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SarnsLag- 27. Ileörrrar

Bekanntmachungen aller Art finden die er- ! 1H04

folgrcichste Verbreitung. ! '

Amtliche«

Seine König!. Majestät haben vermöge Allerhöchster Entschließung vom 24. Februar d. I. gnädigst zu verfügen geruht, daß die land­wirtschaftliche Akademie in Hohenheim künftig die BenennungKönig- liche landwirtschaftliche Hochschule" zu führe n ha t. _

Seine Königliche Majestät haben vermöge allerhöchster Entschließ­ung vom 35. Februar nachstehende Auszeichnungen zu verleihen ge­ruht: das Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichsordens: dem Kameral- verwaltcr Finanzrat Bühler in Eßlingen (früher Kameralverwalter in Altensteig), das Verdienstkreuz desselben Ordens: dem Verwaltungs- Aktuar Staudenmeyer in Calw und dem Oberlehrer Klunzinger an der Präparandenanstalt in Nagold; die Verdienstmedaille des Kronordens: dem Bezirksgeometer Beutler in Göppingen; die Verdienstmedaille des Friedrichsordens: dem Amtsgerichtsdiener und Zustellungsbeamten Walter Freudenstadt, dem Schultheißen Hanselmann in Liebelsberg und dem Landjäger 1. Klaffe Düttling in Altensteig; die silberne Verdienst­medaille: dem Weichenwärter Barth in Calmbach, den Schultheißen Kilgus in Hörschweiler und Schaber in Rodt, OA. Freudenstadt, dem Baddiener Schund in Wildbad, dem Forstwart Schwarz in Herzogs­weiler, Forstamts Pfalzgoafenweiler; die Karl-Olga-Medaille in Silber: dem Pfarrer Mezger in Plieningen (früher Stadtpsarrer in Altensteig); den Titel eines Stations-Verwalters: dem Stationsmeister Schumacher in Wildberg.

Vom Arbeitsleben

(Nachdruck verboten.)

Der Kriegsausbruch in Ostaste» hat unsere Industrie nicht allgemein in Mitleidenschaft gezogen, wenn auch nicht zu verkennen ist, daß verschiedene Branchen und Bezirke, die nach Japan einen flotten Absatz unterhielten, geschädigt worden sind. Auch das Geschäft mit Rußland stockt etwas, doch ist das gewiß nur eine vorübergehende Erscheinung. Im Zarenreiche wird der Krieg mancherlei Bedürfnisse für die Armee und Flotte noch erforderlich machen, die im Lande selbst nicht alle sofort und vielleicht auch nicht übermäßig reell und solid die schwache Seite jeder russischen Tätig­keit aufzubringen sind. Im Ganzen werden die un­sicheren Verhältnisse aber nicht zur Weiterförderung deS in der zweiten Hälfte des Vorjahres bemerkbar gewordenen neuen Aufschwunges beitragen, und wenn unser Arbeitsleben auf eine flotte Beschäftigung rechnen will, so wird es verhält­nismäßig mehr sei» Augenmerk ans das Inland, als auf das Ausland zu lenken haben.

Wir hören so oft von dem hohen Werte des fremden Absatzmarktes reden, und im Vergleich damit wird der hei­mische Markt von den Lobrednern des Auslandes ziemlich kurz behandelt. Gewiß, wir find auf die anderen Staaten in Europa und auf die ferneren, überseeischen Länder an­gewiesen, wenn wir uns eine volle industriell-gewerblicke Be­schäftigung sichern wollen, aber wir dürfen doch nicht ver­gessen, daß die Solidität des internationalen Marktes gerade nicht aufblüht, daß sich deutsche Fabrikanten oft recht ge­nau erkundigen müssen, bevor sie Waren ohne Vorausbe­zahlung abseuden. Es gibt auch ganze Länder, deren Ver­hältnisse weder für den Staat noch für seine Bewohner einen Kredit rechtfertigen, von welchen unsere Industrie lieber Aufträge ablehnt, als «mummt. Es genügt nicht allein die Tatsache, daß man etwas verkaufen kann, es muß auch Ver­dienst dabei sein, und vor Allem muß man des Geld-Ein­ganges sicher sein. Besser steht es auf dem deutschen Markt denn doch entschieden; trübe Zwischenfälle in Handel und Wandel hoben auch wir genug, die Mill'vnen-Bankerotte fehlen in keinem Jahre, aber diese Erscheinungen bleibeu doch immer nur Ausnahmen. Deutschland ist nicht nur einer der sichersten, sondern auch - von den unvermeidlichen überall vorkommenden Preisdrückern abgesehen einer der beste« Zahler. So gewiß wir nach Außen hin nicht die Fühlung verlieren sollen und wollen, genau ebenso wichtig ist aber doch die Kräftigung unserer eigenen Kaufkraft. Sie bleibt für unsere Industrie die schätzenswerte, weil sichere Reserve.

Der rege Absatz für deutschen Bedarf bleibt uns, auch bei finkender Konjunktur, unter allen Umständen, ein Reich mit bald sechzig Millionen Einwohnern, wie sie Deutschland zählt, hat einen Riesenkonsum, der nicht sich im Lande ver­lieren kann. Etwas Anderes ist es, ob stcy mit regem Ab­satz auch immer rege Unternehmungslust verbindet. Wer im Auslande sich gründlicher umgesehen hat, wer die Entwicke­lung der ausländischen Städte mit der unserer deutschen Städte vergleicht, der wird bestätigen, daß wir den modernen Zeit-Erfordernissen Rechnung tragend, diesen oft weit vor­aus find. Natürlich hält sich die Unternehmungslust nicht immer auf gleicher Höhe, sie schrumpft zusammen, je mehr das Risiko fich erweitert, sie dehnt sich aus, je weniger zweifellos der Erfolg ist. Gleichmäßig im Interesse von Arbeitgebern und Arbeitern liegt cs, auf die Sicherung des Erfolges zu halten, denn ohnedem wird leicht die Arbeits­gelegenheit auf längere Zeit hinaus vernichtet und ver­loren.

Daß diese Erkenntnis im nötigen und nützlichen Maß­stabe nicht immer vorhanden gewesen ist, haben wir, wie

bekannt, leider nur zu oft erlebt; der große Weberstreik in Krimmitschau hat nach Vieler Ueberzeuguug ein ernstes Warnungszeichen für Vertrauensseligkeit bedeutet, jeder Arbeitgeber kann sich vor dieselbe Gefahr einer schweren geschäftlichen Einbuße gestellt sehen, wenn die Gelegenheit oder Möglichkeit für eine Meinungsverschiedenheit uahe- rückt. Eine solche Unsicherheit ist wohl geeignet, dem Unternehmungs-Geist, wie er namentlich zum kommen­den Frühjahr fich einzustellen Pflegt, zu schaden, und damit sinkt naturgemäß wieder die Arbeitsgelegenheit. Es wird die Hoffnung ausgesproche:', die Krimmitschauer Ereignisse, die manche Arbeiterfamilie, deren Ernährer nach Schluß des Ausstandes seinen Platz besetzt sah, schwer schä­digten, würden das Gute haben, daß Arbeitsftreitigkeiten doch etwas seltener würden. Ader man muß sagen, daß die Hoffnung auf ein friedliches Arbeitslebeu in diesem Früh­ling und Sommer nicht immer genügen wird, ein größeres Risiko eiuzugehen. Wenn wir daher vielleicht größerer ge­werblicher Ruhe, als gerade nötig, entgegeugehen sollten, so wird die Erklärung dafür, woran dies liegt, nicht weit zu suchen sem. Nichts ist leichter erschüttert und schwerer gefestigt, als geschäftliches Vertrauen.

Tagespolitik.

Der freikonservative Abg. Graf o. Zedlitz, welcher unter Bismarck Hilfsarbeiter im Reichsamt des Innern war und vor 5 Jahren den Staatsdienst quittiert hat. unter­nahm dieser Tage im preußischen Abgeordnetenhause einen Angriff auf die jetzige Sozialpolitik und den Staatssekretär im Reichsamt des Innern, Grafen Posadowsky. Veranlassung hierzu gab ihm der von konservativer Seite gestellte An­trag auf Abänderung der Verordnung über die Beschäftig­ung von Gehilfen und Lehrlingen in Gast- und Schank- Wirtschaften in der Richtung, daß die kleineren und mitt­leren Betriebe anderweitig geregelt oder daß die Ortspolizei­behörden ermächtigt werden, in geeigneten Fällen Aus­nahmen zu bewilligen. Die Verordnung, so führte Graf Zedlitz aus, habe fich als undurchführbar erwiesen. Sie sei auf große Betriebe zugeschnittcn; ans kleine und mitt­lere Betriebe Passe sie gar nicht. Ganz unannehmbar seien die Bestimmungen für Saisonbetriebe, für Badeorte, für Kuranstalen. Was tun die Kellner mit ihren freien Tagen! Sie gehen, wie aus verschiedenen Gerichtsver­handlungen bekannt ist, auf das Kellnervermittlungsbureau und lassen sich für den freien Tngzur Aushilfe" an­stelle». Und dir Lehrlinge! Sie treiben fich auf der Straße oder in anrüchigen Kneipen herum! Daß diese Verordnung nicht den praktischen Verhältnissen angepaßt sei, zeige sich auch darin, daß sie sogar von jenen, deren Schutz'sie angeblich bezweckt, als lästig befunden werde. Schöne Redensarten, Mangel an Verständnis für die tat­sächlichen Verhältnisse, Verherrlichung der Schablone dieses Zeugnis erteilte schließlich der Abg. v. Zedlitz dem Reichsamt des Innern, das seine sozialpolitischen Verord­nungen nach schwarz-roten Rezepten herstelle. Das Reichs­amt des Innern sagte er ist dem Leben so ent­fremdet wie nur möglich. Es ist der Inbegriff des grünen Tisches. Ich kenne das aus eigener Erfahrung, ich habe eine Reihe von Jahren dort gearbeitet. Einen grüneren Tisch kann man sich gar nicht denken. In Fragen der Sozialpolitik fehlt den sämtlichen Verordnungen Praxis und gesunder Menschenverstand. Wir sind keine Feinde der Sozialgesetzgebung an sich, aber sie muß den Bedürfnissen des praktischen Lebens angepaßt sein. Das Getue und das Buhlen mit der Sozialdemokratie kann ich nicht leiden. Auf ähnlichen Geleisen bewegten sich die Ausführungen des konservativen Abgeordneten Gamp, welcher dem Reichsamt des Innern vorwarf, daß es nur die Interessen der Ar­beiter wahrnehme. Die Arbeitgeber seien doch auch Men­schen und sie brauchten sich derart schikanöse Verordnungen wie jene über die Ruhezeit im Wirtsgewerbe, nicht gefallen zu lassen. Als Verteidiger des Reichsamts des Innern trat der Zentrumssozialpolitiker Bachem auf, welcher es als Unmöglichkeit bezeichnet?, wegen einzelner Gastwirte die sozialpolitische Reform Halt machen zu lassen. Es müsse vielmehr das sozialpolitische Tempo beschleunigt werden um die Sozialdemokratie zu überwinden. Der freis. Abgeordnete Hirsch stellte fich vollständig auf den Standpunkt des Ab­geordneten Bachem und machte den Konservativen den Vor­wurf der Grausamkeit, weil sie den Angestellten den Rest der Menschenwürde nehmen wollten.

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Bei den Handelsvertragsverhandlungen zwischen Deutschland und Italien wurden der N. Fr. Pr. zufolge die von Italien geforderte Zollfreiheit für Orangen und

Begünstigungen für die Weineinfuhr nach Deutschland ad- gelehut. Dagegen hat Italien Zugeständnisse für Obst und Gemüse bekommen. Der Handelsvertrag wird erst gemein­sam mit den übrigen Verträgen in Kraft treten.

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Wenn es zn dem längst gefürchteten Weltkriege kommt, dann werden namentlich auch die kleinen Staaten, so ängst­lich sie sich auch an die Wand drücken werden und so gern sie neutral bleiben möchten, mit ins Verderben gerissen werden. Die Holländer werden ihre prächtigen Kolonien verlieren, denn nimmt sie nicht England, so nimmt sie Japan. Das kleine Holland ist völlig unfähig, diese Inseln, die an Ausdehnung Deutschland übertreffen, zu verteidigen. Belgien wird den Kongoftaat verlieren. Ihn möchten eben- sogrrn die Franzosen wie die Engländer haben. Verteidig» ungsfähig ist der Staat überhaupt nicht; auch besitzt Belgien keine Kriegsflotte. König Leopold ist zur Sicherung seines Besitzes bereits in Paris und Berlin gewesen; aber große Hoffnungen werden ihm an beiden Orten nicht gemacht worden sein. Auch Portugal dürfte endlich seinen Kolonial­besitz die längste Zeit gehabt haben. Das Gouvernement Goa läßt ihm England «ehr aus Barmherzigkeit; seine afrikanischen Besitzungen, von denen Portugiefisch-Westafrika allein größeren Wert hat mit seinen 12^ Millionen Be­wohnern, werden eines Tages wohl Liebhaber finden. Um sich zu halten, hat fich Portugal eng an England ange­schlossen; gerade dieser enge Anschluß aber könnte eines Tages wohl sein Verderben sein. In gewissem Sinne ist dann noch das türkische Reich als untergehender Kolonial­staat zu betrachten. Seinen Kern hat es in Asien; an seinem Besitzstand in Europa und Afrika wird mehr und mehr ge­bröckelt, bis das Reich einmal vollständig in sich zusammen­brechen wird. Wann das geschehen wird? Ja, wer kann das wissen. In unseren Tagen bat es die Geschichte sehr eilig, wie das Beispiel Japans beweist, daS 1895 erst in den Kreis der Großmächte eintrat und heute schon eine Weltmacht angegriffen hat, um selber Weltmacht zu werden.

Deutscher Weichstag.

* Aerki», 24. Februar. Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung dee Verwaltung der Reichseisenbahvev. Abg. Erzberger (Ztr.) begrüßt die Vorlegung der Sta­tistik über die Dienstverhältnisse der Beamten der Reichs­eisenbahnen und gibt einige Anregung für die nächsten Jahre. Die Dienstzeit sei ja in anerkennenswerter Weise eingeschränkt worden, es komme aber stellenweise immer noch eine Dienstzeit von über 12 Stunden vor. Auch die Zahl der Ruhetage sei noch gering. Abg. Müller-Meiningen (Frs. Vp.) erinnert daran, daß der Minister Budde im vo­rigen Jahr einen Teil der Werkstättenarbeiter im Eisenbahn­betrieb das Koalitionsrecht zuerkannt, einem Teil adge- sprachen habe, und bittet den Minister um Auskunft da­rüber, wo er die Grenze ziehen will und wie er die Rechts­lage für die Arbeiter konstruiere, denen er das Koalitions­recht nicht zuerkenne. Abg. Riff (Frs. Vg.) glaubt, daß alle Werkstättenarbeiter der Gewerbeordnung unterstehen und folglich das Koalitionsrecht haben. Unsere Forde­rungen einer Tarifreform vertreten wir nach wie vor. Die wirtschaftlichen Nachteile, die uns durch Vorenthaltuug der in Baden und Württemberg be­stehenden Vergünstigungen zugefügt werden, werden immer größer und treffen auch die Verwaltuugselbst. Hoffentlich wird die Reichseisenbahnverwaltung durch ihren eigenen Schaden klug werden. Minister Budde dankt den Vorrednern für die wohl­wollende Beurteilung, die im Ganzen die Verwaltung gefunden habe u. verspricht, die zum Ausdruck gekommenen Wünsche selbst prüfen zu wollen. Abg. Schlumberger (natl.) tritt für Einführung der 4. Wagenklasse ein und versichert, daß die Beamten und Arbeiter der Reichseisenbahn vollkommen Ge­legenheit erhalten, ihre Wünsche uvd Beschwerden vorzu­bringen, und daß auch ihren Wünschen and Beschwerden Rechnung getragen wird. Abg. Blumenthal (D. Vp.): Die Unzuträglichkeiten, die an der Grenze durch das Bestehen der 4. Klasse entstehen, kann der Minister leicht beseitigen, indem er sie abschafft. Es wird fich darüber niemand in den Reichslandeu aufregen. Abg. Hildenbrand (Soz.) hält das Tempo in der Verkürzung der Dienstzeit und der Erhöhung der Gehälter, soweit sie überhaupt erfolgt sei, für viel zn langsam und verlangt Tarifverbesserungen.

Lcmdesnachrichten.

* Aktenkeig, 26. Febr. (Geburtsfest Sr. Maje­stät d e s K ö n i g s.) I» durchaus würdiger Weise wurde auch diesmal der Geburtstag unseres erhabenen Landesvaters gefeiert. Die Böller ließen in der Morgenfrühe ihre dröhnende Sprache vernehmen und in lieblichen Tönen reihte fich dann