Ausrüstung und Verpflegung, kurz alles, was ein fechtender Truppenteil bedarf, geschieht mit Hilfe der sibirischen Bahn.
* Die Mandschurei, welche neben Korea den Hauptstreitgegenstand des jetzigen Krieges bildet, ist größer als Deutschlond und Oesterreich zusammen. Sie mißt 942 000 . Quadratkilometer, zählt aber nur 15 Millionen Einwohner, während Deutschland und Oesterreich zusammen etwa 100 Millionen beherbergen. Früher war die Mandschurei größer als jetzt; im Jahre 1858 und 1860 wurden 650 000 Quadrat-Kilometer an Rußland abgetreten. Die Mandschurei ist ein Nebenland Chinas, so wie Ostturkestau oder Tibet. Das Land zerfällt in die Provinzen Helungkiang im Norden, zwischen dem oberen Lauf deS Amurs und dem Suugarin, Kirin in der Mitte mit der gleichnamigen Hauptstadt, und Schöugking im Süden, mit der Hauptstadt Muk- den, dem Stammsitz der jetzigen chinesischen Dynastie. Die reichste und bevölkertste Provinz ist Schöngking mit dem fruchtbaren Tale des Lianflusses, dann kommt das vom Suugari bewässerte Kirin. An der Spitze jeder Provinz steht ein Tatarengeneral, der Tatareugeneral in Mukden hat zugleich die bürgerliche Verwaltung der ganzen Mandschurei in Händen. Das Klima ist sehr rauh. Bis zum äußerste» Süden, also auf derselben Breite wie Spanien und Italien, ist eine Kälte von 20 bis 25 Grad nichts Seltenes, und am 5. Januar 1902 stieg sie in Niutschwang sogar auf 3 t Grad. Andererseits erreicht die Hitze im August gleichfalls auch oft 30 bis 31 Grad. An diese Witterung gewöhnt, sind die ursprünglichen Bewohner, die Mandschu, weit kräftiger und widerstandsfähiger als die Chinesen. Sie sind ein schöner, aufgeweckter Volksstamm, der aber durch die eingewandrrten Elemente immer mehr zurückqedrängt wird und jetzt nur noch 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Trotz der großen Schwankungen der Temperatur ist der Boden besonders in den - Niederungen sehr ergiebig. Das jährlich durch Ueber-
! schwemmungen gedüngte Tal am mittleren Laufe des Sun-
s gari liefert Hirse, das Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung
j in Hülle und Fülle; ebenso die Sojabohnen, die einen be-
s deutenden Gegenstand der Ausfuhr bilden. Die Wege sind
! von Rizmushecken umsäumt. In der Gegend von Kirin
. wird Hanf gezogen, während im Süden Mohn- und Tabak
pflanzungen bestehen und in der Nähe der koreanischen Grenze Ginseng mir großem Erfolg gebaut wird. In Liaotung wird Seidenzncht getrieben. Obgleich die Mandschu l wie die Chinesen durchweg ihre Fleischnahrung nur vom Schweine nehmen, Werden besonders auf den Hochebenen viele Rinder und Schafe gezüchtet. Ueberaus reiche Erträge liefern außerdem die Jagd und der Fischfang, der bis in die Neuzeit die Hauptbeschäftigung der wandernden Mandschuvölker bildeten. Die Wälder sind sehr reich an Hirsche», Antilopen, Zobeln usw., die Flüsse au Ssören, Lachsen und die Küstenstriche an Perlmuscheln. An Mineralien birgt die Mandschurei Kupfer, Blei, Silber und Gold,
dieses in den Tälern der Nebenflüsse des Suugari und des Nouni. In der mittleren und der südlichere» Provinz befinden sich zudem ergiebige Steinkohlenlager. Durch die mandschurische Eisenbahn hat das Land einen großen Aufschwung genommen. Moderne Städte find aufgeschossen, namentlich hat sich Charbin zu einem bedeutenden Handelsplatz entwickelt.
* Vom ostasiatischen Kriegsschauplatz liegr wenig neues vor und von dem wenigen, was englische oder amerikam- sche Büros melden, dürfte die Hälfte erfunden sein. Soviel scheint sicher, daß es sich um die Ruhe vor dem Sturm handelt und daß die nächsten Tage oder Wochen große Ereignisse bringen. Folgende Meldung aus London dürfte, wenn sie auch den Tatsachen vorauseilt, doch das Richtige so ziemlich erraten: „Der Korrespondent des «Morning Leader" in Tientsin berichtet seinem Blatte unter dem 16. ds. Mts., er habe die amtliche Nachricht erhalten, daß die große japanische Bewegung bei Port Arthur von der Landseite her am 18. Febr. beginnen werde. Die Japaner würden 100,000 Mann in der Nähe von Dalny landen. Ein gleich starkes Korps würde von der Westseite her auf der Halbinsel operieren. Die Japaner hoffen, Port Arthur blockiere» zu können. Wen» die Armeen mit einander vereinigt sind, dann würde der Angriff auf die Festungswerke erfolgen. Der Angriff der Torpedojäger vor Port Arthur am 14. Februar hatte nur den Zweck, die japanischen Vorbereitungen zu decken. Ein größeres Zusammentreffen der beiderseitigen Landtruppen steht jedenfalls in naher Aussicht.
* Nachrichten aus russischer Quelle zufolge seien in ßharöirr und in der ganzen Mandschurei alle Japaner verdöstet worden, weil man die Anwesenheit von über 100 Spionen entdeckte, von denen 60 mit der Nachrichtenabteilung des japanischen Generalslabs in Verbindung standen.
' Frauen und Kinder, die man auch verhaftet hatte, wurden wieder freigelasseu.
* Einer Meldung aus Tschifu zufolge ist das Kabel zwischen Port Arthur und Tschifu am 17. d. Mts. durchschnitten worden.
* Japan hat nur eine Bevölkerung von 47 Millionen und ein Flächengebiet von 417 297 Quadratkilometer, wohingegen Rußland etwa 140 Millionen Einwohner auf einem Flüchenraum von 22470 000 Quadratkilometer hat. Trotzdem hat Japan in seinen Schulen mehr Schüler als Rußland. In den japanischen Elementarschulen befinden sich nach der neuesten verfügbaren Statistik 4 302 623 Kinder, in Rußland nur 4193 594 Kinder oder 92 vom Tausend in Japan, gegen 32 vom Tausend in Rußland. Die Zahlen für höhere Schulen und Universitäten sind ebenfalls viel höher für Japan als für Rußland.
' Von Amerika werden andauernd nach Japan große Massen von Kohlen und Lebensmitteln gebracht. Ein Cunarddampfer hat einen Transport Pferde gelandet.
* Werv-Hork 18. Febr. Rußland erklärt, die Welt- !
ausstellung nicht beschicken zu können, weil die rechtzeitige Fertigstellung der Objekte unmöglich sei. Indessen wird hier allgemein angenommen, daß die amerikanische Sympathie für Japan die Ursache sei.
* Aerv-Hsrk, 19. Februar. China hat eine in scharfem Tone gehaltene Note au die Mächte gerichtet, in welcher es androht, Gewalt mit Gewalt zu erwidern, falls die Gräber der Mingdynaftie in Mukden verletzt werden sollten.
* Mew Hork, 19. Febr. AuS Washington erhält die New-Dork Times den Text einer Note, die, wie erklärt wird, von der Pforte an die Signatarmächtr des Berliner Vertrages gesandt worden ist und als die letzte Mitteilung der Türkei an das europäische Konzert vor einer Kriegserklärung an Bulgarien bezeichnet wird. Die Note beschuldigt Bulgarien, Vorräte und Rüstuugsmaterial für einen sofortigen Krieg aufzuhänfen ; die Munitionsfabriken in Sofia arbeiteten mit doppelten Schichten, die Straßen werden für die Benützung durch Artillerie erbreitert, alle Brücken werden umgebaut und neu armiert, an strategischen Punkten werden Befestigungen errichtet. Dann geht die Note dazu über, die Demütigungen zu schildern, die der Türkei unter dem Namen von Reformen auferlegt worden seien, die sich als wertlos erwiesen haben. Die Reformvorschläge, so heißt es, können nicht durch eine fremde Polizei in Kraft gesetzt «erden, die die Verhältnisse nicht kenne. Alle derartigen Maßregeln müssen sich als nutzlos erweisen, wenn nicht die Quelle, die das türkisch- Gebiet mit Absolutismus und Terrorismus überflute, verstopft werde. 'Die Pforte ziehe es daher vor, eher militärische Operationen gegen Bulgarien, die Quelle der Unordnung, zu unternehmen, als gegen die Albanesen, die gegen die ausländischen Reformen revoltierten. Je früher diese Maßregeln ergriffen werden, desto eher werden Ordnung und Sicherheit wiederhergestellt werde». Die Pforte treffe deshalb Vorkehrungen in ernstem Maßstab, um eine Viertelmillion erprobte Truppen auf die höchste Stufe der Leistungsfähigkeit zu bringen.
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