisches Siaatsbahuen werden gegenwärtig die vom Bundesrat beschlossenen Aeaderungen der deutschen Eiseubahnverkehrsordnung zur Kenntnis des Publikums gebracht. Darnach dürfen künftighin auf der Bahn Personen die an Keuchhusten, Masern, Ruhr, Scharlach, Dyphtherie und TyphuS (Unterleibstyphus) leide», nur in geschlossenen Abteilungen mit getrenntem Abort befördert werüen. Bei Personen, die einer dieser Krankheiten verdächtig sind, kann die Beförderung von der Beibringung einer ärztlichen Bescheinigung abhängig gemacht werden, aus der die Art ihrer Krankheiten hervorgeht. Die gleichen Bestimmungen gelten für Aussätzige und Aussatzverdächtige. Für andere, noch schwerere Infektionskrankheiten werden noch strengere Jso- lierungsmaßregeln angeordnet. Personen werden nur dann zur Beförderung zugelassen, wenn die beizubringende Bescheinigung des für die Abgangsstation zuständigen beamteten Ärztes dies gestattet; sie sind in besonderen Wagen zu befördern.
* Stuttgart, 2. März. Der schwedisch-norwegische Konsul erläßt eine öffentliche Danksagung, aus der heroor- geht, daß für die Abgebrannten in Aalesund bis jetzt in Württemberg 22 000 Mk. eingingen.
* Konstanz, 2. März. Die Frau des Werkmeisters Bauer von der hiesigen Bezirksbauiuspektion brachte in der Nacht ihrem Mann schwere Wunden mit dem Beil bei. Sie soll Trinkerin sein. Der Zustand des Verletzten ist hoffnungslos. (Nachschrift: Bauer ist gestorben.)
js Aarmstadt, 3. März. Die von dem verschwundenen Bankier Schade veruntreuten Beträge werden nach vorläufiger Feststellung insgesamt auf 250 000 Mack geschätzt. Ein Sohn des Entwichenen, der im Geschäft seines Vaters tätig war, will von den Machenschaften desselben nichts wissen.
* Merk», 2. März. Die „Nationalzeitung* meldet: Nach kaiserlicher Verordnung soll außer dem bereits bestehenden Admiralstab der Marine in Berlin analog dem großen Generalstab der Armee ein großer Generalstab der Marine gebildet werden.
* In den nächsten Tagen werden auf der Militärbahu Aerttn-Zostea Probeschnellfahrten mit einer vom G. Baurat Garbe konstruierten, in der Borfigschen Maschinenfabrik hergestrllten Heißdampf-Lokomotive unternommen werden,